Angesichts steigender Energiepreise, bisher nicht erreichter Ausbauziele der Erneuerbaren und Fehlplanungen bei deren Finanzierung stellt sich die Frage, ob es in der Klimapolitik vorrangig um sozial verträglichen Klimaschutz geht. Oder hat sich eine Subventionsblase entwickelt, in deren Zentrum der Wirtschaftsminister steht und großzügig Gelder an Unternehmen verteilt, die wiederum grüne Lobbyvereine finanzieren? Ein Erklärungsversuch anhand der Frage, ob Wärmepumpen mittelfristig tatsächlich kostengünstiger und klimafreundlicher als effiziente Gasheizungen sind. Von Karsten Montag.
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Im Rahmen seiner Tour durch Deutschland, auf der Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck unverhohlen Werbung für die Wärmepumpe machte, veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium ein Video, in dem der Minister behauptet, Wärmepumpen gehörten zum „Bereich des klimaneutralen Heizens“. Mit ihnen ließe sich der Wert von Häusern steigern, könne man Geld sparen und das Klima schützen. Wärmepumpen seien schon nach wenigen Jahren günstiger als Gas- oder Ölheizungen, da der Preis für Gas und Öl weiter steigen würde; dies sei ja schon auf europäischer Ebene beschlossen worden. Während seine erste Aussage aufgrund von ihm selbst eingebrachter gesetzlicher Vorgaben, die spätestens ab 2045 fossile Heizungen generell verbieten, kaum zweifelhaft ist, gibt es an den beiden anderen erhebliche Zweifel.
Wärmepumpen sind nicht per se klimaneutral
Wärmepumpen benötigen zum Betrieb Strom. Sie funktionieren im Prinzip wie ein handelsüblicher Kühlschrank. Eine einfache Luft-Wasser-Wärmepumpe kann durch den Entzug von Wärmeenergie aus der Umwelt aus einer Kilowattstunde elektrischer Energie circa 3,5 Kilowattstunden Heizenergie erzeugen. Genauso wie ein Kühlschrank ist sie jedoch nur dann klimaneutral, wenn der von ihr verbrauchte Strom klimaneutral erzeugt wird. Solange der in Deutschland verbrauchte Strom nicht zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt, können Wärmepumpen prinzipiell nicht klimaneutral sein. 2023 lag der Anteil der Erneuerbaren bei der Stromerzeugung in Deutschland bei 51,8 Prozent, der Anteil am gesamten Endenergieverbrauch gerade einmal bei 22 Prozent.
Im Extremfall, wenn eine Gasheizung mit einem Wirkungsgrad von annähernd 100 Prozent durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe ersetzt wird, die ihre elektrische Energie ausschließlich aus einem Braunkohlekraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 40 Prozent bezieht, kann deren CO2-Ausstoß sogar eineinhalb mal so hoch wie im Vergleich zur Gasheizung sein. Bei der Berechnung ist zu berücksichtigen, dass der CO2-Ausstoß je Kilowattstunde Strom bei Braunkohle doppelt so hoch liegt wie bei Erdgas. Das Gleiche gilt im Grunde auch für die Elektromobilität.
Zweifelhafte Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen – zumindest in den kommenden Jahren
Aufgrund der Außenpolitik der EU und der Bundesregierung, welche europäische beziehungsweise deutsche Wirtschaftsinteressen nicht gerade in den Mittelpunkt stellen, hat sich der Beschaffungspreis von Gas in Deutschland 2022 im Vergleich zum Durchschnitt der vorangegangenen zehn Jahre annähernd vervierfacht. Doch auch nach einer deutlichen Entspannung in den Jahren 2023 und 2024 werden die Kosten für die Beschaffung wahrscheinlich nicht wieder auf das Niveau wie vor 2022 sinken. Dies liegt vor allen Dingen daran, dass verflüssigtes Erdgas (LNG), das Deutschland nun in größeren Mengen bezieht, im Schnitt um 30 Prozent teurer als das russische Pipeline-Gas ist.
Angenommen, der Beschaffungspreis bleibt in den nächsten Jahren gleich, werden die nationale CO2-Bepreisung und ab 2027 die Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf den Gebäude- und Verkehrsbereich (ETS II) die größten Preistreiber beim Gaspreis für die Endkunden sein. Analog gilt dies auch für den Heizölpreis und den Preis für Benzin, Diesel und Flüssiggas (LPG).
Abbildung 1: Gaspreispreis in Cent je Kilowattstunde für ein Einfamilienhaus, Datenquelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Die Aussage von Wirtschaftsminister Habeck, dass der Preis für Gas und Öl zukünftig steigen wird, ist also nicht falsch. Was er jedoch in seinem Werbevideo für Wärmepumpen verschweigt, ist die Tatsache, dass auch die Stromkosten aufgrund der hohen Gaspreise stark angestiegen sind und durchaus ein hohes Risiko besteht, dass sie auch weiterhin deutlich steigen werden.
Abbildung 2: Strompreis in Cent je Kilowattstunde für Privathaushalte, Datenquelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Daran ändert auch das Ende der EEG-Umlage seit 2022 wenig. Seither wird der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht mehr über einen Aufschlag beim Strompreis finanziert, sondern über den Klima- und Transformationsfonds. Dieser speist sich vornehmlich aus den CO2-Abgaben auf fossile Energieträger, größtenteils jedoch aus Steuergeldern. Die Energiewende soll also prinzipiell nicht mehr von allen Stromverbrauchern, sondern zu einem Teil von den Nutzern fossiler Energie finanziert werden.
Im Grunde ist dies ein starker Anreiz für finanziell gut ausgestattete Besitzer von Eigenheimen, komplett energieautark und unabhängig von Stromlieferungen aus dem Netz zu werden. Denn aufgrund der noch auf Jahrzehnte abzusehenden Abhängigkeit der Gesamtstromerzeugung von fossilen Energieträgern, insbesondere von Erdgas, sowie aufgrund des Merit-Order-Prinzips haben hohe Gaspreise auch eine hohe Auswirkung auf den Strompreis. Die CO2-Abgabe beim Gaspreis wird höchstwahrscheinlich also zu einer deutlichen Steigerung des Strompreises führen, denn auch Gaskraftwerke müssen am europäischen Emissionshandel teilnehmen und Zertifikate für ihren CO2-Ausstoß erstehen.
Langfristige Abhängigkeit von Erdgas und das Merit-Order-Prinzip
Da die Produktion elektrischer Energie in Windkraft- und Photovoltaikanlagen naturgemäß schwankt (ohne Sonne kein Solarstrom, ohne Wind kein Windstrom) und in ein Stromnetz immer so viel Energie eingespeist werden muss, wie verbraucht wird, bedarf es kurzfristig hoch- und herunterfahrbarer Gaskraftwerke, um Versorgungslücken der Erneuerbaren zu kompensieren. Das ist der Grund, warum parallel zum fortschreitenden Ausbau von Windkraft und Photovoltaik zusätzliche Gaskraftwerke gebaut werden.
Alternativen zur Schließung der Versorgungslücke mit Erdgas wären Energiespeicher, die überschüssige Energie aus den Erneuerbaren an sonnen- und windreichen Tagen an sonnen- und windarmen Tagen zur Verfügung stellen. Denkbar sind beispielsweise Pumpspeicherkraftwerke, Batteriespeicher und Gaskraftwerke, die mit Wasserstoff betrieben werden, der zuvor aus überschüssiger Energie der Erneuerbaren erzeugt wurde.
Doch große Pumpspeicherkraftwerke sind unpopulär, Batteriespeicher sehr teuer, und die Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbarer Energie ist verlustbehaftet und macht daher erst Sinn, wenn deutlich mehr elektrische Energie aus Erneuerbaren erzeugt wird, als in das Stromnetz eingespeist werden kann. Zudem existiert bisher nur ein Gaskraftwerk in Deutschland, das auch mit Wasserstoff betrieben werden kann, und derzeit ist die Wasserstoffgewinnung aus fossilen Energieträgern noch wirtschaftlicher als die Herstellung von Wasserstoff mittels Wasserelektrolyse.
Das Merit-Order-Prinzip ist eine EU-weite Regelung zur Bildung des täglichen Strompreises an den europäischen Strombörsen. Das Kraftwerk mit den teuersten Produktionskosten von Strom, der an einem Tag gehandelt wird, definiert den Börsenpreis für alle eingesetzten Kraftwerke. Das Prinzip begünstigt im Grunde erneuerbare Energien, da diese Strom kostengünstig erzeugen können. Denn im Gegensatz zu fossilen Kraftwerken oder Kernkraftwerken sind deren benötigte Ressourcen (Wind, Sonne, Wasserkraft) kostenfrei. Da jedoch auf lange Sicht – wie oben beschrieben – nicht auf Erdgas bei der Produktion von elektrischer Energie verzichtet werden kann, steigt paradoxerweise auch der Strompreis für erneuerbare Energien, wenn der Gaspreis steigt – zumindest bei den kurzfristig gehandelten Energiemengen. Abhilfe können langfristige Stromlieferverträge leisten. Darauf zielt auch die aktuelle Strommarktreform der EU ab. Kurzfristige und nicht vorhersehbare Schwankungen bei der Produktion der Erneuerbaren können jedoch von den Energielieferanten auch in Zukunft nur über den täglichen Spotmarkt an den Strombörsen kompensiert werden.
Die riskante Wette des Robert Habeck
Im Rahmen der Debatte um die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes, auch landläufig „Heizungsgesetz“ genannt, hat das Bundeswirtschaftsministerium Mitte 2023 eine Prognose der Entwicklung der Energiepreise vorgelegt. Demnach soll der Erdgaspreis 2027 bei 12,34 Cent pro Kilowattstunde liegen und bis 2042 auf 16,53 Cent ansteigen. Der Strompreis soll 2027 bei 37,37 Cent pro Kilowattstunde liegen, jedoch bis 2042 lediglich auf 40,27 Cent ansteigen. „Wärmepumpentarife“ sollen von lediglich 30,30 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2027 auf 32,65 Cent im Jahr 2042 ansteigen. Die Preise stammen aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion.
Diese Zahlen deuten tatsächlich auf signifikant geringere Betriebskosten der Wärmepumpe hin. Die Berechnung ist relativ simpel: Für 3,5 Kilowattstunden Heizenergie benötigen moderne Gasheizungen mit einem Wirkungsgrad von annähernd 100 Prozent 3,5 Kilowattstunden Gas. Für die gleiche Heizleistung benötigen Luft-Wasser-Wärmepumpen mit einer Jahresarbeitszahl von 3,5 eine Kilowattstunde Strom. Legt man die Preise für 2027 zugrunde, wird eine Heizenergie von 3,5 Kilowattstunden bei Gasheizungen demnach 43,19 Cent kosten, bei Wärmepumpen mit Wärmepumpentarif 30,30 Cent. 2042 wäre das Verhältnis folglich noch ungünstiger für die Gasheizung.
Die Prognose stammt aus einer im April 2023 veröffentlichten Studie, die das Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hat. Doch eine Darlegung, wie die prognostizierten Energiepreise berechnet wurden, fehlt in dem Dokument – und wie unzuverlässig die Berechnung ist, kann man bereits an aktuellen Preisen feststellen. Für 2024 hat die Studie einen Gaspreis von 12,07 Cent pro Kilowattstunde vorhergesagt. Tatsächlich liegt er derzeit für ein Einfamilienhaus bei 10,68 Cent pro Kilowattstunde. Beim Strompreis liegt die Studie noch weiter daneben. Statt eines prognostizierten Strompreises von 37,00 Cent pro Kilowattstunde für 2024 liegt der tatsächliche Preis für Privathaushalte derzeit bei 41,35 Cent pro Kilowattstunde.
Die vom Wirtschaftsministerium vorgelegten prognostizierten Energiepreise enthalten noch weitere Haken. So ist ein Wärmepumpentarif überhaupt nicht gesetzlich vorgeschrieben. Endverbraucher sind also darauf angewiesen, dass die Energielieferanten einen derartigen Tarif anbieten. Zudem ist ein weiterer Zähler und eine externe Steuereinheit zur eventuellen Drosselung der Heizleistung der Wärmepumpe durch den Netzbetreiber notwendig, die zusätzliche Anschlusspreise und Netzentgelte verursachen. Daher lohnt sich laut dem Vergleichsportal Verivox ein Wärmepumpentarif erst bei einem Verbrauch ab 5.000 Kilowattstunden pro Jahr.
Des Weiteren wurde bei der Berechnung der Prognose offenbar die Anfang 2023 beschlossene und ab 2027 geltende Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf den Gebäude- und Verkehrsbereich (ETS II) nicht berücksichtigt. Der Denkfabrik Agora Energiewende zufolge ist bei dem Übergang von der nationalen zur EU-weiten CO2-Bepreisung in Deutschland ein sprunghafter Anstieg des Gaspreises um drei Cent pro Kilowattstunde möglich. Statt der prognostizierten 12,34 Cent pro Kilowattstunde könnte der Gaspreis 2027 bei heutigen Beschaffungspreisen bei über 15 Cent pro Kilowattstunde liegen. Aufgrund der weiter oben dargelegten Abhängigkeiten zwischen Gas- und Strompreis könnte auch der Strompreis ab 2027 sprunghaft steigen.
Die Entwicklung des Strompreises im Vergleich zum Gaspreis hängt letztendlich elementar davon ab, ob sich die ehrgeizigen Ziele des von Robert Habeck geführten Wirtschaftsministeriums beim Ausbau der Erneuerbaren erreichen lassen. Demzufolge müssten die installierten Leistungen bis 2030 von Photovoltaik auf 215 Gigawatt, von Wind an Land auf 115 Gigawatt und von Wind auf See auf 30 Gigawatt wachsen. In welchem Maße der bisherige Ausbau gesteigert werden muss, verdeutlicht folgende Abbildung.
Abbildung 3: Installierte Leistung erneuerbarer Energien in Deutschland in Gigawatt (ab 2024 geschätzt), Datenquelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (1) / Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2)
Professor Jürgen Karl vom Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik an der Universität Erlangen-Nürnberg hat bereits Mitte 2023 die Ausbauziele für unrealistisch gehalten, einen zukünftig vermehrten Einsatz von Gaskraftwerken prognostiziert und daher einen Strompreis von 60 bis 80 Cent pro Kilowattstunde bis 2030 für realistisch erklärt. Selbst bei einem Gaspreis von 16 Cent pro Kilowattstunde und einem günstigen Wärmepumpentarif könnte dann eine Luft-Wasser-Wärmepumpe im Unterhalt teurer als eine effiziente Gasheizung sein.
Im Grunde handelt es sich bei der Entwicklung der Strompreise um eine Wette von Robert Habeck, deren Folgen – sollte er sie verlieren – nicht er persönlich, sondern die vielen Hausbesitzer tragen müssen, die eine effiziente und noch intakte Gasheizung durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe ausgetauscht haben. Dass immer mehr Hausbesitzer diese Wette nicht mehr mitgehen, kann man an dem deutlichen Einbruch des Absatzes von Wärmepumpen erkennen.
Ist die deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik verantwortungsvoll?
Hintergrund der künstlichen Verteuerung von fossilen Energien sind verschiedene weltweite, europäische und nationale Klimaschutzabkommen und Klimaschutzgesetze. EU-weit gilt derzeit das Klimaschutzpaket „Fit for 55“, dessen Ziel es ist, dass die EU-Mitglieder ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken und bis 2050 klimaneutral werden. Das Mitte 2021 vom Bundestag beschlossene Bundes-Klimaschutzgesetz geht noch weiter. Demnach soll Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 senken und bis 2045 klimaneutral werden.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen enorme Mengen an Treibhausgasemissionen eingespart werden. Mit der Einführung von ETS II ab 2027 wird der CO2-Preis im Gebäude- und Verkehrsbereich nicht mehr pauschal über einen Preiszuschlag bestimmt, sondern von der zulässigen Höchstmenge an Treibhausgasausstoß und den entsprechenden zum Handeln zur Verfügung stehenden CO2-Zertifikaten. Der Höchstpreis für eine Tonne CO2 lag 2023 bereits bei über 100 Euro. Zum Vergleich: Derzeit liegt der nationale Preis für eine Tonne CO2 im Gebäude- und Verkehrsbereich bei 45 Euro pro Tonne. Mit dem Übergang zum mengenbasierten Emissionshandel sind Preise bis zu 200 Euro pro Tonne möglich.
Steht nicht genug erneuerbare Energie bereit, werden in sämtlichen Lebensbereichen die Preise empfindlich ansteigen, egal ob man mit einer Wärmepumpe heizt oder ein Elektroauto fährt. Denn es ist nicht nur zu erwarten, dass der Strompreis deutlich ansteigt. Die Preissteigerung wird dann auch auf alle Produkte und Dienstleistungen aufgeschlagen, so wie dies bereits seit der Energiekrise mit dem Beginn des Ukraine-Krieges zu verzeichnen ist. Die Energiekrise wird sozusagen durch eine künstliche Verteuerung von Energie fortgesetzt. An diesem Punkt stellen sich die berechtigten Fragen: Ist das noch eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik? Was nützt dem Klimaschutz ein Umstieg auf eine Wärmepumpe oder ein Elektroauto, wenn am Ende die Energie dafür mit Braunkohle oder Erdgas bereitgestellt wird? Was nützt es der Wirtschaft, wenn die Kaufkraft der Konsumenten durch hohe Energiepreise gedrosselt wird? Es besteht die ernst zu nehmende Gefahr, dass Deutschland zwar seine Klimaziele erreicht, jedoch nur durch eine erhebliche Reduktion des Energieverbrauchs sowie einen einhergehenden Verlust an Wirtschaftswachstum und Wohlstand.
Diese kritische Sicht erscheint noch berechtigter, wenn man sich die Klimaschutzmaßnahmen in anderen Ländern mit hohem Treibhausgasausstoß ansieht. Zwar hat auch China, das für knapp ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist (Deutschland: 1,8 Prozent, EU: 9,1 Prozent), einen CO2-Preis eingeführt. Allerdings liegt dieser bei weniger als zehn Dollar pro Tonne. Viele US-Bundesstaaten haben noch gar keinen CO2-Preis eingeführt, obwohl die USA mit einem Anteil von 13 Prozent auf dem zweiten Platz hinter China liegen. Indien (7,6 Prozent) und Russland (4,5 Prozent) haben keine CO2-Bepreisung, Japan (2,8 Prozent) erhebt eine CO2-Steuer von umgerechnet 2,40 Euro je Tonne CO2-Ausstoß.
Die größten Profiteure der Energiewende
Seit 2010 sind durch EEG-Umlage und Bundeszuschüsse knapp 270 Milliarden Euro an Förderung in den Ausbau erneuerbarer Energien geflossen. Einer Studie des Beratungsunternehmens EY und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zufolge müssen bis 2030 allein in der Energiewirtschaft weitere 721 Milliarden Euro investiert werden, bis 2035 sind noch einmal 493 Milliarden notwendig. Mit öffentlicher Förderung allein wird diese Investitionssumme nicht aufzubringen sein, denn im Klima- und Transformationsfonds sind für das Jahr 2024 lediglich 49 Milliarden Euro vorgesehen. Für das Jahr 2024 werden zudem nur 10,9 Milliarden Euro Einnahmen aus dem CO2-Preis erwartet. Das bedeutet, dass die Energiewende größtenteils über Steuergelder finanziert werden muss.
Allein die Diskrepanz zwischen Bedarf und geplanter Förderung zeigt, wie illusorisch die ehrgeizigen Ausbauziele der Erneuerbaren sind, wenn private Investoren nicht mitziehen. Hinzu kommt, dass sich die Übertragungsnetzbetreiber dieses Jahr bei der Schätzung des Strompreises und damit bei der Berechnung des Bundeszuschusses auf das EEG-Konto verkalkuliert haben. Denn paradoxerweise wird der Strompreis an den Energiebörsen im Jahr 2024 geringer gehandelt als erwartet. Das liegt vor allen Dingen an hohen Erträgen der Erneuerbaren. Da die Betreiber von EEG-Anlagen eine staatlich garantierte Einspeisevergütung erhalten, wird die Differenz zwischen Börsenstrompreis und Einspeisevergütung aus dem Klima- und Transformationsfonds ausgeglichen. Statt geplanter 10,6 Milliarden Euro fallen 2024 diesbezüglich voraussichtlich 19,3 Milliarden Euro an.
Es stellt sich heraus, dass die Betreiber von Windkraft- und Photovoltaikanlagen immer mit hohen Erträgen rechnen können. Wenn an Tagen mit hoher Produktion der Erneuerbaren der Strompreis niedrig ist, springt der Bund ein. An Tagen mit niedrigen Erträgen, wenn Gaskraftwerke die Versorgungslücke schließen müssen, profitieren sie über das Merit-Order-Prinzip von einem hohen Strompreis. Auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion, wie die Mehrkosten aus dem Bundeshaushalt gedeckt werden sollen, antwortete das Wirtschaftsministerium, das Bundeskabinett habe den Entwurf eines Nachtragshaushaltsgesetzes beschlossen und „Mehrbedarfe bei der EEG-Förderung und Mindereinnahmen aus dem europäischen Emissionshandel werden im Umfang von insgesamt 10,375 Mrd. Euro ausgeglichen“. Das heißt, auch hier soll der Steuerzahler die Folgen der Fehlplanung begleichen.
Anhand der Erklärung der Bundesregierung zu den Förderprojekten des Klima- und Transformationsfonds ist erkennbar, welche Wirtschaftszweige von den hohen staatlichen Subventionen im Rahmen der Energiewende profitieren. Neben den Herstellern, Installateuren und Betreibern von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie fallen darunter die Hersteller und Installateure von Wärmepumpen, Halbleiterhersteller, die Wasserstoffwirtschaft, Batteriespeicherhersteller, Unternehmen, die die Tank- und Ladeinfrastruktur für Elektromobilität ausbauen, sowie Energieberater. „Alle Bürgerinnen und Bürger und große Teile der Wirtschaft“ würden durch den Fonds „weiterhin beim Strompreis entlastet“, denn „die EEG-Umlage bleibt abgeschafft“, lautet es weiter in der Erklärung der Bundesregierung. Das klingt so, als ob der Fonds eine eierlegende Wollmilchsau sei. Doch das ist nur eine Illusion, denn die „Bürgerinnen und Bürger“, die zuvor über den Strompreis zur Kasse gebeten wurden, finanzieren nun über den CO2-Preis und über Steuern die hohen Subventionen für die profitierenden Unternehmen.
Letztere findet man dann auch logischerweise unter den Förderern der beiden grünen Lobby-Vereine „Die Wirtschaftsvereinigung der Grünen“ und „Grüner Wirtschaftsdialog“ wieder. Es entsteht der Eindruck, als wäre aus der Energiewende eine sich selbst erhaltende Subventionsblase entstanden – mit dem Wirtschaftsminister in deren Zentrum. Dieser Eindruck verhärtet sich, wenn man einen mittlerweile gelöschten Tweet des Wärmepumpenherstellers Enpal betrachtet.
Abbildung 4: Tweet des Wärmepumpenherstellers Enpal, Quelle: X
Schlussbetrachtung
Die ursprünglichen Ziele der hohen staatlichen Subventionen der Energiewende waren Klimaschutz und Unabhängigkeit von fossiler Energie, die Deutschland größtenteils aus dem Ausland importieren muss. Es bestand die Hoffnung, dass die Energiewende ein Selbstläufer wird, dass sie sich durch günstigere Energie von selbst trägt, dass Heizen mit Wärmepumpen und das Fahren mit Elektroautos preiswerter wird als herkömmliche Lösungen. Doch nach fast 30 Jahren immens hoher Förderkosten wird noch nicht einmal ein Viertel der in Deutschland verbrauchten Endenergie durch Erneuerbare bereitgestellt. Trotzdem halten „Visionäre“ wie Robert Habeck an dem Ziel fest, in den nächsten 20 Jahren die riesige Lücke zur vollständigen Klimaneutralität schließen zu können – koste es, was es wolle.
Anstatt einen Schritt zurückzutreten und die Sinnhaftigkeit und soziale Verträglichkeit der eigenen Ziele zu überprüfen, erhöht die Bundesregierung die Schlagzahl sogar noch. Dieses Vorgehen allein damit zu begründen, das Klima zu retten, erscheint geradezu absurd, wenn man die Bemühungen anderer Länder mit hohem Treibhausgasausstoß in Betracht zieht. Wenn Menschen im mittleren und unteren Einkommensbereich den beheizten Wohnraum verringern sowie auf Mobilität, Reisen, hochwertige Produkte, Dienstleistungen und Lebensmittel verzichten müssen, damit einige hoch subventionierte Unternehmen und Nutznießer der Erzeugung erneuerbarer Energie weiterhin hohe Profite einfahren, dann entsteht der nicht von der Hand zu weisende Eindruck einer Umverteilung von unten nach oben. Betrachtet man die aktuellen Umfragezahlen und Wahlergebnisse, sieht es so aus, als ob eine Mehrheit der Wähler eher auf einen Politikwechsel hofft, als den derzeitig eingeschlagenen Weg weiterhin zu unterstützen.
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