Leserbriefe zu „Bitte packen Sie jetzt das Grundgesetz weg!“
Tobias Riegel kommentiert in diesem Beitrag die Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes. Sie seien „ein neuer Höhepunkt der Heuchelei“. Nach den Erfahrungen mit der Corona-Politik und der aktuellen militaristischen Zeitenwende seien „vor allem zwei Anliegen des Grundgesetzes schwer unter Druck: Zum einen die auch in polarisierten Zeiten (eigentlich) garantierte Meinungsfreiheit. Und zum anderen das ´Friedensgebot´“. Berührt sei vor allem während Corona auch die Würde des Menschen gewesen. Wir danken für die interessanten Leserbriefe. Hier nun eine Auswahl. Zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Guten Tag,
die Überschrift kann es wohl kaum treffender wiedergeben.
Meines Wissens nach steht das Grundgesetz über allem und gewährt die Grundrechte, die jedem Menschen in unserem Land zu stehen. Es sind Menschenrechte mit dem unverrückbaren Recht auf Menschenwürde. An dieses hohe Gut haben sich alle zu halten, insbesondere die Bürger, die durch ihre Ämter in der Legislative, Exekutive und der Judikative Gewalt ausüben.
Die Einhaltung obliegt der besonderen Verantwortung dieser Bürger, die hierzu einen Amtseid abgelegt haben. Die Überwachung der Einhaltung soll und muss die Judikative, das
Bundesverfassungsgericht gewährleisten. So, So einfach ist das. Doch was wurde daraus?
Über alle Ebenen der vorgegebenen Gewaltenteilung hat sich Parteienfilz gebildet. Das GG wurde und wird weiter, je nach Auffassung der regierenden Klientel gebeugt, ja sogar ausgehebelt.
Die Beispiele hierzu sind bekannt. Besonders auffällig in letzter Zeit sind die Amtsträger, die die Demokratie gefährdet sehen, aber selbst am meisten dazu beitragen und die Gesellschaft spalten.
Es sind also alle gefragt dem entgegen zu wirken. Ein wichtiger Schritt hierzu, wäre mit Sicherheit, eine unabhängige und parteilose Justiz zu schaffen. Zu befürchten ist aber, dass mangels Interesse des überwiegenden Teils der Bevölkerung, weiter gebeugt und gehebelt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stöbe
2. Leserbrief
Sehr geehrte Nachdenkseiten,
man kann den Groll spüren, den Tobias Riegel beim Schreiben des Artikels hatte, und auch nur zustimmen!
Das Grundgesetz (GG) ist eigentlich gar nicht so schlecht, aber: es ist erstens viel zu unscharf gestaltet, ein typisches Merkmal eines von Juristen formulierten Dokuments (ich will aber nicht alle Juristen über einen Kamm scheren). Denn es obliegt immer einer Auslegung/Interpretation, und die wird durch die Machtelite bestimmt. Deswegen kann, leider, das GG gegenwärtig wie eine Monstranz präsentiert werden ohne daß Steinmeier et al. einen roten Kopf bekommen.
Zweitens steht das GG in Konkurrenz zur „Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung“, die m.E. überhaupt nicht definiert ist, aber mit GG und einer „Verfassung“ gleichgesetzt wird. „Freiheit“ ist natürlich die des Kapitals, und „Demokratie“ entspricht der Idee der, größtenteils antidemokratischen, Gründerväter der US-Verfassung. Vor einer Legitimierung des GG als Verfassung wird ja aus verständlichen Gründen abgesehen, denn vor einer Volksabstimmung hat man Angst. Und nicht mal das wäre ein demokratischer Prozess, weil nur eine Zustimmungsverweigerung bliebe!
Freundliche Grüße, Wolfgang Blendinger
3. Leserbrief
Guten Tag Herr Riegel, liebe Nachdenkseiten,
„Es gibt keine gesamtdeutsche Verfassung, das ist ein fortgesetzter Akt der Ignoranz.“
So ist es in der Tat, ein Akt der Ignoranz des Volkes, das sich jederzeit eine Verfassung geben könnte. Das jedoch will kaum jemand, wie etwa unsere-verfassung.de mit beschämenden 7000 Zustimmungen zeigt. Passend dazu ließ sich das deutsche Volk seine Eigenschaft „deutsches Volk“ von seinen Regenten wegnehmen, siehe Präambel. Das nenne ich vollendete Demut.
Ein schönes Wochenende wünscht
Udo Steinbach
4. Leserbrief
Halolo, NDS-Team!
Wenn Steinmeier und seine Komplizen von “unserem Grundgesetz” schwafeln, erinnere ich an Rainer Mausfeld. Mausfeld kommentierte solche Äußerungen mit dem Hinweis, dass man das durchaus wörtlich nehmen sollte, denn Steinmeier spricht von “seinem” GG, meint damit nicht die Gesellschaft im Allgemeinen. Diese Ansicht von Rainer Mausfeld teile ich.
Frohes GG-Fest!
Burkhard Malotke
„Die Wahrheit ist seltsamer als die Fiktion, aber das liegt daran, dass die Fiktion verpflichtet ist, sich an die Möglichkeiten zu halten. Die Wahrheit ist es nicht.“ (Mark Twain)
5. Leserbrief
Lieber Tobias Riegel,
in Ergänzung zu Ihrem Artikel und zum Nachdenken möchte ich einige historische Informationen beisteuern: Es wurde nie von der Bevölkerung über das Grundgesetz abgestimmt. Das haben seinerzeit die Gründer der BRD verhindert, denn sie wussten: Der überwiegenden Mehrheit der Menschen war klar, dass mit dessen Inkraftsetzung die Spaltung Deutschlands umgesetzt wurde. Diese zogen die Westmächte mit Hilfe Adenauers und seiner Hintermänner durch gegen die im Potsdamer Abkommen festgelegten Vereinbarungen der Siegermächte, Deutschland als Einheit zu behandeln.
In Ost und West gab es eine klare Mehrheit gegen die Aufteilung des Landes. Während in der sowjetischen Besatzungszone die in Potsdam ebenfalls festgelegte Demilitarisierung und Entmachtung der Banken-, Rüstungsindustrie und des Junkertums umgesetzt wurde, wurden in der BRD die alten Machtverhältnisse aufrecht erhalten, großenteils mit demselben Personal in führenden Positionen, Beispiele sind Flick, Abs und Konsorten.
Häufig wird auch vergessen, dass zwei Drittel der Abgeordneten des ersten Bonner Bundestages vormalige Mitglieder der NSDAP waren, jetzt natürlich als gewendete Demokraten in anderen Parteien versteckt.
Mit der Spaltung Deutschlands war die Verweigerung eines Friedensvertrages verbunden. Dass dieser von den Westmächten selbst noch nach der Wiedervereinigung abgelehnt wurde und durch den sogenannten Zwei plus vier Vertrag angeblich ersetzt wurde, hat zur Folge, dass wir heute rund zweihundert US Militärbasen im Land haben, wo auf exterritorialem Gelände beispielsweise US Atombomben lagern, was Deutschland logischerweise zum vordringlichen Ziel für einen Gegenschlag machen muss, wenn die Kriegstreiber a la Strack-Zimmermann, Röttgen, Hofreiter tatsächlich mit ihren Kampagnen zum Angriff auf Russland Erfolg haben sollten.
Über diese für das Überleben der Menschen entscheidende Frage wurde nach meiner Information bei den Beschwörungen der (durchaus vorhandenen) positiven Inhalte dieses Gesetzes während der 75-Jahres-Feierlichkeiten geschwiegen.
Freundliche Grüße
Fred Schumacher
6. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel
Vielen Dank für diesen Artikel.
Das Grundgesetz wird von unseren Regierenden und den selbsternannten „Qualitätsmedien“ bei Bedarf gerne als Aushängeschild für unsere optimale demokratische Verfasstheit angeführt.
Auch wenn ich Ihre Kritik an den Corona-Maßnahmen der deutschen Regierung im Wesentlichen nicht teile, weil meine Güterabwägung zwischen Freiheit und Gesundheit/Leben eindeutig den Schwerpunkt auf Gesundheit und Leben legt, ohne dass mir der Aspekt Freiheit unwichtig wäre, bin ich ansonsten ganz bei Ihnen.
Schaut man beim Grundgesetz genau hin, muss man leider feststellen, dass inhaltlich zumindest gelegentlich auch in sehr relevanten Angelegenheiten am Grundgesetz vorbei regiert wird und das Grundgesetz vordergründig mehr verspricht als es letztlich hält. In Artikel 5, der z.B. das Recht auf freie Meinungsäußerung festschreibt findet sich in Absatz 2 schon gleich eine Einschränkung ebenso in Artikel 19. Ähnliches findet man häufiger im Grundgesetz. Häufig heisst es dann „näheres regelt ein Gesetz“.
Sie haben in ihrem Artikel zurecht auf die gegenwärtige Aushöhlung der vom Grundgesetz geforderten Meinungsfreiheit durch Kriminalisierung unliebsamer Meinungen und des Friedensgebots hingewiesen.
Hinzu nehmen müsste man noch die gegenwärtigen Einschränkung der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, die Auslandseinsätze der Bundeswehr, die Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete und nicht zuletzt die menschenverachtenden Praktiken innerhalb der Bundeswehr, auf die ich im Folgenden näher eingehen will, weil sie in der öffentlichen Diskussion viel zu wenig Beachtung finden und diese Praktiken mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde nicht vereinbar sind.
Diese menschenverachtenden Praktiken, die ich weiter unten kurz schildere, waren zumindest während meiner Zwangsrekrutierung in den siebziger Jahren Realität, also in einer Zeit als das Grundgesetz auch schon gültig war und offensichtlich wegen der damals notwendigen Kriegstüchtigkeit faktisch implizit teilweise außer Kraft gesetzt wurde. Ähnliche Implikationen sind wahrscheinlich auch heutzutage für Wehrpflichtige zu erwarten, wenn nicht mehr nur laut über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht nachgedacht wird, sondern wenn diese wieder Realität werden sollte.
Der militärische Drill, der offenbar notwendig ist, um die Befehls-Gehorsams-Disposition so tief im Soldaten zu verankern, dass er bereit ist, auf Befehl ohne Nachzudenken in den Tod zu gehen, erfordert schon spezielle menschenverachtende Praktiken, die man auch als spezielle Form der Gehirnwäsche ansehen kann und die viele Demütigungen und sinnlose Formalausbildungen und sonstige sinnlose Tätigkeiten beinhalten, die der Soldat auf Befehl ständig ausführen muss, wodurch sein eigener Wille gebrochen und er zum reinen Befehlsempfänger gemacht wird. Dies beinhaltet: keine Wahl des Aufenthaltsortes, keine Wahl der Personen, mit denen man Kontakt hat, keine Wahl des Essens, (Kasernierung), keine Wahl der Kleidung (Uniformierung, keine Wahl der Tätigkeiten während des ganzen Tages. Der ganze Tag ist für den Soldaten vorgeplant. Hinzu kommen ständige Überwachung und detailliert vorgeschriebene Körperhaltungen und Bewegungen (antreten, still gestanden, die Augen rechts, rührt Euch, im Gleichschritt marsch, ein Lied etc.). Der einfache Soldat darf nur sprechen, wenn er gefragt bzw. es ihm explizit erlaubt wird. Ständige respektlose Umgangsformen von Seiten der Vorgesetzten, ständiges Anschreien, ständiges „zur Sau machen“, Schlafentzug, Gewaltmärsche mit blutenden Füssen, spezielle Grußpflicht von Vorgesetzten, vorgeschriebene Meldeformen, ständige Demütigungen etc. sind das tägliche Brot des einfachen Soldaten.
Eine solche Wehrpflicht wird letztlich dadurch legitimiert, dass man davon ausgeht, man bräuchte derart hergerichtete Soldaten, um die Freiheit verteidigen zu können. Wenn man aber genau hinsieht, ist es offensichtlich, dass es für einen einfachen wehrpflichtigen Soldaten keine Freiheit gibt, die er verteidigen könnte. Ein solcher Soldat lebt in der äußersten Unfreiheit und Drangsalierung. Dies gilt zumindest für einen einfachen Wehrpflichtigen, der sich den Beruf des Soldaten nicht „freiwillig“ ausgesucht hat. Menschen, die sich freiwillig für den Beruf des Soldaten entschieden haben, haben sich ja implizit auch für diese Art der Schikanierung entschieden. Sie können ja wieder kündigen. Wehrpflichtige aber nicht. Sie riskieren eine Vorstrafe und Gefängnis, wenn sie sich dem menschenunwürdigen Drill nicht beugen. Eine so praktizierte Wehrpflicht widerspricht dem Satz des Grundgesetzes „die Würde des Menschen ist unantastbar.“ in eklatanter Weise.
Eine ausführlichere Beschreibung der soldatischen Drangsalierungen durch militärischen Drill findet sich in einem Buch von Günter Wallraff „Mein Tagebuch aus der Bundeswehr“.
Fritz Gerhard
7. Leserbrief
„Bitte packen Sie jetzt das Grundgesetz weg!“
vielen Dank für diesen sehr treffenden und gelungenen Beitrag.
Die Feierlichkeiten zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes habe ich mit Befremden verfolgt. Einmal, weil ich zu Symbolen, Ritualen, Zeremonien generell ein kritisch-distanziertes Verhältnis habe, zum Anderen, weil diese Feierlichkeiten welche der politischen Elite waren, und keine der deutschen Öffentlichkeit. Man feierte sich selbst. Es wirkte wie eine Verabschiedungsveranstaltung … Verabschiedung wovon? Zum Einen von der deutschen Bevölkerung, dies war ein Sinnbild für “Demokratie ohne Volk”.
Ein Kernsatz in dem Beitrag ist jener: “Bundespräsident Steinmeier setze bei dem Staatsakt einmal mehr indirekt „die Demokratie“ mit den aktuell bestimmenden Politikern gleich (…).” Genau dies beobachte ich mit einer gewissen Sorge, erinnert mich dies an etwas.
Eine bekannte Rede von Hitler endete mit demselben Schlusswort wie das “Vater Unser”. In einer anderen sagte er sinngemäß: “Diejenigen, die den Nationalsozialismus für eine politische Bewegung halten, haben sein Wesen nicht verstanden. Der Nationalsozialismus ist keine politische Bewegung, er ist mehr als das: er ist eine Religion!”. Von Rudolf Hess wiederum stammt folgendes nachdenkenswertes Zitat: “Die Partei ist Hitler. Hitler aber ist Deutschland, wie Deutschland Hitler ist.” Eine politische Partei bzw. Bewegung wird mit einer Persönlichkeit bzw. einer natürliche Person gleichgesetzt, und diese wiederum mit “Deutschland”. An anderer Stelle soll Hitler die Vermählung mit Eva Braun so abgelehnt haben: “Ich bin mit Deutschland verheiratet”.
Rein semantisch gesehen ist eine solche Gleichsetzung widersinnig. Es geht aber nicht um Sinn oder Logik, es geht um versteckte Mystik, um die Magie in politischer Sprache bzw. Symbolik. Dass Hess damit eine bewusste Analogie zur christlichen Dreieinigkeit ziehen wollte, ist offensichtlich. Der Sozialpsychologe Erich Fromm wies in seinem Buch “Die Kunst des Liebens” darauf hin, dass Menschen mehrere Formen der “orgiastischen Vereinigung” suchen: die sexuelle und körperliche Vereinigung mit einem Partner / einer Partnerin, die metaphysische Vereinigung mit Gott, und die kollektive Vereinigung mit einer Menschengruppe (dies kann man in Fußballstadien, Nacht-/Tanzclubs, Rockkonzerten oder auch bei den Demonstrationen als Reaktion auf jene Corrective-Enthüllungen beobachten). So rational und säkular ist unsere Gesellschaft nicht, wie sie so gerne sein möchte.
Die metaphysisch anmutende “symbolische Vereinigung” des politischen Personals mit der Demokratie und dem Grundgesetz ist für mich ein deutliches Zeichen, dass wir zwar in einem Land leben, in dem Staat und Kirche getrennt sind, aber das bedeutet nicht, dass dies auch Politik und Religion sind. Dass in Deutschland der Staat wieder vermehrt ein Gegenstand des Glaubens geworden ist (und zu dem man sich “bekennen” muss), ist seit der Flüchtlingskrise zu beobachten. Man kann das auch weniger theologisch sehen: die Kritik, dass die Membran zwischen Staat einerseits und Politik und Parteien andererseits immer durchlässiger wird, die gab es schon in den 1980er Jahren. Durch die Gleichsetzung des politschen Personals mit Demokratie bzw. Grundgesetz kann man Angriffe auf Politiker bzw. Wahlhelfer als “Angriff auf die Demokratie” umdeuten. Man kann solche scheinbar unangreifbaren politischen Offenbarungen rhetorisch leicht aushebeln: wenn ein Autofahrer einem vorausfahrenden Autofahrer, der ihn geärgert hat, weil er ihm bewusst die Vorfahrt genommen hat, hinten reinfährt, ist das dann ein “Angriff auf die Straßenverkehrsordnung”? Und warum ist es keiner auf die Demokratie, wenn es doch ein Akt der Rache und kein Versehen war? Nur weil der Geschädigte kein Politiker ist? Diese Vereinnahmung durch die Sprache der Politik ist anmaßend und übergriffig.
Das Grundgesetz ist keine Heilige Schrift, und Demokratie kein Selbstzweck. Die Demokratie muss sich, durch ihr Personal und durch ihre Institutionen, immer wieder beweisen, nicht die Wähler haben sich tagtäglich, einem Unterwerfungsritual gleich, demokratisch zu beweisen oder auszuweisen. Institutionen müssen wohlgewählt und wohlbemannt sein, sagte einmal der Philosoph Karl Popper. Dass immer mehr Wähler sich den meisten Parteien abwenden, geschieht nicht aus Ablehnung der Demokratie, sondern deren Personals und notgedrungen dessen Vereinigungen, und um dieses ist es nicht bestens bestellt. Die verdorbene Person verdirbt das ganze System. Und das Personal weiß dies, deswegen wird von ihm die politische Macht verteidigt, und nicht die Demokratie. Demokratie ist für dieses nur Mittel zum Zweck. Deswegen traue ich keiner Partei mehr über den Weg und bin seit vielen Jahren Nichtwähler.
Ralf Wörner
8. Leserbrief
Ihnen zur Kenntnis
Mit freundlichen Grüßen
C. Leibeling
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
Im Andenken an meinen viel zu früh verstorbenen Vater ( geb 1927, verstorben mit 66 Jahren aufgrund eines Herzleidens, Folge einer Diphtherie, die er sich im 2. Weltkrieg zugezogen hatte) schreibe ich heute ein weiteres Mal an Sie.
Heute verstehe ich wie empört und entsetzt mein Vater reagierte, als nach dem 2. Weltkrieg die Bundeswehr installiert wurde. Im Angedenken auch an meine Großeltern , denen die Nazis im 3. Reich die Fenster eingeworfen hatten, weil sie die Fahne nicht rausgehängt hatte und denen im Krieg das halbe Haus weg gebombt wurde.
Als Nachfahre und meiner heute noch lebenden Mutter, ebenfalls geb 1927( die jeden Tag erklärt dass es Krieg gebe) fühle sich mich verpflichtet sie zu bitten, die unaufhörliche Mobilmachung (selbst an solch einem Feiertag) zurück zu nehmen.
Sie sind erstaunt über das Misstrauen in die Politik?
Die Menschen spüren , dass sie im Zweifel Menschenmaterial sind, sie wissen: es gibt keine Flucht( wir wissen ja wie mit Flüchtlingen umgegangen wird und die EU zahlt noch dafür).
Dem Normalbürger wird es irgendwann ebenso ergehen, wenn er nicht an der Front sein Leben verliert, sein Hab und Gut in Grund und Boden versenkt wird, Familienangehörige verliert oder selbst traumatisiert wird.
Sie haben ja gedient – aber Sie werden sicher im Kriegsfall nicht eingezogen, Ihre Familie auch nicht.
Auch Künstler wie Herr Niedecken oder Campino die inzwischen zum Dienst an der Waffe aufrufen sind zu alt und sicher.
Die Kriegspropaganda hatte Erfolg!
Als erster Mann im Staate werden Sie sich irgendwann auch vor einer höheren Macht( Sie sind ja Christ) verantworten müssen.
Ich gehe nicht davon aus, dass Sie mein Schreiben lesen und wenn überhaupt, es auch nicht ernst nehmen werden.
Eine Antwort wird, wenn überhaupt, wieder durch Ihren Oberst Braun erfolgen.
Heimatliebe, Patriotismus im Kampf mit Waffen das scheint nun Staatsraison zu sein in Verachtung aller Menschen, die nie wieder Krieg wollten, die im Gegensatz zu Ihnen den Krieg erlebt haben und inzwischen fast alle verstorben sind und sich nicht mehr äußern können.
Sehr geehrter Herr Bundespräsident – das ist die Wahrheit vor der Sie sich nicht wegducken sollten.
Ihre Ausführungen zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes ist eine Diffamierung gegenüber friedfertigen Menschen( u.a auch des Papstes)
Kehren Sie um!
Sie sind der erste Mann des Staates, der die ganze Welt im 2. Weltkrieg mit Waffen, Heimatliebe und Patriotismus ins Verderben gestürzt hat.
Claudia Leibeling
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