Raffelhüschen bei Monitor als ertappter Lobbyist der Versicherungswirtschaft.
Manchmal spielt der Zufall so, dass man seine wahre Freude hat. Am 16.3. kurz vor und nach 22:00 Uhr zum Beispiel: Bei Monitor kam Raffelhüschen ins Stottern, als Monitor-Reporter Kim Otto nach seiner Tätigkeit für die Versicherungswirtschaft fragte. Protokoll der Monitor-Sendung siehe unten. In Berlin Mitte beginnend um 22:15 Uhr wurde Professor Raffelhüschen noch freundlich auf der Website von Berlin Mitte als „Rentenfachmann“ und „Rentenexperte“ eingeführt, sagte dann aber nichts zur Anmerkung der Moderatorin zu seinen Beziehungen zur privaten Versicherungswirtschaft.
Es folgt unten ein Auszug aus Monitor vom 16.3.2006. Es lohnt sich, das Protokoll der gesamten Monitor-Sendung zu diesem Thema zu lesen. Es enthält noch andere interessante Informationen.
Zunächst aber noch eine einschlägige Passage zu Raffelhüschen aus meinem neuen Buch „Machtwahn. Wie eine mittelmäßige Führungselite uns zugrunde richtet“:
Professor Dr. Bernd Raffelhüschen, Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft an der Universität Freiburg, ist nicht nur bekannt als wissenschaftliches Sprachrohr für die Privatisierung der Sozialversicherungen und gefragter Interviewpartner in Talkshows, sondern auch sogenannter Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Außerdem ist er wissenschaftlicher Berater des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und der Victoria Versicherung AG. Raffelhüschen ist auch im Aufsichtsrat der ERGO Versicherungsgruppe, zu deren Gesellschaften Victoria, Hamburg-Mannheimer, DKV Deutsche Krankenversicherung, D.A.S. und die KarstadtQuelle Versicherungen gehören. Zudem hält er unentwegt Vorträge, etwa für den Finanzdienstleister MLP. Raffelhüschen verbindet mit Professorin Beatrice Weder di Mauro, Mitglied des Sachverständigenrats und dort ausgewiesene Anhängerin der Reform der Sozialsysteme, dass beide im Aufsichtsrat der ERGO-Versicherungsgruppe sitzen. Das ist die »Freiheit der Wissenschaft«, die wir meinen. Professor Raffelhüschen teilt auch mit Professor Bert Rürup so manches Arbeitsfeld. Auf jeden Fall sind beide für Privatversicherer tätig, wie die Homepage des Finanzdienstleisters MLP zeigt (siehe Abbildung 20, S. 266). Beide haben sich auch sofort anerkennend zu Wort gemeldet, als Franz Müntefering durchsetzte, jetzt schon die Anhebung des Renteneintritts-alters auf 67 Jahre anzukündigen.
Und hier das Zitat von Seite 266:
Ein Beispiel für den Einsatz der Wissenschaft für privatwirtschaftliche Interessen bietet Marschollek, Lautenschläger und Partner (MLP). Auf seiner Homepage kündigt der Heidelberger Finanzdienstleister »für anspruchsvolle Kunden« an, dass künftig neben Professor Bernd Raffelhüschen, der bereits vierzig Vor-träge für die potentiellen Kunden von MLP gehalten hat, jetzt auch der Vorsitzende des bisher bei vielen als unabhängig geltenden Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Professor Bert Rürup, für den Finanzdienstleister Vorträge halten wird. Beide Professoren haben wesentlichen Einfluss auf die Gesetzgebung gehabt, die Grundlage des jetzigen Privatisierungsschubs ist, und beide arbeiten seit längerem auf allen Kanälen dafür, das Vertrauen in die gesetzliche Rente zu untergraben. Wenn sie sich jetzt für MLP einspannen lassen, handelt es sich in meinen Augen um nichts anderes als um Öffentlichkeitsarbeit zugunsten privater Interessen. Wenn man unsere Demokratie auch nur ein bisschen schätzt, darf man über solche Interessensverquickungen nicht tatenlos hinweggehen. Denn was ist das anderes als eine Form von politischer Korruption?
Soweit der Auszug aus „ Machtwahn“. Und nun der Auszug aus der Sendung
MONITOR Nr. 544 am 16. März 2006
Albrecht Müller, Kampagnen-Experte:
“Und zwar haben wir einerseits Medien und die Versicherungswirtschaft, die im konkreten Fall zusammenarbeitet. Die brauchen aber auch angebliche Fakten, um ihre Propaganda machen zu können. Also greifen sie auf irgendwelche Zahlen von Instituten zurück, die wiederum eigens gegründet worden sind von der Finanzwirtschaft, von Banken und Versicherungswesen, wie etwa dem Deutschen Institut für Altersvorsorge. Die liefern Horrorzahlen für die BILD-Zeitung, die wiederum damit Angst macht, und die begründet wiederum die Glaubwürdigkeit dieser Zahlen, indem sie Interviews mit Professoren macht wie etwa mit Professor Raffelhüschen.” Professor Bernd Raffelhüschen, auch er propagiert seit Jahren die private Altersvorsorge. Laut Bild prophezeit er jahrzehntelange Renten-Nullrunden, bestenfalls Mini-Rentenerhöhungen. Auch bei ihm fragen wir nach. Auch bei ihm stellt sich heraus, so furchtbar, wie BILD es ausmalt, wird es den Rentnern wohl doch nicht ergehen.
Prof. Bernd Raffelhüschen, Ökonom, Universität Freiburg:
“Man muss sich ganz klar machen, dass es andererseits natürlich schlicht eine Falschmeldung ist, wenn man die Bedingungen für die Aussagen, nämlich dass es nur dann Nullrunden gibt, wenn die Bruttolöhne nicht, sagen wir mal, signifikant steigen würden. Dass diese Bedingung nicht da gewesen ist in der Schlagzeile ist klar, und insofern war es natürlich keine wirkliche Meldung und richtige Meldung. Dennoch muss man eines sagen, die Kampagne hat natürlich eine gewisse Aufmerksamkeit für private Altersvorsorge geweckt und … oder betriebliche Altersvorsorge geweckt und genau das ist das, was wir brauchen.”
Wir, die Bürger des Landes? Oder die Versicherungsbranche, für die er im Nebenjob tätig ist? Als Aufsichtsratmitglied, Berater und Referent.
Reporter:
“Die Frage war doch, ob es problematisch ist, dass Sie dann gleichzeitig für die Versicherungswirtschaft tätig sind?”
Prof. Bernd Raffelhüschen, Ökonom, Universität Freiburg:
“Ich bin nicht für die Versicherungswirtschaft tätig, ich bin staatlicher Professor.”
Reporter:
“Aber Sie sind gleichzeitig im Aufsichtsrat und …”
Prof. Bernd Raffelhüschen, Ökonom, Universität Freiburg:
“Jetzt muss ich … nein. Also jetzt wollen wir … wollen wir … Sie wollen eine Frage stellen zur Rente und darum geht es doch letztlich, oder?”
Reporter:
“Die haben wir ja alle abgehakt. Jetzt würde ich ganz gern zu der Problematik … der müssen Sie sich ja auch stellen.”
Prof. Bernd Raffelhüschen, Ökonom, Universität Freiburg:
“Nein, der Problematik stelle ich mich doch nicht, das will ich jetzt nicht!”