Kriegspropaganda am laufenden Band. Gestern zum Beispiel gleich zu Beginn der Tagesschau um 20:00 Uhr vier Minuten und 53 Sekunden nackte Kriegspropaganda. Zunächst wurde die Äußerung Trumps kritisiert, NATO-Partner, die nicht die vereinbarten 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zahlen, den Schutz der NATO zu entziehen. Diese Äußerung eines US-Politikers, der noch nicht einmal Kandidat für die nächste Präsidentenwahl ist, wurde flugs in die Forderung umgedeutet, wir müssten unsere Verteidigungsanstrengungen erhöhen. Albrecht Müller.
Und im gleichen Ton ging es weiter, untermalt vom Auftritt der deutschen Außenministerin und ihrer polnischen und französischen Kollegen. Wir müssten in Deutschland unsere eigene Verteidigungsindustrie aufbauen, das sei die Konsequenz. Und dann schwenkte die ARD auch schon zum Spatenstich für einen neuen Betrieb von Rheinmetall zur Produktion von Geschossen. Diese wurden dann auch gleich präsentiert. Angereichert war das Ganze dann noch von Bekenntnissen des Bundeskanzlers im Beisein der dänischen Ministerpräsidentin. Sie feierten die Investition von 300 Millionen zum Aufbau des Rheinmetall-Werkes. Fehlen durfte dann nicht der Hinweis auf die 500 neuen Jobs, die dadurch geschaffen würden. Und fehlen durfte auch nicht das Dankeschön des Vertreters der Ukraine: „Für diese Überstunden danke ich recht herzlich.“
Spät am gestrigen Abend rief mich dann ein guter Freund an. Seine ernst gemeinte Botschaft: „Ich habe Angst, es gibt Krieg“. Verwunderlich ist diese Einschätzung auf dem Hintergrund der Dauerpropaganda für Kriege nicht.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass unser Volk auf Krieg vorbereitet wird. Diese Propaganda wird auf Menschen losgelassen, die in der Regel persönlich keine Kriegserfahrung haben. Deshalb, nur deshalb füge ich einige persönliche Eindrücke an:
Mein Heimatdorf im Kraichgau ist ein kleiner Eisenbahnknotenpunkt. Eine Linie führte zu einer V2-Produktionsstätte in Siegelsbach. Deshalb war unser Bahnhof und das Bahnhofsgelände kriegswichtig und das Ziel häufiger Angriffe durch sogenannte Jabos, also Jagdbomber der Alliierten. Eine Bombe traf den Bahnhof, eine andere ein Wohnhaus, mehrere Tote. Jabos machten Jagd auf Fußgänger und Pferde-Fuhrwerke. Ein großer Bomberverband lud seine Bombenlast auf eine wichtige Eisenbahnbrücke über die Elsenz ab. Keine Bombe traf. Ich kann mich noch daran erinnern, wie die Erwachsenen jubelten. Ein deutscher „Jäger“ schoss in der Nacht einen alliierten Bomber ab. Am Tag dann gab es eine Prozession weit nach draußen aufs Feld, wo man den zerstörten Bomber wie auch die Einschläge der Besatzungsmitglieder bestaunen konnte. Der Pilot des deutschen Jägers machte anschließend einen Besuch im Dorf. Das war konkrete Kriegsertüchtigung. Lehrmaterial für Pistorius.
In den Nächten sahen wir den Feuerschein der brennenden Städte in der Umgebung: Mannheim 40 km, Bruchsal ca. 40 km, Heilbronn genauso weit, sogar Würzburg 140 km, roter Flammenschein am Nachthimmel.
Ich zitiere aus dem Netz die Information über einen Angriff auf Heilbronn:
„Der Luftangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 durch die britische Royal Air Force (RAF) zerstörte rund 62 Prozent des Stadtgebiets von Heilbronn, darunter fast die gesamte historische Innenstadt. Dabei kamen rund 6500 Menschen ums Leben.“
Hier auch noch die Information zu Mannheim. Ich zitiere Wikipedia, von mir gefettete Stellen:
Den größten Luftangriff mit 554 Bombern über der Stadt erlebte Mannheim in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1943. 100 Luftminen, 2.000 Sprengbomben, 200.000 Stabbrandbomben und 30.000 Phosphorbomben machten aus Mannheim ein Ruinenfeld. Ein großer Teil der Stadt wurde dabei zerstört. Im Jahre 1944 zerstörte ein weiterer Angriff auch das Mannheimer Schloss nahezu vollständig. Nur eines der 500 Zimmer blieb unbeschädigt. Während des Krieges fielen insgesamt 25.181 Tonnen Bomben auf Mannheim. Es wurden 2.171 Opfer der Luftkriegshandlungen in der Zivilbevölkerung registriert. Die relativ zur Häufigkeit und Heftigkeit der Angriffe geringe Opferzahl war insbesondere auf den massiven Ausbau des Luftschutzes zurückzuführen. …
Im Rahmen des Manhattan-Projekts wurden vom Kriegsministerium der Vereinigten Staaten die Industriezentren Ludwigshafen und Mannheim als mögliche Ziele für einen Atombombenabwurf auf Deutschland ausgewählt. Dazu kam es aber nicht mehr, da Mannheim schon Ende März 1945 von US-Truppen besetzt wurde, zweieinhalb Monate bevor beim Trinity-Test erstmals die Zündung einer Atombombe gelang.
Nachbemerkung: Meine Erlebnisse sind harmlos zu nennen angesichts dessen, was Menschen bei den Bombenangriffen zum Beispiel in Dresden oder in Hamburg erlebt haben. Und doch haben sich auch diese Erinnerungen eingegraben als konkrete Warnung vor Kriegen. Deshalb habe ich sie hier notiert und ich bitte die Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten um Entschuldigung dafür, dass ich sie mit solchen düsteren Informationen behellige. Sich an die verheerende Wirkung von Kriegen zu erinnern, scheint mir aber angesichts der leichtfertigen Behandlung der angeblichen Option Krieg notwendig.
Titelbild: Stadtarchiv Heilbronn