Griechische Zeitung berichtet über deutschen Plan B für Griechenland
Die Athener Zeitung Kathimerini hat in ihrer heutigen Ausgabe einen Artikel veröffentlicht, der Einzelheiten über einen angeblich in Berlin vorbereiteten Plan B für Griechenland enthält. Die Informationen sind ernst zu nehmen, weil die gewöhnlich gut unterrichtete Zeitung auch über gute Quellen in Berlin verfügt. Die Frage ist allerdings, ob es sich bei diesem Plan B, aus dessen Existenz auch der deutsche Finanzminister Schäuble kein Geheimnis macht, um ein in Berlin aktiv angestrebtes Szenario handelt, oder das Papier vielmehr eine Drohkulisse ist, die den Druck auf die griechische Regierung verstärken soll, das drakonische Sparprogramm rasch umzusetzen, das die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF als Vorbedingung für die Auszahlung der nächsten Rate (von 8 Mrd. Euro) aus ihrem Rettungsfonds sieht. Von Niels Kadritzke
Ein Punkt spricht allerdings dafür, dass es sich um durchdachtes und keineswegs hypothetisches Alternativ-Szenario handelt: Das Papier sieht auch für den Fall einer Schuldenschnitts (Haircut) den Verbleib Griechenlands in der Eurozone und realistischerweise auch die Stützung des griechischen Bankensystems wie auch der Sozialkassen vor. Sowohl die Banken als auch die Rentenkassen halten große Bestände an griechischen Staatspapieren und wären bei deren Abwertung sofort zahlungsunfähig.
Hier der Wortlaut des Artikels aus Kathimerini vom 20. September:
Die innenpolitischen Entwicklungen in Deutschland, aber auch die Zweifel an den Chancen des Landes (Griechenlands), seine öffentliche Verschuldung unter Kontrolle zu bringen, haben die Lage hinsichtlich der Wahrnehmung und Behandlung der griechischen Krise dramatisch verändert. Diese beiden Faktoren bestimmen auch die Haltung der Troika in der neuen Phase der Verhandlungen mit Athen, die gestern begonnen hat. Nach einer Reihe von Wahlniederlagen, ist die Koalitionsregierung in Berlin von der Auflösung bedroht. Für Angela Merkel wird es immer schwieriger, die Stimmen zu ignorieren, die von ihrer Regierung und der Eurozone alternative Lösungen für die griechische Krise fordern.
Die Äußerungen und durchgesickerte Informationen über einen Plan B, der einen kontrollierten Staatsbankrott Griechenlands mit einem beträchtlichen Haircut vorsieht, lassen erkennen, dass die Deutschen alternative Lösungen ausarbeiten, die sie je nach den weiteren Entwicklungen realisieren werden. Im Kern sieht das Szenario dieses Plan B offenbar einen kontrollierten Bankrott ohne ein Ausscheiden aus der Eurozone vor. Er beinhaltet weiterhin die Bereitstellung von Finanzhilfen zur Rekapitalisierung der (griechischen) Banken und zur Stärkung der Renten- und Krankenkassen, wie auch die Erneuerung der auslaufenden Staatsanleihen (gemeint ist die Ablösung von auslaufenden Bonds durch längerfristige Papiere, N.K.)
Nach diesem Plan muss die griechische Seite ihre Defizite abdecken, präziser: das Defizit im Primärhaushalt sofort auf Null herunterfahren (Primärhaushalt bedeutet: Staatsausgaben bzw. –einnahmen ohne Schuldendienst, N.K.). Eine solche Lösung ist allerdings mit einem hohen Grad Ungewissheit behaftet, zumal man nur schwer voraussehen kann, wie die griechische Gesellschaft reagiert, ob die Gläubiger mitmachen, und vor allem, welche Auswirkungen sich für die anderen Euro-Länder ergeben. Die Unsicherheit über die Folgen einer solchen Entscheidung ist der Hauptgrund, warum dieser Alternativplan bislang noch ein lediglich alternativer ist.
Unbestreitbar ist allerdings, dass der Beschluss des EU-Gipfels vom 21. Juli derzeit in der Luft hängt. Dazu hat auch der Versuch der griechischen Seite beigetragen, die Ziele des mittelfristigen Programms (zum Schuldenabbau) und die Konditionen des zweiten Finanzierungsprogramms (in Höhe von 109 Mrd. Euro) neu auszuhandeln.
Nach unseren Informationen hat sich die Regierung, als sie die Gefahr realisierte, an die Regierung in Paris gewandt. Aber auch dort haben die Zweifel, dass Griechenland in der Lage ist, das mittelfristige Programm einzuhalten, in letzter Zeit an Boden gewonnen. Nach einem Bericht von Le Monde, ist Präsident Nicolas Sarkozy überaus sauer, weil er befürchtet, die „Ausflüchte“ Griechenlands könnten die Abstimmung im deutschen Parlament über den erweiterten Europäischen Stabilisierungsfonds gefährden.
Griechenland hat diejenigen (Euroländer) verloren, die bis vor kurzem zu ihren traditionellen Freunden gehörten. Und zu den Ländern, die eine prinzipiell negative Haltung haben (Niederlande, Finnland, Slowakei) sind jetzt noch weitere dazu kommen, darunter auch Länder der europäischen Peripherie, die den Eindruck gewinnen, dass die „Laxheit“ Griechenland für sie selbst bedrohlich wird. Zudem lassen die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission erkennen, dass sie sich den Entscheidungen der Regierungen der starken Länder nicht widersetzen können.
Siehe dazu auch folgende Meldung der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires.
Zitat:
Ein Plan B, das ist eine Frage die sich jetzt nicht stellt”, sagte BMF-Sprecher Johannes Blankenheim am Freitagabend zu Dow Jones Newswires in Berlin. “Wir arbeiten die Beschlüsse vom 21. Juli ab und sind optimistisch, dass wir diese Beschlüsse und den Plan A auch durch das Parlament bringen und damit erfolgreich sind,” betonte er.