Ja und Amen zu Israel

Ja und Amen zu Israel

Ja und Amen zu Israel

Ein Artikel von Scharjil Khalid

Immer mehr Menschen beklagen eine Einseitigkeit in der deutschen Berichterstattung und sehen eine erhebliche Diskrepanz zwischen deutschen und internationalen Medien. Kritisiert wird insbesondere, dass deutsche Medien häufig die israelische Perspektive überbetonen, ohne dabei Meldungen aus Israel kritisch zu prüfen. Internationale öffentlich-rechtliche Sender würden dagegen das Leid der Palästinenser deutlicher abbilden und Meldungen aus Israel kritisch hinterfragen. Deutschland aber sagt zu allem Ja und Amen. Von Scharjil Khalid.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Ein Vergleich zwischen deutscher und internationaler Berichterstattung legt schonungslos offen, wie ausgeprägt und besorgniserregend dieser Trend zur einseitigen Darstellung in Deutschland tatsächlich ist. Schon zu Kriegsbeginn wurde der Unterschied zwischen deutschen und internationalen Medien deutlich, als die Meldung von 40 enthaupteten Babys weltweit für Schlagzeilen sorgte. Während deutsche Medien – bis auf einige Ausnahmen – diese Nachricht bis heute nicht eingeordnet haben, wurde sie international bereits einige Tage nach der Meldung von nahezu allen bedeutenden Medien revidiert. Nicht nur das: Eine Journalistin von CNN hat sich sogar öffentlich dafür entschuldigt, dass sie die Nachricht Israels über enthauptete Babys verteidigt hat.[1] In Deutschland ist indes kein Anzeichen einer kritischen Hinterfragung zu erkennen. Stattdessen verwenden viele noch immer diese falsche Meldung, um Israels rücksichtloses Vorgehen zu rechtfertigen. Als ich Politiker und sogar Journalisten darauf hinwies, dass die Meldung über 40 enthauptete Babys längst widerlegt worden war, reagierten die meisten ungläubig und gaben zu, davon zum ersten Mal zu hören. Viele von ihnen hatten noch nicht einmal mitbekommen, dass selbst Präsident Biden seine Aussage dazu revidiert hatte.[2]

Meldungen internationaler Medien, wie sie in diesem Bild dargestellt sind, wären in Deutschland wünschenswert. Internationale Medien haben im Gegensatz zu deutschen Medien nicht einfach blind dem israelischen Sender i24News geglaubt, sondern nachgehakt und vom IDF-Soldaten direkte Beweise eingefordert, woraufhin er wie folgt reagierte:

Wir werden den Zustand der Leichen nicht untersuchen, und selbst wenn wir es täten, würden wir uns nicht öffentlich über den Zustand der Leichen unserer Zivilisten und Babys äußern. Die Kriegsverbrechen, die die Hamas begangen hat, sind für die Welt offensichtlich und werden in der Welt gesehen, und ich muss keine Beweise dafür vorlegen und werde es auch nicht tun. Lassen Sie Ihre Leser wissen, dass ein Soldat, der mit den Leichen umgegangen ist, das war seine Behauptung. Ich habe keine Beweise und suche auch nicht nach einem.“[3]

Der israelische Soldat sagt selbst, dass er keine Beweise für die Behauptung 40 enthaupteter Babys vorlegen könne und auch nicht danach suchen werde. Ein Sprecher der IDF bekräftigte diesen Anspruch:

Wir können es nicht offiziell bestätigen, aber Sie können davon ausgehen, dass es passiert ist, und dem Bericht glauben.“[4]

Während internationale Medien aufgrund der mangelnden Beweislage skeptisch waren, glaubten deutsche Medien der IDF natürlich. Deren Sprecher hatte doch schließlich gesagt: „Sie können davon ausgehen, dass es passiert ist.“ Wozu also noch investigativ aktiv werden? Kurios ist jedoch, dass selbst ein israelischer Beamter gegenüber CNN sagte, die Regierung habe die Aussage über die Enthauptungen nicht bestätigt, nachdem ein Tag zuvor – am 11. Oktober – ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten behauptete, Babys und Kleinkinder mit enthaupteten Köpfen seien nach dem Hamas-Angriff im Süden Israels gefunden worden.[5] Am selben Tag erklärte der IDF-Sprecher Doron Spielman, dass er den Bericht von i24NEWS über 40 enthauptete Babys nicht bestätigen könne.[6]

Dieses Beispiel entlarvt den sogenannten Qualitätsjournalismus unserer Medien. Statt sich, wie die CNN-Journalistin, zu entschuldigen, ließen es viele deutsche Medien aus, ihre Berichte überhaupt zu korrigieren. Im Gegenteil: Während internationale Medien den Bericht längst kritisch einordneten, veröffentlichte Die Welt sogar am Folgetag einen Artikel darüber, dass tatsächlich Babys enthauptet worden seien.[7] Auch die Bild-Zeitung hat als auflagenstärkste Tageszeitung Deutschlands ihre falsche Schlagzeile von „Babys mit abgeschnittenen Köpfen“ nicht korrigiert.[8] Dafür hat sie scheinbare Fake News Palästinas „aufgedeckt“, wie die von vermeintlichen Plastikbabys, die als echte Babys dargestellt wurden. Interessant ist dabei, dass es sich bei diesen Plastikbabys laut Rechtsmedizinern wie Herrn Carsten Babian um echte Leichname handelt.[9] Anstatt über wirkliche Falschmeldungen zu berichten, verbreitet Bild weitere Fake News. Und dann wundern wir uns, dass viele Menschen den deutschen „Mainstream-Medien“ nicht mehr vertrauen; warum wohl?

Diese Diskrepanz der Berichterstattung ist kein Einzelfall, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Krieg. Exemplarisch hierfür sind die Nachrichten rund um das Al-Schifa-Krankenhaus, das in Deutschland einhellig als Kommandozentrale der Hamas eingestuft wurde. Wie ist jedoch die internationale Sicht darauf? Wie aussagekräftig werden die von der IDF präsentierten „Beweise“ betrachtet? Die Schlagzeilen sprechen für sich:

Während internationale Medien das Video zum Hamas-Tunnel und dem Waffenfund hinterfragen, wird in deutschen Medien im Indikativ darüber berichtet, als sei es ein unzweideutiger Fakt. Fakt ist jedoch, dass es viele berechtigte Zweifel an der Darstellung der IDF gibt. Beispielsweise kommen BBC und CNN zu dem Schluss, dass einige Unstimmigkeiten in dem veröffentlichten Video der IDF vorhanden sind. Bei CNN heißt es z.B.:

Ein Video der israelischen Streitkräfte vom 15. November, das eine Tour durch Hamas-Waffen zeigt, die im Al-Shifa-Krankenhaus gefunden wurden, zeigt weniger Waffen am Tatort als in späteren Aufnahmen, die von internationalen Nachrichtenteams gefilmt wurden, was darauf hindeutet, dass die Waffen möglicherweise vor dem Eintreffen der Nachrichtenteams dorthin gebracht oder dort platziert wurden.“[10]

BBC Verify hat in einem dreiminütigen Beitrag mehrere Ungereimtheiten des Videos offengelegt und daraufhin die Plausibilität der IDF-Darstellung infrage gestellt:

Israel sagt auch, dass es sich bei seinem Video um eine einzelne Aufnahme handelt, die nicht bearbeitet wurde. Aber das scheint eine Bearbeitung zu sein. Das IDF-Video zeigt auch militärische Ausrüstung an anderen Orten, obwohl wir nicht verifizieren können, wie sie dorthin gelangt ist.“[11]

Aufgrund dieser Sachlage resümiert The Guardian:

Die bisherigen Beweise der IDF liegen weit hinter der Tatsache zurück, dass das al-Shifa-Krankenhaus das Hauptquartier der Hamas ist.“[12]

In Deutschland beschränkt man sich auf den Hinweis, dass sich die Angaben nicht unabhängig prüfen lassen, gibt jedoch die Ansicht Israels so häufig ohne kritische Einordnung wieder, bis das Narrativ als wahr und unangefochten gilt; so wie beim Angriff auf den Krankenwagen neben dem Al-Schifa-Krankenhaus:

Ein Sprecher des israelischen Militärs hat den Angriff auf den Krankenwagen verteidigt. ‚Wenn wir eine unmittelbare Bedrohung wahrnehmen, haben wir das Recht, zuzuschlagen‘, schreibt er auf X. ‚Die Hamas missbraucht seit Langem Krankenwagen in Gaza, um Kämpfer, Kommandeure und Waffen zu transportieren. Auf diese Weise verstößt sie gegen das Völkerrecht.‘ Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.“[13]

Statt den Völkerrechtsbruch der israelischen Regierung hervorzuheben, wird die IDF zitiert, wie sie der Hamas Völkerrechtsbruch vorwirft. In vielen internationalen Medien ist es umgekehrt, da wird Israel gerügt:

Selbst wenn die Hamas den Krankenwagen benutzen würde, um schädliche Handlungen zu begehen, würde dies einen Angriff nach dem Kriegsrecht nicht legitimieren, sagte Brian Finucane, leitender Berater der International Crisis Group. Angesichts des offensichtlichen Schadens für die Zivilbevölkerung, der durch den Angriff in der Nähe des al-Shifa-Krankenhauses verursacht wurde, wirft dieser Angriff ernste Fragen über die Einhaltung des Kriegsrechts auf.“[14]

Aufgrund der NS-Vergangenheit und der Schoa trägt Deutschland zweifelsohne eine besondere Verantwortung, aber genau diese Verantwortung darf nicht zur Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Unrecht führen, das den Palästinensern tagtäglich widerfährt. Die Diskrepanz zwischen deutschen und internationalen Medien verdeutlicht, dass die deutschen „Mainstream-Medien“ ebendieser Verantwortung nicht gerecht werden.

Wie eklatant diese Diskrepanz ist, wird durch einen über dreistündigen Beitrag von Tilo Jung manifest, in dem er die Divergenz zwischen deutschen und internationalen öffentlich-rechtlichen Medien in einem direkten Vergleich offenlegt. Gerade beim Luftangriff auf den Krankenwagen wird die Schieflage hiesiger Berichterstattung besonders offensichtlich. BBC, CBS, CNN etc. gehen ausführlich auf die Situation in Gaza ein, benennen die Zahl der Getöteten, zeigen Bilder der Kinder, spielen verschiedene O-Töne in längeren Beiträgen ein und bezeichnen den Angriff Israels als Kriegsverbrechen. Im Kontrast dazu widmet sich die Tagesschau am selben Tag lediglich 15 Sekunden den Menschen in Gaza, ohne Bilder von Zivilisten, ohne O-Töne, ohne kritische Einordnung.[15]

Die Vermutung liegt nahe, dass diese Art der Berichterstattung bei der ARD mit dem Glossar zusammenhängt, das die NachDenkSeiten im Oktober veröffentlicht haben. In dem 44-seitigen Dokument wird den Journalisten der ARD genau vorgegeben, was sie über den Krieg im Nahen Osten sagen dürfen und was nicht. Auf Seite 4 des Glossars heißt es beispielsweise:

Die israelische Armee fliegt als Reaktion Angriffe im Gaza-Streifen. Ziele waren in der Vergangenheit stets militärische Einrichtungen der Hamas. Oft sterben dabei viele Zivilisten – die Hamas nutzt diese oft als menschliche Schutzschilde. Dennoch sollten wir stets klarmachen, dass es sich in der Regel um Angriffe auf militärische Ziele handelt.“[16]

Ergo werden ARD-Journalisten aufgefordert, kritiklos die Lesart der israelischen Armee zu übernehmen. Erschütternd ist dieser blinde Glaube an die IDF erstens, weil die IDF Kriegspartei ist und das erste Opfer des Krieges bekanntlich die Wahrheit ist, wie es der frühere US-Gouverneur Hiram Johnson formulierte. Zweitens ist die unreflektierte Akzeptanz der IDF-Aussagen deswegen so fatal, weil sie nachweislich nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in diesem Krieg mehrfach falsche Informationen veröffentlicht hat.

Ein Militärsprecher der IDF behauptete, in einem Krankenhaus in Gaza Stadt eine Liste von Terroristen gefunden zu haben, was von einigen Medien sofort verbreitet wurde. Bei genauerem Hinsehen stellte sich jedoch heraus, dass es sich nicht um eine Namensliste von Terroristen, sondern um einen Kalender handelt.[17]

Auch über Social Media wurden Falschinformationen verbreitet, beispielsweise durch den israelischen Diplomaten Ofir Gendelman, der einen irreführenden Clip in den sozialen Medien postete und dazu kommentierte:

Die Palästinenser täuschen die internationalen Medien und die öffentliche Meinung. FALLEN SIE NICHT DARAUF HEREIN. Seht selbst, wie sie Verletzungen vortäuschen und ‚verletzte‘ Zivilisten evakuieren, und das alles vor den Kameras. Pallywood wird wieder gesprengt.“[18]

In Wirklichkeit handelte es sich bei dem Video um einen Behind-the-Scenes-Clip aus einem Kurzfilm, der im Libanon gedreht wurde. Der Beitrag blieb mehrere Tage online, trotz einer Twitter-Community-Notiz, Hunderten von Kommentatoren, einem BBC-Bericht und der Bemerkung des Film-Regisseurs, der bestätigte, dass es sich bei dem Beitrag um eine Fälschung handelte. Gendelman wurde auch schon 2021 beim Verbreiten von Falschnachrichten entlarvt, als er ein Video teilte und fälschlicherweise behauptete, es zeige Palästinenser, die Raketen aus einem zivilen Gebiet in Gaza abfeuern. Dieses Video war 2018 in Syrien aufgenommen worden.[19]

Medienkritikerin Sana Saeed bemerkte bereits zu Beginn des Krieges zu Recht:

Es ist etwa vier Tage her, dass diese unglaubliche und tragische Eskalation der Gewalt stattgefunden hat, und das Ausmaß an Fehlinformationen – sogar Desinformation – scheint nahezu beispiellos zu sein. Wir haben gesehen, wie insbesondere Journalisten ungeprüfte Informationen verbreitet haben, die dazu benutzt werden, israelische und sogar amerikanische Aufrufe und Aktionen zur Vernichtung einer ganzen Bevölkerung zu rechtfertigen.“[20]

Das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat, Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, erklärt treffend:

In der Berichterstattung der Medien werden Bilder gezeigt, um einseitig das Ausmaß der Grausamkeiten zu verdeutlichen; für diesen Zweck werden bisweilen auch Falschmeldungen verbreitet. Beispielsweise wird an einem Tag über die Lage und das schlimme Schicksal der israelischen Frauen und Kinder berichtet. Am nächsten Tag stellt sich indes heraus, dass es sich dabei nicht um Israelis, sondern tatsächlich um Palästinenser gehandelt hat. Doch weder sind die Medien bereit, Verantwortung dafür zu übernehmen und sich zu entschuldigen, noch wird Mitgefühl für die Opfer geäußert. […] Gerechtigkeit erfordert aber, dass alle Angelegenheiten sachlich und unverfälscht präsentiert werden, sodass die Welt selbst entscheiden kann, wer der Unterdrücker und wer der Unterdrückte ist, inwieweit dieser Krieg gerechtfertigt ist und wann er beendet werden muss. Die Welt sollte über die gesamte Situation informiert werden und nicht bloß mit einseitiger Berichterstattung.“

Angesichts dessen ist es von der ARD höchst fahrlässig und naiv, das zuvor erwähnte Glossar an die eigenen Journalisten herauszugeben und somit kritischen Journalismus von Grund auf zu verhindern. Zumal viele Aussagen genuin falsch und verstörend sind, wie die Behauptung „Dennoch sollten wir stets klarmachen, dass es sich in der Regel um Angriffe auf militärische Ziele handelt.“ Wie kann man bei über 5.000 getöteten Kindern in Gaza so eine zynische und heuchlerische Aussage treffen? Wenn jetzt wie immer der absurde Vorwurf erhoben wird, dass den Zahlen nicht zu trauen sei, da sie von der Hamas stammen, stellt sich die Frage, von wie vielen Toten diese Leute ausgehen, wenn allein in der ersten Woche über 6.000 Bomben über Gaza abgeworfen wurden? Diese Zahl übersteigt sogar die Bombenangriffe der Vereinigten Staaten in jedem anderen Monat ihres Kampfes gegen den IS.[21]

Denken diese Leute etwa, dass bei einer dermaßen massiven und völlig unverhältnismäßigen Bombardierung auf einem so dicht besiedelten Gebiet wie dem Gazastreifen wenig zivile Opfer zu erwarten sind? Es ist unfassbar, dass man lieber über die vermeintlich verfälschten „Hamas-Zahlen“ spricht als über das grausame Blutbad, das Israel täglich in Gaza anrichtet. Überdies haben verschiedene NGOs sowie die UNO die Zahlen als glaubwürdig eingestuft.[22] Das Problem ist nur, dass für Menschen, die Israel blind folgen, auf einmal alle Institutionen und Organisationen suspekt sind und sie nur noch der IDF trauen. Für solche verblendeten Ansichten sei auf die eigene Einschätzung der IDF verwiesen, die bis zum 4. November – also vor den Angriffen auf das Al-Schifa-Krankenhaus – von 20.000 Toten in Gaza ausging.[23] Sprich: Die aktuellen Zahlen aus Gaza liegen sogar über einen Monat später unter den Angaben der IDF.

Die deutschen Mainstream-Medien sollten innehalten und über die Konsequenzen ihrer einseitigen und inzwischen häufig irreführenden Berichterstattung nachdenken. Durch die verzerrte mediale Darstellung werden die ohnehin herausfordernden gesellschaftlichen Spannungen zunehmend verschärft. Das daraus resultierende gefährliche Konfliktpotential manifestiert sich täglich auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft, sei es durch den rapiden Anstieg von Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit oder durch den wachsenden Unmut und Frust der hier lebenden Palästinenser, die sich nicht ausreichend gesehen und gehört fühlen. Viele Menschen haben inzwischen so starkes Misstrauen gegenüber den Mainstream-Medien entwickelt, dass sie vermehrt auf alternative Medien zurückgreifen. Häufig wird dabei sogar verschwörerischen Theorien auf Plattformen wie TikTok und Instagram mehr Glauben geschenkt als den öffentlich-rechtlichen Sendern. Für sie hat sich die Erzählung der Moderne von Demokratie und Menschenrechten ausgeträumt.

Die unzureichende Darstellung der palästinensischen Perspektive bestätigt die Kritik von Marx, Adorno und Horkheimer an der Moderne. Die von der Moderne hervorgebrachte instrumentelle Vernunft sowie ihre Rationalisierungsprozesse führen ihrer Meinung nach zur Abstumpfung und Entfremdung des Menschen. Viele sehen diese Kritik im medialen Diskurs widergespiegelt, besonders wenn das Leid der Menschen in Gaza durch abstrakte Zahlen kaschiert wird. Die Reduzierung auf Zahlen mindert die Empathie und das Mitgefühl der Menschen, da es ihnen schwerfällt, sich mit abstrakten Zahlen zu identifizieren. Das Leiden wird entfremdet und verliert seinen menschlichen Bezug. Im Fall der Menschen in Gaza ist die Situation noch gravierender, da selbst diese Zahlen infrage gestellt werden und somit das Leiden der Palästinenser fundamental ignoriert wird.

Wenn die Kluft zwischen deutschen und internationalen Medien nicht geschlossen wird, schaden die Medien nicht nur ihrem eigenen Ansehen, sondern beeinträchtigen auch maßgeblich den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere wehrhafte Demokratie. Solidarität und Staatsräson zu Israel dürfen nicht bedeuten, israelischen Meldungen blind zu folgen und palästinensisches Leid unsichtbar zu machen. Es ist daher höchste Zeit, dass die deutschen Medien dies erkennen und die Art ihrer Berichterstattung grundlegend reformieren. Vor allem ist es Zeit, Solidarität zu Israel nicht als bedingungsloses Ja und Amen zu verstehen. Ein bedingungsloses Ja und Amen zu Israel ist keine Solidarität und keine Staatsräson; es ist feige und unaufrichtig.

Über den Autor: Scharjil Khalid ist Imam und islamischer Theologe der Ahmadiyya Muslim Jamaat KdöR. Er hat am ersten deutschen Imam-Institut – der Jamia Ahmadiyya – studiert und ist seit zwei Jahren als Imam in Berlin tätig.

Titelbild: Shutterstock / Anas-Mohammed


[«1] CNN reporter apologizes for defending Israeli claims that Hamas beheaded babies (aa.com.tr)

[«2] Evan Hill auf X: „Clarification from the White House regarding Biden’s remarks https://t.co/8fXafd5Bpn https://t.co/N7ci2jHXf2“ / X (twitter.com)

[«3] IDF Says Won’t Back up Beheaded Babies Claim, Would Be ‘Disrespectful’ (businessinsider.com)

[«4] Ebd.

[«5] Unverified reports of ‘40 babies beheaded’ in Israel-Hamas war inflame social media (nbcnews.com)

[«6] Ebd.

[«7] Israel: Netanjahu zeigt US-Außenminister Blinken Fotos von ermordeten Babys – WELT

[«8] Israel-Reporterin über Massaker: „Babys mit abgeschnittenen Köpfen“ | Politik | BILD.de

[«9] Puppe statt totes Kind in Gaza? Warum es keine Belege für diese Behauptung gibt (correctiv.org)

[«10] November 18, 2023 Israel-Hamas war (cnn.com)

[«11] BBC: Israel Has Provided No Evidence That Al-Shifa Hospital Was A Hamas “Command Center” | Video | RealClearPolitics

[«12] IDF evidence so far falls well short of al-Shifa hospital being Hamas HQ | Israel-Gaza war | The Guardian

[«13] Krieg in Gaza: Angriff auf Krankenwagen – laut Israel Terroristen getötet – DER SPIEGEL

[«14] Israel strikes ambulance at Al-Shifa Hospital in Gaza City – The Washington Post

[«15] Ab 02:44:55 (3) Aufwachen #456: Nahost-Berichterstattung von ARD & ZDF + Nord Stream Sabotage (mit Holger Stark) – YouTube

[«16] Glossar (nachdenkseiten.de)

[«17] (6) ‘That was a mistake’: Mehdi challenges Israeli adviser Mark Regev on false Israeli claims – YouTube

[«18] Israeli Diplomat Ofir Gendelman Busted Spreading Disinfo About Palestinians Amid Gaza War (thedailybeast.com)

[«19] Video shared by high-profile Israeli official was filmed in Syria in 2018 – not Gaza in 2021 | Reuters

[«20] Israel Military Won’t Confirm “Beheaded Babies” Viral Claim (theintercept.com)

[«21] Israel dropped more bombs on Gaza in 6 days than US-led coalition dropped in any month fighting ISIS | The Business Standard (tbsnews.net) & (99) Israel has dropped the same number of bombs on Gaza in six days as during the entire 2014 conflict (cnn.com)

[«22] UN says Gaza Health Ministry death tolls in previous wars ‘credible’ | Israel-Palestine conflict News | Al Jazeera & Gaza: UNICEF defends accuracy of death toll as horror unfolds in ravaged enclave | CNN

[«23] ynet – ישראל במלחמה: עדכוני היום ה-29

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