Hinweise der Woche
Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Sprachlosigkeit ist keine Politik – Gedanken zum Jahreswechsel
- Mehr als 11,7 Milliarden Euro: So viele Rüstungsexporte wie noch nie
- Steuerregelungen 2024: Bürger zahlen für die Versäumnisse der Ampel
- Einschnitte beim Bürgergeld: Passt zur Linie der Ampel
- «Die Ukraine ist in einer Sackgasse»
- Rolle der Militärexperten im Ukraine-Krieg – Das Versagen der deutschen Lehnstuhlstrategen
- Weihnachts- und Neujahrsgrüße: Putin gratuliert weder Scholz, noch Biden oder von der Leyen
- South Africa Is Right to Invoke the Genocide Convention Against Israel’s War on Gaza
- Halbzeit für den Minister der Herzen
- Bund verzichtet auf Klage gegen Andreas Scheuer – Freie Fahrt für politische Hasardeure?
Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Sprachlosigkeit ist keine Politik – Gedanken zum Jahreswechsel
Es ist ein unerhörtes Privileg, dass zum Jahreswechsel in Deutschland der Regierungschef über die öffentlich-rechtlichen Medien die Chance bekommt, die Bürger in dem Augenblick direkt anzusprechen, wo diese besonders empfänglich dafür sind. Diese Ansprache gibt dem Bundeskanzler die Möglichkeit, das vergangene Jahr mit all seinen Verwerfungen Revue passieren zu lassen, in das neue Jahr hineinzuschauen und den Bürgern aus erster Hand eine Perspektive zu geben. Wirklich genutzt wurde dieses Privileg in den vergangenen Jahrzehnten nur selten, aber wie es in diesem Jahr verschleudert wurde, das ist neu.
Ich gestehe, es hat mich viel Überwindung gekostet, aber ich habe die Neujahrsansprache des deutschen Bundeskanzlers nachgelesen. Und ich war, obwohl ich wirklich nichts erwartet hatte, danach vollkommen sprachlos. Man ist sprachlos angesichts der totalen Sprachlosigkeit des Mannes, der vorgibt, Deutschland und vielleicht sogar Europa führen zu wollen. Ich meine, er redet zwar, aber er ist absolut unfähig, etwas zu sagen. Das einzige Highlight: Scholz will kraftvoll investieren. Dass der Staat kein Geld dazu hat und die Europäische Zentralbank mit hohen Zinsen das private Investieren gerade verhindern will, hat er leider vergessen zu erwähnen.
Dabei hätte es gerade zu Beginn dieses Jahres so viel zu sagen gegeben. Der Bundeskanzler hätte beispielsweise sagen können, dass die Erwartung der Regierung bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung vom Beginn des vergangenen Jahres sich für Deutschland und für Europa als viel zu optimistisch erwiesen habe. Die Bundesregierung hoffte auf eine „milde Winterrezession“, aber herausgekommen ist eine Ganzjahresrezession, die immer noch nicht zu Ende ist. Scholz aber sagt, es habe Prognosen von „Experten“ gegeben, die einen Rückgang des BIP von drei vier oder fünf Prozent vorhergesagt hätten – und daran gemessen sei man doch gut durchgekommen. Wer diese Prognosen abgegeben hat, erfährt man aber nicht, und so bleibt das, was er sagt, ohne jeden Sinn.
Quelle: Relevante ÖkonomikAnmerkung Albrecht Müller: Ein ausgezeichnet formulierter Text mit einem noch besseren Inhalt.
dazu auch: Schuldenbremse ist “deutscher Fetisch”: Ökonomin plädiert für Investitionen
Deutschland müsse jetzt neue Schulden machen und in die Zukunft investieren, sonst drohe der wirtschaftliche Abstieg, sagt die Ökonomin Isabella Weber.
Die in den USA lehrende deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin Isabella Weber hat den derzeitigen Sparkurs der Bundesregierung in Folge des Verfassungsgerichtsurteils als “wirtschaftspolitischen Wahnsinn” kritisiert. “Wenn die Bundesregierung jetzt nicht investiert, wird Deutschland als Wirtschaftsstandort Wettbewerbsfähigkeit verlieren”, sagte die Ökonomin dem Berliner “Tagesspiegel”. In der gegenwärtigen Lage zu sparen sei makroökonomisch nicht zu rechtfertigen und führe unter internationalen Expertinnen und Experten zu Kopfschütteln.
Deutschland riskiere dadurch, die wirtschaftliche Substanz des Landes weiter verfallen zu lassen und Wachstum abzuwürgen, sagte Weber. Hintergrund der kürzlich vereinbarten Sparbeschlüsse der Bundesregierung für eine ganze Reihe von Bereichen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November, durch das im Bundeshaushalt 2024 etwa 17 Milliarden Euro fehlen.
Die Ökonomin warnte auch vor negativen Folgen der Sparsamkeit für die Demokratie. “Die demokratischen Parteien Deutschlands müssten jetzt zusammenarbeiten, um den fiskalischen Spielraum zu sichern, der notwendig ist, um den Abstiegsängsten etwas entgegenzusetzen und dem Aufstieg der AfD Einhalt zu gebieten”, sagte sie dem “Tagesspiegel”.
Weber forderte vor diesem Hintergrund eine Reform der Schuldenbremse und eine Verlängerung der Energiepreisbremsen. “Die Schuldenbremse ist seit 14 Jahren eine Zukunftsbremse gewesen”, sagte Weber, es sei allerhöchste Zeit, das Ruder herumzureißen.
Quelle 1: web.de
https://web.de/magazine/politik/oekonomin-kritisiert-sparkurs-regierung-39024786
Quelle 2: Tagesspiegel
https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/okonomin-isabella-weber-im-gesprach-die-schuldenbremse-ist-seit-14-jahren-eine-zukunftsbremse-10994233.htmlAnmerkung unseres Lesers J.A.: Ein schönes Interview – und erbärmlich, dass die Bundesregierung, den Bundeskanzler eingeschlossen, an diesem Unsinn festhalten. Aber sich hinterher über die schlechten Umfrageergebnisse für die Ampel-Parteien und die guten Vorhersagen für die AfD beklagen, als wären die nicht auch das Ergebnis der eigenen Katastrophen-Politik.
- Mehr als 11,7 Milliarden Euro: So viele Rüstungsexporte wie noch nie
Die Ampelregierung hatte sich vorgenommen, die deutschen Rüstungsexporte einzudämmen. Jetzt hat sie einen neuen Rekord aufgestellt. Das liegt vor allem an den Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine – aber nicht nur.
Die Bundesregierung hat bis Mitte Dezember Rüstungsexporte für mindestens 11,71 Milliarden Euro genehmigt und damit einen neuen Rekord aufgestellt. Der bisherige Höchststand von 9,35 Milliarden Euro aus dem Jahr 2021 wurde um 25 Prozent übertroffen. Im Vergleich zum Vorjahr betrug der Anstieg sogar 40 Prozent.
Mehr als ein Drittel der genehmigten Ausfuhren ging mit 4,15 Milliarden Euro an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Quelle: tagesschaudazu auch: Um 40 Prozent gestiegen: Ampel bricht Rüstungsexport-Rekord
Vor zwei Jahren hatte sich die Ampelregierung vorgenommen, die Rüstungsexporte einzudämmen. Jetzt hat sie einen neuen Rekord aufgestellt. Das liegt vor allem an den Waffenlieferungen an die Ukraine – aber nicht nur. […]
Auch ohne die Ukraine genehmigte die Bundesregierung Exporte im Wert von weit mehr als sieben Milliarden Euro. Zum Vergleich: In den 16 Regierungsjahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die Sieben-Milliarden-Marke nur dreimal überschritten.
In der Rangliste der wichtigsten Empfängerländer folgen hinter der Ukraine mit Norwegen (1,20 Milliarden Euro), Ungarn (1,03 Milliarden Euro), Großbritannien (654,9 Millionen Euro), USA (545,4 Millionen Euro) und Polen (327,9 Millionen Euro) fünf NATO-Staaten.
Auf Platz sieben steht Israel mit Lieferungen für 323,2 Millionen Euro – etwa zehnmal so viel wie im gesamten Jahr 2022 mit 32 Millionen Euro. Der Großteil der mehr als 200 Einzelgenehmigungen für Israel wurde früheren Angaben des Ministeriums zufolge nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober erteilt. Es geht dabei insbesondere um Komponenten für die Luftabwehr und Kommunikationsausrüstung.
Quelle: FAZdazu auch: Kriegswaffenexporte: »Die Ausfuhren sind nicht transparent«
Im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2022 fehlen bestimmte Angaben zu Kleinwaffen. Ein Gespräch mit Susanne Weipert
Kurz vor dem »Fest des Friedens«, als das Weihnachten bezeichnet wird, hat das Bundeswirtschaftsministerium den Rüstungsexportbericht 2022 vorgelegt. Herrscht damit nun Klarheit?
Die Genehmigungszahlen für kleine und leichte Waffen und die dazugehörige Munition spiegeln nicht wider, was tatsächlich an Ausfuhren von Handfeuerwaffen insgesamt genehmigt wurde. Im Bericht 2022 taucht nur etwa knapp ein Drittel davon überhaupt als »kleine und leichte Waffen« auf. Die Summe des Wertes dieser genehmigten Exporte ist mit 272 Millionen Euro angegeben. Im Bericht wird nur eine Menge im Wert von etwa 87 Millionen sichtbar.
Können Sie diese Diskrepanz erklären?
Die Definition Deutschlands bzw. der europäischen Länder für kleine und leichte Waffen weicht von der UN-Definition ab. Für etwa zwei Drittel ist nicht nachzuvollziehen, in welche Länder sie gingen. Die Bundesregierung hat in ihren politischen Grundsätzen 2019 verankert, dass Kleinwaffenexporte in Drittstaaten grundsätzlich nicht genehmigt werden sollen. Unklar bleibt also, ob sie sich an ihre selbstgesetzten Einschränkungen hält.
Mit diesen Berichten erfahren wir die Zahlen übrigens immer erst, wenn alles geschehen ist. Nachträgliches Berichten stärkt aber nicht die demokratische Kontrolle. Sie bilden nicht einmal alle Exporte ab, sondern nur die für das aktuelle Jahr genehmigten. Mitunter werden noch Genehmigungen aus Vorjahren genutzt. Die tatsächlichen Ausfuhren sind nicht transparent gelistet.
Quelle: junge Welt - Steuerregelungen 2024: Bürger zahlen für die Versäumnisse der Ampel
Im neuen Jahr werden die meisten Steuerzahler höher belastet als noch 2023. Das zeigen neue Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Insbesondere Gering- und Durchschnittsverdiener müssen mehr an den Staat abtreten.
Neues Jahr, neue Steuerregelungen: Ab dem 01. Januar wird vieles teurer. Die Sozialbeiträge steigen, CO2 kostet mehr und auch die Mehrwertsteuer in der Gastronomie kehrt auf ihr ursprüngliches Niveau von 19 Prozent zurück, ebenso die Mehrwertsteuer für Gas. Außerdem muss aufgrund steigender Netzentgelte mehr für Energie gezahlt werden. All dem steht die steuerliche Entlastung bei der Einkommensteuer gegenüber. Unter Strich zahlt ein Single mit einem Jahresbruttoeinkommen von 50.000 Euro auf das Jahr gerechnet 40 Euro mehr an Steuern und Abgaben, wie neue IW-Berechnungen zeigen.
Die Auswertung macht deutlich, dass Gutverdiener besser als andere davonkommen. Eine Familie mit zwei Kindern und einem gemeinsamen Bruttojahreseinkommen von 130.000 Euro hat am Ende des Jahres 262 Euro mehr, eine Familie mit 42.000 Euro Jahreseinkommen 33 Euro weniger. Besonders hart trifft es Alleinerziehende mit einem Kind: Nach den IW-Berechnungen kommt eine alleinerziehende Person mit einem Jahresbruttoeinkommen von weniger als 36.000 Euro auf ein Minus von 144 Euro.
Quelle: IW Kölndazu auch: Ampel-Versprechen wackelt: Das Klimageld wird immer unwahrscheinlicher
Mit einem Klimageld wollte die Ampelkoalition eigentlich die Menschen im Land entlasten – dafür dass Heizen und Tanken immer teurer wird. Doch von der Vereinbarung im Koalitionsvertrag ist weit und breit nichts zu sehen. Kein Wunder angesichts knapper Kassen. Kommt es überhaupt noch?
Ob die Bundesregierung tatsächlich noch ein Klimageld zur Entlastung von steigenden Tank- und Heizkosten einführt, wird immer unsicherer. Es wurde zwar im Koalitionsvertrag vereinbart, doch angesichts der knappen Kassen ist offen, ob sich der Bund das überhaupt leisten kann. Aus dem Finanzministerium heißt es nun, man sei zwar im Plan bei der Umsetzung, doch ob und wie es wirklich komme, sei fraglich.
Quelle: n-tvund: CO₂-Preis: Bund macht 18 Milliarden Euro mit Klimasteuer – Behörde fordert Ausschüttung an Bürger
Die Bepreisung von fossilen Energieträgern hat dem Bund 2023 eine Rekordsumme in die klammen Kassen gespült. Das Umweltbundesamt fordert nun, das Geld an die Bürger zurückzugeben.
Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut eine Rekordsumme aus dem Verkauf von sogenannten Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten zugeflossen – insgesamt rund 18,4 Milliarden Euro. Das sind rund 40 Prozent mehr als 2022, wie die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) am Donnerstag in Berlin mitteilte. Die DEHSt ist beim Umweltbundesamt angesiedelt.
Maßgeblicher Treiber war den Angaben zufolge das nationale Emissionshandelssystem für Wärme und Verkehr. Dort wurden deutlich mehr Zertifikate verkauft als 2022, sodass die Einnahmen um 67 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro stiegen. Die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel kletterten um zwölf Prozent auf 7,7 Milliarden Euro.
Quelle: DER SPIEGEL - Einschnitte beim Bürgergeld: Passt zur Linie der Ampel
Die Sparpolitik der Koalition trifft mitnichten die vermeintlich oder tatsächlich Faulen. Sie bestraft sogar besonders fleißige Arme.
Hubertus Heil hat seinen Job so professionell wie unanständig erledigt. Die Einschnitte beim Bürgergeld, die in diesen Tagen ihren formellen Weg durch die Regierung gehen, machte der Arbeitsminister in der Bild öffentlich. Den Fokus legte er dabei gezielt auf die erste Hälfte seines Pakets: Wer Jobangebote ablehnt, soll künftig zwei Monate lang kein Geld mehr bekommen. „Jetzt geht es Faulpelzen an den Kragen“, schrieb die Zeitung in exakt dem Duktus, den sich der SPD-Politiker wohl erhofft hatte.
Denn auch wenn sich gegen die Maßnahme sachlich viel einwenden ließe – dass Sanktionen zum Beispiel immer auch die Falschen treffen und selbst die Richtigen in diesem Land nicht hungern sollten: Mit seiner Kommunikationsstrategie stellt Heil sicher, dass die Kürzungen ohne große Widerstände durchgehen werden. Das Faulpelz-Ressentiment trifft perfekt die Stimmung, die von rechts den ganzen Herbst über so hartnäckig wie erfolgreich gegen Arbeitslose geschürt wurde.
Hinten runter fällt derweil sowohl bei Heil als auch in der Berichterstattung der zweite Teil des Sparpakets: Die Ampel streicht den Bürgergeld-Bonus, den sie erst im Sommer eingeführt hat. 75 Euro zusätzlich pro Monat bekommen seitdem Menschen, die sich für den Arbeitsmarkt qualifizieren, indem sie zum Beispiel Sprachkurse oder Weiterbildungen absolvieren. Von „Maßnahmen, die für eine nachhaltige Integration von besonderer Bedeutung sind“, sprach die Regierung damals in der Gesetzesbegründung.
Mit gutem Grund verkündet sie die Abschaffung jetzt nur nebenbei. Die Streichung zeigt schließlich: Die Sparpolitik, zu der sich die Koalition nach dem Karlsruher Haushaltsurteil entschlossen hat, trifft im Bereich der Sozialpolitik mitnichten gezielt die vermeintlich oder tatsächlich Faulen.
Quelle: tazdazu auch: Finanzpolitik: Mehr Dividenden, weniger Bürgergeld
Rekordausschüttungen im Dax erwartet, Hartz-IV-Hungerstrafen im Bundeshaushalt eingeplant
Die 40 Konzerne im Deutschen Aktienindex (Dax) dürften für 2023 zusammen rund 54,6 Milliarden Euro an ihre Aktionäre ausschütten, erklärte die Deka-Bank am Dienstag nach eigenen Berechnungen. Es wäre ein neuer Rekord nach den 53 Milliarden von 2022. Bei 26 Unternehmen werde sich die Ausschüttung je Aktie im Jahresvergleich erhöhen, runter gehe es wohl nur bei Bayer, BMW und Fresenius.
Für 2024 rechnet die Bank mit einer weiteren Steigerung der Dividenden auf 58,5 Milliarden Euro. Die Dax-Konzerne würden sich »von den herausfordernden heimischen Perspektiven abkoppeln, vom globalen Wachstumsausblick profitieren und den Gewinn erneut steigern«, so »Deka-Kapitalmarktexperte« Joachim Schallmayer in einer Mitteilung des Wertpapierhauses der Sparkassen vom Dienstag.
Quelle: junge Weltund: Bürgergeld: Wie sich die SPD von rechten Hetzern treiben lässt
Die SPD beerdigt das Bürgergeld, weil sie sich von Friedrich Merz und Alice Weidel treiben lässt. Echte Probleme löst das Gesetz nicht.
Vor sechs Wochen sammelte er noch Standing Ovation auf dem Bundeskongress der Jusos ein, jetzt verrät er die Arbeiterklasse und nutzt dafür die BILD. Hubertus Heil, Arbeitsminister, SPD, ließ kurz nach Weihnachten einen Gesetzentwurf an die BILD durchsickern, der das Bürgergeld zu Grabe trägt. Dass er seine Pläne exklusiv von der BILD leaken lässt, lässt tief blicken.
Die Schlagzeile, die er dafür erntete: »Knallhart-Plan von Arbeitsminister Hubertus Heil: Kein Bürgergeld mehr für Job-Verweigerer«. Der BILD gab der Minister auch gleich ein exklusives Statement. Es dürfe nicht sein, dass eine kleine Minderheit das ganze System in Verruf bringe, so Heil. Deshalb werde man die Sanktionen gegen »Totalverweigerer« verschärfen.
Konkret heißt das: Wer »zumutbare« Jobs ausschlägt, kann vom Jobcenter zwei Monate lang das Bürgergeld komplett gestrichen bekommen, allein die Wohn- und die Heizkosten bleiben verschont. Diese Sanktion ist gar noch schärfer als Sanktionen im alten Hartz-IV-System. Was genau »zumutbare Jobs« sein sollen, will Heil nicht definieren.
Quelle: Maurice Höfgen - «Die Ukraine ist in einer Sackgasse»
Zeitgeschehen im Fokus Herr Kujat, westliche Politiker und Medien propagierten lange, die grosse ukrainische Offensive werde den Sieg über Russland einleiten. Jetzt kam alles ganz anders. Man nimmt nun offenbar zur Kenntnis, dass die Offensive gescheitert ist. Wie gehen die Medien damit um?
General a. D. Harald Kujat Diese Erkenntnis setzt sich nur langsam durch. Die Bundesregierung ist offenbar entschlossen, ihre «As long as it takes»-Strategie der militärischen und finanziellen Unterstützung fortzusetzen. Berichte amerikanischer Medien über die Gründe des Scheiterns der Offensive und der möglichen Konsequenzen werden nur sehr sporadisch wiedergegeben. In dieser selbst vom Nato-Generalsekretär als «kritisch» bezeichneten Lage der Ukraine hatte Präsident Biden in einem emotionalen Appell für die Zustimmung der Abgeordneten zu einem Finanzpaket im Umfang von 110,5 Milliarden US-Dollar geworben und dabei sowohl das Risiko eines Russland-Nato-Krieges als auch den Verlust der «globalen Führerschaft» beschworen, falls es keine Zustimmung gibt. In dem Hilfspaket sind neben 61 Milliarden US-Dollar für die militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine Mittel für Israel, Taiwan und den Schutz der Grenze zu Mexiko enthalten. Es hätte vor dem Ende der diesjährigen Sitzungsperiode verabschiedet werden müssen, damit sich die Lage der Ukraine nicht weiter verschärft. Hinzu kommt, dass auch das Hilfspaket der Europäischen Union in Höhe von 50 Milliarden Euro blockiert ist. Allerdings hat der Kongress noch rechtzeitig den Verteidigungshaushalt 2024 in Höhe von 886 Milliarden US-Dollar beschlossen, in den einige hundert Millionen US-Dollar für Waffenlieferungen an Israel und die Ukraine eingeplant sind, sodass die Ukraine etwas Zeit gewonnen hat. Präsident Bidens Fazit am Ende des Selenskyj-Besuches war dann aber doch ernüchternd: «Wir werden die Ukraine mit kritischen Waffen und Ausrüstung versorgen, so lange wir können […] aber ohne zusätzliche Mittel sind wir schnell nicht mehr in der Lage, der Ukraine bei der Bewältigung ihrer dringenden operativen Anforderungen zu helfen.» Wird aus der amerikanischen «As long as it takes»-Strategie eine «As long as we can»-Strategie?
Selenskyj ist doch von Präsident Biden gebeten worden, kurzfristig nach Washington zu kommen, um den Senat zu einer positiven Entscheidung über das Hilfspaket zu bewegen.
Ja, er hat das auch am 12. Dezember versucht, allerdings ohne Erfolg.
Quelle: Zeitgeschehen im FokusAnmerkung unseres Lesers U.S.: Es ist wohltuend zu lesen, wie unaufgeregt und ideologiefrei der frühere ranghöchste Soldat Deutschlands die aktuelle militärische Lage in der Ukraine analysiert. Hier spricht jemand, der sich auf der Basis einer beachtlichen Berufserfahrung sein eigenes Denken bewahrt hat. Die Ursachen der “verzerrten Darstellung der Realität” sieht er vor allem in “Inkompetenz und ideologischer Verblendung” in Politik und Medien.
dazu: Ukraine-Krieg: Wie US-Medien plötzlich Stimmung für Verhandlungen mit Putin machen
Die USA sind in mehrerer Hinsicht der größte und wohl auch wichtigste Unterstützer der Ukraine. Doch in New York, Washington und Co. dreht sich die Stimmung.
Während der vergangenen Wochen, mitten in der Vorweihnachtszeit, veränderte sich die Meinung zunehmend gegenüber der Ukraine. Eine Art Stimmungswechsel war zu beobachten. Nicht unbedingt an der Front im Donbass oder der Südukraine, sondern vielmehr in den USA.
Besonders in den großen amerikanischen Leitmedien wie der New York Times, der Washington Post oder Bloomberg nimmt man seitdem vermehrt Kommentare und Meinungsstücke wahr, die einen Waffenstillstand in der Ukraine fordern.
Erst kürzlich schrieb der New-York-Times-Redakteur und ehemalige Moskau-Korrespondent Serge Schmemann, es sei verständlich, dass „die Aussicht, endlose Ressourcen in eine ins Stocken geratene Militäroperation zu pumpen, auf Widerstand stößt“. Für den 78-jährigen Gewinner des renommierten Pulitzer-Preises gebe es kaum Aussicht auf ein Ende der Kämpfe; zuverlässige Prognosen, wann der Angriffskrieg Russlands aufhöre, gebe es ebenfalls nicht.
Schmemanns Ausführungen stehen derzeit sinnbildlich für den atmosphärischen Gemütszustand in den USA hinsichtlich weiterer Ukraine-Hilfen. Die amerikanische Politik zögert nämlich: Zwar stellt die Biden-Regierung der Ukraine ein vorerst letztes Militärpaket in Höhe von 250 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Wie es jedoch in der Zukunft mit der Unterstützung Washingtons weitergeht, bleibt unklar. Denn die Republikaner stellen sich derzeit weiteren Militärhilfen in den Weg, da sie von den Demokraten im Gegenzug eine verschärfte Asylpolitik fordern.
Quelle: Berliner Zeitungdazu auch: Der Westen, Russland, die Ukraine: Endlich Diplomatie wagen
Der Krieg ist für die Ukraine und den Westen nicht zu gewinnen, ein Flächenbrand droht. Es ist Zeit für Verhandlungen und einen Waffenstillstand.
Ein Großteil der etablierten Medien und der demokratischen politischen Parteien in Deutschland geht davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht verhandeln will und wir auch nicht verhandeln sollen; man müsse ihn politisch und militärisch in die Enge treiben; er sei ein revisionistischer Imperialist, den man niederringen muss, sonst hätten wir ihn bald in Deutschland – eine Beschwörung, wie wir sie aus den Hoch-Zeiten des Kalten Kriegs kennen.
Denn diese einigermaßen simplen Annahmen sind durch das reale Verhalten der russischen Streitkräfte, wie wir es nun seit knapp zwei Jahren beobachten, nicht gedeckt. So brutal der Angriff zweifellos erfolgt ist – ein revisionistischer Imperialist würde anders handeln. Viel eher ist anzunehmen, dass der Anlass des Krieges auch mit der Eskalation zwischen der Ukraine und Russland im Vorlauf des Krieges und auch mit der wachsenden Beteiligung von Nato-Mitgliedstaaten an der Aufrüstung, Ausbildung und Manöverbeteiligung in den Monaten und Jahren vor dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands zu tun hat.
Ein Blick zurück: Am 24. März 2021 hatte der ukrainische Präsident Selenski mit dem Dekret Nummer 117 den Auftrag zur „Deokkupation“ und zur „Wiedereingliederung“ der Krim und der Stadt Sewastopol erteilt. Im August des Jahres schloss die ukrainische Regierung mit den Vereinigten Staaten einen Vertrag über eine militärische Zusammenarbeit. Im September wiederum fanden in der Ukraine Nato-Manöver unter ukrainischer Beteiligung – auch der Bundeswehr – statt. Im November des gleichen Jahres wurde ein Vertrag über eine strategische Partnerschaft geschlossen.
Als Antwort auf die von Russland als Provokationen verstandenen Aktionen bot Russland im Dezember 2021 der Nato und den USA einen Vertragsentwurf mit Vorschlägen für Sicherheitsgarantien für beide Seiten an, um einen Nato-Beitritt der Ukraine noch zu verhindern. Diese Vorschläge wurden nicht einmal diskutiert, sondern abgelehnt.
Russland hat wie jeder souveräne Staat legitime Sicherheitsinteressen:
Quelle: Hajo Funke und Michael von der Schulenburg in der taz - Rolle der Militärexperten im Ukraine-Krieg – Das Versagen der deutschen Lehnstuhlstrategen
Bislang haben sich nahezu alle Voraussagen deutscher Experten über den Kriegsverlauf als falsch herausgestellt. Das wird die Denkfabriken jedoch nicht davon abhalten, weiterhin das zu tun, was sie bereits seit Monaten tun: mit wenig Analyse und viel Empörung Unterstützung für die Ukraine einfordern. […]
Das altbewährte „Lodenmantelgeschwader“ aus pensionierten Generälen kommt immer seltener zu Wort. An ihrer Stelle erklären nun selbstbewusste junge Frauen und Männer aus den „Denkfabriken“ einem breiteren Publikum den Verlauf des Krieges oder spekulieren über die militärischen Optionen der Kriegsparteien. Die „Zeitenwende“, so scheint es, war der dringend nötige Adrenalinschub, der die deutsche „strategic community“ aus ihrem Schattendasein heraus- und in die Talkshows hineinkatapultiert hat.
Doch wie steht es um die Qualität der feilgebotenen Expertise? Von militärischen Dingen versteht die Zunft jedenfalls nicht allzu viel. Und warum sollte sie auch? Bis zum Februar 2022 wurde sie schließlich nie gefragt. Man gibt folglich das wieder, was man sich vermutlich kurz vor seinem Fernsehinterview aus den Beiträgen amerikanischer und britischer Experten auf dem Internet zusammengegoogelt hat. So ist man dem Publikum immer eine Twitter-Länge voraus, bleibt aber analytisch auf sicherem Boden. […]
Jetzt wäre eigentlich die Zeit für abgewogene Analysen über die Optionen, die Deutschland und dem Westen in dieser schwierigen Lage zur Verfügung stehen. Und natürlich gibt es solide Experten, die solche Papiere zu schreiben vermögen. Doch der Großteil von ihnen kommt aus den USA oder Großbritannien, deren „strategic communities“ eine wesentlich größere militärische Sachkenntnis besitzen. Auch in diesen Ländern geht die Sorge um, die westliche Hilfe für die Ukraine könnte nachlassen und Russlands brachiale Politik dadurch belohnt werden. Und natürlich sind auch dort die Experten nicht frei von Emotionen oder einer politischen Agenda. Dennoch gelingt es ihnen zumeist besser als ihren deutschen Kollegen, Fakten und persönliche Meinung voneinander zu trennen.
Viele deutsche Denkfabriken werden dagegen weiterhin das tun, was sie bereits seit Monaten getan haben: mit wenig Analyse aber viel Empörung Unterstützung für die Ukraine einfordern, den real weiter sinkenden deutschen Verteidigungshaushalt beklagen und über russische Welteroberungspläne spekulieren. Dieses Repertoire ist allerdings zu schlicht, um die „Zeitenwende“ – und damit zugleich die eigene Popularität – retten zu können. Bald wird es daher wieder heißen: Studierstube statt Talkshow. Die Zeit der Lehnstuhlstrategen könnte ebenso schnell vorbei sein, wie sie gekommen ist.
Quelle: Michael Rühle auf Cicero - Weihnachts- und Neujahrsgrüße: Putin gratuliert weder Scholz, noch Biden oder von der Leyen
Der Kreml hat die Weihnachts- und Neujahrsgrüße des russischen Präsidenten Putin an die Staats- und Regierungschefs anderer Länder veröffentlicht. Interessant ist, wem Putin keine frohe Weihnacht und kein gutes neues Jahr gewünscht hat.
Die internationale Diplomatie ist auch deshalb interessant, weil man an dem, was alles nicht gesagt wird, oft mehr darüber verstehen kann, wie internationale Beziehungen sind, als an dem, was gesagt wird. Das wurde bei Putins Weihnachts- und Neujahrsgrüßen an die Staats- und Regierungschefs anderer Länder deutlich, die der Kreml nun veröffentlicht hat. Von den europäischen Staats- und Regierungschefs hat Putin nur dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić, sowie dem Papst Grüße zu Weihnachten und Silvester geschickt. Allen anderen Staats- und Regierungschefs westlicher Länder hat Putin keine guten Wünsche geschickt.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte gegenüber Journalisten, dass Putin nicht nur dem US-Präsidenten, sondern auch den Staatschefs Deutschlands, Frankreichs und anderer unfreundlicher Länder nicht gratulieren werde:
Quelle: Anti-Spiegeldazu: Vertrauen wieder aufbauen. Das ist die zentrale Aufgabe für 2024
Quelle: NachDenkSeitendazu auch: Full text of President Xi Jinping’s 2024 New Year message
On New Year’s Eve, Chinese President Xi Jinping delivered his 2024 New Year message via China Media Group and the Internet. The following is the full text of the message:
Greetings to you all! As energy rises after the Winter Solstice, we are about to bid farewell to the old year and usher in the new. From Beijing, I extend my best New Year wishes to each and every one of you!
In 2023, we have continued to forge ahead with resolve and tenacity. We have gone through the test of winds and rains, have seen beautiful scenes unfolding on the way, and have made plenty real achievements. We will remember this year as one of hard work and perseverance. Going forward, we have full confidence in the future.
Quelle: Ministry of Foreign Affairs, the People’s Republic of China - South Africa Is Right to Invoke the Genocide Convention Against Israel’s War on Gaza
South Africa has asked the International Court of Justice to rule that Israel is guilty of “genocidal acts” in Gaza. The architects of the Genocide Convention intended it to be used to stop the mass killing of civilians before it is too late.
Earlier this month, the Biden administration joined governments around the world in marking the seventy-fifth anniversary of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide, adopted by the United Nations General Assembly on December 9, 1948. At the very same time, US government officials were trying to fend off a legal action accusing them of complicity with Israel’s “unfolding genocide” of Palestinians in the Gaza Strip. Now the South African government has filed a case with the International Court of Justice, invoking the Genocide Convention and accusing Israel of “genocidal acts.”
Some commentators have contemptuously dismissed the idea that Israel’s war on Gaza should be considered genocidal as an absurdity. But academic experts have presented the question in a very different light and insisted on the need for urgent, morally serious debate.
The dismissive attitude to the charge of genocide betrays two forms of ignorance. The first concerns the definition of genocide in the convention itself. Although that definition was greatly influenced by the crimes of Nazism, its understanding of genocide also applies to a wider set of cases.
The second form of ignorance concerns the deliberately murderous nature of the Israeli onslaught on the people of Gaza, and the overtly genocidal rhetoric that government officials have used to justify it.
Quelle: JacobinAnmerkung unseres Lesers E.J.: Die regelbasierte internationale Ordnung sieht dem Recht des Stärkeren zum Verwechseln ähnlich und entbehrt zunehmend jeder Grundlage. So wie der Ukrainekrieg Zweifel an der Stärke des Westens nährt, vermittelt der Krieg gegen die Palästinenser das Bild des Westens als gesetzloser Bande. Der Westen als Weltpolizist hat jede Legitimation verspielt. Zeit, sich das einzugestehen.
- Halbzeit für den Minister der Herzen
Aber spätestens seit einem Interview, das Karl Lauterbach im November 2023 dem „Spiegel“ gegeben hat, nehmen die Zweifel überhand. Allen Ernstes sagte er über die Vorteile der ePA in Verbindung mit künstlicher Intelligenz (KI): „Wenn ich als Arzt mit einem Patienten spreche, habe ich bereits seine alten Befunde im Computersystem. Ich frage: Wie fühlen Sie sich? Die ganze Zeit hört eine Spracherkennungssoftware zu und überträgt die Stichpunkte, die wichtig sind, in die elektronische Patientenakte … (Ich) kann mit der KI über meine eigene ePA sprechen. Sie kann mir Empfehlungen geben, und ich kann sie fragen, ob bei meiner Behandlung vielleicht Fehler gemacht worden sind.“ Mir bleibt die Spucke weg. Als Arzt kann ich dazu nur sagen: Wer hat diesen Mann von der Leine gelassen, der von der Arzt-Patient-Beziehung und der Alltagsmedizin nicht die Spur einer Ahnung zu haben scheint? Für die medizinische Arbeit ist das alles entweder völlig unbrauchbar, oder es handelt sich nicht mehr um Medizin. Wenn die Probleme in der Realität überhand nehmen, dann flüchtet man in die Digitalisierung, die alle Probleme löst und fast zu einem Objekt religiöser Verehrung wird. Dieser virtuelle Unfug macht die Digitalisierung zu einem Fetisch.
Im realen Gesundheitswesen knirscht es aber an allen Ecken und Enden. Krankenhäuser wurden reihenweise in die Insolvenz getrieben. Für Arztpraxen finden sich keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger, stattdessen entstehen investoren-, sprich profitgetriebene Medizinische Versorgungszentren. In den Apotheken mangelt es an Medikamenten hinten und vorne. Der Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal in den Kliniken hat inzwischen katastrophale Ausmaße angenommen. Da kann der Herr Lauterbach noch so lange mit seiner künstlichen Intelligenz plaudern. Es wird nichts helfen.
Quelle: Bernd Hontschik auf FR Online - Bund verzichtet auf Klage gegen Andreas Scheuer – Freie Fahrt für politische Hasardeure?
Viele Millionen Euro hat den Bund das Pkw-Maut-Debakel gekostet. Hauptverantwortlicher ist Bundesverkehrsminister a.D. Andreas Scheuer. Eine Anwaltskanzlei rät in einem Gutachten von einer Klage ab. Das Bundesverkehrsministerium folgt dieser Empfehlung. Doch das Gutachten ist defizitär und die Entscheidung falsch. […]
Nach alledem hätte Andreas Scheuer den Vertrag zur Erhebung der Pkw-Maut am 30. Dezember 2018 nicht abschließen dürfen oder jedenfalls nicht mit diesem defizitären Inhalt. Das entsprach ganz sicher auch nicht dem Willen des Parlaments, geschweige denn der Steuerzahler. Insoweit ist das Zwischenergebnis im Kanzlei-Gutachten bei Ziffer 197 nicht nachvollziehbar, dass es zwar einer aktualisierten Risikobewertung bedurft hätte und auch der Ermittlung der Folgen bei einem Scheitern des Projekts, in dem Vertragsschluss als solchem aber keine objektive Pflichtverletzung zu erkennen sei. Das passt schlichtweg nicht zusammen: Wer die Risiken nicht kennt, darf sich, jedenfalls wenn es um fremdes Vermögen geht, vertraglich nicht verpflichten. Das eine lässt sich vom anderen nicht trennen. Ohne Vertragsschluss wären beide Pflichtverletzungen ja bedeutungslos, weil es gar keinen Vertrag gäbe. Vielmehr war es grob pflichtwidrig, den Vertrag zur Erhebung der Maut trotz der mit Händen zu greifenden Risiken im Falle einer „ordnungspolitischen Kündigung“ und der dann weitgehend unkalkulierbaren und unkalkulierten Folgen abzuschließen.
Angesichts dieser Ausgangslage und des erfüllten Haftungsmaßstabs einer jedenfalls grob fahrlässigen Pflichtverletzung überrascht, dass die Gutachter im Zwischenergebnis bei Ziffer 219 im MWP-Gutachten plötzlich davon sprechen, dass „die Tragfähigkeit und Durchsetzbarkeit der Argumentation jedoch nicht wahrscheinlich ist“, weil die Gründe, die gegen eine Haftungsgrundlage sprechen, „als leicht überwiegend anzusehen sind“. Diese Einschätzung muss man keineswegs teilen, und es wäre interessant gewesen, wie dies, statt dreier Rechtsanwälte, deren Kanzlei sich auf „Vergaberecht, Bau- und Immobilienrecht sowie EU-Recht“ spezialisiert hat, wohl ausgewiesene Spezialisten für Zivil- und Zivilprozessrecht beurteilt hätten.
Quelle: Cicero