Zuschüsse – die absurde Basis vieler kommunaler Bauentscheidungen. Sogar auf der Basis fiktiver Kosten
Normalerweise beklagen wir in den NachDenkSeiten die systematische Aushöhlung öffentlicher Tätigkeiten. Ein Freund der NachDenkSeiten ermahnte uns, gelegentlich auch die öffentliche Verschwendung unter die Lupe zu nehmen. Wer kommunalpolitisch tätig ist, weiß, dass Entscheidungen zum Bau öffentlicher Einrichtungen, übrigens auch von Stuttgart 21, mit dem Argument gestützt werden, es gäbe doch einen Zuschuss dafür. Von einem beachtenswerten Fall fragwürdiger Zuschusspolitik berichtete die „Rheinpfalz“ [PDF – 279 KB]. Die Entscheidung über den Bau eines so genannten Mehrgenerationenplatzes in einer kleinen Waldgemeinde der Südpfalz fiel mit Hinweis auf Zuschüsse, die auf der Basis von fiktiven Kosten gezahlt werden. Ein Modell, das die Gemeindekasse nicht belasten soll. Dies ist kein Einzelfall. Albrecht Müller.
Im konkreten Fall wurden die Kosten vom planenden Landschaftsarchitekten auf 210.000 € geschätzt. Auf dieser Basis ist ein Zuschuss von 65.000 € durch das Land Rheinland-Pfalz zu erwarten. Das beeindruckte den Gemeinderat offensichtlich, obwohl ihm nur ungefähr 30.000 € des Zuschusses zur Verfügung stehen. 26.000 Euro kostet die Planung des Architekturbüros, dazu kommen die Tageshonorare von rund 800 Euro für die Präsenz des Büros auf der Baustelle. Auf dieser Basis müssen dann die Bürger die beachtliche Eigenleistung von rund 150.000 Euro erbringen, mit Pickel und Schaufel, wozu viele auch bereit sind, damit in ihrem Gemeinden überhaupt etwas voran geht.
Das zumindest für die Architekturbüros lukrative Geschäftsmodell soll für die Kommunen nach dem Willen des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums auch einen Effekt haben, der in Geld nicht aufzuwiegen ist. Es verschafft den Kindern Bewegungsangebote und fördert das Wir-Gefühl in der Gemeinde.
Die Differenz zwischen 210.000 Euro fiktiver Kosten und den 65.000 Zuschuss entspricht der Eigenleistung der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde, die den Mehrgenerationenplatz bauen. Das wäre ja ein schöner Nebeneffekt, handelte es sich in unserem Beispiel nicht um eine Gemeinde, die nicht weiß, wie sie vier gemeindeeigene Gebäude, davon drei völlig marode, sanieren soll.
Falls unter unseren Lesern und Leserinnen Landschaftsarchitekten sein sollten: vielleicht finden Sie in Ihrem Bundesland eine ähnlich freundliche Landesregierung und auch noch Gemeinderäte, die sich wie gewohnt von Zuschüssen beeindrucken lassen. Es lohnt sich. Nach dem Bericht der „Rheinpfalz“ kann der planende und ausführende Landschaftsarchitekt auf 360 Projekte ähnlicher Art zurückblicken. Wie viele Millionen das dann in der Summe sind, kann man leicht ausrechnen. Ein empfehlenswertes Geschäftsmodell!
Als Gemeinderäte, als Steuerzahler und als politisch wache Bürgerinnen und Bürger sollten wir uns allerdings schon die Frage erlauben, ob ein etwas erweiterter Kinderspielplatz 210.000 € kosten sollte und auf dieser Basis die Zuschüsse berechnet werden.
Solche Projekte und die dabei gezahlten Zuschüsse diskreditieren den ansonsten oft berechtigten Kampf gegen öffentliche Armut.