Endlich! Eine gemeinsame Aktion deutscher Musiker: Konzert „Wir für den Frieden“ im August in Suhl (Thüringen)

Endlich! Eine gemeinsame Aktion deutscher Musiker: Konzert „Wir für den Frieden“ im August in Suhl (Thüringen)

Endlich! Eine gemeinsame Aktion deutscher Musiker: Konzert „Wir für den Frieden“ im August in Suhl (Thüringen)

Ein Artikel von Frank Blenz

In Zeiten wie diesen, in denen Opportunismus, Feigheit, Wegducken und Mitläuferei auf allen Ebenen zum Geschäft gehören und dies alles eben auch im Kultur-, Kunst- und Musikgeschäft geschieht, erscheint es umso erfreulicher und ermutigend, dass Musiker aus diesem unserem Land gemeinsam (!) aufbegehren. Ich empfinde das wie einen Aufbruch, ich habe so eine Aktion schon lange erhofft. Diese kann aber lediglich ein Auftakt sein, ein Weckruf: Im August steigt in Suhl (Thüringen) ein Konzert, ein Abend mit vielen Musikern, deutschen Künstlern, die – endlich, möchte ich sagen – ihre durchaus gewichtige Stimme erheben: für den Frieden! Schluss mit dem Rüstungswahn und dem Schreien nach Krieg! Ein Kommentar von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Wir für den Frieden“

Der Platz der Deutschen Einheit in Suhl (Thüringen) wird am 18. August 2024 zu einem Ort des Protests, des Einstehens für Frieden und Verständigung, hier und weltweit, der in einem vielfältigen Konzertabend Ausdruck findet. Der Konzertreigen trägt den Titel „Wir für den Frieden“. „Wir“ – das sind zahlreiche Künstler, bekannte und nicht ganz so bekannte Bürger unseres Landes. Auftreten werden in der Stadt des Friedens (so nennen die Einwohner selbst ihre Heimat) unter anderem Purple Schulz, Gerhard Schöne, Tino Eisbrenner, Wenzel, Sarah Lesch, Krumbiegel (Prinzen). Interessant ist, dass durchaus politisch unterschiedlich positionierte Akteure den Dialog suchen und gemeinsam auf der Bühne stehen. Handzettel und Plakate sind gedruckt, erste Medien berichten, zahlreiche Besucher werden erwartet. Das Musikfest „Wir für den Frieden“ erinnert mich an eine Zeit vor 40 Jahren …

In Ost und West: Künstler gegen den Kalten Krieg

1984 und schon Jahre zuvor (besonders 1981) gingen viele Menschen in Ost und West im damals geteilten Deutschland auf die Straße, um gegen die Eskalation des fortwährenden, sogenannten Kalten Krieges, gegen die schier nicht zu bändigende Aufrüstung und gegen einen drohenden großen Krieg aufzubegehren und stattdessen für Abrüstung, für Frieden einzustehen.

Damals, das ist also schon 40 Jahre her, engagierten sich auch künstlerisch tätige Menschen, unbekannte wie berühmte Musiker in diesem Sinn. Etliche Konzerte wurden organisiert, Künstler schufen vielfältige Werke, Solisten und Bands sangen bewegende Friedenslieder. Im Osten Deutschlands, in der damaligen DDR, gab es eine politische Bewegung zahlreicher Bands, verbunden mit Plattenproduktionen, Konzertreihen, TV-Auftritten und, und, und.

Ich erinnere mich an mein eigenes musikalisches Wirken in dieser Zeit. Als ganz junger Bursche schrieb ich schon Lieder – und eben auch eines für den Frieden. Ich weiß noch, wie ich in meiner ostdeutschen Heimatstadt Plauen (Vogtland) zum wichtigsten Volksfest, dem Plauener Spitzenfest, im legendären Parktheater auf der Freilichtbühne stand. Vor 3.000 Besuchern sang ich dieses Lied solo zur Gitarre: „Wir brauchen Frieden“.

Ich erinnere mich auch daran, dass im geteilten Land eine bedrückende Atmosphäre und doch Aufbruchstimmung und Wut herrschten. Man bedenke, die Menschen in Ost und West begehrten gegen die seinerzeitige NATO-Hochrüstung, gegen den NATO-Doppelbeschluss und gegen eine schier unglaubliche Waffe auf: die Neutronenbombe. Man stelle sich vor, 1981 kamen mehr als 300.000 Menschen in Bonn zusammen, um gegen den NATO-Doppelbeschluss zu protestieren, der Protest und Demonstrationen fanden auch die folgenden Jahre statt.

Nebenbei: Es half alles nichts, die politische Klasse und die an Rüstung Interessierten setzten ihr Vorhaben durch. 1983 stimmte der Deutsche Bundestag dem Beschluss zu.

Und 2024? Man könnte meinen, der Schrei der Menschen nach Frieden und Verständigung damals war dennoch nicht vergebens. Der Eiserne Vorhang fiel, alte Feindbilder waren nicht mehr tauglich. Trotzdem werden jetzt wieder statt friedliche Zeiten kriegerische heraufbeschworen. Es ist so sinnlos. Wo bleibt der Widerstand dagegen? Schaut man sich um, herrscht bei allen Einzelaktionen, bei durchaus engagierten Friedensbemühungen im Land viel mehr und deutlicher eine verdächtige, eine beschämende Art von Stille, als Folge einer Lähmung politischer Wachheit, politischer Unbequemlichkeit, des Betäubens auch künstlerischer Unbequemlichkeit.

Zig berühmte Bands, Solisten, berühmte Persönlichkeiten fallen – mein Eindruck – nicht dadurch auf, dass sie beeindruckende Songs für Frieden und gegen Krieg und so weiter schreiben, ins Mikro schreien, dass die Waffen schweigen sollen. Manche berühmte Künstler stimmen sogar in den Chor nach Rüstung, Abschreckung, Kante zeigen ein. Und ja, wohl wahr, es gibt Ausnahmen in der Masse der Angepassten, unbequeme, wichtige Künstler. Vor ihnen ziehe ich den Hut. Diese Ausnahme muss endlich zur Regel werden. Wacht auf!

Ich runzle die Stirn und frage mich: Wo sind die Rockbands, wo finden die zahlreichen Festivals und Auftritte statt, wo hinausgesungen wird: „Nein zum Krieg, nein zu dem ganzen Wahnsinn!“ Um so mehr Hoffnung weckt bei mir die im Sommer stattfindende Aktion von Musikern: Wir für den Frieden, ein Friedenskonzert in Suhl. Endlich! Schaut auf diese Stadt! Bitte mehr davon! Ich will hoffen, dass in Zukunft mehr und mehr Informationen zu lesen sind: Friedenskonzert da, Protestaktion dort.

Singt endlich Lieder! Schreibt Eure Empörung auf! Schluss mit der Stille!

Man kann nicht der Lieder genug, leise wie eindringlich, laut und unüberhörbar in die breite Öffentlichkeit singen – so bedrohlich liegt vor uns die Situation unserer, ja, zerbrechenden Gesellschaft, die Dreistigkeit des Missbrauchs unser aller Kompetenzen und Ressourcen, nur um das Land auf allen Ebenen zu militarisieren, aufzurüsten, als kenne man kein Morgen, um dazu seitens der Verantwortlichen (und Nutznießer der Rüstung, ja, das ist ein Riesengeschäft) auch noch zu behaupten, alles geschähe nur für uns, zu unserem Wohl usw. Welch Heuchelei. Von wegen.

Wir leben ganz konkret nicht in friedlichen Zeiten, uns fliegt sinnübertragend der ganze Laden, der zwar noch steht, um die Ohren. In anderen Ländern brennt es derweil schon lichterloh, die Länder in Kriegen werden geschäftstüchtig von Deutschland mit Qualitätsprodukten aus deutschen Waffenschmieden versorgt und mit Diplomatie à la ‚Frieden durch Waffen‘ von geschickt sich Vermittler nennenden Politikern verhöhnt. Die beschämend folgenden Medien machen bei dem unsäglichen Spiel mit, Meldungen über Vernichtung und Vertreibung werden präsentiert, als wäre das alles gar nicht so schlimm.

Aus der Stadt des Friedens Suhl kommen wichtige, richtige Forderungen

Apropos Medien. Beim Durchforsten von Printmedien, von Internetseiten, von Veröffentlichungen über die Stadt Suhl stieß ich auf eine Seite namens „Rüstungskonversion Thüringen“. Auf dieser findet sich ein Forderungskatalog, der eine glasklare, einfache, eindringliche, kluge Zusammenfassung ist. Sicher werden die in Suhl auftretenden Künstler diese unterschreiben können.

  • Waffenstillstand und Deeskalation in allen weltweiten Konflikten! Glaubwürdige diplomatische Initiativen und einen Stopp aller Waffenlieferungen!
  • Globale Zusammenarbeit für eine nachhaltige Lösung der Klima- und Ernährungskrisen!
  • Schluss mit der Aufrüstung! 100 Milliarden für Klima, Gesundheit, Wohnen und Bildung!
  • Strukturelle, finanzielle und personelle Stärkung von ziviler Konfliktforschung und lokaler Friedensarbeit im In- und Ausland!
  • Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffen-Verbotsvertrag!
  • Rückkehr zum Völkerrecht und zur Achtung der Menschenrechte – auf allen Seiten!
  • Fluchtursachen bekämpfen und sichere Fluchtwege ermöglichen! Schluss mit der mörderischen Abschottung Europas!
  • Asyl und Schutz für verfolgte Oppositionelle und alle Kriegsdienstverweigerer!

Titelbild: Africanstar/shutterstock.com

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