Reformen und Interessen
VDI nachrichten, Düsseldorf, 21.01.05, has.
Die Reformlüge nennt der Volkswirt Albrecht Müller sein Buch, mit dem er gegen die Wirtschaftspolitik der rot-grünen Regierung und gegen die Mehrzahl der verbeamteten Ökonomen anschreibt. Anders als der ökonomische Mainstream sieht Müller die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland nicht in den Arbeitskosten, in der Demografie oder bei den Steuern, sondern in der Finanzierung der deutschen Einheit über die Beiträge zur Sozialversicherung und in der schwachen Binnennachfrage. Ausführlich kritisiert Müller 40 gängige Argumente, mit denen die Notwendigkeit von einschneidenden Reformen begründet wird. Hinter diesen Reformvorschlägen sieht Müller vielfach die Absicht, den Sozialstaat so weit zurechtzustutzen, dass von ihm nicht mehr viel übrig bleibt: “Wer Reformen will, muss das Land zum Problem erklären.” Dann, so der Autor, könnten Aufgaben, die bislang von öffentlichen Einrichtungen erfüllt wurden, von privaten Anbietern übernommen werden, z.B. Private Versicherungen fürs Alter oder gegen Arbeitslosigkeit. Das hat Müller den Vorwurf eingetragen, eine Verschwörungsthese zu vertreten. Doch so weit braucht man nicht zu gehen: Ein Blick auf Interessenlagen dürfte so manches Reformmotiv erklären.
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