Leserbriefe zu „Sind die NachDenkSeiten jugendgefährdend?“

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In diesem Beitrag weist Jens Berger darauf hin, dass sich die NachDenkSeiten auf einer Liste jugendgefährdender Inhalte befinden würden und von Nutzern, die den Jugendschutz aktiviert hätten, nicht mehr aufgerufen werden können. Es sehe so aus, als seien die Verantwortlichen von einer politischen Agenda getrieben. Man wolle die politische Debatte im eigenen Sinne steuern und nicht genehme Informationen blockieren. Das widerspreche dem Gedanken der Informationsfreiheit. Abschließend wird an einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 2009 erinnert. Wir danken für die interessanten E-Mails. Hier nun eine Auswahl der Leserbriefe. Für Sie zusammengestellt von Christian Reimann.

Vorbemerkung Jens Berger: Aufgrund unseres Artikels hat eine Leserin in der Github-Diskussion von RPiList die fragwürdige Einordnung der NachDenkSeiten als jugendgefährdend zur Debatte gestellt. Die darauffolgende Diskussion spricht für sich. Man habe die Adresse aus einem dubiosen Reddit-Forum und sie dann anhand der Wikipedia „überprüft“ und da die NachDenkSeiten „im Grunde Verschwörungstheorien verbreiten“, seien sie nichts für Kinder. Ende der Debatte – „diese Liste ist nicht demokratisch und sie wird willkürlich geführt und wem das nicht passt der kann seine eigene Liste umsetze“. Nun denn.

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

da sind Sie in guter Gesellschaft. Schon Sokrates stand wegen jugendgefährdender Reden vor Gericht. Bis heute ist nicht geklärt, was wichtiger ist: das Staatswohl oder die freie geistige Entwicklung.

Grüße, Edwin Glaser


2. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

das Verhalten unliebsames im Internet loszuwerden (zu Canceln) ist mir schon länger in den Youtube Kommentaren aufgefallen. Da wird unter zB Videos der ÖR-Medien heiß diskutiert zum Thema Ukraine-Krieg, und eine deutliche Mehrzahl der Diskutanten hat ein sehr differenziertes Bild dazu. Als nächstes gehen die “Oh guckmal, die Russen-Bots schlagen wieder zu” Kommentare und die Frage wie “Man dieser Herr werden könne”. Man beachte, das sind keine Bot Kommentare. Das sind Meinungen von anderen Youtube Zuschauerinnen und Zuschauern.

Und dann las ich einen Kommentar, der mich wirklich erschrocken hat. “Wenn ihr sie nicht wegbekommt, einfach wegen sexueller Belästigung oder Kinderpornographie melden, dann geht’s problemlos.” Denn der Youtube Algorithmus greift bei diesen Meldungen immer SOFORT, um erst Mal Schlimmeres zu verhindern. Was ich für absolut richtig halte. Dass das allerdings für politische Zwecke missbraucht und so politischen Gegnern auch direkt noch möglicherweise folgende Ermittlungen oder gar eine Bestrafung im sogenannten Real Life (also außerhalb des Internets) mitgegeben werden, scheint die Missbrauchenden nicht zu stören.

Und das alles geschieht anonym. Mit der Anonymität im Internet wird den Usern Tür und Tor für solches Verhalten geöffnet. Und man kann einfach NICHTS dagegen tun, denn derer gibt es viele. Es wird billigend in Kauf genommen, dass Medien oder Menschen gebrandmarkt werden, im schlimmsten Fall ihnen schlimmeres widerfährt. Ekelhaft.

Freundliche Grüße
Danny Altmann


3. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

ich nutze selber Pi-hole. Die Filterlisten von RPiList waren mir jedoch bisher nicht bekannt. Aber nach dem Lesen Ihres Artikels werde ich die Listen wohl auch zukünftig meiden.

Da ich selber jedoch einen Account bei GitHub besitze, habe ich bei RPiList mal ein so genanntes Issue eröffnet und habe die NachDenkSeiten als “false-positive”, also als zu Unrecht gemachten Eintrag, gemeldet. Bin mal gespannt, ob die RPiList-Verantwortlichen die NachDenkSeiten von der Filterliste entfernen oder nicht. Ich befürchte jedoch nicht, wenn ich mir die im Artikel verlinkte Diskussion anschaue. Dort beharrt einer der Verantwortlichen ja darauf, dass es sich bei der “child-protection”-Liste um eine Entscheidung von Eltern handelt, ob man die Liste zum Schutz seiner Kinder nutzen möchte oder nicht. Schade, dass manche Eltern ihrem Nachwuchs freie Meinungsbildung anscheinend nicht zutrauen.

Viele Grüße
Nina Große


4. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

zunächst zu der Frage im Titel. Die NachDenkSeiten jugendgefährdend? Für eine Jugend die alles glaubt, nichts hinterfragt und das Denken dem Smartphone überlässt, trifft das sicher zu.

Filterlisten? Ich bin doch nicht blöd! Bzw., um jemanden seriösen zu zitieren: Ich “denke lieber selbst”, was ich will und was nicht. Braucht man so etwas um die Kinder zu schützen? Ein solides Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kind halte ich da für besser. Allerdings gibt es das wohl immer weniger, wo auch die Eltern rund um die Uhr am Smartphone hängen. Je mehr man sich vom “Internet” abhängig macht und je weniger Ahnung man davon hat was da passiert, umso übler wird es.

Noch was Technisches: Nichts gegen Raspberry Pi, ich habe viele davon. Aber bitteschön mit Unix (Linux) und die wichtigsten Anwendungen selbst geschrieben. Und sonst das Minimum, Firefox und Thunderbird, ohne Addons.

Herzlichen Gruß,
Rolf Henze


5. Leserbrief

Guten Tag

Der Polizeistaat lässt grüssen !
Man erkennt ihn auch daran, dass Polizisten inzwischen wie Soldaten ausgerüstet sind !

Oder wenn Querdenker, die einigen Unsinn erzählen , in U-Haft genommen werden .
Oder UNI- Professoren ihren Job verlieren nur weil sie ihre Meinung zur Regierung verbreiten .
Oder wenn ein Arzt verhaftet wird, weil er einen öffentlichen Vortrag halten will .
Oder wenn Autoren aus dem Ausland die Einreise verboten wird , damit sie ihren Vortrag nicht halten können .
Oder wenn den Künstlern der Auftritt verwehrt wird weil sie Russen sind .
Oder wenn jemand im Internet einen Politiker beleidigt , das dann zu einer Hausdurchsuchung führt .
Oder wenn Demonstrationen für Palästina verboten sind , für Israel aber gewünscht .
Und so geht es immer weiter , bis das Denunziantentum Staatsräson ist .

J.Blumer


6. Leserbrief

Sehr geschätzte und geehrte NDS,

Schrecklich genug dass die NDS auf irgendwelchen Listen landet (ähnliche Vorgänge kennen wir aus dunklen Zeiten). Spricht man Freunden, Feinden ? und Bekannten, so bekommt man immer öfters zu hören, dass die NDS von Firmenrechnern nicht mehr erreicht werden können.
Warum nicht auf NDS eine Rubrik öffnen für diese die Demokratie fördernden Unternehmen? Ich finde, das gehört festgehalten.

Weiter so, vielen Dank

Krecelj


7. Leserbrief

Natürlich sind die Nachdenkseiten jugendgefährdend, weil sie sich gegen die schönen Panzer- und Raketenspielchen unserer Kleinen mit Knall und Bang sowie das rührende Feindmärchen vom bösen Iwan stellen und deshalb auch unbedingt von allen Kindergärten, zu Neudeutsch Kindertagesstätten, fernzuhalten sind.

Daher finden sie dort nun endlich keinen Platz mehr zwischen der kindgerechten Bummi-Zeitung Bild und den vielen lieben anderen Märchenbüchern vom guten NATOstan, das die ganzen bösen Hexen, Kraken, Barbaren, Untermenschen und sonstigen Monster überall auf der Welt tapfer und heldenhaft in die Flucht schlägt.

(Tut mir leid. Aber ich kann auf diesen ganzen Schwach- und Wahnsinn in diesem Fall nur noch mit Satire reagieren.)

Ich hatte erst gelesen: Sind die Nachdenkseiten judengefährdend? Eine solche Debatte könnte doch zu allem Überfluss demnächst auf dem Programm stehen.

Elian Binner


8. Leserbrief

Moin,

die demokratiefeindlichen Kräfte sind also auch in der Open Source-Gemeinschaft angekommen. Das sind bestimmt jene Leute, die sich täglich von tagesschau, FAZ, n-tv & SPIEGEL indoktrinieren lassen, jene Adressen, die sogenannte “Faktenchecker” betreiben, die zudem mit unseren Steuergeldern alimentiert werden (zusammen mit der Zwangswohnungssteuer “Rundfunkbeitrag” zahlen wir somit auch noch für unsere eigene Verdummung). Derlei “Faktenchecks” zerschellen regelmäßig an der Wahrheit, die gerade die NachDenkSeiten immer wieder kund tut. Danke an dieser Stelle dafür, und bitte nicht damit aufhören!

Sind die NDS jugendgefährdend? Na klar! Diese Informationen könnten die Bevölkerung verunsichern…willkommen im betreuten Denken!

An dieser Stelle berichte ich noch von weiteren Zensurmaßnahmen:

– Die Hauptdomain von RT ist mittlerweile auch nicht mehr über sogenannte zensurfreie DNS-Server erreichbar, zumindest nicht unter Android mit den DNS-Servern dns3.digitalcourage.de & dns.quad9.net. Wer weiterhin RT online lesen will, sollte dessen Newsletter abonnieren, in welchem regelmäßig alternative Domains aufgelistet werden.

– Ich habe als Telekom-Kunde eine eMail versandt, in welcher eine der alternativen RT-Domains im Text als Verlinkung enthalten war. Die Zustellung wurde mir mit der Begründung verweigert, daß ich SPAM versendet hätte. So weit ist man also schon, daß man RT kurzerhand als “SPAM” diskreditiert.

– Virenscanner oder deren Flaggschiffe wie “Internet Security”, die sich tief in das Betriebssystem bohren und es damit nicht nur verlangsamen, sondern auch die Angriffsfläche erhöhen, führen auch Filterlisten, die jederzeit nach Gutdünken vom Hersteller geändert werden können. Virenscanner haben sich in den letzten 10-15 Jahren zu einer Art “Tugendwächter” aufgeschwungen, die einem vorschreiben wollen, welche Seiten man besuchen & welche Software man installieren darf. Daher habe ich diesen Mist schon lange nicht mehr im System & installiere nur Software aus vertrauenswürdigen Quellen.

– Betriebssystemhersteller wie Microsoft können jederzeit über ihre Zwangs-Updates Sperren & Filter einbauen, ohne daß man sich dagegen wehren könnte. Abhilfe schaffen nur Open Source-Systeme wie Linux, die man im Zweifel auch selbst (um)programmieren kann.

Das Blacklisten von den NachDenkSeiten im Open Source-Bereich ist ein herber Vertrauensbruch. Immerhin kann man aber selbst Hand anlegen und kriegt das nicht auch noch verboten wie teilweise bei kommerziellen Varianten. Zudem sollte die Gemeinschaft darauf hingewiesen werden, daß hier eine Grenze überschritten wurde, was den sozialen Frieden bedroht.

Desweiteren bezweifle ich, ob man generell Filterlisten im Namen des Jugendschutzes verwenden sollte. Viel wichtiger wäre eine Art “betreutes Surfen” und das Beibringen von Medienkompetenz, anstatt sie durch technische Maßnahmen zu ersetzen. Bei Jugendschutz-Filtern ist das immer so eine Sache, da sie, im Gegensatz zu Werbeblockern, nicht klar definiert sind. So kann der Eine eine Seite gut für Kinder & Jugendliche finden, während der Andere entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Aber auch wenn hier ein großer Interpretationsspielraum herrscht, so erklärt das noch lange nicht, warum ausgerechnet eine aufklärerische Seite wie die NDS den Weg in so einen Filter finden konnte. Es wäre interessant, den Urheber ausfindig zu machen.

Mit freundlichen Grüßen,
Michael Schauberger


9. Leserbrief

Die Geschichte mit der Sperrung ging nach Erscheinen des Artikels auf den Nachdenkseiten noch weiter. Es wurde zunächst ein “issue”[1] eröffnet und daraus entstand dann eine discussion[2].

Es lohnt sich m.E. nicht, die Diskussion dort weiter zu führen. Höchstens kann man die entsprechenden Github-Funktionen (Pfeil hoch oder Emoji) unter jedem Beitrag nutzen, um seine Zustimmung oder Ablehnung auszudrücken.

Ich finde aber folgendes bemerkenswert:

– Neben den Nachdenkseiten wurden im gleichen “commit” auch die Domains 2020news.de, achgut.com, apolut.net, clubderklarenworte.de, multipolar-magazin.de, rubikon.news und uncutnews.ch in die Liste aufgenommen.
– In einem anderen “commit” wurde auch tichyseinblick.de gesperrt.
– Der Projekteigentümer begründet die Sperrung der Nachdenkseiten mit einem einfachen Verweis auf die Wikipedia. Ich hatte ein ähnliches Erlebnis zu Beginn der Corona-Zeit mit einem hohen Manager. Wikipedia gilt anscheinend bei Vielen als absolute Wahrheit.
– Es besteht keinerlei Interesse oder Bereitschaft seitens des Projekteigentümers an einer Diskussion. Das Issue wird einfach geschlossen.
– Es gibt keine Transparenz, welche Person oder Gruppe eigentlich hinter dem Projekt steht.
– Es gibt keine Transparenz über den Anlass der Sperrungen.

Ich hatte früher auch mal gedacht, wie es der Artikel ausdrückt, dass den Machern freier Software Informationsfreiheit oder allgemein Emanzipation wichtig sei. Leider musste ich in der Coronazeit lernen, dass gerade die IT eine Hochburg der Dummheit ist:

– Ich selber habe noch bis Ende März an Corona geglaubt.
– Die überwiegende Mehrheit meiner Kollegen waren noch 2021 von Maßnahmen und Impfungen überzeugt.
– Ich wurde wegen meiner kritischen Haltung aus dem Debian Projekt ausgeschlossen.[3]
– Noch heute tragen Besucher von IT-Veranstaltungen, wie z.B. beim Chaos Communication Congress Masken. Der bekannt Blogger und CCC-Veteran Fefe[4] ist ein populäres Beispiel für das “Denken” in diesen Kreisen.

Jacques Ellul soll schon vor Jahrzehnten erklärt haben[5], dass die Funktionseliten besonders anfällig für Propaganda seien. Daraus folgt ein großes Problem für emanzipatorische Kräfte, da ihnen diese Funktionseliten für einen gesellschaftlichen Wandel nicht zur Verfügung stehen. Vielmehr nutzen diese ihre Fähigkeiten eher zur Bekämpfung des Wandels.

Umso wichtiger scheint mir, dass sich aufgeklärte ITler (und andere Funktionseliten) vernetzen und in ihren Bereichen Gegenöffentlichkeit und Projekte fördern. Die Nachdenkseiten könnten bei dieser Vernetzung mit der Vorstellung entsprechender Treffpunkte helfen.

Ich betreibe das populus.wiki[6], das auch geeignet wäre, Menschen für gemeinsame Projekte zusammen zu führen.

[1] https://github.com/RPiList/specials/issues/1572
[2] https://github.com/RPiList/specials/discussions/1464
[3] https://blog.koch.ro/posts/2023-03-15-debian-exclusion.html
[4] https://blog.fefe.de
[5] https://www.nachdenkseiten.de/?p=77056
[6] https://populus.wiki

Thomas Koch

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