Putin/Kim Yong-un – Die „Ausgestoßenen“ unterzeichnen militärisches Partnerschaftsabkommen

Putin/Kim Yong-un – Die „Ausgestoßenen“ unterzeichnen militärisches Partnerschaftsabkommen

Putin/Kim Yong-un – Die „Ausgestoßenen“ unterzeichnen militärisches Partnerschaftsabkommen

Ulrich Heyden
Ein Artikel von Ulrich Heyden

Wenn sich die Führer der zwei am meisten sanktionierten Staaten der Welt treffen und einen Vertrag über strategische Partnerschaft unterzeichnen, sagt das einiges aus über die Wirksamkeit westlicher Sanktionen und die Entschlossenheit von Staaten, die sich der US-Hegemonie nicht unterwerfen wollen. Von Ulrich Heyden.

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Der russische Präsident Wladimir Putin besuchte vom 19. bis zum 20. Juni Pjöngjang, die Hauptstadt von Nordkorea, wo er mit höchsten Ehren von Kim Yong-un, dem Vorsitzenden des Komitees für Staatsangelegenheiten, empfangen wurde.

Mehr als eine „Trotzreaktion“

Am Mittwoch unterzeichneten die beiden Staatsführer einen Vertrag über strategische Partnerschaft. Der Vertrag wurde in englischer Sprache auf dem staatlichen nordkoreanischen Portal KCNA veröffentlicht. Ein Kernpunkt in dem Vertrag ist der gegenseitige militärische Beistand bei einem Angriff durch Dritte. Einen ähnlichen Vertrag mit militärischer Komponente gab es zuletzt 1961, damals noch zwischen Nordkorea und der Sowjetunion.

Die Frankfurter Rundschau bezeichnete den neuen Vertrag über strategische Partnerschaft als „Trotzreaktion gegen westliche Sanktionen“. Das Wort „Trotzreaktion“ passt vielleicht bei der Erziehung von Kindern, nicht aber bei zwei Staaten mit zusammen 173 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von Kaliningrad (ehemals Königsberg) bis zum Japanischen Meer.

Der Vertrag zwischen Moskau und Pjöngjang bedeutet, dass sich das Kräfteverhältnis in der Asien-Pazifik-Region verändert. Für Nordkorea sei der Vertrag wichtig, weil das Land mit seinen 26 Millionen Einwohnern „von potenziellen Gegnern umringt ist“, meint der russische Militärexperte Aleksej Leonkow. Auf Initiative von Washington sei außerdem mit der AUKUS (Australien, Großbritannien, USA) eine „östliche NATO“ geschaffen worden.

Folgt man russischen Militärexperten, dann hat der Vertrag über strategische Zusammenarbeit zur Folge, dass sich Russland und Nordkorea gegenseitig mit Waffenlieferungen helfen.

Nordkorea habe keine Mittel, um Angriffe von Langstreckenraketen abzuwehren, meint Militärexperte Leonkow. Russland könne bei der Modernisierung der nordkoreanischen Luftabwehr und der radioelektronischen Militärabwehr helfen. Nordkorea könne „freier atmen“ und die russische Rüstungsindustrie bekomme Aufträge „für viele Jahre“.

Russland könne aus Nordkorea „wenn nötig schwere Artillerie, Mehrfachraketenwerfer und Granaten erhalten“, meint der russische Militärexperte Wladislaw Schurygin. Außerdem brauche Russland aus Nordkorea leichte Waffen zur Luftabwehr, zusätzlich zu den schweren Waffen der Luftabwehr, welche Russland hat.

Auswirkungen auf den Handel zwischen Russland und den beiden koreanischen Staaten

Das Handelsvolumen zwischen Nordkorea und Russland ist von 2015 bis zum Jahr 2021 von 84 Millionen Dollar auf symbolische zwei Millionen Dollar gefallen. Doch 2023 erhöhte sich das Handelsvolumen auf 29 Millionen Dollar, wie Wladimir Putin erklärte.

Das Handelsvolumen zwischen Russland und Südkorea ist mit 15 Milliarden Dollar (2023) um ein Vielfaches höher. Doch die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea wird dem Handel zwischen Russland und Südkorea vermutlich einen Dämpfer geben. Wie die russische Zeitung Kommersant berichtete, plant die Regierung Südkoreas wegen des Vertrages zwischen Moskau und Pjöngjang Exportbeschränkungen gegen Russland.

Eine aus der Not geborene Wiederannäherung

Man kommt nicht umhin festzustellen, dass das neue Bündnis zwischen Russland und Nordkorea aus der Not geboren wurde. Beide Staaten fühlen sich von den USA in die Enge getrieben. Wladimir Putin hatte zwar im Jahr 2000, wenige Monate nach seinem Amtsantritt, Nordkorea besucht. Aber von einer militärstrategischen Zusammenarbeit, die es zu Zeiten der Sowjetunion gegeben hatte, wollte Russland in den letzten 23 Jahren nichts wissen. Für Moskau hatten gute Beziehungen zu westlichen Staaten Priorität.

2005 war Moskau sogar an Gesprächen beteiligt, die Pjöngjang von seinen nuklearen Ambitionen abbringen sollten. Im Oktober 2006 verhängte der UN-Sicherheitsrat einstimmig eine Reihe von wirtschaftlichen Sanktionen gegen Nordkorea als Reaktion auf einen nordkoreanischen Kernwaffentest.

Doch im März 2024 legte Russland im UN-Sicherheitsrat ein Veto ein. Russland stimmte gegen die Fortsetzung der Tätigkeit einer Gruppe von UN-Experten, welche die Einhaltung von internationalen Sanktionen gegen Nordkorea überwachen sollen.

Einige Punkte des Vertrages über strategische Partnerschaft zwischen Moskau und Pjöngjang „können den Sanktionen gegen Nordkorea“, die Russland seit Anfang der 2000er-Jahre mittrug, „widersprechen“, meinte der russische Militärexperte Vadim Kosjulin. „Aber die Zeiten ändern sich, und jetzt versteht die Führung unseres Landes, wie wichtig die Annäherung von echten Partnern ist.“

Russischer USA-Experte: „Die USA halten noch an alten Narrativen fest“

Die USA versuchen unterdessen, das neue Bündnis zwischen Nordkorea in eigene Stärke umzudeuten. Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Moskau, lästerte: Dass Putin „den weiten Weg nach Nordkorea auf sich nehmen musste“, unterstreiche, „wie verzweifelt er nach Munition sucht, die er von Nordkorea braucht“.

Die US-Medien reagierten auf den Vertrag von Russland und Nordkorea über strategische Partnerschaft mit den bekannten Narrativen, erklärte der russische USA-Experte Dmitri Drobnizki gegenüber dem russischen Internet-Portal vsglyad.ru. Putin sei nach Nordkorea gefahren, um Granaten für Russland zu beschaffen. Im Gegenzug bietet Russland Nordkorea Hilfe beim Bau einer Weltraumagentur an.

Die US-Medien hätten nicht begriffen, dass das internationale System der Rüstungsbeschränkung „faktisch zerstört“ ist, meint Drobnizki. Washington sei bisher „nicht in der Lage, die Veränderungen in der asiatisch-pazifischen Region zu bewerten“. Dabei werde es immer schwerer, die Vorgänge in dieser Region zu ignorieren. Insbesondere Japan weise auf diese Veränderungen hin. „Sie schreien förmlich, dass die Situation außer Kontrolle gerät.“

Der russische USA-Experte Drobnizki spricht von „aufeinanderfolgenden Niederlagen“ der US-Administration. Auf dem G7-Gipfel habe Joe Biden mal wieder einen „Aussetzer“ gehabt. Nach der Ukraine-Konferenz in der Schweiz hätten mehrere Staaten ihre Unterschrift unter der Abschlussresolution zurückgezogen. Viele Staaten strebten in das Staatenbündnis BRICS. Und nun werde die engere Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und Russland „zu einem weiteren Schlag“ gegen die US-Hegemonie.

Nach dem Aufenthalt in Pjöngjang reiste der russische Präsident weiter nach Hanoi, der Hauptstadt von Vietnam, wo er ebenfalls zu einem Staatsbesuch empfangen wurde. Die Welt ändert sich in rasantem Tempo. Die Erzählungen vom „international isolierten Regime Putin“ glauben selbst Kritiker Russlands nicht mehr.

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