„Teils von Putin bezahlt“ – Kann Habeck seine Vorwürfe in Bezug auf die Bauernproteste belegen?

„Teils von Putin bezahlt“ – Kann Habeck seine Vorwürfe in Bezug auf die Bauernproteste belegen?

„Teils von Putin bezahlt“ – Kann Habeck seine Vorwürfe in Bezug auf die Bauernproteste belegen?

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Am 8. Januar hatte Robert Habeck über die Social-Media-Kanäle seines Ministeriums eine Videobotschaft anlässlich der landesweiten Bauernproteste veröffentlichen lassen. In dieser sprach er unter anderem davon, dass es angeblich die Proteste begleitenden „Social-Media-Kampagnen, die teils von Putin finanziert werden“, gäbe. Die NachDenkSeiten wollten auf der Bundespressekonferenz wissen, ob der Wirtschaftsminister diese Anschuldigung im Kontext der Proteste belegen könne. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund

In dem bereits erwähnten Videostatement von Vize-Kanzler Habeck anlässlich der Bauernproteste am 8. Januar wird, im Gegensatz zur Darstellung der Ministeriumssprecherin, sehr wohl die Äußerung bezüglich „teil von Putin finanziert“ im direkten Zusammenhang mit den Protesten der Bauernverbände getätigt. Davon kann sich jeder selbst überzeugen. Das Statement des amtierenden Wirtschaftsministers, im Duktus eines Laienpredigers vorgetragen, beginnt mit den Worten:

„Der Bauernverband hat für heute und die nächsten Tage zu Protestaktionen aufgerufen. (…) Das ist ihr gutes Recht. Allerdings warnt der Bauernverband selbst davor, dass die Proteste nicht vereinnahmt werden dürfen. Es kursieren Aufrufe mit Umsturzfantasien.“

Anschließend spricht er von einer Entgrenzung der freien Meinungsäußerung und geht dann erstmal recht sachlich auf die wirtschaftliche Situation der Bauern ein, nur um mit diesen Ausführungen überzuleiten auf die Aussage: „Unsere liberale Demokratie ist ein Schatz, den wir verteidigen müssen“. Darauf aufbauend verweist er mit folgenden Worten wieder explizit auf den Bauernverband:

„Der Bauernverband betont immer wieder, dass er gewaltfrei und friedlich demonstrieren will. Die Erfahrungen der letzten Demonstrationen beweisen allerdings, das dies nicht bei allen ankommt. Wenn an Traktoren Galgen hängen, wenn Traktorkolonnen zu privaten Häusern fahren, dann ist eine Grenze überschritten.“

Und in genau diesem sprachlichen Kontext fällt dann anschließend auch seine Behauptung bezüglich der angeblichen Finanzierung durch Putin (im X-Twitter-Videoclip ab Minute 6:59):

„Es ist ein Wesenszeichen der liberalen Demokratie, dass sie auch ihren Gegnern Platz gibt. Aber unser Grundgesetz setzt Verfassungsfeinden Grenzen. (…) Social-Media-Kampagnen, die teils von Putin bezahlt werden, in denen man sich als Opfer inszeniert, um Gewalt gegen Personen und Dinge zu rechtfertigen…“

Angesichts der von Habeck in seiner Ansprache selbst vorgenommenen Kontextualisierung ist es nicht überzeugend, wenn seine Sprecherin jetzt erklärt, der Verweis auf Putin-Finanzierung sei ganz allgemein gewesen und bezöge sich gar nicht auf die Proteste der Bauern. Erinnern wir uns an die Chronologie des Habeck’schen Statements:

  1. Verweis auf die Aufrufe der Bauernverbände zu Protesten;
  2. Doch nicht alle Bauern demonstrieren friedlich;
  3. Es existieren Aufrufe mit Umsturzfantasien, einige Protestformen der Bauern hätten Grenzen überschritten;
  4. „Unser Grundgesetz setzt Verfassungsfeinden Grenzen“;
  5. Social-Media-Kampagnen, die teils von Putin bezahlt werden, in denen man sich als Opfer inszeniert“;
  6. „Wehren wir die Bedrohung ab, seien wir solidarisch“.

Außer Habeck und seiner PR-Entourage im Wirtschaftsministerium wird es wohl nur wenige Zuschauer/Hörer seiner Ansprache geben, die hier nicht den Versuch sehen, rhetorisch eine Verbindung zwischen Bauernprotesten, der „teil von Putin finanziert“-Referenz sowie „Verfassungsfeinden“ herzustellen.

Auszug aus dem Protokoll der Bundespressekonferenz vom 10. Januar 2024:

Frage Warweg
Herr Habeck hat am 8. Januar ein Videostatement zu den Bauernprotesten veröffentlicht. In dem verweist er im Kontext der Bauernproteste auf angebliche, ich zitiere „Social-Media-Kampagnen, die teils von Putin finanziert werden“. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren: Auf welche konkreten Kampagnen bezieht er sich, und welche Belege kann er vorlegen, dass diese tatsächlich von Putin finanziert werden?

Einhorn (BMWK)
Ich würde hier gerne auf die Worte des Ministers verweisen und die auch für sich so stehen lassen.

Zusatzfrage Warweg
Bei verschiedensten Bauernprotesten gab es Kritik an dieser zitierten Äußerung von Herrn Habeck mit Verweis darauf, dass diese darauf ziele, die Bauernproteste mit dem Verweis auf Putin und die angebliche Finanzierung zu delegitimieren. Da würde mich interessieren: War das tatsächlich die Absicht des Wirtschaftsministers? Wenn nein, was war die Intention, Putin und diese Finanzierung bei einer Äußerung bezüglich der Bauernproteste sprachlich ins Spiel zu bringen?

Einhorn (BMWK)
Der Minister hat immer deutlich gemacht ‑ in diesem Video und auch schon vorher, wenn es um Proteste ging ‑, dass legitimer Protest in der Demokratie natürlich immer möglich ist und immer möglich sein muss, aber dass legitimer Protest dort endet, wo Gewalt ins Spiel kommt und Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Das hat er hier gesagt. Er hat es auch schon vorher betont. Insofern geht es nicht darum, Proteste generell zu delegitimieren.

Der Verweis, den Sie eben genannt hatten, war ein allgemeiner Verweis auf die allgemeine Desinformationslage, die wir in Deutschland und auch anderswo zur Kenntnis nehmen.

Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 10.01.2024

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