Leserbriefe zu „Fördern unsere Schulen den demokratischen Geist?“

Ein Artikel von:

Udo Brandes führte ein Interview mit dem Gymnasiallehrer und Buchautor Hauke Arach (Pseudonym). In seinem Buch „Mensch, lern das und frag nicht! Wie unsere Kinder für die Zukunft vorbereitet werden“ analysiert er Schulbücher und Schulunterricht. Er kommt zu der ernüchternden Erkenntnis, dass unser Schulsystem „einseitig die Ideologien der herrschenden Eliten, anstatt kritisches Denken“ lehrt. Wir danken für die interessanten Zuschriften, die Ala Goldbrunner für Sie zusammengestellt hat.


1. Leserbrief

Liebe NachDenkSeiten, lieber Herr Brandes!

Fördern unsere Schulen den demokratischen Geist? — Vielen Dank, dass Sie diese Frage stellen und den Autor von „Mensch, lern das und frag nicht!“ interviewt haben.

„Schule muss ein Ort sein, an dem demokratische und menschenrechtliche Werte und Normen gelebt, vorgelebt und gelernt werden“, schreibt die Kultusministerkonferenz

in ihrer Stellungnahme „Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule“. Unabhängig von fragwürdigen Lehrplänen und fragwürdigen Schulbüchern bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, dass “unsere Schulen den demokratischen Geist fördern” und dass demokratische Werte und Normen “gelebt, vorgelebt und gelernt werden”.

Am 24.11.2020 wurden Sachverständige vor dem Schulausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen zu dem Antrag “Wir wollen mehr Demokratie wagen” angehört. Ein Mitglied der Landesschülervertretung Nordrhein-Westfalen monierte laut Ausschussprotokoll 17/1227:

„Ernst genommen zu werden ist überhaupt eine unglaublich wichtige Sache. Leider ist das, egal auf welcher Ebene man gerade aktiv ist, nicht unbedingt der Fall.“

Die damalige Vorsitzende der Landeselternschaft der Gymnasien sagte:

„Ich habe es erlebt – das entnehme ich auch jetzt als Vorsitzende immer wieder dem, was an uns herangetragen wird –, dass in Schulkonferenzen Tagesordnungen aufgerufen werden, die nicht abgesprochen sind. Vorher werden auch keine Papiere an die Eltern herausgegeben, sodass sie Nachfragen stellen könnten. Die Schüler bekommen meistens noch viel weniger mit. Die Lehrer haben sich aber abgesprochen […]. Die Schüler fand ich in dem System Schulkonferenz teilweise noch viel schlechter behandelt als uns. Da muss also ganz viel getan werden. […]

Aber wer kontrolliert oder schaut eigentlich, dass diese Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrern, Schülern und Schulleitung gut funktioniert? Und was tut man, wenn das überhaupt nicht läuft? Erst einmal müssen die Eltern und auch die Schüler ja merken, dass eine Verkürzung ihrer Rechte erfolgt. Häufig bekommen sie das, wie gesagt, aufgrund von Unwissenheit gar nicht mit. Dann muss man aber natürlich auch immer mal wieder jemanden ins System hineinbringen, der schaut, ob das auch gut läuft — und vor allen Dingen dann, wenn es ein Signal gibt, dass es nicht gut läuft.“

Diese Schilderungen waren und sind in hohem Maße befremdlich und besorgniserregend. Sie deuten darauf hin, dass an manchen oder vielen Schulen in Nordrhein-Westfalen Willkür herrscht oder die innerschulische Demokratie unterentwickelt ist.

Aus meiner Sicht gibt es neben dem Missstand, dass aktive, engagierte Schüler- und Elternvertretungen nicht immer ernst genommen werden und ihre Mitwirkungsrechte offenbar an manchen Schulen missachtet werden, folgendes Problem: Allem Anschein nach vernachlässigen manche Schülervertretungen ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die Rechte und Interessen der Schüler zu vertreten; statt dessen werden — zugespitzt formuliert — Waffeln gebacken, Schokonikoläuse und Valentinsrosen verteilt; SV-Verbindungslehrer stören sich daran offenbar nicht. Siehe hierzu den Artikel “Schülervertretungen: Wenig Licht und viel Schatten” auf meinem Blog.

Die Kultusministerkonferenz stellt selber fest (in der eingangs erwähnten Stellungnahme): “Eine rechtsstaatlich verfasste Demokratie ist nicht selbstverständlich. Sie musste und muss immer wieder erlernt, erkämpft, gelebt und verteidigt werden. Demokratie braucht überzeugte und engagierte Demokratinnen und Demokraten. […] Da jedoch das Erlernen und Erfahren von Demokratie eine Querschnittsaufgabe darstellt, sind alle Lehr- und Fachkräfte in ihrem Unterrichten und Handeln unserer freiheitlichen und rechtsstaatlichen Demokratie verpflichtet.”

Wenn es an einer Schule nicht genügend überzeugte, engagierte und wehrhafte Demokraten gibt, ist der demokratische Geist dort erledigt.

Alexander Roentgen, Diplom-Mathematiker und Lehrer in NRW


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Arach, liebe NDS-Redaktion,
 
vielen Dank für die Veröffentlichung des von Herrn Brandes mit Herrn Arach geführten Interviews zum Thema “Fördern unsere Schulen den demokratischen Geist?” Die von Herrn Arach durchgeführte Schulbuchanalyse verdeutlicht den (auch) in dieser Hinsicht bestehenden eklatanten Mangel unseres Bildungssystems.
 
Die zentrale Aussage des von Herrn Arach verfassten Buches läuft darauf hinaus, dass die Schulen einseitig die Ideologien der herrschenden Eliten vermitteln. Zu diesem Schluss bin ich selbst über eine andere Herangehensweise gelangt, die ich in meinem Beitrag (“Meinungslernen in der Schule”) zum 2021 erschienenen und von Bruder-Bezzel und Bruder herausgegebenen Buch (“Macht / Wie die Meinung der Herrschenden zur herrschenden Meinung wird”) dargelegt habe.
 
Mit freundlichen Grüßen
Magda v. Garrel


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Brandes,

Vielen Dank für dieses Interview und den Hinweis auf dieses Buch, das verdeutlicht, wie unsere Jugend für dumm verkauft werden soll.

Leider fehlt  ein entscheidender Hinweis: Die linksgrünen Politiker und ihre Anhänger in den Kultusministerien lassen nur Schulbücher zu, die ihre Ideologie widerspiegeln. Daraus resultiert deren Einseitigkeit, denn würde ein Verlag es wagen deren Dogmen zu widersprechen, dann würden die Schulbücher nicht zugelassen – der Konkurs des Verlages wäre nicht fern.

NMfG
GN


4. Leserbrief

Liebe Redaktion,

vielen Dank für das Interview über das deutsche Schulsystem. Ich persönlich finde den begrenzten Debattenraum, in diesem Interview, bemerkenswert. Obwohl aus dem Interview hervorgeht, dass die deutschen Schulen seit sehr langer Zeit nicht das liefern, was sie vorgeben zu tun, wird nicht die Frage gestellt, ob die deutsche Schulpflicht abgeschafft werden sollte.

Ich vermisste auch die Frage nach der Kindeswohlgefährdung an deutschen Schulen. So muss beispielhaft ein erheblicher Anteil der Kinder Psychopharmaka (Ritalin) nehmen, um den Schulalltag überstehen zu können.

Und dann fehlt die Grundsatzfragen, ob das Recht auf Bildung, dass ja jedem Menschen zustehen sollte, durch eine Pflicht ein Schulgebäude besuchen zu müssen, überhaupt theoretisch erfüllt werden könnte. Das praktisch existierende Schulsystem erfüllt dieses Recht auf Bildung sicher nicht.

Wie wäre es, den jungen Menschen selbst das Recht zu geben, über ihre Bildungsbiographie zu entscheiden?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hauke Obersteller


5. Leserbrief

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Bildungsmisere ist kein Symptom, sondern die gewollte Ursache, denke ich.
Klar, hinter dieser Ursache steht eine bestimmte Haltung.

Doch wodurch wurde diese wohl etabliert?
Evtl. durch ein längst überholungsbedürftiges Schul- und ausschließlich nur sogenanntes Bildungssystem, in dem zuletzt sogar wieder schwarze Pädagogik wiedereingeführt wurde?

Symptomorientiert ist ein Gespräch, welches über digitales Unterrichten und eben nicht über “Unterricht, orientiert an den Interessen der Schüler“, ausgelegt ist. Das ist so etwas von altbacken! Insbesondere auch, weil in anderen Ländern aktuell ein Rollback der Digitalisierung abläuft, weil erfasst wurde, wie groß die Schäden der Digitalisierung sind! Siehe Schweden.

Und wer noch immer nicht begreift, dass Kinder intrinsich lernen möchten, es in der Schule aber selten können, weil Schule sich eben nicht an den Interessen der Kinder, sondern an denen der Wirtschaft orientiert, der hat in Sache Bildung, denke ich,
noch gar nichts begriffen. Schule ist kaum Lernort, sondern überwiegend ein Ort der Konditionierung, sprich Abrichtung.

Ein Beispiel für einen Beitrag in die passende Richtung, verlinke ich hier.

Denn Bildung bedeutet, sich selbst ein Bild zu machen!
Wer aber meint sogenannt gute Noten vergeben zu dürfen, wenn ein Schüler alles brav nachplappert, aber gerade jenen sogenannt schlechte Noten gibt, weil sie quer denken und sich tatsächlich ihr eigenes Bild machen, der ist mächtig auf dem Holzweg.

Als ich in der Schule war, hatte ich eine Lehrerin, die mir ein “sehr gut” nach dem anderen ausstellte. Warum? Weil ich hinterfrug und quer dachte, da das mein Talent qua Geburt ist. Nicht ganz korrekt, eigentlich ist das das Talent eines jeden Kindes qua Geburt.
Doch all zu oft wird es bereits Zuhause ausgetrieben, da brave Kinder doch viel bequemer sind.

Ich weiß, wovon ich spreche! Als Vater dreier Söhne, die auch in diesem Thema absolut in meine Fußstapfen treten, wünsche ich mir in den Konflikten und Streitigkeiten des Alltags auch meist “brave” Jungs. – doch in meinen hellen Momenten bin ich froh, dass sie es nicht sind.

So lange wir es nicht lernen, Kindern durch das eigene Vorleben zu helfen, das Leben mit einem Selbstwert und einer Selbstliebe, die beide diese Namen zu Recht tragen,
an seinen Grundbedürfnissen auszurichten und es nicht hinbekommen, dass es unsere zuvörderste Aufgabe ist, dies allen Lebewesen zu ermöglichen, bzw. es nicht schaffen Energie als Ursache des Erlebens und Entstehens oder auch Untergehens zu erkennen, die eigene Ursache im eigenen Erleben zu entdecken, die Wichtigkeit von Gefühlen und Traumata so aufzuzeigen, dass sie erkannt und die entsprechende Sicht- und Lebensweise angenommen wird, haben wir in Sachen „Bildung” und eben auch in Sachen Strukturen zu erkennen und zu ändern, noch sehr viel zu tun.

Herzliche Grüße
Axel Wartburg


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