IMK-Report: Weltwirtschaftliche Ungleichgewichte nehmen zu – Deutschland hinkt hinterher
Einerseits werde sich das Wirtschaftswachstum in den kommenden zwei Jahren in den USA und Asien verlangsamen und damit dämpfend auf den deutschen Export wirken. Andererseits werde sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft weiter verbessern, da die Lohnstückkosten im Gegensatz zu denen in anderen Industrieländern sinken würden. Der Euroraum hinkt im Vergleich zum weltwirtschaftlichen Wachstum hinterher und Deutschland liegt mit einer Wachstumsprognose von 1,7% (2006) und nur noch 1,1% (2007) unter dem Durchschnitt der europäischen Länder. Ein Aufschwung werde durch die restriktive Finanzpolitik verhindert.
Das sind einige der wichtigsten Prognosen der neuesten weltwirtschaftlichen Analyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung [PDF – 456 KB].
Alles spreche dafür, dass die Wirtschaftspolitik in Deutschland vor allem die Binnennachfrage beleben muss, während die internationale Wettbewerbsfähigkeit lediglich zu sichern sei. Insbesondere gelte es, den privaten Verbrauch auf einen Aufwärtstrend zu bringen. In keinem anderen größeren Industrieland war die Binnennachfrage während der vergangenen zehn Jahre so schwach wie in Deutschland. Die konsumfeindliche Politik, die schon in den vergangenen Jahren praktiziert wurde, strebe 2007 einem neuen Höhepunkt zu. Gerieten bisher die Realeinkommen vor allem wegen der Lohnzurückhaltung und der Ölpreiserhöhungen unter Druck, komme 2007 noch die Erhöhung der Mehrwertsteuer hinzu. Die Kraft der Aufwärtsentwicklung 2006 werde nicht ausreichen, um diesen Schock ohne Wachstumsverluste aufzufangen.
Das IMK setzt bei der Debatte um Mindestlöhne einen neuen wirtschaftstheoretischen Akzent. Eine der Erklärungen warum der Lohndruck nach unten gerade in Deutschland so ausgeprägt ist, sei das Fehlen eines expliziten gesetzlichen Mindestlohns. Bei der Einführung von Mindestlöhnen gehe es, anders als es der Sachverständigenrat sieht, selbst aus neoklassischer Sicht nicht darum, einen Lohnsatz, der sich auf einem kompetetiven Markt gebildet hat, qua Gesetz zu erhöhen. Es gehe vielmehr darum, einen Lohnsatz, der sich zu Lasten der Arbeitnehmer auf einem unvollkommenen Markt gebildet habe, qua Gesetz in Richtung eines kompetetiven Lohnsatzes zu erhöhen. So gesehen sei Mindestlohnpolitik in diesem Kontext Wettbewerbspolitik und wirke daher positiv auf Wachstum und Beschäftigung. Von vorneherein immer von vollkommen kompetetiven Märkten auszugehen sei, betrachte man die Realität, ein „etwas naiver Positivismus“.
Mit der Einführung von Mindestlöhnen könnte die Abwärtsspirale der Lohnentwicklung durchbrochen und damit die Gefahren für Wachstum, Beschäftigung und Stabilität in Deutschland, wie auch im Euroraum deutlich gemildert werden.