Leserbriefe zu „Wir sind die Guten! Darum schlagen wir Euch den Schädel ein!“
In diesem Essay untersucht Jens Berger den Werte-Begriff von Kriegstreibern. Verteidigt würden nicht universelle Werte, sondern solche, die „Völkergruppen voneinander trennen“. Der moderne Wertekrieger sehe „sich selbst als den Guten und ist von der Mission getrieben, seine Werte zur Not mit Gewalt denen nahezubringen, die sie nicht teilen“. Die „bittere Ironie“ sei, dass die Wertekrieger selbst zu den Getäuschten gehören. Denn in Kriegen gehe es nie um Werte, es gehe um Interessen – um Einflusssphären, um Rohstoffe, um Handelswege, um Geld. Wir danken für die interessanten Leserbriefe. Es folgt nun eine Auswahl, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.
1. Leserbrief
Guten Tag Herr Berger,
der “Westen” wollte sich vor der Haustür Russlands ausbreiten und sich die Ukraine unter den Nagel reißen. Mit Werten hat das nichts zu tun, sondern mit Machtexpansion.
Aber Russland war und ist nicht der Staat, der sich auf der Nase herumtanzen lässt.
Beste Grüße
Mike Koch
2. Leserbrief
Sehr geschätzter Herr Berger!
Ja, die Eliten wissen genau, dass dieser Trick noch immer ganz gut funktioniert. Es gibt, nach all den Jahrhunderten, leichte Einschränkungen. Denn der etwas höhere Stand der Allgemeinbildung lässt doch einige Menschen mehr hinter die Fassaden schauen. Insgesamt jedoch – vor allem auch in Deutschland – bin ich schon sehr enttäuscht. Denn diese, unsere, Zeit der Täuschungen, Lügen und Manipulationen, in ungeahntem Ausmaß, hat und hatte ja auch etwas von einer Prüfung. Leider muss man dann eben feststellen, dass zwischen 60 und 70% durchgefallen sind (siehe auch die Werte der letzten Europa Wahl). So lebt man auch in dieser Epoche, als halbwegs aufgeklärtes Individuum, leider wieder nur in einer – so man sie hat – Nische und/oder am Rand.
Herzliche Grüße!
Frank Kanera
3. Leserbrief
Ach ja, früher trugen wir das hohe “C” (das Christentum) mit Knüppeln in die Welt hinaus, heute das hohe “D” (die Demokratie) – alles das Gleiche, wir sind nur 1 Buchstaben weiter gekommen …
Die Chinesen kommen doch auch nicht und sagen: Wir werfen euch so lange Bomben auf die Köpfe – bis ihr auch Feng Shui macht!
Wir sind total überzeugt, wie toll glücksbringend Feng Shui ist – darum sind unsere Bomben sogar Liebe!
Tja – Europa hatte seine 500 Jahre – von 1522, als wir das Aztekenreich stürzten, bis 2022, als der Russische Bär sagte “Bis hier hin, Westen, und nicht weiter!” …
Tja, schade – eigentlich find ich die europäischen Werte wirklich am schönsten. Dieses Individuelle, nicht der chinesische Ameisenhaufen oder die arabischen Allahgebete … Aber leider konnten wir nie anders, als mit Knüppeln und Hochnäsigkeit in die Welt hinaus zu gehen … Adé Europa, adé Westen!
Martin aus S
4. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
bei allem Respekt: Wie vermessen muss man sein, um der Welt als Rezept gegen die Zumutungen eines westlichen Zweckrationalismus, der seinen Herrschaftsanspruch auf schöne Worte und zügellose Gewalt, wovon 2 Weltkriege zeugen, gründet, immer noch ausgerechnet die westliche Aufklärung und Vernunft zu empfehlen? Es mag ja richtig sein, dass sich ab einer gewissen Abstraktionsebene Konflikte in Luft auflösen. Der Einzelne macht einfach das Wohl der Menschheit zum Maßstab seines Handelns: Et voilà! Kant lässt grüßen.
Es reicht völlig, wenn der Westen “die Freiheit” (der Eigentümer- und Vermögensklasse, den Rest der Menschheit und Welt als Mittel zum Zweck zu gebrauchen) als abstraktes und verschleierndes Konzept verteidigt.
Für die Lösung konkreter Konflikte kommt es demgegenüber auf Interessenausgleich an: Das zu erkennen und zu beherzigen bedarf es eines kühlen Kopfs und politischer Klugheit und keines hochfliegenden westlichen Konzepts der Aufklärung, das dem Westen selbst schon immer Sie wissen wo vorbeigeht.
Am Ende ist auch das sonntagsredenhafte Beschwören der westlichen Aufklärung Messianismus und Bekehrung der Heiden – ein Konzept, dass sich eine zur Selbstvernichtung im Stande befindliche Menschheit nicht mehr leisten kann.
Die Atombombe, Realismus und Pragmatismus werden die Welt vor der durch die Entfesselung der wirtschaftlichen Entwicklung freigesetzten ungezügelten Gewalt (oder umgekehrt) retten – oder nicht.
MfG
EJ
5. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
vielen Dank für ihren zum Denken anregenden Artikel.
Ich würde ergänzen, dass hinter der Idee der “liberalen Demokratie” durchaus ein grundlegenderer universeller Wert steckt: Es ist der Gedanke, dass die Anführer einer Gesellschaft die wahren Interessen der Menschen durchsetzen sollen, statt irgendwelche egoistischen Ziele zu verfolgen.
Auf jedem Fleck der Erde wird ein solcher Anführer als vorbildlich angesehen, der dafür sorgt, dass es den Menschen in seiner Verantwortung gut geht.
Der Fehler der Verfechter der liberalen Demokratie ist aber, dass sie Selbige mit diesem universellen Wert gleichsetzen.
Man muss noch nicht einmal die bei uns real existierende Demokratie betrachten – den Einfluss von wenigen Mächtigen auf die öffentliche Meinung und die Politik, die in Bevölkerungsumfragen mehrheitlich geäußerte Unzufriedenheit mit der Regierung – um zu erkennen, dass die Interessen des Volkes nicht besonders gut umgesetzt werden.
Man kann sich auch prinzipiell fragen, warum ein Mehrheitswahlrecht dazu führen sollte, dass sich die Interessen der Menschen durchsetzen. Denn Mehrheit ist ja nicht gleichbedeutend mit Wahrheit. Gerade auch eine Mehrheit kann sich darüber täuschen, was in ihrem Interesse sei.
Die grundsätzliche Voraussetzung, die wahren Interessen und die Weise ihrer effektivsten Umsetzung zu erkennen, ist die Fähigkeit, einen Sachverhalt intellektuell zu durchdringen.
Das wusste man auch hierzulande und hat die Werte der Aufklärung entsprechend hochgehalten.
Inzwischen hat man aber offenbar vergessen oder verkannt, was die Werte der Aufklärung eigentlich sind. Sonst würde man sich nicht derart in Ausgrenzungsbemühungen bestimmter Meinungen ereifern, im “Kampf gegen Rechts”, “gegen Desinformation” und über “Querdenker” und “Putinversteher” schimpfen.
Das wichtigste Prinzip der Aufklärung – die Annäherung an die Wahrheit mittels wissenschaftlicher Methodik – verlangt nicht Ausgrenzung, sondern die Vollständigkeit aller möglichen Argumente unabhängig davon, wer sie jeweils aufstellt.
Der heutige Zeitgeist der Etablierten versteht das nicht mehr und ist zu dumm, seinen Verrat an den Werten der Aufklärung zu erkennen.
Freundliche Grüße,
Matthias Dietrich
6. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
Gerade wir Deutschen sollten doch eigentlich wissen, wie gefährlich es ist zu denken, man tut etwas Gutes für die Welt. Vor 100 Jahren glaubten fast alle Deutschen an die jüdische Weltverschwörung und da wir diese angebliche Weltverschwörung zerschlagen wollten, hielten wir uns damals natürlich auch für die Guten und dachten wir tun der Welt einen Gefallen.
Somit sollte sich jeder Deutsche, der heutzutage auch wieder denkt, dass wir zu den Guten gehören, fragen lassen, was er aus unserer Geschichte gelernt hat.
Und auch Ihr Punkt Toleranz kann man nicht genug unterstreichen. Toleranz ist heutzutage, meiner Meinung nach, komplett missverstanden. Man kann nur etwas tolerieren, womit man ein Problem hat, wenn man mit einer Sache einverstanden ist, dann gibt es auch nichts, was man tolerieren könnte. Für mich sind die Taliban da ein wunderbares Beispiel.
Natürlich lehne ich das Weltbild und die Rolle der Frau von den Taliban ab, mich graust es vor diesem rückständigen Weltbild, dennoch sind die Taliban auch Menschen und diese haben sich nunmal entschieden so zu leben, somit bleibt mir nichts anderes übrig als deren Lebensweise zu tolerieren und ich kann höchstens den Menschen ein Angebot unterbreiten zu uns zu kommen, wenn sie dieser Lebensweise entfliehen wollen, aber ironischerweise machen wir solche Angebote ja nicht mal, wir haben versucht denen unsere Lebensweise aufzuzwingen, was kläglich gescheitert ist und dann haben wir auch noch alle Menschen im Stich gelassen die nicht so Leben wollen, während man bei uns grosse Reden über Werte schwingt. Das ist doch einfach nur hanebüchen.
Aber das ist generell auch ein Grundproblem unserer westlichen Demokratien. Wenn man als Politiker gewählt werden will, dann sucht man nach einfachen Slogans, die als Projektionsfläche für die Wähler dienen. Da kommen dann Sachen wie “Gerechtigkeit”, “Freiheit” usw. die natürlich nicht knallhart hinterfragt werden, denn jeder Wähler soll ja seine eigene Definition dieser Begriffe auf den Politiker und seine Kampagne projizieren und da stört dann nur die Konkretisierung des Begriffes/Slogans und es enttäuscht mich das wir Menschen immer noch darauf reinfallen.
mfg
Ronny Dietzsch
7. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
“Wir sind die Guten!”. Was das betrifft, ist die Sache ziemlich übersichtlich. Wer auf dieser Welle schwimmt, in Schwarzweißdenken eingemauert, von der eigenen Großartigkeit überzeugt, auf andere herab schaut oder gar einschlägt, ist schwer gestört, hat eine Zentralmeise. Projektion heißt dieser mentale Mechanismus. Man kann zuverlässig davon ausgehen, dass das was die Betroffenen ihren vermeintlichen Feinden unterstellen, auf sie selbst zutrifft. Beobachten kann man das bei US-Politikern, ohne Ausnahme, spätestens seit Bush Junior. Bei unseren derzeitigen Gestalten ist das ebenso. Wenn auch manchmal etwas verwirrend formuliert, wenn z.B. Lenchen Baerbock mit 360-Grad-Wenden und Ausflügen über hunderttausende von Kilometern oft am Ziel vorbei denkt. Das hat aber nichts mit Projektion zu tun, sondern ist der Ideologie Ihrer Partei und ihrem eigenen Verstand geschuldet, die zum Absolut Guten auch noch die Absolute Verwirrung brauchen.
Immanuel Kant erwähnen Sie. Da ist der Kategorische Imperativ, volkstümlich ausgerückt: “Was du nicht willst, das man dir tu, …” Erwarten Sie von Politkern der Grünen ernsthaft, dass die jemals etwas vom Kant gehört haben? Die wissen ja nicht einmal dass der eine Tochter hatte, die Kantine. Haben doch nie ernsthaft gearbeitet und eine Fabrik von innen gesehen.
Die Werte. Das mit “Gut und Böse” ist der individualpsychologische, pathologische Aspekt, das was das Handeln unserer Politiker in der Regel bestimmt. Natürlich gibt es auch universelle menschliche, gesellschaftlich Werte. Im Christentum z.B. die 10 Gebote, die im Buddhismus ganz ähnlich formuliert sind. Das sind in Moral kondensierte, allgemeine menschliche Grundprinzipien. Die werden auch vom Individuum verinnerlicht, solange es geistig gesund ist.
In der Politik geht es aber in der Regel um materielle Werte. Warum, z.B., sitzt “der Russe” auf unserem Öl und Gas und den ganzen anderen Rohstoffen? Das ist doch ungerecht! Darum kümmern sich seit 110 Jahren die Briten und ihre Nachfolger die US-Amerikaner. Und Deutschland, mittenmang, macht kräftig mit und merkt dabei nicht, wie es für fremde Interessen missbraucht wird.
Wer als Deutscher noch halbwegs bei Verstand ist, sollte da aber keineswegs mitmachen. Es ist ja nicht nur Lenchens Nazi-Großvater. Das Übel ist viel größer. Es begann zwar schon vor 1933, nahm aber von da an so richtig Fahrt auf. Über 60 Millionen Tote in Europa, die meisten davon Zivilisten. 1945 gewaltig eins auf den Hut gekriegt. Aber anstatt mal innezuhalten und nachzudenken was man da angerichtet hat, identifizierte man sich damals (in Westdeutschland) gleich mit dem vermeintlichen Sieger, den USA (der wahre Sieger war die Sowjetunion). Das war den Amis recht, umsonst zu haben und man konnte sich wieder zu den Guten gehörig betrachten. Und es ging ja weiter gegen Russland, also um die “Werte” (Rohstoffe).
Nach 1989 dachte der Westen dann, Halleluja!, “Polen ist offen”, jetzt haben wir die Werte und sind die Werte, universell und überall. War aber nicht so. Was eigentlich leicht zu verstehen ist, wenn man über die eigene Nasenspitze hinaus denken kann. Dass noch einmal Adornos Prophezeiung wahr werden würde, die Rückkehr der Faschisten in der Verkleidung von Liberalen, Demokraten und Linken, hätte ich mir nie träumen lassen. Aber jetzt haben wir den Salat.
Lasst Euch das nicht gefallen! 1983 waren wir eine halbe Million Demonstranten in Bonn, gegen die Pershing-Nachrüstung. Heute ist die Situation viel gefährlicher. Die NATO ist dabei, Raketen an der russischen Grenze aufzustellen. Wo bleibt die Million Demonstranten (besser zwei) vor dem Reichstag?
Viele Grüße,
Rolf Henze
8. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
daaaaaanke für diesen kurzen Artikel, insbesondere für den folgenschweren Satz:
Wenn Kriegstreiber Werte anführen, die es zu verteidigen gilt, handelt es sich in der Regel um Werte, die eben nicht universell sind, sondern Völkergruppen voneinander trennen.
Genau das rüttelt allerdings eben an den Fundamenten westlicher Selbstlegitimierung, “unsere Werte” (darin steckt bereits jenes verhängnisvolle baerbocksche “wir”, Flintenuschi spricht ohne jede falsche Bescheidenheit gleich von “global values”, daran sieht man, wer sich als Herr der Welt versteht, man muß nur zuhören.
Das Problem mit dieser Wiederkehr der politischen Moral, die in Deutschland ihrem Selbstverständnis als einzige oder zumindest führende Friedens- und Umweltpartei nach wesentlich die Grünen etabliert haben, ist, daß sie offensichtlich effektiv genug ist, jede weitere Diskussion über Sinn oder Unsinn bedeutungslos werden zu lassen. Wer bei den Guten ist, hat schlicht jede Legitimation auf seiner Seite, jeder versteht das sofort. Und wer will denn nicht bei den Guten sein, na hör mal? – Noch Nietzsche nannte Gut und Böse zwei Synonyme, die überwunden werden müssen. Aber auch mehr als 140 Jahre und zwei Weltkriege später hat’s noch niemand richtig kapiert.
Wahrscheinlich ist es menschlich. Wo Gruppen entstehen, entsteht immer auch ein Gutes und mindestens ein Böses. Und je stärker eine Gruppe wird, umso mehr kämpft sie für ersteres gegen letzteres. Ein Einzelner wäre dazu gar nicht in der Lage.
T.M.
9. Leserbrief
Hallo Jens Berger,
ich finde im Artikel einen starken Bezug zum Liedertext
“Feste Jungs, macht nur weiter so, ihr bekommt schon alles kaputt”
von Robert Long ..
Hier ist der entsprechende Ausschnitt dazu:
Feste Jungs, macht nur weiter so,
ihr bekommt schon alles kaputt.
Schafft Bomben Euch und Panzer an,
Die Menschheit braucht sie irgendwann.
Will einer nicht Dein Bruder sein,
Dann schlag ihm gleich den Schädel ein.
Wenn er nicht Deiner Meinung ist,
dann mach ihn lieber tot,
am besten für den lieben Gott.Ja der Mensch ist so hilfreich, edel und gut,
fließt dabei auch Blut, fließt dabei auch Blut.
Herzliche Grüße … von Norbert Stemmer
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