Leserbriefe zu „20 Jahre Aufklärung zur Demographie waren „für umme“. So jedenfalls der Eindruck bei der gestrigen Sendung von Lanz”

Ein Artikel von:

Albrecht Müller nimmt in seinem Artikel Bezug auf die Sendung von Markus Lanz vom 21. Dezember 2023. Dort wurde wieder einmal die demographische Entwicklung zu einem großen Problem hochstilisiert, um so für Produkte der Privatvorsorge zu werben. Innerhalb der letzten 20 Jahre haben die NachDenkSeiten immer wieder „den ganzen Privatvorsorge-Zauber als unangebracht entlarvt“. Wir danken für die Zuschriften, die Ala Goldbrunner für Sie zusammengestellt hat.

1. Leserbrief

Ich habe die Sendung nicht gesehen (ich sehe nie fern), sondern lediglich Ihren Artikel gelesen. Was mir dabei in den Sinn kommt ist folgendes:

Menschen, die lange oder fast nur im Niedriglohnsektor gearbeitet haben KÖNNEN meist gar nicht privat fürs Alter vorsorgen. Wie sollen die denn auch zusätzliches Geld in die Hand nehmen, um noch zusätzlich zu ihren Lebensunkosten so was zu stemmen? Ich denke mal, nicht wenige davon sind sogar netto verschuldet, haben also im Schnitt ein überzogenes Konto an jedem Monatsende. Einmal arm, immer arm. Ein leben lang.

Und dann die eher Wohlhabenden. Ja, die haben mit privater Altersversorgung kaum Probleme. Und wenn ich mir dann so das Beamtentum angucke. Die verdienen relativ viel, tragen nichts zum Umlagesystem bei, können sich darüber hinaus noch private Altersabsicherung leisten und bekommen darüber hinaus noch ihre Pensionen.

Eigentlich bin ich mit dem geflügelten Spruch aufgewachsen “Eigentum verpflichtet.” Aber ich habe eher den Eindruck, dass es real so gehandhabt wird: “Eigentum ermächtigt über Andere.”

Ich weiß nicht, ob es Dummheit der Protagonisten ist oder eher höhnischer Zynismus auf die “dummen Fernsehzuschauer”. Ich vermute, eher Letzteres.

Nico Schumann


2. Leserbrief

Hallo Team Nachdenkseiten,

ich bin immer wieder entsetzt, wenn bei der Rentendiskussion wie bei Lanz, nicht nur die versicherungsfremden Leistungen unerwähnt bleiben, wie die von der RV zu tragenden Renten der Rentner der ehemaligen DDR usw. Auch die Lebensleistung der geburtenstarken Jahrgänge geht völlig unter. Durch deren Zahlung von Lohn- und Einkommenssteuer, Umsatzsteuer, Mineralölsteuer etc. konnte die Staatskasse reichlich gefüllt werden.
Weniger Menschen bedeutet eben auch weniger Steuern. Um seine Einnahme stabil zu halten benötigt der Staat entweder mehr Zahler oder höhere Steuern und Abgaben. Arbeitnehmer werden weiter belastet, Konzerne entlastet. Es findet eine gigantische Umverteilung statt. Die Rentendebatte ist hier nur Ablenkung.

Gern würde ich eine “Neiddebatte” anstoßen und die Frage stellen, warum die Bevölkerungsgruppen wie Beamte und Politiker, die nie etwas einzahlen, also von allen anderen mitfinanziert werden, die höchsten Renten erzielen? Dies ist im Prinzip ein verdeckter Rentenbeitrag, der von allen anderen mitgetragen werden muss.
Dass keine Regierung Rücklagen für die Pensionen von Beamten gebildet hat, also hierfür Kredite aufgenommen werden müssen, ist ist politisches Versagen erster Güte. 30 Jahre politischer Tiefschlaf und Produkte wie Riesterrente zeugen von Unfähigkeit und Unwillen, die Altersversorgung der gesamten Bevölkerung zu sichern.

Wir reden hier immer von Generationenvertrag, der aber nur für einen Teil einer Generation gilt, nämlich für die abhängig Beschäftigten, bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Hohe Einkommen und die von Beamten und Politikern werden aussortiert. Ebenso entfallen die Gewinne der Konzerne, die Weltmeister in Steuervermeidung sind. Politik zum wohle der Bevölkerung sieht anders aus.

frohe Festtage und ein glückliches neues Jahr

Ralf Geffers-Schreiber
Schöppenstedt


3. Leserbrief

Liebe NDS-Redaktion,

ach herrje, schon wieder ein Methusalem-Komplott. Regelmäßige Bocksgesänge: Die Alten sind zu alt, eine ständige Last, kosten viel und bringen keine Leistung. Hier trifft sich ein in der medialen Endlosschleife geprägtes Alltagsverständnis mit dem latenten Bevölkerungspessismismus in den Wirtschaftswissenschaften. “Bevölkerung” ist in der Ökonomie immer ein Störfaktor, schon seit dem 18. Jahrhundert. Entweder sie wächst zu schnell oder sie stagniert – und es vermehren sich immer die Falschen. In den heutigen Industrienationen sind die hysterischen Warnungen vor der demographischen Krise allerdings irrational und paranoid. Mit der Tragfähigkeit und Objektivität von Prognosen ist es noch immer nicht weit her (besonders wenn sie die Zukunft betreffen, hihi). Man beachte, wie oft die Herbst- und Frühjahrsgutachten zur Konjunktur korrigiert werden müssen. Gesellschaften sind nun mal keine statischen Gebilde. Demographie und Generationengerechtigkeit sind Modebegriffe, sie eignen sich für Politiker, beratende “Experten” und zahllosen Journalisten wie Lanz, um Botschaften des Sozialabbaus unter die Leute bringen zu können und Spardiktate zu rechtfertigen. Und sie sind zugleich billige Ausrede, warum diese Ansätze “alternativlos” sind und die immer gleichen “Reformen” notwendig bleiben.

Ihnen allen wünsche ich schöne Feiertage
Michael Wrazidlo


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

Obwohl in einem „tiefschwarzen“ Haushalt aufgewachsen und als jahrelanger CDU Wähler (natürlich jetzt schon lange nicht mehr) schätze ich Ihre Nachdenkseiten sehr, insbesondere wegen Ihrer Haltung zur Ukraine Frage, Corona, NS1/2. Was das alles angeht und nicht nur das, wähnt man sich ja mittlerweile politisch gesehen in einem Irrenhaus.

Zum Thema Demographie: Ich bin nicht der Meinung, dass eine nun schon Jahrzehnte andauernde Geburtenrate von deutlich unter 2.1 nun so völlig unerheblich ist. Natürlich ist Deutschland dicht besiedelt und ein gewisser Rückgang ist sicherlich von Vorteil.

Sieht man sich aber die Hochrechnungen an bis zur Mitte des Jahrhunderts oder gar zum Ende, sieht es schon höchste problematisch aus, vgl. Herwig Birg: Der Anteil der Biodeutschen wird, wenn es so weitergeht, auf unter 10 Mio rutschen.

In Zusammenhang mit einer starken Einwanderung von hauptsächlich Muslimen die ihrerseits eine deutlich höhere Reproduktionsrate haben eine hochexplosive Mischung.

Ich sehe Mittel bis langfristig für Deutschland Verhältnisse wie im Libanon voraus…

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Henning Lorenz
Karlsruhe

Antwort Albrecht Müller

Sehr geehrter Herr Doktor Lorenz,

Danke vielmals für Ihre Mail. Ich beeile mich, sie noch am Heiligabend zu beantworten:

Zum ersten: was ist so schlimm an der Mischung im Libanon?

Zum zweiten: was glauben Sie, wie viele Franzosen und sogar Schweden über die angeblich Urdeutschen in Karlsruhe, oder hier in der Südpfalz oder in meiner eigentlichen Heimat, der Kurpfalz über die angeblich rassenreinen deutschen Familien hinweg gewandert sind? Meine Großmutter, die Frau eines kleinen Bauern im Kraichgau, kommunizierte in einer von französischen Wörtern übersäten Sprache – – Paraplü, Potchamber, celli fra, Trottoir. Schon ihre Urenkel, meine Kinder, kennen diese Wörter nicht mehr oder allenfalls von der Ferne. Ich fand diese durchmischte Sprache übrigens schön, jedenfalls nicht dramatisch und schon gar nicht beängstigend.

Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: hängen Sie den Begriff Biodeutscher an den Nagel. Er ist schon jetzt eher eine Lachnummer als eine einigermaßen korrekte Beschreibung eines Zustandes.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr.

Albrecht Müller

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