Wagenknecht zu Habeck-Vorwurf, dass BSW korrupt sei sowie Stimmen und Trollarmeen im Internet kauft

Wagenknecht zu Habeck-Vorwurf, dass BSW korrupt sei sowie Stimmen und Trollarmeen im Internet kauft

Wagenknecht zu Habeck-Vorwurf, dass BSW korrupt sei sowie Stimmen und Trollarmeen im Internet kauft

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Bei der Abschlusswahlkampfveranstaltung der sächsischen Grünen am 30. August in Dresden hatte der amtierende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck der AfD und dem BSW vorgeworfen, korrupt und von Moskau bezahlt zu sein. Im Wortlaut erklärte er unter anderem: „Sich für seine Meinung (zur Ukraine) bezahlen zu lassen, im Internet Stimmen zu kaufen, Trollarmeen aufzubauen, ist widerlich. Wir wissen, dass die AfD und BSW genau so bezahlt werden.” Die NachDenkSeiten wollten auf der BSW-Pressekonferenz am 2. September von Sahra Wagenknecht wissen, wie diese die Darstellung von Habeck bewertet und ob die Partei plane, rechtliche Schritte einzuleiten. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund

Bei der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung der sächsischen Grünen am 30. August im Rundkino in Dresden ritt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Generalattacke gegen BSW und AfD und erklärte unter dem enthusiastischen Applaus der anwesenden Grünen-Kader und -Sympathisanten Folgendes:

„Draußen an der Tür sind sie alle an einem Transparent vorbeigegangen, wo wenig Freundliches zur Bundesregierung stand, unter anderem das Wort Korruption. Niemand in der Bundesregierung, wir machen nicht alles richtig, aber korrupt, gekauft ist niemand. Im Unterschied zu AfD und BSW. Denn jeder weiß, dass viele von denen aus Moskau und Peking bezahlt werden.

Es gehört in einer Demokratie dazu, auch prinzipiell anderer Meinung zu sein. Und selbstverständlich darf man auch eine andere Meinung zur Ukraine haben. Das ist alles legitim. Sich aber für seine Meinung (zur Ukraine) bezahlen zu lassen, im Internet Stimmen zu kaufen, Trollarmeen aufzubauen, eine Meinung gekauft zu bekommen, das ist widerlich. Das gehört sich nicht. Und wir wissen, dass AfD und BSW genau so bezahlt werden.“

Der grüne Wirtschaftsminister, der nach Informationen der NachDenkSeiten auch als solcher auf der Veranstaltung vorgestellt wurde, unterliegt zunächst einer Neutralitätspflicht, die auch im Wahlkampf gewisse Grenzen setzen sollte. Dass dieser aber nun behauptet, ohne dafür irgendeinen nachprüfbaren Beleg zu präsentieren, außer das mantrahafte Wiederholen von „wie jeder weiß…“, dass BSW-Vertreter „aus Moskau und Peking“ bezahlt würden sowie dass das BSW im Internet Stimmen kaufen und Trollarmeen aufbauen lässt, überschreitet die Grenzen jeglichen politischen Anstands und ist in dieser Form mit hoher Wahrscheinlichkeit nach auch strafrechtlich relevant. Nach Informationen der NachDenkSeiten lässt das BSW die Aussagen Habecks derzeit auch bereits anwaltlich prüfen.

Aufschlussreich ist auch das mediale Schweigen zu den zitierten Unterstellungen Habecks gegenüber BSW und AfD. Bei dem Wahlkampfabschluss der Grünen in Dresden waren zahlreiche Medienvertreter großer bundesdeutscher privater wie ÖRR-Medienhäuser anwesend. Doch lediglich die Sächsische Zeitung (SZ) berichtete darüber in einem Artikel mit der Überschrift: „Habeck beim Wahlkampfabschluss in Dresden: „AfD und BSW werden bezahlt““.

Der Demagoge, der zunehmende Demagogie beklagt

Ausgerechnet der Bundespolitiker und Minister, der sich am häufigsten in seinem bekannten pastoralen Duktus über die Zunahme von Demagogie beschwert, zeigt sich hier als Paradebeispiel eines solchen, im definitorischen Sinne von „ideologische Hetze, besonders im politischen Bereich“ betreibend.

In seinem Standardwerk „Hohe Schule der Verführung. Ein Handbuch der Demagogie“ definiert Martin Morlock diese wie folgt:

„Demagogie betreibt, wer bei günstiger Gelegenheit öffentlich für ein politisches Ziel wirbt, indem er der Masse schmeichelt, an ihre Gefühle, Instinkte und Vorurteile appelliert, ferner sich der Hetze und Lüge schuldig macht, Wahres übertrieben oder grob vereinfacht darstellt, die Sache, die er durchsetzen will, für die Sache aller Gutgesinnten ausgibt, und die Art und Weise, wie er sie durchsetzt oder durchzusetzen vorschlägt, als die einzig mögliche hinstellt.“

Es bleibt dem Leser überlassen, zu beurteilen, inwieweit diese Definition auf den Bundeswirtschaftsminister und potenziellen nächsten Grünen-Kanzlerkandidaten zutrifft. Doch diese Tendenz zur Demagogie ist im Grünen-Umfeld mitnichten auf Habeck begrenzt. Der gesamte Wahlkampf der sächsischen Grünen war eine Ansammlung an demagogischen Slogans und Aussagen. Exemplarisch sei auf diese Wahlwerbung vom 23. August 2024 verwiesen.

Das ist eine nur leicht modernisierte Version der Demagogie-Versuche unter der Adenauer-CDU in den 1950er Jahren.

Quelle: Wahlplakat der CDU aus dem Jahr 1953 – Lizenz: KAS/ACDP 10-001: 411 CC-BY-SA 3.0 DE

Mit diesem Wahlplakat von 1953 versuchte die CDU damals zu suggerieren, die SPD hätte direkte Verbindungen nach Moskau und sei von dort fremdbestimmt. 71 Jahre später finden wir eine sehr ähnliche „Argumentation“ bei den Grünen in Bezug auf das BSW. Das erinnert wiederum, apropos Marxismus, an das bekannte Bonmot von Karl Marx aus seiner Schrift „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“: Geschichte ereigne sich immer zweimal – das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce.

Die gesamte BSW-Pressekonferenz zum Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ist hier einsehbar. Die Fragen von Florian Warweg beginnen bei Minute 50:26:

Titelbild: Screenshot von BSW-Pressekonferenz