Immer wenn man denkt, dümmer geht nicht mehr, kommen von irgendwo die Grünen her. Nun hat sich die geborene Thüringerin Katrin Göring-Eckardt via X in den heißen Wahlkampf eingemischt und dabei die Latte im nach unten offenen Niveaulimbo auf eine neue Weltrekordtiefe gelegt. Die AfD wolle – so die Bundestagsvizin – der lieben Oma ihre Schlagersendung wegnehmen und das BSW störe sich nicht an diesem diabolischen Plan! Nie wieder Florian Silbereisen? Schockschwerenot! Doch der Wähler kann dies ja noch verhindern – „Wähle am besten die Grünen, damit Deine Oma und die Schlagerwelt safe sind!“ Moment mal … ich hasse Schlager. Was Höcke und Co. nicht geschafft haben, schafft Katrin Göring-Eckardt – ein Argument zu liefern, die AfD zu wählen. Da bin ich nun aber wirklich froh, dass ich kein Sachse und Thüringer bin! Sonst würde ich an der Wahlentscheidung förmlich zerbrechen. Eine Glosse von Jens Berger.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download
Wenn Sie ein Freund des deutschen Schlagers sind, sollten Sie schnell Tickets buchen. Am 30. November wird Florian Silbereisen es im Congress Centrum Suhl im thüringischen Suhl wieder so richtig weihnachtlich werden lassen und für den MDR sein „Adventsfest der 100.000 Lichter“ aufzeichnen, das später zur Weihnachtszeit in der ARD ausgestrahlt wird. Die diesjährige Veranstaltung in Suhl könnte jedoch die letzte sein! Heidschi bumbeidschi bum bum!
Hat das deutsche Publikum etwa urplötzlich einen guten Musikgeschmack bekommen? Nein, natürlich nicht. Aber im Osten wird ja nächstes Wochenende gewählt und bei diesen Wahlen geht es diesmal sogar um etwas – um die Zukunft des deutschen Schlagers! Was? Das glauben Sie nicht? Doch, hören Sie sich an, was die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt auf X sagt – und wir alle wissen ja, dass Grünen-Politiker*innen niemals und nimmer nicht lügen würden und Videos auf X sowieso immer wahr sind.
Warum AfD und BSW schlecht für Thüringen sind? Ich erklär’s euch. Dagegen hilft nur: #LandesstimmeGrün pic.twitter.com/6MgBa6EK7E
— Katrin Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) August 23, 2024
O tempora, o mores – sollte man früher die Grünen wählen, weil man gegen Krieg oder Umweltzerstörung war, so ist heute die Rettung des deutschen Schlagers ihr großer Wahlkampfschlager; man kann für Schlagerfreunde nur hoffen, dass die Grünen es mit seichtem Liedgut besser meinen als mit dem Frieden oder der Umwelt. Ich sehe es schon vor mir – am Sonntag stürmen die Florian-Silbereisen-Fans mit ihren Rollatoren die Wahllokale und die Grünen erhalten völlig überraschend die absolute Mehrheit. Unrealistisch? Vielleicht, man sollte aber im Hinterkopf haben, dass in Thüringen mehr Menschen pflegebedürftig sind als an den Hochschulen studieren. Potenzial hat die grüne Mega-Kampagne also.
Als bekennender Schlager-Feind müsste ich ja nun – als Thüringer oder Sachse – eigentlich die AfD wählen. Damit hat Katrin Göring-Eckardt geschafft, woran Höcke und Co. jahrelang gescheitert sind; mir einen handfesten Grund zu geben, die AfD zu wählen … oder halt das BSW, denn die Wagenknecht-Partei „störe das ja nicht“, wie die grüne Retterin des deutschen Schlagers lapidar verkündet. Aber stimmt das denn überhaupt? Leider nein. Die AfD will zwar in der Tat den Rundfunkstaatsvertrag kündigen und damit den MDR schrumpfen, der sieht das aber sehr gelassen, da eine Landesregierung nach Meinung der MDR-Juristen den Rundfunkbeitrag gar nicht abschaffen könne. Und selbst wenn – die AfD will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja nicht abschaffen, sondern durch einen – wie sie es nennt – „Grundfunk“ ersetzen, der sich auf so wichtige Dinge wie unter anderem „Kultur und Tradition“ beschränkt. Und dass die AfD unter „Kultur und Tradition“ etwas anderes als deutsches Liedgut á la Heinos „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ und andere Perlen des Schlagers versteht, ist dann doch eher unwahrscheinlich.
Und das BSW? Dessen Spitzenkandidatin Katja Wolf hat zwar in der von Göring-Eckardt zitierten Debatte gesagt, sie würde durchaus AfD-Gesetzesvorschläge diskutieren, dies aber auf „vernünftige“ Vorschläge eingegrenzt und da das BSW-Programm keine Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags fordert, ist von dieser Seite wohl keine Rettung für die Opfer des Schlagers in Sicht. Es ist zum Mäusemelken! Da hat man einmal die Chance, an der Wahlurne etwas wirklich Sinnvolles zu tun und dem Schlagerterror die geballte Faust entgegenzustrecken und am Ende ist dies auch nur eine weitere Wahlkampflüge der Grünen?
Aber Moment! Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags? Thüringen? War da nicht mal was? Genau! Vor drei Jahren drohte die Thüringer Landesregierung tatsächlich, aus dem Rundfunkstaatsvertrag auszusteigen. Doch es war nicht Björn Höcke, sondern der herzlose Vorzeigelinke Bodo Ramelow, der Oma damals ihre Schlagersendung wegnehmen wollte und der regiert in Thüringen bekanntermaßen zusammen mit den Grünen. Auf Göring-Eckardts Infantilitätsniveau müsste man jetzt sagen: „Whaaaaat?!?“ Ja, liebe Thüringer. Auch die Grünen würden den Deutschen Schlager opfern, wenn es ihnen politisch opportun erscheint – so wie zuvor die Friedenspolitik und den Umweltschutz. Soll ich als Schlager-Feind dann vielleicht besser die Grünen wählen? Gut, dass ich kein Thüringer oder Sachse bin.
Titelbild: CREATISTA/shutterstock.com