Leserbriefe zu „Wie der Ruf der Tagesschau weiter beschädigt wird“
Hier werden zwei Artikel der „tagesschau“-Autorin Carla Reveland thematisiert – einen habe sie mit Pascal Siggelkow verfasst. Beide Texte hätten das Zeug in sich, den Ruf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter zu beschädigen. Typisch sei, dass die von den Autoren aufgestellten Behauptungen in der Regel nicht eigenständig belegt, stattdessen unentwegt dritte Personen zum angeblichen Beleg zitiert würden. Albrecht Müller meint, wer so einen Text lesen wolle oder lesen müsse, „verdient eigentlich eine Sonderleseprämie“. Wir haben hierzu interessante E-Mails bekommen. Danke dafür. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.
1. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller,
in Ihrem Artikel belegen Sie beispielhaft am Artikel „Krieg in der Ukraine. Viel Aufmerksamkeit für fragwürdige Experten“, dass es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wohl kein eigenständiges Denken bei den Autoren und damit auch kein eigenständiges Argumentieren mehr gibt. Es wird nur auf Quellen verwiesen und diese werden zitiert. Was mir dabei aufgefallen ist: Zwei der fünf Quellen sind Professoren an Universitäten für Geschichte (die Herren Aust und Schenk), eine Quelle ist Historikerin (Frau Davies) und eine weitere Quelle ist Direktor an einem Geschichtsinstitut (Herr Gestwa). Man muss sich die Bedeutung dieser Tatsache einmal komplett vor Augen halten: Diese Gelehrten werden wahrscheinlich einmal die Geschichtsbücher mit der Sicht der Alleinschuld Russlands (Putin ist an allem Schuld) am Ukraine-Konflikt füllen und junge Studenten werden das lernen, ohne zu hinterfragen. Das macht mir an Ihrem Artikel noch mehr Kopfschmerzen als das fehlende selbständige Denken der Autorin des Artikels!
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Riester
2. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller,
ich habe mir den Artikel zur Ukraine mal angetan und möchte dazu auf nur drei Positionen eingehen:
- “Der Euromaidan war die größte demokratische Massenbewegung in Europa seit 1989. Und diese Bewegung hat große Teile der Ukraine erfasst – und zwar schichten- und generationsübergreifend”, so Gestwa.
Wir konnten alle live im TV – in der Tagesschau und anderswo – mitverfolgen, wie dieser Umsturz von statten ging. Dass bewaffnete Demonstranten demokratisch sind, ist mir neu. Auf dem Maidan, wo sich im Wesentlichen alles abspielte, waren nie mehr als 100000 und es gab auch einen Gegenmaidan, der letztlich im Süden und Osten zur Abspaltung geführt hat. Und wieder diese Mär von “Janukowytsch hat seinen Posten verlassen”. Wer ist hier wohl selektiv?
- “Unter den Tisch fällt jedoch beispielsweise das Faktum, dass es in der Ukraine zwar eine rechte Szene, aktuell jedoch im Unterschied zu vielen Ländern Europas keine rechten Parteien im Parlament gibt”, sagt Aust.
Wenn diesem “Experten” nicht bekannt ist, dass fast die gesamten Sicherheitskräfte mit Rechten durchsetzt waren und sind, dann frage ich mich, was dieser Mensch überhaupt weiß (oder verschweigt er es absichtlich?). Zudem braucht man nur die Beschlüsse dieses Parlaments herzunehmen, zur Sprachen- und Minderheitenpolitik, zu allem, was ukrainisch und russisch betrifft, so fällt es nicht schwer, festzustellen, dass bereits die Parlamentsparteien im Wesentlichen Nationalisten reinsten Wassers und damit rechtsextrem sind. Dass die Bewegungen von Biletsky und Jarosch schon faschistisch genannt werden können, ist nur noch eine Schippe obendrauf. Parteien in der Ukraine, die ein anderes Narrativ, als das nationalistische pflegen, sind längst alle verboten – sehr demokratisch.
- “Es geht Putin im Wesentlichen um den eigenen Machterhalt”, sagt Gestwa. “Putin konnte nicht als Modernisierer oder Reformer Geschichte schreiben, weil er seine Oligarchie unterstützen musste. Deshalb will er es unbedingt als Eroberer und als Feldherr schaffen.” Aus diesem autoritären Regime Putins heraus erwachse automatisch so etwas wie eine äußere Aggression, die sich dann auch in Kriegsaktionen niedergeschlagen habe.
Das ist das Allerbeste. Unbelegt eine küchenpsychologische Behauptung als Gegenbeweis zu präsentieren. Dabei sind auch hier die Abläufe und Beweggründe der Protagonisten auch auf russischer Seite ja öffentlich bekannt. Die Ablehnung der NATO-Osterweiterung, die rote Linie des Ukraine-Beitritts, Minsk II usw. Aber nein, ein Präsident, der regelmäßig höhere Zustimmungswerte als irgendeine deutsche Regierung genießt, braucht einen Krieg, weil er ansonsten gescheitert sei. Belege dafür und Aussagen, die das nahelegen – Fehlanzeige. Es reicht, wenn ein “Osteuropaexperte” das herbei phantasiert.
Das alles wirft leider am Ehesten ein sehr schlechtes Licht auf die Verhältnisse in der “Osteuropaforschung”. Man kann ja zu gegenteiligen und anderen Schlüssen als Ganser, Guerot und Krone-Schmalz kommen, aber da sollten dann doch ein paar unabhängige sowie auch allumfassende Fakten präsentiert werden. Bei den Herren hört sich das an, als wäre die einzige Infoquelle das Ukraine Crisis Center.
Freundliche Grüße
P. Sieber
3. Leserbrief
Also diese, natürlich auch nur von einem anderen “Experten” zitierte, Charakterisierung von “Antisemitismus” sollte Frau Reveland noch einmal überdenken:
“Der israelbezogene Antisemitismus, eine Form des Antisemitismus, wird wie folgt charakterisiert:
…
Anlegen anderer Maßstäbe an Israel als an andere Länder”
Nach der Definition würden sich praktisch alle “Qualitätsmedien” und die meisten Politiker Deutschlands klar eines “israelbezogenen Antisemitismusses” bedienen! Denn sie alle legen an Israel andere Maßstäbe an, um deren Massenmord überwiegend an Zivilisten in Gaza und im Westjordanland zu rechtfertigen!
Gruß, Ole.
4. Leserbrief
Lieber Herr Müller,
bei dem wegen fehlender Belege der Behauptungen kritisierten Text A [„Desinformation zu Israel. Vom Opfer zum Täter gemacht“, 28. November 2023] von Carla Reveland auf der Web-Seite von Tagesschau würde die Kritik stichhaltig, wenn anderslautende Belege angeführt und damit Carla Revelands Behauptungen widerlegt würden.
In einem so kurzen Text kann man aus meiner Sicht kaum auf die umfangreiche Vorgeschichte der Entstehung des Staates Israel [islamisch-arabische und islamisch-osmanische Herrschaft, Auflösung des Osmanischen Reiches, Völkerbundmandat…] sowie des islamischen wie historisch-christlichen Antisemitismus eingehen, um den bis in die Gegenwart fortdauernden Konflikt zu beschreiben. Mit Hilfe des Textes A kann man aber antisemitische Denk- und Redefiguren erkennen, die nicht selten als “Israelkritik” bezeichnet werden.
Als Jugendlicher sah ich 1972 die Fernsehdirektübertragung der Olympischen Spiele in München und die Direktberichte über die Morde durch radikalislamisch-arabische Terroristen [“Palästinenser”] an Sportlern Israels. Seitdem standen und stehen für mich Fatah, PLO [Arafat] und Hamas für radikalislamische Mörderbanden, die in Deutschland von einigen sogenannten “Linken” argumentativ unterstützt wurden/werden. Eine regelrechte Verheiligung der “Palästinenser” und ihres “Widerstands” sowie des Islams sind mir auch deshalb fremd.
Freundliche Grüsse
U.R.
5. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller, vieles ist an der Tagesschau zu kritisieren, allerdings wird in dem gen. Artikel nicht ganz klar, worin eigentlich der Vorwurf besteht; das Zitieren anderer “Experten” an sich ist ja nun nicht verwerflich. Wichtig wäre, wie die Argumente gegen die hier formulierten z.T. ja konkreten Vorwürfe der “Falschaussagen und Verzerrungen” ( kein Maidan-Putsch… ) aussehen und wie der Aussage, die hier Kritisierten hätten Anfragen unbeantwortet gelassen, begegnet wird. Ansonsten großen Dank für Ihre wichtige Arbeit ! Stefan Berg
Anmerkung Albrecht Müller: Sehr geehrter Herr Berg,
danke vielmals für Ihren Leserbrief. Da haben wir offenbar verschiedene Urteilskriterien. Jedenfalls finde ich einen Text, in dem sich der Autor unentwegt auf andere beruft und damit seine eigene Aussage überlagert, ausgesprochen schlecht. Vielleicht habe ich mir diese Einschätzung (zu Unrecht, wie Sie meinen könnten) zu eigen gemacht, als ich als wissenschaftlicher Assistent der Universität München viele Diplomarbeiten korrigieren musste. Wenn solche Arbeiten von Zitaten durchsetzt waren, dann fiel das Urteil (übrigens mit Zustimmung meines Chefs) schon eine Note schlechter aus..
Ihre anderen Urteilskriterien will ich Ihnen überhaupt nicht ausreden.
Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Müller
6. Leserbrief
Werter Herr Müller
Ich schaue mir täglich – das tu ich mir an – TV Sendungen von ARD, ZDF, NTV und Welt an, um dann mit der Berichterstattung von:
NachDenkSeiten, acTvism, Globalbridge, Stimme aus Russland usw. zu vergleichen.
Nicht nur die TV Sender sind unglaubwürdig geworden sondern auch die europäischen Regierungen.
Ich frage mich immer : wie ist es möglich, dass die Öffentlich Rechtlichen meistens so unverfroren die Geschichte von Historikern einfach weglassen können. Sie hätten doch die Möglichkeit in ihren Archiven die wahre Geschichte zu überprüfen ! Oder ist das etwa Absicht das weg zu lassen ? Können all diese « Experten « und Moderatoren noch in den Spiegel schauen, sie wissen doch dass sie öfters nicht die Wahrheit aus der Geschichte verbreiten ! Nur aus Angst den Job zu verlieren, wie andere vor ihnen ?
Da wird von europäischen Regierungen sehr schnell ein Gesetz « angepasst « um die Meinungsfreiheit einzuschränken.
Ich verfolge die Kriegspolitik, vor allen der USA, schon seit dem Vietnamkrieg. Politik mit Flugzeugträgern und Kampfbombern!
Das wird sich wohl erst ändern, wenn beim nächsten grossen Krieg auch die USA den Tod und die Zerstörung das erste mal seit etwa 1860 im eigenen Land haben. Die letzten 100 Jahre konnten sie immer die Toten und die Verwüstungen ihrer Kriege in fernen Ländern zurücklassen.
Da sind « Experten «, die ohne Skrupel ihre « Expertisen « in die Welt verkünden. So auch Moderatoren aus Talkshows im europäischen Fernsehen. Kennen sie die tatsächliche Geschichte nicht oder ist das ganz bewusst Verbreitung falscher Informationen auf Geheiss der westlichen Regierungen, der USA mit ihren Vasallen ?
Irgendwann müssen sie sich doch verantworten für die Unwahrheiten, die sie verbreitet haben und damit mithelfen Krieg zu provozieren.
Haben sie Angst die Wahrheit zu sagen weil sie ihren Job verlieren könnten, wie schon einige andere. Sogar im Rang eines Professors sind die Leute nicht mehr sicher ihren Job zu behalten wenn sie die Wahrheit sagen. Wie soll das denn noch so weiter gehen.
Ich grüsse Sie
J.Blumer
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