Leserbriefe zu „Die AfD und der Schraubenschlüssel im Getriebe“
Jens Berger kommentiert hier das gute Wahlergebnis der AfD bei den Europawahlen und die große politische Aufregung darüber. Wer die AfD wähle, werfe „den Schraubenschlüssel ins Getriebe des politischen Systems“ und werde „mit der auch nun wieder in den Medien zelebrierten Aufregung dafür belohnt“. Die AfD erfülle jedoch „als kanalisiertes Auffangbecken für Unzufriedene letztlich ja keine systemdestablisierende, sondern eine systemerhaltende Funktion“. Der AfD-Wähler spiele „seine Rolle in einem Theaterstück, das von den harten, sozioökonomischen Themen ablenken soll.“ Wir haben hierzu zahlreiche und interessante Leserbriefe bekommen. Danke dafür. Es folgt nun eine Auswahl. Für Sie zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
Ihre analytischen Fähigkeiten sind zu bewundern. Sie liegen mit Ihrer „Idee“ genau richtig! Es stellt sich nur die Frage, wie kann man die „Redaktionsstuben“ säubern? Warum gibt es so wenige Qualitätsjournalisten wie Sie?
Mit besten Grüßen
Heinz Weber
2. Leserbrief
Erhellendes Fazit, welches Jens Berger zieht, wenn er schreibt:
„Am Ende wirft der AfD-Wähler also gar keinen Schraubenschlüssel ins System, sondern spielt auch nur seine Rolle in einem Theaterstück, das von den harten, sozioökonomischen Themen ablenken soll. Zugegeben, das ist nur eine Idee. Aber liege ich da vollkommen falsch? Oder könnte an dieser kühnen These vielleicht etwas dran sein?“
Denke, dass an dieser These sehr wohl was dran ist. Jedoch trifft eine ‚System erhaltende Funktion‘ letztlich auf alle Parteien zu. Denn alle sind zuallererst an eigenem Machtzuwachs interessiert , auch wenn sie vorgeben, dass sie halt nur größer werden müssten um die beklagenswerten Zustände verändern zu können. So konkurrieren sie mit den Versprechen aus dem bestehend Schlechten für ihr Wahlklientel das Beste rauszuholen.
Wer u.a. die Analysen von Rainer Mausfeld kennt, weiß, dass den in Sonntagsreden beschworenen ‚souveränen‘ BürgerInnen im vorherrschenden Polit-Theater eine Rolle zugedacht ist, die vor allem der Aufrechterhaltung einer „Fassaden-Demokratie“ dient, und wirkliche Emanzipation im Sinne eines würdigen Lebens aller verunmöglicht.
Das Denken z.B. von André Gorz, der sagt: „Seid realistisch, verlangt das Unmögliche“ gefällt mir, weil es kühn über bestehende systemische Schranken hinaus denkt: streifzuege.org/2007/seid-realistisch-verlangt-das-unmoegliche/
Freue mich, dass viele Nachdenkseiten-Beiträge mit dazu beitragen und anregen ‚systemkonforme Denkweisen‘ zu überschreiten.
Dankende Grüße
Ute Plass
3. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
Zu Ihrer Frage:
“Könnte es nicht vielleicht auch sein, dass zumindest die Strategen der Meinungsmache ganz genau wissen, dass sie mit jeder gespielten Empörung die Menschen in die Arme der AfD treiben?”
Ja, das könnte nicht nur sein, es sieht auch so aus und riecht auch so, von Anfang an. War die AFD anfangs noch die antigriechische “Wir sind sogar gnadenloser als Schäuble!”-Partei mit ultraneoliberalem Wirtschaftsfokus, so wurde sie schon bald von der sog. Pegida-“Bewegung” auch weltanschaulich auf hart rechts gedreht. Beide, Pegida und daraufhin die AFD, waren alimentierte Gezüchte der “klandestinen Dienste”, also des Merkelschen Kanzleramtes.
Es galt damals, nachdem die Verwerfungen der sog. Euro-Krise überall noch fühlbar waren, unbedingt den antineoliberalen Geist zurück in die Flasche zu bekommen. Der schlimmste Alptraum der neoliberal-neokonservativen Reaktionär:Innen waren damals wie heute die Ideen Corbyns (UK), Melenchons (FR) und Wagenknechts (D). Eine Kooperation solcher europäischen Kräfte hätte den Weltordnungsdrang des “Deep State” noch schwerer beeinträchtigt als schon der “Betriebsunfall” Trump. Selbstverständlich sind also Rechte – Leute, die reflexhaft nach oben kuschen und nach unten treten – den Herrschenden:Innen grundsätzlich hundertmal lieber als törichte Linke, die immer noch (System-)Fragen stellen und von Gerechtigkeit, Umverteilung und Frieden halluzinieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Vasili Stefanakidis
4. Leserbrief
Sehr geehrte Nachdenkseiten, lieber Herr Berger,
guter Artikel und nein, Sie liegen sicher nicht falsch mit Ihren Fragen am Schluss (Fragen finde ich immer gut!).
Denken wir das Spiel zu Ende: AfD an der Macht, was würde sich ändern? Wahrscheinlich gar nichts. Bekannterweise haben die Wahlversprechen, mit denen die Unzufriedenen geködert werden, im Ernstfall eine kurze Halbwertszeit. Denn der Hund liegt an ganz anderer Stelle begraben, und das wissen die NDS-Leser ziemlich gut.
Alternativen zur de-facto Machtelite? Gegenwärtig sehe ich leider keine am Horizont, nicht mal das BSW.
Freundliche, aber leider etwas ratlose, Grüße, Wolfgang Blendinger
5. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
Sie fragen rhetorisch, ob an Ihrer „kühnen These“ eines Theaterstücks namens „Demokraten gegen Rechte“, mit dem von harten sozio-ökonomischen Fragen abgelenkt werde, etwas dran sei.
Ja und Nein würde ich sagen.
Ja, weil es bei dem „Kampf um die Demokratie“ zweifellos um eine inszenierte Kampagne handelt, die einer – bei jungen Leuten sehr erfolgreichen – Freund-Feind Werbestrategie folgt: Wir kennen keine Parteien und politischen Inhalte mehr, sondern nur noch Demokraten und (des notwendigen Gegensatzes wegen) Anti-Demokraten. Demokratie als politische Nullbotschaft.
Nein, denn es bedarf keiner Ablenkung von sozio-ökonomischen Fragen mehr – die stellen sich schon längst nicht mehr. Ökonomie ist die Frage, wie ich mein Geld verdiene, damit ich mir was leisten kann – gibt’s noch eine andere? Was heutzutage in westlichen Demokratien mit Hilfe der Medien als Politik im Wortsinn „verkauft“ wird, ist die Inszenierung der Politik als Kampf der politischen Meinungen und Parolen. Für jeden ist emotional-ästhetisch etwas dabei – oder auch nicht. Politik als omnipräsentes Spektakel, hinter dem sich die Unveränderlichkeit der herrschenden Verhältnisse (ihre ständige Verschlechterung) kaschiert – das ist schon längst ein Selbstläufer. Mehr noch: Die konkreten materiellen Fragen der Existenz sind der blinde Fleck der Politik als medial vermitteltes Lifestyleprodukt („der freie Westen“). Über Geld redet man nicht – man hat es. Die Wahl der eigenen Identität ist in dieser über materielle Fragen längst erhabenen Konsumgesellschaft (sofern man dazu gehört) viel wichtiger.
Das Ganze hat etwas Klaustrophobisches: Die westlichen Gesellschaften als Riesen-Bubble hohler Begrifflichkeiten (die kein Vorrecht explizit faschistischer Regime sind), zu der die politische Wirklichkeit keinen Zutritt mehr hat. Wo sie sich – notgedrungen gewaltsam – wieder Zugang verschafft, ist die Antwort die offenbar selbstverständliche Verdoppelung der Gewalt. Die Rückkehr der Wirklichkeit: So sieht Krise aus.
MfG, EJ
6. Leserbrief
Die AfD wird gebraucht um Wählerabwanderung aus dem rechten Lager in ein eventuelles Linkes aufzuhalten. Die Empörung der sogenannten etablierten Parteien die alle auf der rechten wirtschaftsliberalen Seite agieren ist nur scheinheilig. Die aktuelle Kampagnen der Medien im Europawahlkampf war für die AfD beste Wahlwerbung. Hätte die hiesige Presse genauso auf die BSW
Reagiert wäre der Erfolg enorm gewesen. Die Menschen hier im Land haben vergessen: woher kommt die AfD ursprünglich? Sie kommt aus dem wirtschaftsliberalen, antisozialen, europafeindlichen bürgerlichen Lager. Die Parteielite setzt sich aus den gleichen bürgerlichen Abgeordneten wie in den anderen Parteien auch zusammen. Bestes Beispiel wie sie lügen: der Öffentlichkeit machen sie vor, sie wären gegen den Ukrainekrieg und dieser Krieg würde bei einer Regierungsbeteiligung nicht mehr ihre Unterstützung finden. Aber im Bundestag stimmen sie pro NATO und Waffen.
Michael Klein
7. Leserbrief
Hi lieber Jens und liebes Team, natürlich erst mal einen erneuten großen Dank für Eure so wichtigen Arbeiten in einer nahezu komplett gleichgeschalteten Medienwelt.
Zum Thema …
Die “AfD” ist ein geschickt gesetzter “Player” zum Erhalt des neoliberalen Regimes. Von den anderen neoliberalen Playern (SPD, Oliv”Grün”, Union und “FDP” bzw. deren Hinterleuten). Denn was kann es Passenderes geben, als ein zum schwarzen Schaf erklärter brauner Peter, dessen Wirtschafts- und “Sozial”politische-Prinzipien genau auf derselben Basis (neoliberal, “Markt Markt Markt”) etc.) hausieren? Das nur noch etwas extremistischer als die anderen Player eh schon.
Die Äusserungen mit “nicht krimineller SS-Leuten” etc. – geschickt und heimtückisch choreographiert: das passt doch allerbestens, um zu emotionalisieren. Dies Regime liebt Emotionen. Es braucht Emotionen. Am besten Blinde.
Denn der Counterpart “Verstand” könnte für klaren Blick sorgen. Und den fürchtet man. “Verstand” heisst: Analyse, klares Denken und darauf basierenden Entscheidungen. Nichts gefährdet dieses Regime mehr als das.
Aus Perspektive der “AfD” ist zu zeigen, das man ja ach sooo anders ist. Das sie vermeintlich “Unausprechliches” heraustönen. Was dann von den bekannten Empörungsfetischisten in unseren Prägemedien natürlich dankbarst verwertet wird. Dabei spielen sie artig im Sandkasten der Konzerne, Finanzindustrie etc. mit, die die eigentlichen Systembildner sind. Wie die, die sie nach vorn so laut bekämpfen.
Die Klaviatur der Neoliberalen ist dabei geschickt: denn diese Leute werden für die “lass-mal-Dampf-ab-Kreise” in der Bevölkerung instrumentalisiert. Ohne das diese wiederum eben das merken: denn die sind dabei dermassen blind, das sie sich selbst aufs sozialpolitische Schafott wählen würden, so diese “AfD”-Leute mal die Macht ergreifen täten. Was hoffentlich nie der Fall sein wird.
Man kann sich mittlerweile gut vorstellen, das nach dem Getöne im Bundestag abends hinter verschlossenen Türen so einige von den Tönern der “Altparteien” lustig prostend mit den Weidels und Chrupallas dieses Landes zusammensetzen und auf eine gemeinsame neoliberale Zukunft anstossen. Damit man dann gemeinsam das neoliberale Regime weiter fest im Sattel halten kann. DAS ist das zentrale politische Dogma.
Und daran arbeiten sie alle.
Schöne Grüße und – macht weiter so! , Hannes Hase-Bergen
8. Leserbrief
Wer denkt, er sollte den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, der wird sein Aha-Erlebnis noch haben. Die AfD stellt nur die nächste Eskalationsstufe dar; und der Regierung den Finger zeigen ist nun wirklich keine erwachsene Geisteshaltung. Auch wenn ich mich ab und zu selber dabei erwische, wie ich Rachefantasien entwickle, bei denen die Verantwortlichen der Coronamassnahmen vor Gericht zu hohen Strafen verurteilt werden, hüte ich mich davor mitzuhelfen, das Rad noch weiter in die falsche Richtung zu drehen. Als Eidgenosse habe ich mich dazu entschieden, einfach meine unveräusserlichen Freiheitsrechte zu nutzen und aufrecht meinen Weg zu gehen. Was in Deutschland für den einzelnen zu tun ist, kann ich nicht sagen, doch bin ich mir sicher, dass es immer und überall einen gangbaren Weg für aufrechte Menschen gibt.
Leben wir die Freiheit, seien wir bereit dafür jede Konsequenz zu tragen, dann bleibt sie lebendig!
Marc Fischer
9. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
ich stimme Ihren Gedanken zu. Auch mir sind sie schon von Anfang an so gekommen.
Vielleicht sieht der „Plan“ folgendermaßen aus.
Ergebnis der Bundestagswahl 2025: eine Koalition von CDU/CSU und AfD. Vielleicht wird man
die FDP auch noch mal hinein hieven. Sollte kein Problem werden.
Der Osten bekommt „seine“ AfD, der Westen „seine altbewährte“ CDU/CSU. Das Drehbuch für die Koalitionsgespräche wird wahrscheinlich schon heute durch entsprechende Verhandlungen über das politische Programm der beiden Parteien vorbereitet. Damit wäre dann in den Augen der Herrschenden auch die „politische Vereinigung“ von Ost und West vollzogen. Beide Seiten des Dummvolkes werden im Glauben gehalten, dass die Demokratie gesiegt hätte. Und die dummen Ossis haben obendrein ihren Willen mit der AfD bekommen.
Doch zuvor muss noch etwas Dramatik in das Schauspiel gebracht werden. Und genau diese
wird uns gerade serviert.
Stelle dir vor, es wäre Krieg und keiner geht hin.
Stelle dir vor, es wären Wahlen und keiner geht hin.
Ok, ich wollte nur mal träumen….
Beste Grüße
Martina R.
10. Leserbrief
Moin Nachdenker,
ich glaube, der Herr Berger hat mit seiner Überlegung den Nagel auf den Kopf getroffen. Irgendwie schießt mir seit geraumer Zeit beim Blick auf die AfD und dem Umgang mit dieser Partei so oft ein Gedanke an die Weimarer Republik in den Kopf. Gut, weder habe ich damals gelebt, noch bin ich Geschichtsprofessor, aber es spricht doch einiges dafür.
- In Krisenzeiten braucht der Kapitalismus immer Krieg. Von Kriegen sind Konservative und Nationalisten leichter zu begeistern als ernsthafte Linke.
- Die quasi Wahlwerbung für die AfD auf allen Ebenen und von allen Organisationen.
- Die mangelnden Alternativen. Vom BSW mal abgesehen, welche politische Kraft macht denn seit Jahren, spätestens seit Corona, die sinnvollsten Aussagen (oder auch: darf die sinnvollsten Aussagen machen)?
- Die Herkunft. Die Wähler sind eine ganz andere Klientel als die Strippenzieher und Geldgeber der Partei.
- Der Zionismus in dieser Partei deutet neben dem Sozialprogramm ebenfalls darauf hin, dass die AfD wohl keine Volksversteher sind und andere Interessen verfolgen.
Es ist mehr ein Gefühl, aber: Diese Partei wird bald den Kanzler stellen, die Armen schröpfen, die Reichen pampern, die Zionisten beim Massenmord unterstützen und Russland und China bekriegen. Ich irre mich gern….
—
MfG
Florian App
11. Leserbrief
Herr Berger,
völlig korrekte These: Ablenkung ‘von den harten, sozioökonomischen Themen’.
Wer 1,5 Millionen pro Monat in das Schwarze Loch Ukraine schüttet, hat eben kein Geld für andere, hier dringend notwendige Sachen.
Ebenso hat die SPD nicht begriffen, dass die AfD die Arbeiterpartei von heute ist.
—
Gruß,
Dietrich Beitzke
12. Leserbrief
Guten Tag Herr Berger,
weshalb jetzt wohl ausgerechnet junge Leute die AfD wählen? Vielleicht spielen die wirtschaftspolitischen Modelle der dominierenden Lager dabei gar keine so große Rolle. Libertarismus und Sozialismus beruhen gleichermaßen auf Illusionen und sind in ihrer jeweiligen Programmatik kaum erstrebenswert. Libertarismus führt unweigerlich zur Tyrannei der Geschäftstüchtigsten – haben wir heute auf globaler Ebene durch Blackrock & Co. – und Sozialismus zur Tyrannei der Geschäftsuntüchtigen – hatten wir früher.
Ich vermute mal stark, dass die Jugend ganz einfach keinen Bock hat auf Kriegsdienst gegen Russland, auf unbezahlbare Mieten und Sozialabgaben als Folge von Massenmigration, auf Zwangsimpfungen, Totalüberwachung, Sozialkreditsystem, Kaufkraftverlust etc.. Sie hat gewiss auch keinen Bock auf politisch korrekte Erziehung durch Mainstream-Journalisten und Politiker, die ein gestörtes Verhältnis zur Realität haben, aber prophetenhaft die Zukunft beschreiben.
Wenn Verbote von Äußerungen in Bezug auf deren inhaltliche Aussagen sinnfrei erscheinen, erhöht dies den Reiz, sie zu brechen. Die Bereitschaft, das zu tun, zieht bei den jungen Leuten womöglich mehr als die aufgesetzt und verkrampft wirkende Pseudojugendlichkeit der dahinwelkenden Grünen. Sollte die Jugend auf der Suche sein nach Authentizität als Ausgleich zu einer monströsen virtuellen Welt, wäre das ein gutes Zeichen.
Viele Grüße
Lutz Herzer
13. Leserbrief
Ein ehemaliger Genosse von mir prägte den entscheidenden Satz zur Meinungsbildung in der BRD: “Entscheidend an der Wahrheit ist nicht, was wirklich wahr ist – sondern nur was man gern glauben will.” Selbstverständlich ist die AfD in Wahrheit eine “Hyper-FDP”, weshalb die FDP ja auch so wütend ist, weil sie glücklicherweise um den Abstieg in die Bedeutungslosigkeit kämpft, während die AfD den Schmutzfang im Absetzbecken des politischen Klärwerkes darstellt. Das ist aber keine Spezialität der deutschen Bevölkerung. In den Niederlanden herrscht nun auch Katerstimmung. Hatten die meisten Niederländer frei nach dem Motto gestimmt: “Die SP (socialistische partij) ist eine gute Partei – aber jetzt soll mal der Wilders ‘ran, damit sich etwas ändert”, so zeigt sich jetzt, dass sämtliche versprochenen Wohltaten der PVV gegenüber den ärmeren Bevölkerungsteilen, Millionäre häufen sich nur in einer bestimmten Wohngegend um Utrecht, auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wurden und im besten Lindnerschen Sinne Sozialausgaben zusammengestrichen werden müssen, zugunsten der geplagten Millionäre.
Aber genau diese Tatsache wird auch in Deutschland von den strammen “Demokratiekriegern”verschwiegen. Der Bürger fragt sich zurecht, warum die AfD nicht von den anderen Parteien, die so sehr auf regelbasierte westliche Werte pochen, an ihrem Parteiprogramm gemessen wird? Außer der Feststellung, dass diese Partei demokratiefeindlich und rechtsextrem ist, erfolgt keine politische Auseinandersetzung. “Spiel nicht mit den Schmuddelkindern…” als ob das jemals andere Kinder davon abgehalten hätte den Kontakt zu diesen Gebrandmarkten zu verhindern.
Kinder sind das Stichwort. Offenbar betrachtet die Bundesregierung die deutschen Wählerinnen und Wähler als unmündige Kinder, welche man mit leichter Sprache und einfachen Floskeln abspeisen muss. Das nennt man im heutigen woken Sprachgebrauch “Populismus”. Oder liegt es daran, dass gewisse Politiker noch nicht den erforderlichen Reifegrad eines Erwachsenen erreicht haben? Ein Wirtschaftsminister schaukelt mit “Leistungsträgern” deutscher Konzerne bei einem Besuch in China und zeigt auf dem Foto seine abgelatschen Schuhsohlen. Eine Außenministerin begeistert sich für die Spielecke in einem finnischen ABC-Schutzraum (Bunker als Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen), in dem sie in den Hüpfekästchen herumspringt. Das sollte doch zu denken geben.
So richtig überzeugt mich das nicht. Als Pädagoge im naturwissenschaftlichen Bereich ist man gewohnt sich nicht mit simplen Erklärungen zufrieden zu geben. Der AfD wird Populismus vorgeworfen, jeder anderen Oppositionspartei auch. Das ist zu einfach. Auf diese Art und Weise wurde man in meiner Studentenzeit von K-Gruppen Sektierern bei jeder gegensätzlichen Meinung als “Revisionist” geächtet. Das nutzte sich schnell ab. Diese Sektierer sind heute in allen Parteien im Bundestag vertreten und pochen auf ihre Unbestechlichkeit – im Urteil über andere natürlich. Es muss also noch etwas anderes geben, was diese Politiker von einer harten Auseinandersetzung mit der AfD abhält. Das ist die schlichte Tatsache, dass das Parteiprogramm in ihrer neoliberalen Ausrichtung sich in den Programmen der anderen Parteien nämlich wiederfindet. Allerdings mit etwas vernebelten Umschreibungen. Die AfD dient nicht als Blitzableiter für die gesellschaftlich drückenden Probleme einer gespaltenen Bevölkerung, sondern diese Partei wird abseits ihrer rechtsextremen Parolen als programmatische Konkurrenz empfunden. Schließlich hat ein Herr Lindner bereits angedeutet, dass es für die Kriegstüchtigkeit gegen Russland und zur Fortführung des Krieges in der Ukraine keine “sozialen Wohltaten” mehr gibt, sondern nur noch Blut, Schweiß und Tränen für die Unterschicht, für wirtschaftlich Nutzlose wie Rentner und Behinderte. Dagegen müssen die Unternehmen ihre Räder rollen lassen für den Endsieg.
Wenn also jemand Sand in das Getriebe streuen soll, damit diese Maschinerie vor dem Abgrund zum Stehen kommt, sind alle Bürger aufgerufen diese “schöne Maschine”, wie sie der Abgott der FDP, Adam Smith, einst propagierte, zum Anhalten zu bringen. Die Parteizugehörigkeit ist dagegen angesichts des Einheitsbreis der etablierten politischen Kräfte völlig unerheblich.
Stephan Ebers
14. Leserbrief
Karl Jaspers schrieb in seinem Werk “Wohin treibt die Bundesrepublik?”
“Die Demokratie der Bundesrepublik wandelt sich vor unseren Augen. Es werden Wege beschritten, an deren Ende es weder eine Demokratie noch einen freien Bürger geben würde, vielleicht ohne daß die, die sie gehen, dieses Ende wollen. Diese Wege sind nicht unausweichlich. Aber nur ein zur Freiheit drängendes, seiner selbst darin bewußtes Volk kann die Demokratie in freier republikanischer Verfassung, die bisher nur eine Chance ist, verwirklichen. […] Welcher Wandel vollzieht sich in der Struktur der Bundesrepublik? Es scheint: von der Demokratie zur Parteienoligarchie, von der Parteienoligarchie zur Diktatur.”
- Die Parteien wandeln ihren Sinn. Die Richtung der Wandlung ist diese: Sie waren gemeint als Organe des Volkes, das durch sie seinen Willen kundtut und umgekehrt wieder von ihnen politisch erzogen wird. Aber sie werden zu Organen des Staates, der nunmehr wieder als Obrigkeitsstaat die Untertanen beherrscht.
- Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogen dem Volksleben, selber zum Staat. Ursprünglich vielfach autonome Bildungen aus der unbegrenzten Freiheit des Volkes, werden sie in ihrem Bewußtsein zu den Machtträgern selber. Der Staat, das sind die Parteien. Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie. Sie usurpiert den Staat.
- Das Volk ist dem Namen nach der Souverän. Aber es hat keinerlei Einwirkung auf die Entscheidungen, außer durch die Wahlen, in denen nichts entschieden, sondern nur die Existenz der Parteienoligarchie anerkannt wird. Die großen Schicksalsfragen gehen nicht an das Volk. Ihre Beantwortung muß das Volk über sich ergehen lassen, und es merkt oft gar nicht, daß etwas und wie es entschieden wird.
- Nur ein Symptom dafür, daß die Parteien, statt dem Staat zu dienen, selbst die Staatsherrschaft ergreifen, sich mit dem Staat identifizieren, ist das in der Bundesrepublik erst später aufgetretene Phänomen der Parteienfinanzierung durch den Staat. Die Parteien zeigen damit an, daß die Staatskasse ihre Kasse ist, die Steuergelder etwas, worüber sie nicht nur für Staatszwecke, sondern auch für sich selbst durch Parlamentsbeschluß verfügen.
Dazu führte er aus:
- Demokratie heißt Selbsterziehung und Information des Volkes. Es lernt nachdenken. Es weiß, was geschieht. Es urteilt. Die Demokratie befördert ständig den Prozeß der Aufklärung
- Parteienoligarchie dagegen heißt: Verachtung des Volkes. Sie neigt dazu, dem Volke Informationen vorzuenthalten. Man will es lieber dumm sein lassen. Das Volk braucht auch die Ziele, die die Oligarchie jeweils sich setzt, wenn sie überhaupt solche hat, nicht zu kennen. Man kann ihm statt dessen erregende Phrasen, allgemeine Redensarten, pompöse Moralforderungen und dergleichen vorsetzen. Es befindet sich ständig in der Passivität seiner Gewohnheiten, seiner Emotionen, seiner ungeprüften Zufallsmeinungen.
Das Jaspers Schrift “voll ins Schwarze” traf, liest man in einem “Nachruf” der Sueddeutschen von 2019:
“Viele Behauptungen wirken überheblich und nicht druckreif”
Kaum ein Buch hat im Nachkriegsdeutschland mehr Aufsehen erregt als Karl Jaspers “Wohin treibt die Bundesrepublik?”. Nach SZ-Recherchen missfiel es BND-Chef Reinhard Gehlen derart, dass er es prüfen ließ.
sueddeutsche.de/kultur/karl-jaspers-bnd-reinhard-gehlen-wohin-treibt-die-bundesrepublik-1.4344181
Weiteren Lesestoff findet man auf der Seite “Gewaltenteilung:
Wohin treibt die Bundesrepublik?
Aus dem Text:
„…. Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogen dem Volksleben, selber zum Staat….Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie….Ihre durch keine Spannung zu anderer Macht eingeschränkte Stellung verführt….die Parteien wollen durch ihre eigenen Leute die Plätze besetzen. Das ist der Lohn für die Parteiarbeit, die Beute des Siegers nach der Wahlschlacht ….“
gewaltenteilung.de/wohin-treibt-die-bundesrepublik/
Lothar Glück
15. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
gut beobachtet!
Im Augenblick soll die Zuweisung AfD=Nazi nur davon ablenken, dass man nicht sieht, wo dieser Geist wirklich sitzt: bei den Grünen. Die AfD ist wirtschaftspolitisch neoliberal und bündnispolitisch pro NATO. Außerdem ein Rechtsableger der CDU. Sie ist der ideale Rettungsanker für Fritze Blackrock Merz. Mal sehen was nach der nächsten Bundestagswahl passiert. Hat die CDU eine solide Mehrheit und die FDP ist gerade noch so über die 5%-Hürde gekommen, dann wird sie wohl mit letzterer koalieren. Wenn nicht, dann holt sie sich das tote Pferd SPD. Obacht: Dann wird Kevin Kühnert Vizekanzler! Wer sich bei Baerbock noch nicht totgelacht hat, sollte spätesten jetzt auswandern. Und wenn all diese dünnen Stricke reißen, dann kommt die AfD ins Spiel. CDU/CSU/AfD, mit solider Mehrheit. Dann ist wieder zusammen, was zusammen gehört.
Aber ich traue den Parteistrategen nicht zu, dass sie so verschwörerisch denken. Ideologen denken nicht, das haben die nicht nötig. Es wird sich ergeben. Vermutlich sympathisieren viele CDU-ler jetzt schon heimlich mit der AfD.
Das eigentliche Problem ist die klassische Linke. Die hat sich in Deutschland erledigt. Das begann schon lange vor diesem Gender-Woken-CancelCulture Spuk. Der wirklich emanzipatorische Aufbruch, ca. 1968-1978, wurde von gewalttätigen Spinnern (RAF) diskreditiert (unter kräftiger Mithilfe vom Verfassungsschutz). Die Grünen wurden bald von stalinistisch/maoistischen Ideologen (Trittin et al.) übernommen. Die sind nicht links, die sind einfach nur autoritätsfixiert und totalitär, was man jetzt in voller Schönheit bewundern kann. Und spätestens mit Kohl und Merkel dümpelte dann diese bräsige geistige Bewusstlosigkeit durchs Land. Wenn nachwachsende Generationen pubertieren, brauchen sie natürlich ein neues Feindbild und Orientierung. Aber da war der Westen schon so von den NGOs des Großen Geldes durchdrungen, dass man den Kids diesen Gender-etc.-pp. Quatsch zum Spielen geben konnten.
Wie eine neue Linke aussehen könnte, weiß ich nicht. Ob Wagenknecht und Co. der Kristallisationspunkt sind? Das wäre schön. Aber das Land muss wohl erst noch weiter abstürzen. Und dann kommt das von Menschen die wissen, dass man arbeiten muss um zu überleben. Also eher von den Protestlern mit den Traktoren.
Bevor mir jetzt jemand weltfremde politische Schwärmerei vorwirft: natürlich braucht die Linke auch eine solide theoretische Grundlage. Aber das ist, neben der wirtschafts- und sozialpolitischen (Marx) auch die psychologische (z.B. H.-J. Maaz, Arno Grün) und geistig-kulturelle (z.B. Drewermann).
Herzlichen Gruß,
Rolf Henze
16. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
ich denke, Sie liegen mit ihrer These völlig richtig.
Die AfD ist nur die blaue Variante der Neoliberalen in diesem Theaterstück. Schaut man sich die Ergebnisse der Sitzverteilung im neu gewählten Europaparlament an, ergibt sich ja fast ein Nullsummenspiel. Die Verluste der Neoliberalen mit gelben (sogenannte Liberale) und grünen (sogenannte Progressive) Mäntelchen werden ausgeglichen durch den Zuwachs von Neoliberalen im blauen oder braunen Mäntelchen. Das Techtelmechtel von Meloni mit von der Leiden zeigt doch sehr deutlich dieselbe neoliberale Gesinnung – und es geht einzig und allein um den Machterhalt des kapitalistischen Systems, dessen Profiteure die Neoliberalen – egal unter welchem Mäntelchen sie auch immer auftreten, sind. Nicht umsonst ist ein Herr Elon Musk “ein guter Freund” von Herrn Trump und äussert sich (vorausschauend ?) wohlwollend zur AfD. Diese gefährdet seine mit brachialen Mitteln durch-gesetzten Kapitalinteressen nicht.
Das ganze Theaterspiel der inszenierten Empörungswellen, meist unter dem Beifall fast aller Medien, dient einzig und allein dazu, von den wirklich wichtigen Themen abzulenken. Krieg oder Frieden und wie von Ihnen angeführt Mindestlohn, Mieten. Rentensystem, ergänzt noch um ein funktionierendes (und nicht privatisiertes) Gesundheits- und Bildungssystem geraten unter die Räder. Und genau das liegt im Interesse der Neoliberalen Kräfte (weltweit !) und ihrer Helfershelfer in Politik und Medien.
Insofern ist die AfD genauso systemerhaltend wie z.B. FDP, Grüne oder ein Herr Aiwanger, ein Herr Merz oder weite Teile der SPD. Der Grund der gespielten Empörung ist bei den etablierten Parteien alleine die Angst, von den “Fleischtöpfen” weniger abzubekommen. Der Rest ist nur Begleitmusik.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Weigel
17. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
sie sprechen mir mit Ihrem Artikel aus dem Herzen.
Gleiche Gedanken bewegen mich seit Wochen. Abgesehen von einigen wirklich unfähigen Politikern, die Kriege erklärten oder mal die Meinung zu neuen Heizungen testen, erfolgt mittlerweile nichts ohne gute psychologische Vorbereitung. Dazu zählt auch die Kampangne gegen rechts, die logisch zu einem “Nun erst recht!” führen musste. Ich habe in einer E-Mail an unsere MP Frau Schwesig bereits im Februar darauf hingewiesen. Eine Antwort oder Korrektur erfolgte durch sie natürlich nicht.
Nachfolgend ein Auszug aus dieser Mail an Frau Schwesig:
“….Sie sprachen am Dienstag, 20.2.24 von auf dem Potsdamer Treffen geäußerten Plänen einer „Deportation“. Dies ist eine Medienbehauptung und Fake. Sie können gern im Correktivtext nachlesen, dieser vergleicht die Ideen mit der 1940 von den Faschisten geplanten Deportation von Juden nach Madagaskar. Selbst zum Fall Remigration gibt es widersprüchliche Aussagen von Correktiv!
Ich wollte Ihnen auf der Kundgebung laut widersprechen, unterließ es aber, weil ich von der Masse der Uninformierten damit in die AFD-Ecke gestellt worden wäre! So weit ist die Polarisierung unsere Demokratie!
Aus meiner eigenen Sicht erfolgt diese gesamte politische und mediale Empörung, ausgelöst durch Correktiv, mit dem Ziel der Ablenkung von den Bauernprotesten (warum erfolgte die Veröffentlichung nicht früher?), und aus Sorge vor dem Stimmenzuwachs der AFD. Diesen wird man damit aber leider nicht verhindern, sondern viele potentielle Wähler werden mit „Nun erst recht“ reagieren. Ihre Äußerung, ich vermeide Lüge, wird dazu auch einen Beitrag leisten, unterschätzen Sie nicht das Wissen und die Aufmerksamkeit dieser Wähler- ich führe viele Gespräche!
Die Politiker aller Berliner Koalitionen und auch Sie als führendes Mitglied der SPD, die mit 4-jähriger Unterbrechung seit 1998 im Bund (mit)regieren sollten sich besser nach den Ursachen dieser Entwicklung fragen. Ich spare mir dazu weitere Ausführungen.
Welchen Unterschied macht ein “Abschiebungsbeschleunigungsgesetz” und die Äußerungen Ihrer SPD-Ministerin Faeser zur Entzug der Staatsbürgerschaft für Protestierer für einen palästinensischen Staat, als einzige und völkerrechtliche Lösung des furchtbaren Konflikts dort, und für nicht strafbar gewordene Clanmitglieder? Für mich ist das an Heuchelei und „Haltet den Dieb, er hat mein Messer im Rücken“!!
Ich erwarte eine Richtigstellung ihrer Äußerung in geeigneter Form auf der nächsten Kundgebung am 5.3.24 ! ”
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Leonhardt
18. Leserbrief
Lieber Jens Berger,
ich halte Ihre These, dass die AFD eine Rolle in einem Theaterstück der Mächtigen spielt, für nicht abwegig.
Es ist denkbar, dass die häufig geäußerte Botschaft „Medien und Politik rücken immer weiter nach links“ eine perfide Form der Propaganda der Konservativen darstellt. Damit wird die aktuelle Regierungspolitik als „links“ etikettiert, obwohl sie offensichtlich in vielen Themenfeldern eher „rechts“ lokalisiert werden müsste. Beispielweise bedient die Außenpolitik (Stichwort: Aufrüstung), Rentenpolitik (Stichwort: Aktienrente, Riester-Rente, Rürup-Rente), Sozialpolitik (Stichwort: Mindestlohn), Finanzpolitik (Stichwort: Vermögenssteuer) und Wirtschaftspolitik (Stichwort: Energie) vor allem die Interessen des Großkapitals. Auch die politisch getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie haben zu einer starken Umverteilung von arm zu reich geführt.
Debatten zur Gendersprache und zu identitären Themenfeldern oder der Aufruf der Regierung, gegen rechte Politik bzw. die AFD auf die Straße zu gehen, stehen im Zentrum der Berichterstattung und vernebeln den Blick auf sozioökonomische Fragen. Gleichzeitig nutzen diese Debatten der AFD. So rückt die „linke“ Gesellschaft immer weiter nach rechts und bedient die Interessen des Großkapitals.
Diese Entwicklung kann durch Vernunft durchbrochen werden, indem einerseits das Links-rechts-Denken aufgegeben wird und die soziale Frage (Stichwort: Gerechtigkeit) in den Mittelpunkt von Politik rückt.
Viele Grüße, Jörn Meyer
19. Leserbrief
Sehr geschätzter Jens Berger,
bis auf den letzten Absatz in dem Sie Ihre “Idee” beschreiben gehe ich mit Ihrem Kommentar voll mit – danke dafür!
Meine “Idee” geht in eine vollkommen andere Richtung wie Ihre, die ich nun versuchen möchte – hoffentlich einigermaßen verständlich – zu beschreiben:
Auch ich bin der Meinung das die AfD eine Politik betreibt die (eher) systemstabilisierend wirkt – aber genau da sehe ich den Unterschied zu den anderen etablierten/neoliberalen Parteien bzw. zu dem globalistischen Establishment! Diese wollen aus meiner Sicht das bestehende System überwinden/zerstören und durch ein anderes ersetzen durch welches sie (das globalistische Establishment) jedoch weiterhin bzw. noch weiter ausgebaut die Macht und Kontrolle behalten. Sowohl über “das Geld-/Bezahlsystem (z.B. durch Bargeldabschaffung)” wie auch über die gesamte Bevölkerung (was oppositionelle Ansichten und Parteien – also die AfD – mit einschließt)!
Dass das globalistische Establishment/Lager bzw. das globalistische, neoliberale Parteien mit der Zerstörung des bestehenden Systems (und damit auch der AfD) sowie mit dem Aufbau eines neuen, noch rigideren (m.E. offen feindseligen) Herrschaftssystems nicht im Vorfeld “hausieren” gehen liegt m.E. auf der Hand!
Jetzt komme ich zu dem für mich am schwierigsten zu formulierenden Punkt, den Sie lieber Jens Berger in Ihrer “Idee” dahingehend fragend formulieren “Könnte es nicht vielleicht auch sein, dass zumindest die Strategen der Meinungsmache ganz genau wissen, dass sie mit jeder gespielten Empörung die Menschen in die Arme der AfD treiben?”. Dieser Kernaussage Ihrer Idee widerspreche ich, was sich aus meinen obigen Ausführungen/aus meiner “Idee” bereits klar ergibt!
Warum sich die heutigen globalistischen “Strategen der Meinungsmache” so schwer tun die AfD klein zu halten liegt meines Erachtens (m.E.) nicht darin begründet, dass die AfD – genau wie die Globalisten – eine vergleichbare, zutiefst elitäre und damit bürgerfeindliche Wirtschafts- und Sozialpolitik betreiben bzw. die Strategen den Effekt nicht verstehen, sondern m.E. darin, dass die globalistische, sogenannte “Mitte” meines Erachtens auch bei ALLEN anderen Themen weiter rechts steht als die AfD! Insbesondere dadurch stellt das globalistische Establishment m.E. eine größere Bedrohung (u.a. für den Weltfrieden und damit für jede/n einzelne/n Menschen dar) als z.B. die AfD es momentan tut. Dabei möchte ich es hier bei diesem schwierig zu formulierenden Thema belassen!
Herzliche Grüße
Andreas Rommel
20. Leserbrief
Liebes Nachdenkseiten-Team,
was ist die AfD denn, wenn man die Politik weglässt und sich auf den Kern ihrer Funktion konzentriert?
Genau: Die AfD ist der politische Superkleber, mit dem man sogar die Linkspartei an die CDU kleben kann. Es geht in Koalitionen nicht mehr um völlig unvereinbare politische Positionen, es geht nur noch um die “Brandmauer”.
Gegen “die Nazis” geben alle Parteien ihre jeweiligen politischen Vorstellungen auf, um sich für ein gemeinsames Ziel “gegen Rechts” zu versammeln. Das nennen die dann “unsere Demokratie”.
Kaiser Wilhelm der II. kannte nach der Bewilligung der Kriegskredite 1914 “keine Parteien, sondern nur noch Deutsche” und die dünkelhafte politisch-mediale Berliner Blase kennt keine Parteien mehr, sondern nur noch die Brandmauer.
Praktischerweise ergibt diese Gemengelage für den Neoliberalismus eine Politik, die z.B. Parteien wie die Linke vollkommen überflüssig macht, weil diese von der CDU in Sachen Realpolitik ja dann nicht mehr zu unterscheiden ist. Das stört weniger die CDU-Wähler, aber die bisherigen Wähler der Linken halt schon, wie man sehr schön an deren miesen Wahlergebnissen sieht.
Fazit: Wenn es die AfD nicht gäbe – die Konzerne müssten sie glatt erfinden.
Psychologisch hat die AfD übrigens auch noch einen netten Effekt für die neoliberale Sache: Selbst die Mitglieder vormals linker Parteien, bei denen sich noch ein Rest von sozialem Gewissen gehalten hat, blicken voll Ekel auf z.B. die Arbeiter, die AfD wählen. Tja, da kürzt es sich doch gleich viel leichter im Sozialbereich, um das Steuergeld z.B. auf die Konten der Rüstungskonzerne umzulenken.
Herr Merz hat ja schon signalisiert, dass er z.B. mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht nicht koalieren wird. Von wegen Brandmauer “gegen rechts”. Es geht um eine Brandmauer gegen die Demokratie und für genau die neoliberale “Alternativlosigkeit”, von der schon Merkel sprach. Win-Win-Win fürs Kapital.
Man setzt neoliberale Politik durch und dann räumt man auch noch die vormals linken Parteien ab, die sich vor lauter “gegen Rechts” auf nichts anderes mehr konzentrieren können. Oder kann mir wer erklären, was an einer “Kriegstüchtigkeit”, noch dazu auf Kosten der “kleinen Leute” links ist? Was am sog. Heizungsgesetz, das bei vielen die mühsam erarbeitete zusammengesparte Altersvorsorge entwerten wird?
Oder was an einer forcierten Einwanderung in die Sozialsysteme und damit deren Überdehnung ist “links”? Was an der u.a. dadurch verursachten Wohnungsnot und damit dem Druck auf den Mietmarkt ist “links”?
Und was passiert, wenn die Linken und ehemals Linken, die halbwegs Progressiven schön marginalisiert sind? Dann macht man mit einer Koalition zwischen Union und AfD den Sack zu.
Wollen wir wetten?
Mit zynischen Grüßen
Andrea Zett
21. Leserbrief
Werter Herr Berger
«Und da man selbst kosmopolitisch und weltoffen ist, weist man die Leserschaft darauf hin, dass die AfD nationalistisch und völkisch unterwegs ist. Ei der Daus! Wer das noch nicht mitbekommen hat, hat wohl die letzten zehn Jahre im Koma verbracht »
Ihre Meinung zur AfD ist wohl leicht zu erraten . Ich frage Sie aber : seit wann gibt es diese Partei ? Im Verhältnis zu den « alten « sehr kurz .
Sollten Sie sich nicht doch auch überlegen, wieso eine solche Partei von immer mehr Menschen gewählt wird ? Einfach so , wie Putin , angeblich eines morgens aufgewacht ist und die Ukraine angegriffen hat ? Beides hat seinen Grund und den möchte ich mir von Ihnen erklärt bekommen . Nicht alle sind einfach Nazis, wenn sie den Vorgänger Regierungen kein Glauben mehr schenken . Immer mehr Menschen in Europa können beobachten wie in vielen Punkten die Politiker nicht für die Bevölkerung arbeiten, sondern für ihr Ego , Macht und für die Aufmerksamkeit der Medien , die das « Spiel « sehr gerne aufrechterhalten und damit ihre Macht ebenfalls ausbauen .
Wie man feststellen kann jedoch nicht zum Wohl der Menschen .
Ich grüsse Sie
J.Blumer
22. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger, sehr geehrte Nachdenkseitenredaktion,
Danke für ihre Überlegungen. Sie liegen mit Ihrer kühnen These aus meiner Sicht gar nicht so falsch.
Das Aufbauschen der etwas seltsamen Nazi-Folkloretruppe namens AFD zur post- oder je nachdem präfaschistischen Gefahr verstärkt den Effekt des vermeintlichen Protestwählens und kanalisiert ihn gleichzeitig in ein systemerhaltendes aber letztendlich entpolitisiertes Nirwana.
Die neoliberale Grundhaltung ist dieselbe wie bei den restlichen derzeitigen im Parlament vertretenen Regierungs- und Schein-Oppositionsparteien. (Mit Ausnahme vielleicht des BSW.)
Zusätzlich hilft der rechte Popanz die tatsächlich stattfindende autoritär-militaristische Zurichtung der Gesellschaft zu verschleiern, indem er eine passende und wohlfeile negative Hintergrundfolie zur demokratisch-camouflierenden Selbstinszenierung liefert.
Dabei hat der mit moralistischem Furor und gesinnungsethischem Eifer betriebene Geschichtsrevisionismus, die ostentative Diskursverweigerung und der kulturalistisch argumentierende Ausschluss kritischer Stimmen darin schon sehr viel Ähnlichkeit mit nationalistischen den Kapitalrenditeinteressen dienenden Umtrieben, die einst direkt zu Faschismus und Krieg führten.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Frank
23. Leserbrief
Hallo Zusammen,
ich habe schon lange das Gefühl, dass hier politisch über Bande gespielt wird, denn nur mit Dummheit ist das Handeln dieser Regierung nicht zu erklären.
Alles, was diese Regierung anfasst, kann als Wahlhilfe für AfD und CDU verbucht werden und bei der nächsten Wahl haben wir hier Chile 4.0 – ein neoliberaler Putsch ganz ohne Militär, dafür mit „demokratischen“ Wahlen, deren Ergebnis durch massives Nudging und Medienpropaganda herbeigeführt wurde. Dann kann endlich der totale Sozialstaatsabbau und die Privatisierung der letzten Gemeinwohlgüter durchgesetzt werden, denn der bankrotte Staatshaushalt muss schließlich saniert werden. Die neoliberalen Ausschlachter dürfen sich dabei als Retter aufspielen und die Blackrock-CDU wird selbstverständlich mit der extrem-neoliberalen AfD koalieren, denn bei der Umverteilung von unten nach oben haben beide das gleiche Ziel.
Ich hoffe natürlich, dass ich mich täusche, denn eigentlich will ja jede Regierung nur das Beste für ihr Volk.
Elke Zetl
24. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Herr Berger,
ich meine es handelt sich nicht um eine kühne These. Natürlich müssen die etablierten Medien und Parteien davon ablenken, dass sie die drängenden sozialen Probleme wie Mindestlohn, die Mieten, die grassierende exponentiell zunehmende Ungleichheit oder das disfuntionale Rentensystem, nicht lösen. Nicht lösen können.
Das neoliberale Denken, das sich durch Austerität, das Dogma des freien Marktes, die geradezu religiös betriebene Verehrung der Privatisierung von öffentlichen Aufgaben, ausdrückt, ist inzwischen so fundamental im Denken verankert, dass es den Entscheidern in Politik und den Bewertern in den Medien unmöglich ist, gemeinnützig zu denken und zu entscheiden.
Das ist der Grund warum viele der Probleme, die von der AFD – teilweise aber fast immer in populistischer Weise und herzlich wenig an Lösungen oder Fortschritt orientiert, ich meine rattenfängerisch – und anderen, wie Sozialverbänden, linken Parteien, Medien und Gruppen zu Recht angeprangert werden, nicht zu lösen sind.
Das ist die Quadratur des Kreises in der neoliberalen Ordnung.
Herzliche Grüße
Joachim Volkenannt
25. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
ihre These ist weder kühn oder gar falsch; sie ist schlicht logisch.
Die AfD ist, wie Union, FDP und die „Ampel“ eine Partei des sozialen Kahlschlags. Eine Partei, die sich den Teufel um die Sorgen und Nöte der Menschen im Land schert. Allein ihre Entstehungsgeschichte sollte hier
Beweis genug sein, aber ihr Abstimmungsverhalten in sozialen Fragen (z.B. Rente, Mindestlohn) bestätigt dies noch einmal.
Und da die AfD diesbezüglich mit allen anderen Parteien mit Ausnahme des BSW auf einer Linie schwingt, stellt sich die Frage, warum sie in solch exponierten Problematiken wie „Corona“ oder Ukrainekrieg eine konträre Position einnimmt (wobei sie zum Thema Redefreiheit, Unabhängigkeit der Presse sehr still ist).
Die AfD ist einerseits Blitzableiter für die katastrophale Politik der genannten Parteien, andererseits hat sie stabilisierende Funktion für die Fraktion der „Guten“, der „Richtigen“ zu der bekanntlich die allermeisten Menschen gehören wollen. Wenn die „Ampel“ zu „Demos gegen rechts“ aufruft, ist das ein Aufruf „gut“ zu sein, auf der „richtigen“ Seite zu stehen. Das funktioniert bei den Menschen, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen, aber nicht bei jenen, die in prekären Verhältnissen leben. Die Verhältnisse, die nicht erst Scholz, sondern auch Merkel bewusst herbei geführt haben. Verhältnisse, die aus den verzweifelten Menschen, die sie geschaffen haben dann Menschen mit teilweisem radikalem Denken machen.
Aber, und ich muss gestehen, dass ich persönlich weder Merkel noch Scholz noch die ganze Grünentruppe für helle Kerzen auf der Torte halte, geschieht hier nichts ohne Absicht. Im Hintergrund, in den Ausschüssen, arbeiten Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, Politologen, Statistiker – ein ganzer Trupp an durchaus geschulten Menschen, die sehr wohl die Folgen dieser Politik abschätzen können und den Verantwortlichen auch mitteilen.
Und da schließt sich der Kreis: „Denn sie wissen, was sie tun.“
Liebe Grüße an das Team
Rainer Thomas
26. Leserbrief
Vielen Dank, Herr Berger, für diesen innovativen Artikel, den Sie gerne hätten weiter ausführen dürfen.
Die AfD als systemerhaltende Kraft ist gar kein abwegiger Gedanke, denn solange die AfD nur Randthemen skandalisiert, den Systemkern (Imperialismus, Ausbeutung, Propaganda, soziale Ungleichheit) aber nicht antastet, lenkt sie von den Gründen für das Scheitern des Systems und für die nicht artgerechte Menschhaltung ab. Damit gewinnen die Etablierten Zeit, um das “Ende der Megamaschine” (Fabian Scheidler) noch etwas hinauszuzögern, und um ihre Pfründe in Sicherheit zu bringen.
Dabei gehen sie keinerlei Risiko ein. Sollte die AfD eines Tages tatsächlich nach der Macht greifen können, wird die “Brandmauer” zu ihr einfach eingerissen und die AfD in das bürgerliche Parteienoligopol integriert, also zur “Blockflöte”. Das wäre eine win-win-Situation auch für die AfD, deren Funktionäre sich dann in die Blase der bestversorgten Arbeitslosen Deutschlands einklinken dürfen.
Bleibt zu hoffen, dass die vielen AfD-Wähler tatsächlich das System sabotieren wollen, und dass sie bald geeignetere Mittel dazu finden.
Beste Grüsse
Manfred Becker
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