Das Bundesverfassungsgericht hat in einem aufsehenerregenden Urteil vom 11. April einen Versuch der Bundesregierung zurückgewiesen, sich von kritischen Äußerungen, und seien diese auch polemisch gefärbt, juristisch abzuschirmen. Zuvor hatte BMZ-Ministerin Svenja Schulze versucht, per Unterlassungsbescheid Ex-BILD-Chef Julian Reichelt Kritik an ihrem Ministerium zu untersagen. Dieser hatte daraufhin Verfassungsbeschwerde eingelegt (die NachDenkSeiten berichteten). In der höchstrichterlichen Entscheidung wurde u.a. festgestellt: „Dem Staat kommt kein grundrechtlich fundierter Ehrenschutz zu. Der Staat hat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten.“ Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund unter anderem wissen, ob Innenministerin Nancy Faeser immer noch zu ihrer Aussage vom Februar 2024 steht. Damals hatte sie im Kontext der Vorstellung des „Demokratiefördergesetzes“ erklärt, dass diejenigen, die den Staat verhöhnen, es ab jetzt mit einem starken Staat zu tun bekommen werden. Von Florian Warweg.
Frage Warweg
Ich hätte eine kurze Frage an das BMZ: Die Ministerin hat sich am 11. April eine relativ fette juristische Klatsche vor dem Bundesverfassungsgericht eingefangen. Da würde mich nur interessieren, wie sie das Urteil bewertet.
Stützel (BMZ)
Das Ministerium hat sich zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der gestern veröffentlicht wurde, bereits gestern geäußert. Wir haben den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mit Respekt zur Kenntnis genommen. Es ist wichtig, klarzustellen, dass es dem BMZ bei dem Verfahren ausdrücklich niemals darum ging, sich vor Kritik zu schützen. Wir können mit konstruktiver Kritik, mit Hinweisen auf Fehler sehr gut umgehen.
Das macht unsere Arbeit besser. Kritik an der Bundesregierung gehört zur Demokratie, und freie Meinungsäußerung ist quasi konstituierend für eine freiheitliche Demokratie, in der wir hier leben.
Es ging bei der gerichtlichen Auseinandersetzung allein darum, dass die Fakten stimmen; denn Fakten sind die Grundlage für eine ehrliche Debatte. Der Fakt ist unbestritten: Deutschland zahlt keine Gelder an das Regime der Taliban. Das Bundesverfassungsgericht kommt in seiner Würdigung zu einem anderen Ergebnis als wir, was die genaue Trennlinie zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen angeht, und das respektieren wir selbstverständlich.
Zusatzfrage Warweg
Das Gericht sagt auch, dem Staat komme kein grundrechtlich fundierter Ehrenschutz zu, und der Staat habe grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten. Das führt mich zum Bundesinnenministerium: Am 13. Februar hatte Frau Faeser erklärt, diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssten es mit einem starken Staat zu tun bekommen. Da würde mich nur interessieren, auch angesichts dieses Urteils des Bundesverfassungsgerichts: Steht Frau Faeser nach wie vor zu dieser Aussage?
Dr. Kock (BMI)
Ja, selbstverständlich, und ich kann mich da nur anschließen: In Deutschland darf jeder seine Meinung frei äußern und auch friedlich demonstrieren. Versammlungs- und Meinungsfreiheit sind zentrale Rechte unserer Verfassung, die wir schützen.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 17. April 2024