Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken solle vorerst Talkshows meiden – es sei „nämlich unerträglich“, heißt es von der SPD-Finanzministerin in Brandenburg. Solche offenen Angriffe sind ein bedenkliches Symptom für den inneren Zustand der SPD. Dem Urteil über Eskens Kommunikation kann ich mich aber nur anschließen: Zum Beispiel zu den Themen Corona oder Rechtsextremismus waren bereits in der Vergangenheit manche ihrer Äußerungen ziemlich daneben. Nun pocht sie selbst auf faire Umgangsformen. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
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In der SPD liegen die Nerven blank. Laut aktuellen Medienberichten sehen manche Sozialdemokraten in der Kommunikation der Bundespartei Probleme. So sagte Brandenburgs Finanzministerin und stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Katrin Lange laut Zeit am Tag nach der Wahl der Bild:
„Fürs Erste wäre schon einiges gewonnen, wenn bestimmte Leute grundsätzlich nicht mehr an Talkshows teilnehmen würden. Es ist nämlich unerträglich.”
Obwohl Lange keine Namen genannt hatte, habe die Bild SPD-Vorsitzende Saskia Esken und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert als Beispiele ins Spiel gebracht, die rund um die Wahlen in Talkshows aufgetreten waren. Erneut ohne Namen zu nennen, habe Lange den Verdacht nun bestätigt: „Ich hatte zwar niemanden namentlich genannt, aber ich bin schon durchaus richtig verstanden worden”, schrieb Lange bei Facebook. „Ja, es reicht jetzt. Der Eindruck ist verheerend – und nicht nur hier im Osten.“
Esken reagierte jetzt laut Medien verärgert und pochte auf faire Umgangsformen: „So gehen wir in der SPD nicht miteinander um”, sagte sie in der ntv-Sendung Beisenherz. Man habe offenbar zu lange nicht miteinander kommuniziert. Sie kündigte an, nun mit Lange sprechen zu wollen.
Eskens harte Kommunikation in der Vergangenheit
Ein Leser der NachDenkSeiten hat bereits darauf hingewiesen, dass Esken, die nun eine faire Kommunikation einfordert, in der Vergangenheit selbst teils sehr fragwürdig kommuniziert hat. In unserem Artikel „Corona-Demo: Widerspruch wird pauschal verteufelt” hieß es schon im Sommer 2020:
„Ein besonders schlechtes Beispiel für die Reaktionen aus der Politik ist sicherlich der Tweet der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, in dem sie die Demonstranten kurzerhand alle als ‚Covidioten‘ bezeichnet hat:
Tausende #Covidioten feiern sich in #Berlin als ‚die zweite Welle‘, ohne Abstand, ohne Maske. Sie gefährden damit nicht nur unsere Gesundheit, sie gefährden unsere Erfolge gegen die Pandemie und für die Belebung von Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft. Unverantwortlich!
— Saskia Esken (@EskenSaskia) August 1, 2020“
Und im Artikel Saskia Esken: pseudo-linke Pöbeleien haben die NachDenkSeiten im Mai 2024 geschrieben:
„SPD-Chefin Saskia Esken hat einen direkten Vergleich zwischen AfD und Joseph Goebbels gezogen und gesagt, dass die AfD eine ‚Nazi-Partei‘ sei. Solche Zuspitzungen gehören sich nicht und sie sind politisch kontraproduktiv. (…) Der Verweis auf verbale Ausfälle von AfD-Personal gilt hier nicht als Rechtfertigung: Schließlich sehen sich die Kritiker als ‚die Guten‘ – und damit entstehen andere Verpflichtungen zur Versachlichung der Diskussionen.“
Esken war kürzlich vor allem mit einer öffentlichen Reaktion auf die Messerattacke in Solingen in die Kritik geraten. In der ARD-Sendung Caren Miosga hatte sie nach dem Anschlag mit drei Toten gesagt, gerade aus diesem Anschlag ließe sich nicht viel lernen, weil der Täter nicht polizeibekannt gewesen sei. Sie nahm das später zurück.
Der aktuelle rohe öffentliche Umgang mit Esken ist einerseits hart. Andererseits kann die SPD mit ihrem jetzigen Führungsduo meiner Meinung nach auf keinen Fall die scharfe inhaltliche Kehrtwende leisten, die auf vielen Themengebieten dringend nötig wäre, um den dramatischen Niedergang der deutschen Sozialdemokraten zu stoppen.
Titelbild: Screenshot/ZIB2