Der Republikaner Donald Trump hat Multimilliardäre der zweiten Liga hinter sich sowie zunehmend junge, aggressive Silicon-Valley-Investoren. Die Demokratin Kamala Harris hat Wall Street und die Globalkonzerne hinter sich, dazu Milliardärsfrauen und Hollywood. In der Krise des US-Kapitalismus sind beide möglichen Präsidenten gefährlich – für die Bevölkerungsmehrheit in den USA und vor allem für die Weltgesellschaft, für Völkerrecht und Menschenrechte. Lesen Sie heute den zweiten Teil der dreiteiligen Serie zum US-Wahlkampf von Werner Rügemer. Den ersten Teil finden Sie hier auf den NachDenkSeiten.
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Die Trump-Sponsoren: Multimilliardäre der zweiten Liga
Der Multimilliardär Donald Trump vertritt US-Multimilliardäre, die wie er der zweiten Liga angehören. Sie betreiben, ähnlich wie Trump selbst, mehr oder weniger erfolgreiche Familienunternehmen meist der ersten und zweiten Generation. Sie sind im Wesentlichen nur in den USA präsent, oft nur in einigen US-Bundesstaaten, aber mit Trump wollen sie aufsteigen in die erste Liga: „Make America great again“ (= MAGA).
- Der größte Spender für Trumps Wahlkampf 2024 mit bisher 75 Millionen Dollar ist Timothy Mellon, Erbe einer der großen alten Wall-Street-Banken. Er ist an wechselnden Unternehmen beteiligt, gelegentliche Insolvenzen gehören dazu.
Dann folgen die Spender mit bisher fünf bis zehn Millionen Dollar:
- Uline: 1980 gegründetes Familienunternehmen für Verpackung und Logistik mit knapp 10.000 Beschäftigten an 13 US-Standorten
- Bigelow Airline: entwickelt Lufttransporte, auch für das US-Militär, will Weltraum-Tourismus fördern
- McMahon Ventures: gehört dem Ex-Wrestler Vince McMahon, der mit World Wrestling Entertainment zum Milliardär wurde; jetzt eine Unternehmensberatung
- Die Hendricks Holding der Milliardärin Diane Hendricks umfasst so verschiedene Firmen wie für Jagdbedarf, Versicherungen, Immobilien, Recycling, Filmproduktionen.
- Mercer Family Foundation: geführt von Rebekah Mercer, Tochter eines Hedgefonds-Managers, verheiratet mit einem Direktor der Bank Morgan Stanley, finanziert Privatschulen, weil öffentliche Schulen „sozialistisch“ sind
- Steve Wynn: Kasino-Betreiber in Las Vegas
- Crownquest Operating des Milliardärs Timothy Dunn ist mit Erkundung und Förderung im Gas- und Öl-Fracking aktiv.
Zu den Sponsoren mit bisher zwei bis fünf Millionen Dollar gehören:
- Southern Waste System: Abfallentsorgung in Florida
- Book Capital Enterprises: Immobilien in Florida
- Sequoia Capital: Risikokapital-Investor im Silicon Valley, war am Aufstieg etwa von PayPal, WhatsApp, Instagram und YouTube beteiligt
- Dan Newlin Injury Attorneys: auf Autounfälle spezialisierte Anwaltskanzlei
- GH Palmer: spezialisiert auf Luxus-Immobilien in Kalifornien.[1]
Weitere langjährige Unterstützer sind etwa folgende Multimilliardäre:
- Jeff Yass, Großaktionär bei TikTok
- Bill Ackman, Harvard-Absolvent, Hedgefonds-Manager, hält u.a. einen Zehn-Prozent-Anteil am weltgrößten Musikkonzern Universal Music
- Omeed Malik, Gründer des Investmentfonds 1789 Capital (bezieht sich auf das Gründungsjahr der USA)
- Richard LeFrak, wie Trump Immobilien-Investor in New York und mit einem Sechs-Milliarden-Vermögen etwas reicher als Trump.
Trump-Unterstützer: rechtsextreme Evangelikale
Trump ist eng verbunden mit den Evangelikalen, einer rechtsextremen Christen-Organisation, die arme Seelen sowohl für Christus wie für „America“ retten will. Sie stehen für sexuelle Sauberkeit, gegen Abtreibung und gegen Einwanderer – das sind die wichtigsten Ziele.
Der weltweit aktive Wanderprediger Billy Graham begründete nach dem Zweiten Weltkrieg diese Bewegung, beriet US-Präsidenten, war Medienliebling auch in (West)Europa – jetzt werden diese Evangelikalen von seinem Sohn Franklin Graham geführt. Mike Pence, der unter US-Präsident Trump dessen Vize war, war für diese Funktion dadurch qualifiziert, dass er Evangelikaler ist.
So war Trump kürzlich auch wieder der Starredner beim Evangelikalen-Treffen in Washington. Der strenggläubige Evangelikalen-Führer Graham vergibt dem Macho Trump großzügig alle ansonsten streng verteufelten sexuellen Eskapaden. Und Graham weiß: Beim Attentat wurde Trump „von Gott gerettet“.[2]
Trump-Unterstützer: reiche Israel-Lobbyisten
Während die Evangelikalen bei ihrem eher armen Millionen-Publikum die kleinen Spenden sammeln, bringt ein anderes religiös-politisches Milieu das große Geld – die Israel-Lobby. Dazu gehören (Stand Juli 2024):[3]
- Laura & Isaac Perlmutter Foundation: Sie gehört dem israelisch-amerikanischen Multimilliardär Isaac Perlmutter. Er war Chef des US-Schusswaffenherstellers Remington, dann Chef von Marvel Entertainment (Comics). Perlmutter spendete für den jetzigen Wahlkampf bisher zehn Millionen, im 2020er-Wahlkampf waren es 21 Millionen.
- Miriam Adelson und ihre Spenden-Organisation Preserve America, mit 34 Milliarden Dollar die reichste jüdische Milliardärin in den USA, Witwe von Sheldon Adelson, dem jüdisch-amerikanischen Multimilliardär, der sein Vermögen als internationaler Casino-Magnat machte: Bis zu seinem Tod 2021 war er jahrelang gleichzeitiger Hauptsponsor von Trump und Netanjahu. Die Adelsons haben den Republikanern für die letzten vier Präsidentschaftswahlkämpfe etwa 500 Millionen Dollar gespendet.[4]
- Republican Jewish Coalition: Hier war Sheldon Adelson bis 2021 Präsident; Mitglieder sind etwa der größte „Heuschrecken“-Investor Blackstone, die Wirtschaftskanzlei Weil Gotshal sowie zahlreiche Banker, Manager und Ex-Regierungsmitglieder.
„Bibi und ich“: Israels Endkampf zur Vernichtung aller Feinde
Israel als Staatsraison – das propagierte Trump schon viel früher als etwa die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.
Israel, das Lieblingskind der „westlichen Demokratie“, wird von keinem westlichen Politiker so direkt gefördert wie von Trump. An dieser geostrategisch-ideologischen Zentralstelle sind sich die deutschen und europäischen Propagandisten der „westlichen“ und „liberalen“ Demokratie völlig einig mit dem Mann, den sie ansonsten als Ultrarechten und als Faschisten anprangern. Fällt da jemandem etwas auf?
Im ersten Monat als US-Präsident – Januar 2017 – lud Trump den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit Familie zum Staatsbesuch ins Weiße Haus ein. Da wurde der offizielle Bruch mit der bisherigen US-Politik eingeleitet. Trump erklärte: Die Zweistaatenlösung muss nicht sein! Trump schäkerte: „Bibi and I“ – Bibi und ich verstehen uns! „Bibi“ ist der Kosename Netanjahus. Donald und Bibi und ihre Familien sind seit vier Jahrzehnten eng befreundet. Trump, der in New York mithilfe von Mafia und FBI zum Immobilien-Investor aufstieg[5], befreundete sich in dieser Zeit mit Netanjahu, der von 1984 bis 1988 in New York lebte und Israel als Avantgarde des Völkerrechtsbruchs in der UNO vertrat.
Beim Staatsbesuch im Mai 2017 in Israel legte Trump nach: Jerusalem sei ewige Stadt der Juden und die Hauptstadt Israels, und der jüdische Staat Israel sei wie „America“ von Gott geleitet. Trump besuchte als erster US-Präsident die sechs Meter hohe Hightech-Trennungsmauer gegen Palästina, die weitgehend auf palästinensischem Territorium steht, und lobte sie als Symbol der Freiheit. Tödliche Mauern mitten durch Hauptstädte – die müssen eingerissen werden, predigte man/frau doch jahrzehntelang in der „westlichen Demokratie“?! Die in Berlin wurde eingerissen, die in Jerusalem wird noch höher gebaut und von Scharfschützen gesichert.
Trump erklärte mit der rassistischen, rechtsradikalen Regierung Netanjahus den Iran zum Hauptfeind, setzte die Sanktionen wieder in Kraft und kündigte, wie im Wahlkampf versprochen, das US-Iran-Abkommen.[6] So sicherte er das international unkontrollierte Atom-Monopol und die atomare Erstschlagsfähigkeit Israels.
Zudem verlegte Trump gegen die internationale Übereinkunft die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem, und zum ersten Mal errichteten die USA einen US-Militärstützpunkt in Israel, den 13. Missile Defense Battery: Wenn der angegriffen wird, sind auch die USA angegriffen. Die US-Soldaten werden durch Militärgeistliche evangelikal oder jüdisch getauft. Mit Bibel-Zitaten werden sie auf die „letzte Schlacht“ vorbereitet, auf die gnadenlose Vernichtung der Feinde – und auch Christus trage dafür ein Gewehr.[7]
Trumps neue Tech-digital-Sponsoren
Zugleich mit dieser radikalisierten Israel-Politik kamen zu den traditionellen Unterstützern Trumps aus Milliardärsreihen schrittweise noch aggressivere hinzu: die jüngere Silicon-Valley- und Digital-Generation.
Eine Führungsfigur ist der Multimilliardär Peter Thiel: Der gründete im Jahr 2000 mit Elon Musk den Bezahldienst PayPal, den er dann gewinnbringend verkaufte und dann mit einem Hedgefonds die Spionagefirma Palantir (Gesichts- und Bewegungserkennung, ausgerichtet auf Muslime) gründete, die inzwischen mit Geheimdiensten, Militär und Polizei in den USA und im Westen groß wurde.
Thiel war mehrere Jahre der einzige prominente Silicon-Valley-Vertreter, der sich für Trump einsetzte. 2016 warb er auf dem Parteikonvent der Republikaner für Trump: „Ich bin stolz, homosexuell zu sein, ein Republikaner zu sein und vor allem, ein Amerikaner zu sein.“ Das Homosexuelle und ähnliche „neue Werte“ passen eigentlich nicht zu Trump, wie auch das christlich-zionistische Gott-Gerede – aber Trumps aufstiegsgierige Multimilliardäre holen sich jede passende Ideologie. Als US-Präsident hatte Trump Palantir einen Großauftrag für das Militär verschafft und Thiel als Berater geholt.
Thiel ist ein prinzipieller Kritiker der Demokratie: „Freiheit und Demokratie sind unvereinbar.“ Er tritt für staatsfreie Territorien ein, wo Privatunternehmen regieren – ohne Staat. Und die regierenden Unternehmen sollen Monopole bilden: „Wettbewerb ist etwas für Verlierer.“ So sind jetzt mit und neben Thiel weitere Silicon-Valley-Investoren zu Trump gewechselt:
- Tesla-, Space X- und Twitter/X-Chef Elon Musk.
- David Sacks, der bisher zwölf Millionen für Trump spendete, hat an der Silicon-Valley-Eliteuniversität Stanford studiert, stieg mit PayPal auf und hält Anteile an Uber, AirBnB, Space X und Palantir.
- Marc Andreesen und Ben Horowitz mit ihrer Risikokapital-Firma haben Start-ups der Digitalbranche finanziert und halten Anteile an Spieleplattformen wie Roblox, dann an Twitter/X, an Facebook/Meta – und sie fördern Kryptowährungen.
- Doug Leone mit der Risikokapital-Firma Sequoia Capital hat in den Internet-Dienst Netscape investiert und hält Anteile an Yahoo, PayPal, YouTube, Apple und Google.
Der Trump-Clan hat sich in den letzten Jahren auch selbst ins Digitalgeschäft gestürzt. Die Trump Media & Technology Group ist seit mehreren Monaten an der Börse. Mit sozialen Netzwerken wie Truth Social, mit Law Shield und anderen Tochterfirmen werden Botschaften verbreitet, Beratungen verkauft und Werbeeinnahmen produziert. Proud Partriots verkauft Trump-T-Shirts, Trump-Kappen und US-Flaggen.
Trumps Vize Vance I: Verbindung zum Silicon Valley
Der 40-jährige Vance, von Trump als Vize inthronisiert, ist Absolvent der privaten Elite-Universität Yale. Danach war er als Risiko-Investor erfolgreich. Gefördert und finanziert wurde er von Thiel und dessen Hedgefonds Founders Fund.
In einen von Vance’ Risiko-Fonds hatten auch hochrangige, milliardenschwere Oligarchen und Familienclans investiert, so Google-Chef Bezos, die Koch-Oligarchen (Öl, Gas, Chemie, Nahrungsmittel) und die Waltons (Supermarktkette WalMart). Dann erkannte Thiel Vance’ politisches Geschick und finanzierte mit 15 Millionen Dollar dessen erfolgreichen Wahlkampf 2020 als Senator in Ohio.[8]
Vor Jahren kritisierte Vance Trump noch als Faschisten, als neuen Hitler. Jetzt lobt er Trump – auch, dass der „nicht in der Tasche von Big Business steckt.“ Extreme ideologische Beweglichkeit und Jonglieren mit medialen Puzzles gehören zu diesem Milieu.
Vance ist fundamental gegen Abtreibung, will Ehescheidungen erschweren und kämpft wie Thiel für Kryptowährungen. Und mit Trump und den Evangelikalen, so Vance bei seiner Parteitagsrede, wird „Amerika mit Gottes Gnade wieder groß werden“.[9]
Trumps Vize Vance II: Er soll Arbeiterstimmen holen
Vance, als Yale-Absolvent ein qualifizierterer Analytiker als Trump, kritisiert durchaus faktengestützt die US-Geopolitik der letzten vier Jahrzehnte, die politisch von den Demokraten angeführt wurde: Die Auslagerung von Millionen Arbeitsplätzen, etwa der Autoindustrie, zunächst nach Mexiko – mithilfe des Freihandelsabkommens NAFTA unter Präsident Clinton – und dann der Silicon-Valley-Konzerne nach Asien: Das hat die USA deindustrialisiert, hat hier die working class und auch große Teile der middle class verarmt. Die USA haben mit erfolglosen Kriegen im Irak, in Afghanistan und Syrien ihre Macht überdehnt, haben international an Ansehen verloren, so Vance, und in der Ukraine werde keineswegs „die Demokratie“ verteidigt. Vance nennt ausdrücklich Deutschland: Mit der Unterstützung der Ukraine haben die USA Verbündete und damit auf Dauer auch sich selbst geschwächt. Die meisten Amerikaner wollen diese Politik nicht, so Vance sicherlich zutreffend.[10]
So, um ein erfolgreicher Demagoge zu sein, muss man zunächst auch wichtige (Teil)Wahrheiten benennen. Für die Lösung des Problems wirbt Vance dann für sich als Vorbild des amerikanischen Traums, als Aufsteiger aus einfachen Verhältnissen und aus einer vernachlässigten Region, als überzeugter Christ, als treusorgender Familienvater, der Industrie und Wohlstand in die USA zurückholt.
Wall Street und BlackRock & Co. lässt er mit seiner Kritik an „big business“ im diffusen Dunkel. Auch von seinem eigenen, aufsteigenden Big Business und dem seiner Freunde wie Thiel spricht er nicht.
Titelbild: Muhammad Alimaki/shutterstock.com
[«1] Top Contributors, federl election data for Donald Trump, 2024 cycle, opensecrets.org, abgerufen 2.8.2024
[«2] „Americans realise Trump is not pastor-in-chief“, Financial Times 27.7.2024
[«3] Top Contributors, federal election data for Donald Trump, 2024 cycle, opensecrets.org July 2024
[«4] GOP elites weigh Trump – and the alternatives, edition.cnn.com 20.11.2022
[«5] Trump und das FBI – eine amerikanische Affäre, SWR 25.7.2024
[«6] Der Wortbruch, Der Spiegel 8.5.2018
[«7] Armageddon – die letzte Schlacht, arte.tv 30.7.2024
[«8] The billionaire who fueled JD Vance’s rapid raise to the Trump VP-spot, CBS News 16.7.2024
[«9] youtube.com/shorts/jiFBh2daHYE
[«10] Foreign Policy for the Middle Class – Realism & Restraint Amid Global Conflict, youtube.com/watch?v=VVzoZwoU_RY