Faktencheck der Faktenchecker: Deutschlandfunk will Wagenknecht widerlegen und scheitert grandios

Faktencheck der Faktenchecker: Deutschlandfunk will Wagenknecht widerlegen und scheitert grandios

Faktencheck der Faktenchecker: Deutschlandfunk will Wagenknecht widerlegen und scheitert grandios

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Gleich drei seiner bekanntesten Journalisten setzt der Deutschlandfunk (DLF) darauf an, die Thesen der BSW-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht zum Krieg in der Ukraine einem „Faktencheck“ zu unterziehen. Doch statt Fakten bringt der DLF vor allem subjektive Wertungen und gewagte Konjunktiv-Konstruktionen wie etwa „… da eine deutsche Regierung wohl niemals einen Krieg beginnen würde …“. Wenn die Autoren dann doch mal „Fakten“ anführen, lassen sich diese leicht als Falschaussagen überführen, wie etwa die längst widerlegte Mär, dass Russland Georgien angegriffen haben soll. Es war, wie eine von der EU eingesetzte Untersuchungskommission zweifelsfrei herausfand, genau umgekehrt. Der Faktencheck zeugt vor allem von einer fehlenden redaktionellen Qualitätskontrolle bei dem beitragsfinanzierten Sender. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Sabine Adler, die einstige Russland-Korrespondentin des Deutschlandfunks und jetzige Leiterin des „Reporterpools für Osteuropa“, zusammen mit dem einstigen Washington/D.C.- und jetzigen Korrespondenten für Sicherheitspolitik Marcus Pindur sowie Florian Kellermann, seines Zeichens neuer Russland-Korrespondent des öffentlich-rechtlichen Senders seit 2021, widmen sich unter dem Titel „Faktencheck – Was Sahra Wagenknecht zum Krieg in der Ukraine sagt“ fünf Aussagen, die die BSW-Vorsitzende zuvor in einem Interview mit dem DLF am 13. August 2024 geäußert hatte. Beim Deutschlandfunk heißt es dazu vielsagend:

„Unser Ukraine-Team hat sich diese und weitere Aussagen aus dem Gespräch angeschaut und eingeordnet.“

Denn genau das macht dieses „Ukraine-Team“ auch: Es ordnet nach eigenen subjektiven Maßstäben ein, betreibt aber mitnichten einen „Faktencheck“ im engeren Sinne des Wortes „Faktum“. Aus den Aussagen Wagenknechts formuliert das DLF-Autorenteam mehrere Punkte, die sie als „Wagenknechts Thesen“ verkauft, unter anderem:

  1. Der politische Kurs der Bundesregierung erhöht die Kriegsgefahr
  2. US-Waffen machen Deutschland zur Ziellinie für Russland
  3. Außer Deutschland stationiert niemand in Europa weitreichende Waffen
  4. Die Ukraine ist ein militärischer Vorposten der USA

These 1 und das argumentative Waterloo der DLF-Redaktion

Bereits bei der versuchten Widerlegung der ersten These vergaloppiert sich das DLF-Team komplett im Dschungel alternativer Fakten. Denn im selbsternannten „Faktencheck“ behaupten Adler und Co. Folgendes:

„Russland unter Wladimir Putin hat heiße Kriege immer nur dann begonnen, wenn der angegriffene Staat deutlich schwächer und leicht zu besiegen schien. Beispiele dafür sind die Kriege gegen Georgien 2008 und die Ukraine ab 2014.“

Diese Darstellung eines russischen Angriffskrieges gegen Georgien ist nachweislich falsch. Es war die EU höchstpersönlich, die 2008 eine Untersuchungskommission einsetzte, die zur Aufgabe hatte, festzustellen, wer die damalige kriegerische Auseinandersetzung begonnen hatte. Die Untersuchungskommission kommt in ihrem Gutachten, welches im September 2009 veröffentlicht wurde, zu einem eindeutigen Schluss:

„Georgien hat Krieg mit Russland begonnen.“

Die Leiterin der von der EU eingesetzten Untersuchungskommission, die Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini, erklärte damals, Georgiens Angriff auf die nach Unabhängigkeit strebende Region Südossetien habe den Beginn des militärischen Konflikts markiert, die russische Reaktion zur Verteidigung sei völkerrechtskonform erfolgt:

Dass die „Crème de la Crème“ der Russlandberichterstattung des DLF diesen Sachverhalt nicht kennt und die Fake News von Russland als Angreifer dann ausgerechnet in einem „Faktencheck“ hinausposaunt, lässt einen fragend zurück: Steht es wirklich so schlecht um die Allgemeinbildung bei führenden Korrespondenten des Deutschlandfunks oder wird hier, um der Beibehaltung des Narrativs willen, bewusst die Unwahrheit verkündet? So oder so, mit dem Staatsvertrag lässt sich dieses Vorgehen nicht vereinbaren.

Aber auch die Nennung der Ukraine als Beispiel für einen „heißen (Angriffs-)Krieg“ Russlands ab 2014 ist in dieser absoluten Wortwahl kaum haltbar. In einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundstages von 2019 unter dem Titel „Intervention in Bürgerkriegsgebieten: Zur Rolle Russlands im Ost-Ukraine-Konflikt“ heißt es unter anderem, dass der Konflikt als „interner Territorialkonflikt“ bewertet wird, dass es „über Umfang, Qualität und Ausmaß der militärischen Involvierung Russlands im Ukraine-Konflikt“ wenig belastbare Fakten gäbe und dass auch der Bundesregierung nach eigenen Angaben „offenbar keine belastbaren Erkenntnisse“ vorlägen:

Auseinandersetzung mit These 2: Unfreiwilliger Slapstick statt Faktencheck

Und es wird noch wilder bzw. wirrer. Adler und Co. widmen sich dann ausführlich der zweiten „These Wagenknechts“, die da im DLF-Wording lautet: „US-Waffen machen Deutschland zur Ziellinie für Russland“.

Die „Argumentation“ der selbsternannten DLF-„Faktenchecker“ erreicht nun wirklich unfreiwilligen Slapstick-Charakter. Zunächst fällt die gewagte Konjunktiv-Konstruktion „… wohl niemals beginnen würde“ ins Auge:

„Waffen, die in Deutschland stationiert sind, sind grundsätzlich für den Verteidigungsfall gedacht, da eine deutsche Regierung wohl niemals einen Krieg beginnen würde.“

Die Behauptung, dass die Bundesrepublik Deutschland angeblich niemals einen Angriffskrieg beginnen würde, lässt sich schon mit Verweis auf die Beteiligung deutscher Soldaten an dem völkerrechtswidrigen NATO-Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Rahmen der „Operation Allied Force“ vom 24. März bis 10. Juni 1999 widerlegen. Bei dem Bundeswehreinsatz gegen Jugoslawien flogen Luftwaffen-Piloten über 400 Kampfeinsätze und feuerten dabei über 200 Raketen des Typs AGM-88 HARM auf jugoslawisches Gebiet ab.

Weder die UN-Charta noch der NATO-Vertrag, der seine Mitglieder ausdrücklich zur Beachtung der UN-Charta und auf das geltende Völkerrecht verpflichtet, legitimierten einen solchen völkerrechtswidrigen Angriff. Im Rückblick erklärte selbst Altbundeskanzler Gerhard Schröder, dass der Bundeswehr-Einsatz gegen Jugoslawien völkerrechtswidrig war. Bei einem Gespräch im Rahmen der sogenannten „ZEIT Matinee“ hatte er am 9. März 2014 erklärt:

Ich habe (…) gegen das Völkerrecht verstoßen. Wir haben unsere Tornados nach Serbien geschickt, und die haben zusammen mit der NATO einen souveränen Staat gebombt, ohne dass es einen Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte.“

Doch von Deutschland mal ganz abgesehen: Die Darlegung, „Waffen, die in Deutschland stationiert sind, sind grundsätzlich für den Verteidigungsfall gedacht“, ist noch viel unhaltbarer, wenn man bedenkt, dass es sich hier ja nicht um deutsche, sondern um US-Langstreckenwaffen handelt, die gegen Russland in Position gebracht werden sollen. Und mit der Behauptung, die USA würde die auf ihren Stützpunkten in Deutschland stationierten Waffensysteme grundsätzlich nur „für den Verteidigungsfall“ einsetzen, verlässt die DLF-Redaktion endgültig den Rahmen einer ernsthaften Auseinandersetzung. Auch eine Sabine Adler oder ein Marcus Pindur werden mit Sicherheit wissen, dass kein US-Angriffskrieg der letzten Jahrzehnte – sei es gegen den Irak, Afghanistan oder Libyen – ohne Beteiligung von US-Waffensystemen ausgekommen ist, die auf US-Basen in Deutschland wie dem Hauptquartier der US-Luftwaffe in Europa, Ramstein, oder dem Hauptquartier der US-Gesamtstreitkräfte für den Aufgabenbereich Afrika (AFRICOM) in Stuttgart-Möhringen stationiert waren und sind. Waffen, die nicht unter deutscher, sondern ausschließlich unter US-Befehlsgewalt stehen. D.h. es sind ausschließlich die USA, die entscheiden werden, ob von deutschem Boden Mittelstreckenraketen auf strategische Ziele im russischen Kernland abgefeuert werden. Dieser Tatbestand führt die ganze angeführte „Argumentation“ des DLF-Teams noch mehr ad absurdum.

Weiter heißt es dann in dem „Faktencheck“:

„Frau Wagenknecht unterschlägt allerdings, dass dadurch noch stärker die Länder zwischen Russland und Deutschland gefährdet sind, darunter Polen und die baltischen Staaten – Putin bedroht sie mit seinem Verweis auf die Geschichte und die Erinnerung an die teilweise Zugehörigkeit zum russischen Reich. Die Stationierung von US-amerikanischen Tomahawk-Marschflugkörpern soll ein Gegengewicht zu den russischen Raketen schaffen. Führende Militärexperten sagen, dass es dieses bisher nicht gibt.“

Jetzt wird es wirklich dummdreist. Es ist mitnichten Wagenknecht, sondern das DLF-Autorenteam, das hier – mutmaßlich bewusst – unterschlägt. Denn die BSW-Vorsitzende verweist in ihrem Deutschlandfunk-Interview, auf dessen Aussagen der Faktencheck ja ausschließlich Bezug nimmt, auf eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung vom Juli 2024 mit dem Titel „Stationierung von U.S. Mittelstreckenraketen in Deutschland – Konzeptioneller Hintergrund und Folgen für die europäische Sicherheit“.

In dieser Studie kommt der Autor Oberst a. D. Wolfgang Richter zu dem Schluss:

„Die absehbare Eskalation der Spannungen mit Russland wird die Sicherheitslage Deutschlands verändern und das atomare Risiko für Deutschland im Konfliktfall gravierend erhöhen.“

Die DLF-„Faktenchecker“ unterschlagen komplett die Quelle, auf die sich Wagenknecht in ihren Ausführungen zur Gefährdung Deutschlands durch die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen bezieht – einen renommierten SPD-nahen Militärexperten in einer der zentralen Denkfabriken der sozialdemokratischen Regierungspartei.

Auch der Schlusssatz zu diesem Teil des „Faktenchecks“ zeigt das Ausmaß der Defizite des Machwerks auf: „Führende Militärexperten sagen, dass es dieses bisher nicht gibt.“

Nicht ein einziger Name dieser „führenden Militärexperten“ wird konkretisiert. Dass dem so ist, soll der geneigte DLF-Leser einfach glauben. Es ist Wagenknecht, die mit Verweis auf konkrete Analysen und konkrete Namen von Militärexperten argumentiert – während die DLF-Autoren dem Publikum die von Wagenknecht im Interview genannten Quellen und Militärexperten verschweigen und dann noch die Chuzpe haben, mit Verweis auf nicht genannte Militärexperten die Ausführungen widerlegen zu wollen. Viel manipulativer geht es wohl kaum.

These 3: Außer Deutschland stationiert niemand in Europa weitreichende US-Waffen

Der „Faktencheck“ zur dritten These der BSW-Vorsitzenden krankt erneut unter anderem daran, dass der mit konkreten Analysen und der namentlichen Nennung von Militärexperten unterlegten Argumentation von Wagenknecht das DLF-Team einfach nur Phrasen ohne jede Untermauerung mit konkreten Quellen und Namen entgegenhält. Deren Bewertung beginnt mit dem Satz:

„Europa hat hier, wie in der Debatte immer wieder bemerkt wird, eine Lücke.“

Zunächst fällt an diesem Satz auf, dass hier in üblicher westlicher Arroganz „Europa“ generalisierend mit der EU gleichgesetzt und gegen „Russland“ in Position gebracht wird. Ein Land, dass wohlgemerkt rund 40 Prozent der gesamten europäischen Landfläche ausmacht und mit Moskau auch die mit Abstand bevölkerungsreichste Stadt des Kontinents stellt. Man kann ebenso bezweifeln, dass europäische Länder wie die Schweiz, Belarus oder Serbien in dem angeblichen Fehlen von atomaren Mittelstreckenraketen tatsächlich „eine Lücke“ wahrnehmen.

Zudem tun die DLF-Autoren so, als würde die Debatte nur in diese eine Richtung geführt. Dem ist mitnichten so. In dem Interview mit dem DLF verwies Sahra Wagenknecht in diesem Zusammenhang erneut auf die Ausführungen in der FES-Studie. Deren Autor, der bereits erwähnte Oberst Richter, stellt genau diese Einschätzung infrage und argumentiert wie folgt:

„Die Annahme, dass trotz der vielfältigen luft- und seegestützten Fähigkeiten der NATO eine Fähigkeitslücke bei landgestützten Mittelstreckenraketen besteht, überzeugt nicht. Auch bisher war es möglich, wichtige operative Ziele in Russland durch verbundene Luftangriffsoperationen abzudecken. Anderenfalls wären die Beschaffung von F-35 Stealth-Bombern (auch) für die Bundeswehr und das Konzept der nuklearen Teilhabe operativ nutzlos und strategisch unglaubwürdig.“

Nichts davon findet sich in dem „Faktencheck“ des DLF. Man vertraut wohl darauf, dass die Leser sich auf den „Faktencheck“ begrenzen und sich nicht mit dem Wagenknecht-Interview selbst beschäftigen, in welchem die BSW-Politikerin weit umfassender argumentiert, als es Adler und Co durch die Zuspitzung auf die angeblichen „Wagenknecht-Thesen“ erscheinen lassen.

DLF-„Faktencheck“ zu These 4: „Die Ukraine ist ein militärischer Vorposten der USA“

Die „Faktenchecker“ des DLF erklären die folgenden Aussagen von Sahra Wagenknecht im DLF-Interview generalisierend als „stimmen so allesamt nicht“ und „absurd“:

„Die Ukraine war die am meisten hochgerüstete (Ex-Sowjetrepublik) von allen. Die Ukraine wurde ja von den USA zu ihrem militärischen Vorposten gemacht. Das gehört zur Vorgeschichte des Krieges. (…) In den letzten Jahren ist die Ukraine massiv hochgerüstet worden. Es sind auch US-Soldaten dort schon stationiert gewesen, insgesamt 4.000 NATO-Soldaten. Es gab zwölf Militärbasen der CIA. Die USA werden sehr tätig in der Ukraine.“

Dass die Ukraine, allein schon bedingt durch ihre Bevölkerungsgröße, Landfläche und strategische Lage im Verhältnis zu allen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken über das mit Abstand größte Waffenarsenal verfügte, ist durch unzählige Studien und Analysen belegt. Keine andere ehemalige Sowjetrepublik verfügt(e) über ein auch nur im Ansatz vergleichbares Arsenal an Artillerie, Panzern, Kampfflugzeugen, Drohnen etc. Das zu leugnen („stimmt nicht“) und dies zudem in der üblichen DLF-Form ohne auch nur eine einzige verifizierbare Quelle für diese Einschätzung anzuführen, fällt wie so vieles in diesem „Faktencheck“ direkt auf die Autoren zurück und untergräbt deren Glaubwürdigkeit und Reputation noch weiter.

Vielsagend auch die Art und Weise, wie versucht wird, die Aussage von Wagenknecht, es seien US- und Soldaten aus weiteren NATO-Ländern in der Ukraine stationiert gewesen, insgesamt 4.000 NATO-Soldaten, als falsch darzustellen. Dazu greift das DLF-Team zu folgendem (nicht sehr überzeugenden) argumentativen Trick:

„In der Ukraine waren nie NATO-Soldaten stationiert. Jene waren ab 2015 lediglich dort, um ukrainische Soldaten auszubilden. Die Ukraine gestattete dafür den Aufenthalt von bis zu 4.000 Soldaten aus NATO-Ländern.“

Sabine Adler und Co räumen also zunächst ein, dass seit 2015 durchaus US- und weitere NATO-Soldaten in der Ukraine über längere Zeiträume präsent waren. Sie erklären dann aber, diese seien dort aber nicht stationiert gewesen, da es sich nur um Ausbildungsmissionen gehandelt hätte. Diese „Argumentation“ ist, um im Sprachgebrauch der DLF-„Faktenchecker“ zu bleiben, „absurd“. Natürlich gilt eine Gruppe von US- oder britischen Soldaten, die in einem Zeitraum von mehreren Monaten z.B. in Odessa weilen, um dort ukrainische Kampfschwimmer auszubilden, als „stationiert“ im Sinne der allgemeinen militärischen Definition des Begriffs: „Soldaten an einen bestimmten Ort bringen, ihn für einen Ort bestimmen, an dem er sich eine Zeit lang aufhalten soll“.

Das DLF-Team würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht argumentieren, dass deutsche Bundeswehrsoldaten, die nach Afghanistan geschickt worden waren, um dort Mitglieder der afghanischen Armee an der Waffe auszubilden, nicht als in Afghanistan stationiert galten, da sie dort ja nur an einer Ausbildungsmission teilgenommen hätten.

Die Faktenchecker unterschlagen auch komplett die Tatsache, dass USA und NATO regelmäßig Manöver in der Ukraine mit schwerem Militärgerät abhielten. Exemplarisch sei auf diesen SPIEGEL-Artikel von 2015 verwiesen:

Tragisch-komisch wird es dann bei dem Versuch des Deutschlandfunks, die Aussage der BSW-Vorsitzenden zu explizit gegen Russland gerichtete CIA-Aktivitäten in der Ukraine mit folgenden Ausführungen als „stimmt so nicht“ und „absurd“ darzustellen:

„Es gab in der Ukraine auch nie CIA-Basen. Was es gab, waren zwölf Spionage-Einrichtungen an der ukrainischen Grenze zu Russland, die das CIA für die Ukraine gebaut hat.“

Och, diese selbstlosen Jungs und Mädels von der CIA. Die lassen ein Dutzend Spionage-Einrichtungen an der ukrainischen Grenze zu Russland erstellen und dauerhaft finanzieren, nutzen diese dann aber gar nicht…

Selbst beim explizit transatlantisch ausgerichteten Tagesspiegel liest sich das ganz anders. Dort wird, unter Bezugnahme auf einen New-York-Times-Artikel mit dem Titel „Der Spionagekrieg: Wie die CIA heimlich der Ukraine im Kampf gegen Putin hilft“ (in dem detailliert aufgeführt wird, wie die enge Zusammenarbeit der Ukraine mit der CIA Ende Februar 2014 begann, also nach dem Maidan-Putsch), unter anderem dargelegt, wie mittels der von der CIA gebauten Basen und der Ausbildung ukrainischer Spione russische Drohnen und Kommunikationsgeräte für CIA-Techniker erbeutet wurden, die damit erstmals Moskaus Verschlüsselungssysteme knacken konnten.

Ebenso wird erwähnt, wie die Ukraine im Zuge der Zusammenarbeit ab 2015 der CIA geheime Akten übergab:

„Darunter: Geheimnisse über die Nordflotte der russischen Marine und Informationen über neueste, russische Atom-U-Boot-Technik.“

So viel zu dem Versuch der DLF-Schreiberlinge, so zu tun, als stellten die CIA-Aktivitäten in der Ukraine keine Gefährdung russischer Sicherheitsinteressen dar und als würden die von der CIA erbauten und finanzierten 12 Spionagezentren an der ukrainisch-russischen Grenze nicht auch von der CIA genutzt werden. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich die US-Reaktion auf entsprechende Maßnahmen russischer Auslandsgeheimdienste an der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze vorzustellen…

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die DLF-Autoren grundlegendste Regeln für Faktenchecks missachten. In dem gesamten „Faktencheck“ wird nicht eine einzige Quelle angegeben, man genügt sich in ÖRR-Selbstherrlichkeit selbst. Das Vorgehen ist mit Arroganz der Macht noch freundlich umschrieben. Ebenso werden in mutmaßlich bewusster Absicht dem Leser des Faktenchecks ausnahmslos alle von Sahra Wagenknecht angeführten Quellen (Studien, Experten) verschwiegen, die diese, ganz im Gegensatz zum DLF, transparent und nachprüfbar im Interview mit dem DLF angeführt hatte.

Dazu kommt, dass die DLF-Autoren ausgerechnet in einem als „Faktencheck“ gekennzeichneten Beitrag selbst nachweisliche Fake News verbreiten. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die DLF-Redaktion im Sinne der Bewahrung von Ruf und journalistischer Integrität ein Beispiel an dem Faktencheck-Portal Mimikama nimmt, welche sich nach einem ebenfalls von massiven Fehlern und Falschberichterstattung geprägten „Faktencheck“ zu Äußerungen von Sahra Wagenknecht zu einer umfassenden redaktionellen Richtigstellung und Entschuldigung entschlossen hatte. Wir dokumentieren abschließend die Richtigstellung von Mimikama im Wortlaut:

Redaktionelle Richtigstellung

In unserem Beitrag „Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die Verbreitung russischer Propaganda“ vom 30.07.2024 sind uns leider einige Fehler unterlaufen, die wir hiermit transparent korrigieren wollen.

Wir hatten behauptet, dass das BSW gezielt prorussische Desinformation verbreite. Diesen Vorwurf nehmen wir hiermit zurück.

  1. Wir hatten geschrieben, Sahra Wagenknecht habe bei Maybrit Illner behauptet, dass das Kiewer Krankenhaus Ochmadyt mutmaßlich von einer ukrainischen Flugabwehrrakete getroffen wurde, obwohl Untersuchungen belegt hätten, dass das Krankenhaus von einer russischen Rakete des Typs Kh-101 getroffen sei.
    Tatsächlich jedoch hatte Frau Wagenknecht lediglich darauf hingewiesen, dass nur bekannt sei, dass das Krankenhaus von Raketenteilen getroffen wurde, nicht aber von welchen. Eine unabhängige Untersuchung, die eine der beiden Seiten stützte, gab es nicht.
  2. Wir hatten zudem geschrieben, dass Frau Wagenknecht irrtümlich die deutschen Rüstungsausgaben mit 90 Milliarden Euro angegeben hatte.
    Die Zahl entspricht jedoch der offiziellen Meldung der deutschen Bundesregierung über die Verteidigungsausgaben an die NATO vom Juni 2024.
  3. Wir hatten dem BSW vorgeworfen, seine Position mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten zu untermauern. So hatte Sahra Wagenknecht behauptet, der Westen habe die Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022 torpediert und sich dabei auf Aussagen von Naftali Bennett und David Arachamija berufen.
    Tatsächlich allerdings stützen die angeführten Quellen die Position, dass der Westen die Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022 torpediert hat.
  4. Wir hatten geschrieben, BSW-Mitglieder verbreiteten auch die von Russland in Umlauf gebrachte Falschbehauptung, Frankreich habe Truppen in die Ukraine geschickt.
    Tatsächlich hatte nur einziges Mitglied dieses Gerücht für kurze Zeit auf X verbreitet, ohne für die Partei< BSW zu sprechen. Anhaltspunkte, dass es gezielt Falschinformationen verbreitet hätte, gibt es nicht.

Wir bedauern, hier vorschnell geurteilt zu haben und entschuldigen uns bei Sahra Wagenknecht und dem BSW.

Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier.

Titelbild: Screenshot von Deutschlandfunk-Artikel „Faktencheck – Was Sahra Wagenknecht zum Krieg in der Ukraine sagt“