Campact ist der größte Spender für die Grünen und die Linkspartei

Campact ist der größte Spender für die Grünen und die Linkspartei

Campact ist der größte Spender für die Grünen und die Linkspartei

Jens Berger
Ein Artikel von: Jens Berger

Wer sich den aktuellen Parteispendenbericht des Bundestages anschaut, wird sich sicherlich verwundert die Augen reiben. Neben den üblichen Verdächtigen wie Wirtschaftsverbänden, Superreichen und Unternehmen, die sich vor allem bei CDU/CSU und FDP für deren Politik bedanken, findet sich für den August auch die Kampagnenplattform Campact unter den Großspendern. Ganze 96.600 Euro hat man der Linkspartei und 161.300 Euro den Grünen zukommen lassen. Das ist – sagen wir es mal freundlich – ungewöhnlich, bezeichnet sich Campact selbst in seiner Satzung doch als „parteipolitisch neutral“. Die Wahrheit sieht anders aus: Campact mischt sich als großer Unterstützer für zwei Parteien in die anstehenden Landtagswahlen im Osten ein. Rechtlich dürfte dies problematisch sein, da so die Transparenzregelungen des Parteiengesetzes untergraben werden. Man könnte auch von verdeckter Parteifinanzierung sprechen – ein Punkt, den Campact selbst immer scharf kritisiert, wenn es um Spenden für rechte Parteien geht. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Als Campact im Jahre 2005 seine Arbeit aufnahm, setzte sich die Kampagnenplattform noch durchgängig für progressive Belange ein. In einer der ersten Kampagnen ging es um Transparenzregeln für Parteispenden. Mit den Jahren änderte sich die Schlagrichtung und spätestens seitdem nicht nur die Unionsparteien, sondern auch die Grünen sich mehr und mehr über nicht immer transparente Parteispenden finanzierten, wurde Campacts Kritik an intransparenten Parteispenden immer leiser – außer es betraf Einzelfälle aus dem Umfeld von CDU/CSU und AfD. Woher der Wind weht, lässt sich bereits in einer Satzungsänderung herauslesen, die der ehemals gemeinnützige Verein Campact e.V. 2023 vornahm.

Der Verein ist parteipolitisch neutral. Er verfolgt keine Zwecke im Sinne der Förderung politischer Parteien und derer Programme.

Satzung von Campact e.V. in der Version vom 12. November 2021

Der Verein ist grundsätzlich parteipolitisch neutral. Zur Zweckverfolgung ist eine punktuelle Zusammenarbeit mit sowie eine zeitlich befristete Unterstützung von politischen Parteien, die zum demokratischen Spektrum zählen, sowie ihren Kandidat*innen nicht ausgeschlossen. Der Vorstand entscheidet darüber im Einzelfall.

Satzung von Campact e.V. in der Version vom 17. November 2023

Mit anderen Worten: Seit November 2023 ist es Campact zumindest laut eigener Satzung gestattet, Parteien Geld zu spenden. Vorher stand dem die Gemeinnützigkeit ohnehin rechtlich im Weg. Eine Kampagnenplattform, die zu großen Teilen von Kleinspendern getragen wird, ist ein Parteispender? Das hört sich seltsam an, hat bei Campact jedoch System. Laut Transparenzbericht haben Campact und die mit Campact verbundene, immer noch als gemeinnützig geltende Demokratie-Stiftung Campact im Jahr 2023 mehr als 1,6 Millionen Euro an andere Körperschaften gespendet – darunter einschlägige NGOs wie die Antonio Amadeu Stiftung (110.000 Euro) oder die Bildungsstätte Anne Frank (125.000 Euro), aber auch eigene Töchter wie die HateAid gGmbH (200.000 Euro), an der Campact zu 50 Prozent beteiligt ist und die pikanterweise mit über einer Millionen Euro maßgeblich vom Staat finanziert wird. Je mehr man sich die Geschäftszahlen von Campact anschaut, desto mehr entsteht der Eindruck, es mit einer „Spendenwaschmaschine“ zu tun haben.

Das ist vor allem problematisch, wenn es um Parteispenden geht, da über den Umweg Campact die Gesetze zur Finanzierung der Parteien gebrochen werden können. Laut §25 Absatz 2 des Parteiengesetzes sind unter anderem folgende Spenden verboten:

  • Spenden von politischen Stiftungen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung);
  • Spenden von außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes, es sei denn, dass diese Spenden aus dem Vermögen eines Deutschen im Sinne des Grundgesetzes, eines Bürgers der Europäischen Union oder eines Wirtschaftsunternehmens, dessen Anteile sich zu mehr als 50 vom Hundert im Eigentum von Deutschen im Sinne des Grundgesetzes oder eines Bürgers der Europäischen Union befinden oder dessen Hauptsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, unmittelbar einer Partei zufließen […]

Die als gemeinnützig anerkannte Demokratie-Stiftung Campact dürfte also keine Parteispenden tätigen, der nicht (mehr) gemeinnützige Campact e.V. schon. Es ist dabei nicht auszuschließen, dass durch diese Konstruktion das Parteiengesetz verletzt wird.

Gleiches gilt für das Verbot von Parteispenden aus dem Nicht-EU-Ausland. Campact wird unter anderem von der Open Society Foundation (George Soros), der European Climate Foundation und der GLS Stiftung für individuelles Schenken maßgeblich unterstützt. Soros’ Stiftung hat ihren Sitz in den USA. Wollte sie z.B. den Grünen Geld spenden, wäre dies illegal. Wenn sie jedoch der Campact-Stiftung Geld spendet, die das Geld an den Campact-Verein weiterleitet und der es dann den Grünen spendet, wäre die Spende erst einmal rechtens. Es gibt freilich keinen Beleg, dass eine solche gebundene – und in diesem Fall klar rechtswidrige – Mittelverwendung bei den Zuwendungen vorliegt; zu untersuchen wäre dieser Punkt jedoch.

Für was genau die Spenden an die Grünen und die Linkspartei geflossen sind, ist zudem unklar. Nach eigenen Angaben will Campact damit die beiden Parteien unterstützen, sodass diese in die jeweiligen Landtage kommen und so eine rechnerisch mögliche Sperrminorität der AfD verhindern. Dafür stellt man offenbar teure Plakatflächen zur Verfügung und spendet auch ausgesuchten Direktkandidaten wie dem Leipziger Linkenpolitiker Nam Duy Nguyen die nicht unerhebliche Summe von 25.000 Euro pro Nase.

Zusammen kassierten Grüne und Linkspartei den Angaben des Bundestags zufolge mindestens 250.000 Euro von Campact. Das ist auch wegen der Höhe der Spenden bemerkenswert. Für die Linkspartei ist dies die erste Großspende von einer juristischen Person seit deren Gründung. Für die Grünen gehören Großspenden von natürlichen Personen zwar zum Tagesgeschäft, eine derartige Großspende von einem Unternehmen bzw. einem Verein ist jedoch auch für die Grünen ein Sonderfall – die Campact-Spende ist die zweitgrößte Einzelspende einer juristischen Person an die Grünen in deren Parteigeschichte. Dass die Spenden für Grüne und Linkspartei zudem offenbar nicht für die gesamte politische Tätigkeit, sondern „nur“ in den überschaubar großen Wahlkampf in Thüringen und Sachsen investiert wurden, lässt bereits ahnen, wie groß die politische Einflussnahme durch diese Spende ist.

Campact hat mit diesen Spenden eine bislang in Deutschland noch geltende rote Linie überschritten. In den USA ist es vollkommen normal, dass Think Tanks und politische Interessengruppen aktiv mit Großspenden den Wahlkampf steuern – der Preis dafür ist, dass die unterstützten Kandidaten sich an die Interessen dieser Spender verkauft haben und von ihnen abhängig sind. Genau dies soll in Deutschland das Parteiengesetz mit seinen sicher nicht in allen Punkten perfekten Einschränkungen verhindern. Man stelle sich nur einmal vor, der Großspender hieße nicht Campact, sondern Compact und Empfänger wären nicht Grüne und Linke, sondern die AfD. Das Geschrei wäre laut, die Empörung groß.

Jeder, der immer noch in gutem Glauben Campact Geld spendet, sollte sich dies nun zweimal überlegen. Denn wer die Grünen oder die Linkspartei unterstützen will, der kann dies auch direkt tun. Wer hingegen auf irgendeine Kampagne von Campact hereingefallen ist und das Geld in gutem Glauben gespendet hat, damit z.B. die Arbeitsbedingungen von LKW-Fahrern zu verbessern, den Abriss des Ludwig-Jahn-Stadions zu verhindern oder Straßenhunden in der Türkei zu helfen, der sollte sich im Klaren darüber sein, dass mit seiner Spende ganz andere Dinge finanziert werden.

Titelbild: Felix Geringswald/shutterstock.com