Söder will Einstellung von Coronaverfahren in Bayern – ein richtiger Schritt, aber aus politischem Kalkül

Söder will Einstellung von Coronaverfahren in Bayern – ein richtiger Schritt, aber aus politischem Kalkül

Söder will Einstellung von Coronaverfahren in Bayern – ein richtiger Schritt, aber aus politischem Kalkül

Ein Artikel von Marcus Klöckner

Bußgeldverfahren, mit denen im Zuge der Coronaverordnungen Bürger konfrontiert wurden, sollten längst eingestellt und entsprechende Strafen auch zurückgezahlt werden. Damit wäre das Thema der politischen Aufarbeitung zwar nicht vom Tisch, aber immerhin: Ein Schritt in die richtige Richtung wäre getan. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat heute einen entsprechenden Vorstoß gemacht. Das ist gut. Doch wer Söders politisches Verhalten kennt, weiß: Es geht nicht um Einsicht. Es geht um ein politisches Kalkül, und das ist ein Problem. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

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„Wir haben noch offene Bußgeldverfahren. Ich möchte sie gern beenden. Wir brauchen hier mal einen Frieden“ – das sind laut Bild-Zeitung die Worte von Markus Söder. So habe er es in einer Grundsatzrede bei einer CSU-Klausur in Kloster Banz gesagt. Damit würde Bayern einen Weg beschreiten, den Kritiker der Coronamaßnahmen seit Langem fordern.

Im November 2022 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Ausgangsbeschränkungen unverhältnismäßig waren und auch der Zugriff auf mildere Mittel möglich gewesen wäre.

Söders Vorstoß ist sicherlich richtig, dieser Schritt ist seit Langem überfällig. Die Maßnahmenexzesse während der Coronazeit waren so weitreichend, so tiefgreifend und so einschneidend, dass die Politik aber längst hätte reagieren müssen. In Slowenien etwa entschied die Regierung bereits im September 2023, dass die Strafen im Zusammenhang mit der Coronaverordnung des Landes aufgehoben und die betroffenen Bürger ihr Geld inklusive der Verfahrenskosten zurückbekommen. Alle laufenden Verfahren wurden komplett eingestellt. Die Regierung hatte dazu extra ein Gesetz erlassen. Dabei sei es um „moralische Verantwortung“ gegangen und darum, „Unrecht wiedergutzumachen“, das durch den Missbrauch des Strafrechts sowie durch verfassungswidrige und übermäßige Eingriffe in die Menschenrechte“ Bürgern widerfahren sei, zitiert die Bild-Zeitung die sozialdemokratische Justizministerin Dominika Svarc Pipan.

Das hört sich nach Einsicht an.

Söders Worte hingegen klingen so, wie man es von dem „Landesvater“ gewohnt ist. Söder als erfahrener Politiker weiß, in welche Richtung die Fahnen zu hängen sind. Er zeigt viel Talent darin, die Windrichtung des Politischen zu kennen.

Spätestens, als das Bundesverwaltungsgericht die Ausgangsbeschränkungen als unverhältnismäßig rechtlich eingeordnet hatte, wären gut überlegte Worte der Einsicht von Söder und so manchem anderen Politiker angebracht gewesen. Das war nicht der Fall, denn der öffentliche Druck war noch nicht groß genug. Noch heute ist ein einziges Würgen und Brechen zu beobachten, wenn es um die Aufarbeitung der Coronapolitik geht. Verantwortliche Politiker wünschen sich, dass die schwersten Grundrechtseingriffe seit dem Bestehen der Republik im Nachgang behandelt werden, als handelte es sich dabei um eine geringfügige Erhöhung kommunaler Abfallgebühren – die vielleicht, irgendwie, nicht „so ganz“ rechtmäßig waren.

Jetzt, wo die Protokolle des Robert Koch-Instituts (RKI) durch eine Klage und die Unterstützung eines Whistleblowers der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, kommt Söder mit einer Art kumpelhaftem Ton an und will doch eine Befriedung des Konflikts.

Laut einem RKI-Protokoll vom 24. August 2021 hatten die Fachleute im Auftrag der Regierung vor Augen, dass „sowohl symptomatische Infektionen als auch die Viruslast bei Geimpften genauso hoch sei wie bei Ungeimpften”. Und dennoch wurden Ungeimpfte wie Paria behandelt. Das ist nur eine der vielen Ungeheuerlichkeiten, die sich aus den RKI-Protokollen ergeben.

Zeit wird es, dass bundesweit nicht nur alle noch laufenden Verfahren gegen die Coronaverordnungen eingestellt werden, sondern auch rückwirkend – wie in Slowenien – mit den Übergriffen des Staates umgegangen wird. Dabei gilt zu beachten: Späte Einsicht ist besser als keine Einsicht. Aber eine von Politikern an den Tag gelegte taktisch-strategische „Einsicht“ mit dem Ziel, sich aus der Verantwortung zu stehlen, ist unverfroren. Söder, aber auch viele andere Politiker dürften verstanden haben, dass der Ruf nach Aufarbeitung nicht leiser wird.

Gerade erst musste ein Soldat der Bundeswehr aufgrund seiner Weigerung, sich der Coronaimpfung zu unterziehen, ins Gefängnis – nach, wie vor Gericht bekannt wurde, 20 Jahren tadelloser Dienstzeit bei der „Truppe“. Von den schweren Schäden durch Impfnebenwirkungen ganz zu schweigen, die weiterhin im Raum stehen. Anders gesagt: Die Einstellung aller Coronaverfahren muss als Selbstverständlichkeit betrachtet werden. Darüber hinaus liegt noch sehr viel mehr im Argen. „Ohne impfen keine Freiheit“ – das sagte Söder im Sommer 2021. Das war der Ton, den Söder veranschlagte. Hier ist eine Aufarbeitung unabdingbar.

Titelbild: Shutterstock / Martina Birnbaum

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