Die „Satirikerin“ Bosetti hat bereits harte Meinungsmache gegen Andersdenkende und Regierungskritiker verbreitet – unter anderem bei den Themen Corona und Ukrainekrieg. Sie praktizierte eine von Bürgergebühren wohlfinanzierte Form der „Satire”, die von der großen TV-Bühne herab teilweise nach unten tritt und gegen im Meinungskampf benachteiligte Bürger austeilt. Die Auszeichnung mit dem Grimme-Preis ist das Gegenteil von Versöhnung und Aufarbeitung. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Sarah Bosetti wird in diesem Jahr für ihre »Late Night«-Show bei ZDF und 3sat mit dem Grimme-Preis in der Kategorie „Unterhaltung“ ausgezeichnet, wie Medien berichten. Warum diese Auszeichnung für viele Bürger das Gegenteil von Versöhnung und Aufarbeitung darstellt, wird weiter unten beschrieben.
Laut dpa wird der allseits als „renommiert“ bezeichnete Grimme-Preis in vier Kategorien vergeben, zusätzlich gebe es drei Sonderpreise. Insgesamt werden 17 Produktionen und Leistungen ausgezeichnet – 64 seien nominiert gewesen. Die Auszeichnung wird seit 1964 jährlich verliehen. Die Privatsender gehen dieses Jahr leer aus, das habe es in den vergangenen 20 Jahren nur 2011 und 2015 gegeben. Die Preisverleihung findet am 26. April in Marl statt. Ausgezeichnet werden sollen Fernsehsendungen und -leistungen, „die für die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind“, wie es heißt.
„Satiriker“, die nach unten treten
Infos der Initiatoren des Preises und zur Begründung der Auszeichnung für Bosetti finden sich hier. Dort heißt es etwa, die Autorin und „Satirikerin“ beweise nun auch vor Publikum, „wie gut sie ihr Handwerk versteht“. Erklärtes Ziel der Bosetti-Show sei es, „nicht nur selbst über Gendern, Cancel Culture, Klima und Wärmepumpen zu sprechen, sondern darüber, wie in Politik und Gesellschaft über diese Themen gesprochen wird“. Die Themen Kriegstreiberei, Hetze gegen Kritiker der Corona-Politik und die daraus voraussehbar entstehenden gesellschaftlichen Spaltungen fehlen leider in dieser Aufzählung – denn bei diesen Themen hätte man auch Bosetti selber als problematischen Akteur in der gesellschaftlichen Debatte erwähnen können.
Gekonnt nehme „Bosetti aktuelle Themen der Gesellschaft auseinander“, vor allem „in ihren satirischen Monologen“, die sie schon in den vergangenen Jahren „perfektioniert“ habe, so die Grimme-Beschreibung. Auf zwei Aspekte soll an dieser Stelle eingegangen werden. Zum einen stellt Bosettis Programm meiner Meinung nach teilweise keine „Satire“ dar. Dazu habe ich kürzlich im Artikel Jämmerliches „Kabarett“: TV-Satiriker schützen die Kriegspolitik geschrieben:
„Einige der von Bürgergebühren bezahlten TV-‚Satiriker‘ haben die eigene Berufsbezeichnung nicht verstanden: Satire sollte sich eigentlich vornehmlich gegen Fehltritte von mächtigen Akteuren richten, nur dann ‚darf sie alles‘. Wer aber gemeinsam mit Regierung und großen Medien gegen die im Meinungskampf bereits schwer benachteiligte Friedensbewegung nachtritt, der macht Propaganda, keine Satire.“
Zum anderen soll hier noch einmal ein geradezu berüchtigtes Beispiel für die von der Grimme-Jury erwähnten „perfektionierten“ Bosetti-Monologe in Erinnerung gerufen werden: Die Verharmlosung gesellschaftlicher Gräben und die Diffamierung von Andersdenkenden als (für die Gesamtgesellschaft nicht zwingend überlebensnotwendigen) „Blinddarm“ durch Bosetti in der ZDF-Sendung „Bosetti will reden“:
„Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essenziell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“
Grimme-Preis gegen die Versöhnung
Der Fairness halber soll hier betont werden, dass sich der Grimme-Preis aber auf das aktuelle Bosetti-Programm bezieht. Und: Wie lange muss man für einen öffentlichen Fehltritt „büßen“? Ich finde, man darf sich als Medienakteur auch mal total im Ton vergreifen – wenn das nicht gestattet ist, würde sich eine ungesunde Vorsicht ausbreiten. Es kommt aber sehr darauf an, wie man hinterher mit einem solchen Fehltritt umgeht. Und da man die sogenannte „Entschuldigung“ Bosettis für ihre „Blinddarm“-Hetze nur als eine weitere Provokation bezeichnen kann, ist es angemessen, wenn sich die „Satirikerin“ noch lange (bis zu einer echten Distanzierung) für das Blinddarm-Video wird rechtfertigen müssen.
Ich könnte mir vorstellen, dass viele Bürger den Grimme-Preis für Bosetti als Provokation empfinden. Die Auszeichnung dient nicht der Versöhnung oder Aufarbeitung, sondern sie bewirkt das Gegenteil: Bosetti ist für viele Menschen ein prominentes Symbol, weil sie sich nicht nur vollumfänglich an das offizielle Corona-Narrativ angebiedert hat, sondern zusätzlich hart gegen Bürger ausgeteilt hat, die anderer Meinung waren als sie – und das aus einer komfortablen, von Bürgergebühren finanzierten und von Mainstreammedien beschützten Position heraus, die keinen Mut verlangt. Dieses Verhalten Bosettis hat sich etwa bei der Debatte um die Friedensdemo von Wagenknecht und Schwarzer wiederholt.
Das ist auch eine Art, die Corona-Politik und die begleitende Hetze gegen Andersdenkende rückwirkend weiß zu waschen: Indem ein heilender Dialog nicht begonnen wird und gleichzeitig einige der härtesten Meinungsmacher (wie Bosetti oder Karl Lauterbach) mit Grimme-Preisen bzw. Beförderungen ins Ministeramt belohnt werden. Das kann indirekt signalisieren: Wenn sogar diese Leute jetzt noch in Amt und Würden sind und sogar Beförderungen und Preise erhalten, dann kann ihr Handeln und damit die ganze Corona-Politik ja so schlimm nicht gewesen sein. Aufreizend kommt zu dieser großzügigen Absolution für Meinungsmacher und andere Beteiligte hinzu, dass gleichzeitig immer noch Kritiker der Corona-Politik juristisch verfolgt und/oder medial diffamiert werden.
„Lob der Spaltung“ von der Kanzel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herab
Dieser Text ist übrigens keine Forderung nach Cancel-Culture – Bosettis Beiträge müssen ausgehalten werden und dürfen (wenn sie nicht von einem ordentlichen Gericht als beleidigend, verhetzend etc. klassifiziert werden) ebensowenig zensiert werden, wie das eigentlich auch bei Regierungskritikern der Fall sein sollte. Aber Aushalten einerseits und Auszeichnung mit einem „renommierten“ Medienpreis sind zwei Dinge.
Außerdem ist die von Bosetti vertretene Weltsicht (etwa zu Corona und Ukraine) extrem dominant im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Meine Kritik entzündet sich eher an dieser Dominanz in der Programmgestaltung als an den Inhalten Bosettis: Würde den Kritikern ebensoviel Raum in den großen Medien eingeräumt werden wie den schrillen Verteidigern von Lockdowns, Spaltung und Aufrüstung, wäre dieser Artikel hier überflüssig: Denn dann könnten die verschiedenen Sichtweisen in einen fairen Meinungskampf eintreten und sich messen. Da diese Fairness im Meinungskampf nicht gegeben ist, bedeutet es auch momentan keinen „Mut“, provokant auf Regierungskritiker einzuprügeln.
Die Auszeichung für Bosetti ist zusätzlich besonders absurd in einer Zeit, in der tagein tagaus „Hass und Hetze“ beklagt wird: Ich finde einige Äußerungen Bosettis in ihrer tabu-brechenden und verrohenden Wirkung viel weitreichender als problematische Online-Kommentare von Bürgern. Denn Bosetti hat ihr angeblich satirisches Lob der gesellschaftlichen Spaltung von der Kanzel des stets als vorbildlich dargestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunks herab gepredigt.
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Titelbild: Screenshot/„Bosetti will reden“
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