„Kreml-Propaganda“? Neue, alte Kalte Krieger greifen das BSW an

„Kreml-Propaganda“? Neue, alte Kalte Krieger greifen das BSW an

„Kreml-Propaganda“? Neue, alte Kalte Krieger greifen das BSW an

Ein Artikel von Marcus Klöckner

„Sahra Wagenknecht verbreitet Kreml-Propaganda“, „BSW empfänglich für russische Propaganda?“ – so lauten gerade diverse Schlagzeilen in großen Medien. Derartige Aussagen sollen sowohl Wagenknecht als auch die neue Partei in der Öffentlichkeit diskreditieren. Die Rechnung scheitert aber an der Realität. Gerade in Bezug auf Russland trifft Wagenknecht im Wesentlichen den Nagel auf den Kopf. Mit „Kreml-Propaganda“ hat das folglich nichts zu tun. Es sei denn, die neuen, alten Kalten Krieger wollen „die Wahrheit” als „Kreml-Propaganda“ definieren. Nun, dann sollen sie mal! Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

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In ihrem Eifer scheinen sie nicht zu erkennen, dass sie so die NATO-Propaganda schwächen. Verwendet der Mainstream einen Kampfbegriff wie „Kreml-Propaganda“, wissen viele kritische Bürger längst, woher der Wind weht. Nämlich von der Lügenfront der NATO.

„Kreml-Propaganda“ – welch ein finsterer Ausdruck. Die Assoziationen zum Kalten Krieg, zur Zeit, als der „Eiserne Vorhang“ noch existierte, sind sofort gesetzt. Wir erinnern uns: Es gab einen Feind. Das war Russland bzw. die Sowjetunion. Propaganda ging nur von den Russen aus. Denn die waren „böse“. Der gute Westen betrieb selbstverständlich keine Propaganda. Die Regierungen diesseits und jenseits des Atlantiks wollten grundsätzlich immer nur die Bevölkerung vor der Kreml-Propaganda schützen. Das war damals: „die Wahrheit“. Gewiss: bizarr, grotesk. Und lange ist es her. Doch seit geraumer Zeit bemühen alte und neue Kalte Krieger erneut die Klaviatur der angestaubten Propaganda.

Sahra Wagenknecht und das BSW verbreiten „Kreml-Propaganda“ – was soll solch eine mit der Realität brechende Aussage bezwecken? Soll nun die deutsche Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt sein? Sollen die Bürger dem BSW rasch ihre Sympathie entziehen? Sollen die Wähler bei den nächsten Wahlen doch lieber ihre Kreuzchen bei CDU, SPD, FDP und Grünen machen, die als ihre Beschützer vor der „Kreml-Propaganda“ verstanden werden wollen?

Wer so denkt, hat offensichtlich nichts verstanden. Oder will nichts verstehen. 2024 ist nicht 1980. Wer sich heute als kritischer Bürger informieren will, greift auf ein breites Angebot an neuen Medien zurück. Sogenannte Mainstreammedien dienen vielen bei großen politischen und gesellschaftlichen Themen allenfalls noch als Kontraindikator. Sprich: Immer das Gegenteil von dem annehmen, was die „Qualitätspresse“ berichtet. In vielen Fällen lässt sich so „der Wahrheit“ schnell bemerkenswert nahe kommen. Und so werden Bürger hellhörig, wenn in großen Medien von „Kreml-Propaganda“ die Rede ist. Nur anders, als es den Kalten Kriegern lieb ist. „Kreml-Propaganda“? Von Wagenknecht? Die Frau, die sagt, dass Waffenlieferungen falsch sind? Die anmahnt, dass rasch ein Waffenstillstand erreicht werden muss? Die schnell Verhandlungen fordert? Die Frieden will? Die von geostrategischen Interessen des Westens spricht? Die den Begriff Stellvertreterkrieg gebraucht? Was soll das sein? Soll das die „Kreml-Propaganda“ sein?

Wenn dem so ist: Dann ist die Kreml-Propaganda offensichtlich ziemlich vernünftig – ganz nah an der Wahrheit. In jenen Köpfen, in denen das alte Feindbild Russland immer noch festsitzt, mag das anders interpretiert werden. Fast ist das schon tragisch. Mitanzusehen, wie Akteure glauben, dass selbst jetzt noch, wo schon hunderttausende Ukrainer und Russen auf dem Schlachtfeld getötet, verstümmelt oder traumatisiert wurden, der Kampf „die Lösung“ ist. Ja, das ist bizarr. So bizarr, wie die Propaganda des Kalten Krieges von damals. Ihnen möchte man sagen: Wer von „Kreml-Propaganda“ spricht, aber ignorant gegenüber der Propaganda der NATO ist, sollte sich vielleicht ohnehin besser ein anderes Thema suchen.

Aber wie, betreibt der Kreml denn keine Propaganda? Natürlich! Regierungssitze verströmen geradezu Propaganda. Immer wieder. Politiker verbreiten Propaganda. Ob Putin, Biden, Scholz oder sonst einer: Propaganda gehört zum Kerngeschäft der Politik. Propaganda darf man als gut oder böse betrachten, als harmlos oder übel manipulativ. Alle haben ein Interesse daran, die Öffentlichkeit zu beeinflussen. Das ist: Grundschulwissen. 1 plus 1 = 2.

Bemerkenswert ist, wenn manche so tun, als betreibe nur eine Seite Propaganda. Und noch bemerkenswerter ist, wenn Qualitätsmedien dabei mitmachen. Wann haben diejenigen, die lauthals von Kreml-Propaganda sprechen, das letzte Mal auf die Propaganda der NATO aufmerksam gemacht? Wie war das nochmal, zum Beispiel, mit Integrity Initiative? Wann haben die hehren Kämpfer gegen Propaganda darüber berichtet? Da gilt für die wackeren Feindbildgestalter: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

Aus ihrer Sicht soll heute gelten, was damals galt: Propaganda betreibt nur der Feind. Wer auf diese Weise – aus welchen Gründen auch immer – meint, in der öffentlichen Diskussion Akzente setzen zu wollen, hat wohl etwas außer Acht gelassen. Nämlich: Das einseitige Zuschieben von Propaganda auf eine unliebsame Partei kann ganz schnell selbst zu einem Akt der Propaganda werden.

Titelbild: beast01 / Shutterstock

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