Corona-Aufarbeitung bei Illner: Denn sie wussten nicht, was sie taten

Corona-Aufarbeitung bei Illner: Denn sie wussten nicht, was sie taten

Corona-Aufarbeitung bei Illner: Denn sie wussten nicht, was sie taten

Ein Artikel von Marcus Klöckner

„Keiner von uns wusste wirklich etwas.“ Das sagte am Donnerstagabend Ministerpräsidentin Malu Dreyer im ZDF. In der Talkshow Illner stand das Thema Aufarbeitung der Coronamaßnahmen auf dem Programm. Eine Aussage, die in ihrer Tragweite kaum weitreichender sein könnte. Auf „wussten nichts“ wurden die schwersten Grundrechtseingriffe seit dem Bestehen der Republik aufgebaut? Ungeheuerlich! Insbesondere, wenn man sich vor Augen führt, dass nach außen hin so getan wurde, als käme das „Wissen“ für die Pandemiepolitik vom lieben Gott persönlich. Dreyer hätte für diese Aussage in der Sendung gestellt werden müssen. Das geschah nicht. Als einzige kritische Stimme lud der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Tatort-Kommissar ein. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

Wie soll es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch gesagt werden? Soll man es vortanzen? Ein singendes Telegramm an die Intendanten schicken? Wann möchten sich ARD und ZDF bequemen, innerhalb ihrer großen öffentlichen Diskussionsplattformen das abzubilden, was im Sinne der Demokratie notwendig ist? Nämlich: Vielfalt!

Am Donnerstagabend wurde bei Illner über die Aufarbeitung der Coronapolitik gesprochen. Der Tatort-Kommissar Jan Josef Liefers war als kritische Stimme eingeladen. Gut. Doch: Eine kritische Stimme soll ausreichen, um in der gebotenen Schärfe öffentlich Politikern für ihre weitreichenden Entscheidungen in der Pandemie entgegenzutreten? Offensichtlich war für die Illner-Redaktion die Besetzung, die neben Jan Josef Liefers aus Malu Dreyer, dem Virologen Christian Drosten und dem ehemaligen Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo bestand, völlig in Ordnung. Welch ein Armutszeugnis! Wollte der ÖRR seinem Informationsauftrag gerecht werden, müssten bei Illner jene Experten zu Wort kommen, die von Anfang an Impfung und Maßnahmenpolitik fundamental kritisch gegenüberstanden. Stefan Homburg, Friedrich Pürner, Wolfgang Wodarg – um nur einige zu nennen. Stattdessen: Abschotten, abgrenzen, ausblenden. Mit anderen Worten: Weiter so wie bisher. Fast schon tragisch-ironisch gerät da die Anmoderation Maybrit Illners:

Gut vier Jahre ist es her, da ging es auch an diesem Tisch nur um Inzidenzwerte, Lockdown und Impfquote.“

Nüchtern betrachtet ist das völlig richtig. Und genau deshalb, weil es an „diesem Tisch“ nur um Inzidenzwerte, Lockdown und Impfquote ging – und zwar nicht nur einmal – kann die Kritik an dem ÖRR, aber auch an Illner gar nicht laut genug sein. Versteht die Moderatorin das? Es gab in der Corona-Krise für Illner und Co kein Außen mehr. Kritische Stimmen, die der Maßnahmenpolitik fundamental widersprachen? Ja, die gab es. Zuhauf. In alternativen Medien. Zu Hunderttausenden auf den Grundrechtedemos. Aber eben nicht bei Illner und Co. Und selbst jetzt noch, nachdem die freigeklagten RKI-Protokolle, Protokolle des Expertenrats, die schweren Impfschäden, die Abgründe der Pandemiepolitik usw. noch deutlicher sichtbar gemacht haben, weigert sich die Illner-Redaktion, eine Besetzung auszuwählen, die der Tragweite der Maßnahmenpolitik gerecht wird.

Liefers schlägt sich wacker. Der Tatort-Kommissar führt das Panikpapier an, worin nachgedacht wurde, Kindern Angst vorm Erstickungstod der Oma zu machen: „Das war einer der perfidesten Momente für mich“, sagte Liefers. Prima! Wichtig, dass der Schauspieler darauf hinweist. Doch es hätte kritische Journalisten und Experten gebraucht, um Dreyer und Drosten zu stellen – aber auch, um Illner und den ÖRR selbst in den Fokus der Kritik zu rücken. Stattdessen sagt also Dreyer:

Keiner von uns wusste wirklich etwas.“

Sollte das stimmen, dann wäre das eine Bankrotterklärung der Politik. Denn es hätte gewusst werden können. Früh widersprach etwa der bayerische Amtsarzt Friedrich Pürner (jetzt BSW) der Maßnahmenpolitik. „Durch die exzessive Testerei erklären wir (…) eigentlich gesunde Menschen zu Kranken“, sagte Pürner etwa im Dezember 2020 in einem NachDenkSeiten-Interview. Fast möchte man anmerken: Bereits der gesunde Menschenverstand reichte aus, um zu erkennen, wo die Schwachstellen bei der Test- und Inzidenzfixierung lagen. Mit anderen Worten: Es ist eigentlich unmöglich, dass die Politik „nichts wusste“. Doch Dreyer, die selbst ein Jahr später, kurz vor dem Weihnachtsfest 2021, sogar sagte, „Ungeimpfte sollen gar nicht feiern“, darf bei Illner die ‚Mär des Nichtwissens‘ verbreiten. Wer soll das glauben? Und so sagt Dreyer auch, dass es eine „total schwierige Entscheidung“ gewesen sei, trotz des Versprechens, keine Impfpflicht einführen zu wollen, die Impfpflicht dann doch in Betracht gezogen zu haben.

Wie soll ein Fernsehzuschauer nun mit einer derartigen Aussage umgehen? Wo waren Journalisten, die Dreyer mit den schweren Auswirkungen dieser Impfpolitik konfrontiert haben?

Wieso kann Drosten sagen, „niemand hat Schuld“, ohne dass ihm eine solche Aussage auf angebrachte Weise um die Ohren gehauen wird? Wie kann es sein, dass in einer der teuersten TV-Talkshows des Landes die politisch Verantwortlichen ihren Katzenjammer auch noch weitestgehend ungestört zum Walzer aufführen dürfen?

Wie sieht es bei der Erstellung einer solchen Sendung eigentlich mit dem journalistischen Ehrgefühl aus? Nein, bitte, die Antwort darauf kann erspart bleiben.

Titelbild: Screenshot/ZDF

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