Hinweise des Tages II

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  1. Lindner trennt sich von Haushaltsstaatssekretär Gatzer
  2. Die grüne Partei: Zwei Jahre Heuchelei in der Regierung
  3. Lügen durch Weglassen
  4. Warburg-Affäre in Hamburg: So verschwanden die Laptops im Cum-Ex-Ausschuss
  5. Milliardäre sind die Giganten des Klimawandels – wir sind die Bienen
  6. Kein sicherer Ort, nirgends …
  7. Nato will „militärischen Schengen-Raum“ schaffen
  8. Die Niederländer hatten einfach die Nase voll
  9. Urteil mit Symbolkraft
  10. Fünf Militärputsche in drei Jahren: Wo steht Westafrika heute? „Papas Afrika“ ist Geschichte
  11. Polizeiliche Informationstechnik in Zeiten der Haushaltssperre
  12. Wohnungsbau in der Krise: Branche warnt vor langfristigen Folgen
  13. Black Friday: „Über Gewerkschaften zu sprechen kann bei Amazon zur Kündigung führen“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Lindner trennt sich von Haushaltsstaatssekretär Gatzer
    Werner Gatzer gilt als einer der erfahrensten politischen Beamten in Berlin – und ist verantwortlich für den Haushalt unter Finanzminister Lindner. Nun muss er auf Wunsch des FDP-Chefs seinen Posten räumen.
    Inmitten der Haushaltskrise gibt es an der Spitze des Bundesfinanzministeriums eine wichtige Veränderung: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat entschieden, Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer zum Ende des Jahres in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Das entsprechende Verfahren sei eingeleitet, teilte das Ministerium mit.
    Gatzer gilt über viele Jahre als Architekt der Haushalte. Sein Nachfolger soll laut Mitteilung Wolf Reuter werden, Leiter der Grundsatzabteilung in dem Ressort. »Die Finanzpolitik steht vor großen Herausforderungen, die sowohl fiskalisch als wirtschaftspolitisch adressiert werden müssen«, hieß es vom Ministerium. Reuter bringe dafür die besten Voraussetzungen mit.
    Quelle: DER SPIEGEL
  2. Die grüne Partei: Zwei Jahre Heuchelei in der Regierung
    In ganz Europa werden grüne Regierungsparteien zu Anhängern des autoritären Liberalismus. In Deutschland am stärksten. Warum ist das so? Ein Gastkommentar.
    Gerade findet in Karlsruhe der Bundesparteitag der Grünen statt. Nach fast zwei Jahren Ampelkoalition ist es an der Zeit eine Zwischenbilanz der Politik der Grünen in dieser Koalition zu ziehen. Aus Sicht der emanzipatorischen Linken ist diese einfach nur als katastrophal zu bezeichnen.
    Im Herbst 2021 hatte die sogenannte “Fortschrittskoalition” eine hohe Messlatte an sich selbst angelegt. Der grüne Wirtschaftsminister Habeck versprach, den “Wohlstand klimaneutral zu erneuern”.
    Doch dieses Versprechen ist in das Gegenteil umgekippt. Nicht das kleinste klimapolitische Ziel haben die Grünen umsetzen können.
    Das Tempolimit auf Autobahnen scheiterte am Widerstand der FDP, das von der Merkel-Regierung verabschiedete Klimaschutzgesetz wurde so aufgeweicht, dass insbesondere der Verkehrsbereich von einer Reduzierung der CO2-Emissionen verschont bleibt.
    Am Beispiel des Gebäudeenergiegesetzes mit der Vorgabe, bei neuen Heizungen ab 2025 nur noch klimaneutrale Wärmesysteme wie die Wärmepumpe einzubauen, erweist es sich, dass die Grünen für die ärmere Hälfte der Bevölkerung und für die kleinen Hausbesitzer keine Antenne haben.
    Investitionen von über 20.000 Euro können sich viele nicht leisten und die Modernisierungskosten werden großenteils in den Mietshäusern auf die Mieter:innen abgewälzt.
    Klimagerechtigkeit heißt vor allem auch eine soziale Absicherung für die Ärmeren hier in den Metropolen, aber auch in den Ländern des Südens. Das ist aber in der Ampelkoalition ein Fremdwort. Kein Wunder, dass dieses zentrale Gesetzesvorhaben des Energieministers auf eine breite Ablehnung gestoßen ist.
    Quelle: Telepolis
  3. Lügen durch Weglassen
    Wie der MDR mit Gebührengeldern NATO-Propaganda unters Volk bringt.
    Wenn Lügen kurze Beine haben, dann sollte der MDR-Redakteur Martin Dietrich Rollsplitt meiden. Er könnte sich die Genitalien verletzen.
    Unter dem Titel „Russische Propaganda-Mythen: warum ein Buch in Kamenz für Streit sorgt“[1] zeigt er, wie „Lügen durch Weglassen“ funktioniert. Gemeint mit der Schlagzeile ist mein Buch „Auf beiden Seiten der Front. Meine Reisen in die Ukraine“.[2] Da der MDR meine Stellungnahme weithin unbeachtet lässt, schicke ich sie ihm öffentlich hinterher.
    Man nennt solche Schlagzeilen „strategisches Framing“. Diesen Begriff kennt Martin Dietrich vermutlich nicht. Er bedeutet das „Aktivieren von Schablonen der Wahrnehmung“, eine solche „strategische Wort- und Bilderwahl“, „dass auch mit Fakten gelogen werden kann.“[3] Agenda Setting ist eben immer auch Agenda Cutting. Die Fakten mögen manchmal sogar stimmen; ihre Auswahl ist entscheidend.
    Martin Dietrich legt nahe, ich stünde für die Verbreitung von Kreml-Propaganda in Kamenz. Dazu habe ich ihm geschrieben: „Ich nehme von niemandem Weisungen entgegen. Meine Entscheidungen fälle ich in eigener Verantwortung, und finanziell bin ich völlig unabhängig. Das unterscheidet mich von Ihnen, der Sie als Mitarbeiter des MDR gegenüber Ihren Vorgesetzten weisungsgebunden sind.“[4]
    Erinnert habe ich ihn daran, dass ich dem Kreml mehrfach unsanft auf die Zehen getreten bin, was mir zwei Begegnungen mit dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB beschert hat. Eigentlich wäre es seine Aufgabe, im ARD-Archiv nachzuschauen, was ich zum Thema Russland gemacht habe. Das ist aber wohl zu viel verlangt. Martin Dietrich lässt das einfach weg. Es passt nicht zum Suppenteller-Horizont seiner Krämerseele.
    Damit hat er seine journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Denn wenn ein Gesprächspartner mit konkreten Vorwürfen konfrontiert wird und sich dazu erklärt, muss er auch korrekt zitiert werden.
    Im journalistischen Lehrbuch steht: Ausgewogenheit bedeutet „nichts anderes, als dass der Nachrichtenredakteur ein Ereignis nicht nur aus einem Blickwinkel beschreibt, sondern stets in seiner Gesamtheit, also in allen Aspekten“.[5] Diese journalistische Handwerksregel hat Martin Dietrich missachtet. Dabei spielt es keine Rolle, ob er sie kennt. Auch wer nicht weiß, dass bei Rot das Fahrzeug an der Ampel zu stoppen ist, macht sich strafbar, wenn er weiterfährt.
    Als Fachredakteur für Osteuropa ist Martin Dietrich noch nicht weiter aufgefallen. Von Recherchen in Kriegs- und Krisengebieten hat er keine Ahnung. Es handelt sich um einen Schreibtisch-Bewohner, der die Welt überwiegend aus dem Computer kennt. Dazu habe ich ihm gesagt: „Die Schreibtisch-Perspektive bietet ein verkürztes, wenn nicht gar verzerrtes Bild der Wirklichkeit.“ Was Martin Dietrich schreibt, hat er sich am Schreibtisch zurechtfantasiert. Es sagt mehr über seine Vorurteile aus als über mich.
    Quelle: Patrick Baab auf Overton Magazin
  4. Warburg-Affäre in Hamburg: So verschwanden die Laptops im Cum-Ex-Ausschuss
    20 Tage waren im Cum-Ex-Ausschuss 731.000 Emails weg. Nun will Rot-Grün in Hamburg den Abgeordneten Einblick in die Beweismittel verwehren. Die CDU droht mit Klage. Auf den SPD-Ausschusschef kommen neue Fragen zu.
    Der Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre von Olaf Scholz in Hamburg streitet weiter um zwei Laptops aus NRW. Die Geräte mit heiklen Emails aus Cum-Ex-Ermittlungsverfahren hatte der von der SPD benannte Chefermittler des Ausschusses ohne Rücksprache mit der Opposition an sich genommen. Eine Stellungnahme des Ausschussvorsitzenden zu dem Vorfall wirft nun neue Fragen zum Einfluss der SPD im Ausschuss auf.
    Der Vorsitzende des Ausschusses, der Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Mathias Petersen, hat eingeräumt, den von der SPD berufenen Leiter des Arbeitsstabs angewiesen zu haben, die beiden Geräte aus dem eigentlich für heikle Unterlagen vorgesehenen Aktenraum zu entfernen. Der Parteifreund habe die Laptops anschließend knapp drei Wochen in einem Schrank in seinem Büro gelagert, erklärte er. Vertreter der Opposition wurden von den beiden SPD-Männer erst darüber informiert, als stern und „WAZ“ den Vorgang vor drei Wochen öffentlich machten.
    Auf den Laptops befinden sich mehr als 731.000 Mails, unter anderem aus den elektronischen Postfächern von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), zahlreichen hochrangigen Hamburger Beamten und der langjährigen Büroleiterin von Olaf Scholz. Die Postfächer hatte die Staatsanwaltschaft Köln im Rahmen der Ermittlungen gegen eine Hamburger Finanzbeamtin und zwei ehemalige hochrangige SPD-Politiker aus der Stadt beschlagnahmt.
    Anfang Oktober waren die Daten von NRW nach Hamburg geliefert worden, damit der dortige Parlamentarische Untersuchungsausschuss sie auswerten kann. Doch wenig später wunderten sich Oppositionsabgeordnete: Die Laptops befanden sich nicht mehr im eigentlich für hochsensible Daten vorgesehenen Tresor. Seither eskaliert die Stimmung im Ausschuss.
    Quelle: stern
  5. Milliardäre sind die Giganten des Klimawandels – wir sind die Bienen
    Nicht die Weltbevölkerung ist ein Problem für das Klima, sondern es sind Milliardäre wie Elon Musk oder Bill Gates. Um zu verstehen, wie viel mehr CO₂ sie ausstoßen, stellt die US-Autorin Rebecca Solnit einprägsame Vergleichsrechnungen an
    Wann immer man über die Klimakrise spricht, wird früher oder später jemand sagen, dass die Bevölkerung das Problem ist, und sich über die schiere Anzahl der Menschen aufregen, die jetzt auf der Erde leben. Aber die Bevölkerung an sich ist nicht das Problem, denn der Bauer in Bangladesch oder der Straßenverkäufer in Brasilien hat nicht annähernd die gleichen Auswirkungen wie der Risikokapitalgeber in Kalifornien oder der Erdöl-Oligarch in Russland und im Mittleren Osten. Mit anderen Worten: Wir sind nicht alle gleich groß.
    Das reichste eine Prozent der Menschheit ist für mehr Kohlenstoffemissionen verantwortlich als die ärmsten 66 Prozent. Die Reichen sind schlecht für die Erde, und je reicher sie sind, desto größer ist ihr negativer Einfluss (einschließlich der Auswirkungen des Geldes, das sie in Banken und Aktien investiert haben, die fossile Brennstoffe und andere Formen der Klimazerstörung finanzieren). Milliardäre beherrschen unsere Politik und unsere Umwelt in einer Weise, die schwer zu verstehen ist, wenn man sich nicht das schockierende Ausmaß ihres Reichtums vor Augen führt. Dieser Einfluss, sowohl durch ihre Klima-Emissionen als auch durch ihre Manipulation der Politik und des öffentlichen Lebens, hat zur Folge, dass sie absolut nicht wie der Rest der Menschheit sind. Sie sind Giganten. Und sie nutzen ihre übergroße Macht meist auf hässliche Weise – sowohl in Bezug auf ihren Konsum als auch auf ihren Einfluss auf die Klimareaktion der Welt.
    Quelle: der Freitag
  6. Kein sicherer Ort, nirgends …
    Kein sicherer Ort, nirgends, nicht für Krankenhaus-Patienten, nicht für die Ärzte und das Pflegepersonal, und auch nicht für Journalisten, die wahrheitsgemäß berichten könnten und sollten. So verschafft sich Israel die Hoheit über die Berichterstattung über ihren Krieg in Gaza.
    Die Berichtshoheit über den Krieg in Gaza liegt bei der israelischen Armee. Von Israel verursachte dauerhafte Strom- und Internetausfälle behindern Journalisten, die von vor Ort berichten. Drohungen der israelischen Armee gegen Journalisten in Gaza machen deren Arbeit lebensgefährlich. Israel kontrolliert das Telefonnetz im Gazastreifen, so ist es möglich, dass sie die Bewohner per SMS bedrohen und auffordern, ihre Häuser zu verlassen. Der israelische Präsident Isaac Herzog verwies Anfang November im Gespräch mit US-Außenminister Antony Blinken auf sechs Millionen SMS-Botschaften und mehr als vier Millionen Anrufe, mit denen die Israelische Armee auf bevorstehende Angriffe hingewiesen habe. Das sei der Beleg, dass Israel das humanitäre internationale Recht einhalte, so Herzog.
    Quelle: Karin Leukefeld auf Globalbridge
  7. Nato will „militärischen Schengen-Raum“ schaffen
    Das Bündnis möchte, dass sich Truppen und Ausrüstung frei über die europäischen Grenzen bewegen können. Ein Schengen-ähnlicher Raum könnte eine Option sein.
    Der Leiter des in Deutschland ansässigen Nato-Logistikkommandos JSEC hat sich für die Schaffung eines „militärischen Schengen“-Raums in Europa ausgesprochen, um im Falle eines Krieges mit Russland die schnelle Verlegung von Truppen, Ausrüstung und Munition zu ermöglichen. Er warnte davor, dass die Bürokratie ein großes Hindernis werden könnte.
    „Uns läuft die Zeit davon. Was wir in Friedenszeiten nicht schaffen, werden wir im Falle einer Krise oder eines Krieges nicht fertig bekommen“, sagte Generalleutnant Alexander Sollfrank in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit Reuters.
    Seit dem Kalten Krieg hat sich die Nato um etwa 1.000 Kilometer nach Osten ausgedehnt, wodurch sich die Länge der Nato-Ostflanke auf insgesamt etwa 4.000 Kilometer vervielfacht hat, schreibt Reuters. „Die räumliche Ausdehnung und die Tatsache, dass nicht alle Streitkräfte an der Front stationiert sind, bedeuten, dass die Allianz ihre Truppen schnell von ihren Stützpunkten an den richtigen Ort an der Ostflanke verlegen muss“, so Sollfrank. „Auf dem Höhepunkt des Krieges in der Ukraine feuerte Russland 50.000 Artilleriegranaten pro Tag ab. Diese Geschosse müssen die Haubitzen erreichen. Also muss man Lagerhäuser einrichten – für Munition, Treibstoff, Ersatzteile und Proviant.“
    Quelle: Berliner Zeitung
  8. Die Niederländer hatten einfach die Nase voll
    Das Wahlergebnis ist eine radikale Absage an das, was war. Es zeigt überdeutlich: Die Wählerinnen und Wähler haben zuletzt wenig bis nichts von ihren politischen Führungskräften gehalten, die sie mit Sprunghaftigkeit und Nichtstun enttäuscht haben. Die gesamte Mittelschicht wurde mit ihren Problemen ignoriert. Familien wurden auf dem überteuerten Wohnungsmarkt im Stich gelassen, und nicht einmal kleinste Reformen bei der Migration waren möglich. Anstatt gerade in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten, haben sich die Koalitionäre in den Niederlanden auseinanderdividiert. Dafür gab es jetzt die Quittung. […]
    Das Wahlergebnis ist ein Warnschuss auch für Deutschland, auch für Europa. Bei uns steht eine nicht weniger komplizierte Koalition nah am Abgrund. Gerade in schwierigen Zeiten müssen Lösungen gesucht und gefunden werden. Gerade dann muss man sich zusammenreißen.
    Ob ein Premierminister Wilders gestoppt werden kann, hängt von der Fähigkeit der anderen Parteien ab, etwas Gemeinsames dagegenzusetzen. Bisher gab es Koalitionen, die für etwas sein sollten. Nun sollen es Gegen-Koalitionen sein, die an ihren Ansprüchen schon bisher krachend gescheitert sind.
    Quelle: tagesschau
  9. Urteil mit Symbolkraft
    Internationales Tribunal: Zahlreiche Zeugenaussagen untermauern Völkerrechtswidrigkeit von US-Blockade gegen Kuba.
    Die Arbeit hat sich gelohnt: Nach langer Vorbereitungszeit tagte am 16. und 17. November das »Internationale Tribunal gegen die Blockade Kubas« im Plenarsaal Alcide de Gasperi im EU-Parlament in Brüssel. Und das Urteil fiel – nicht überraschend – deutlich aus (…).
    Die seit 1961 bis heute gegen die Republik Kuba verhängten umfangreichen politischen und ökonomischen Sanktionen seitens der Vereinigten Staaten verstoßen gegen internationales Recht. Zur umfassenden Vorbereitung hatte das Richtergremium bereits seit dem 13. November getagt, bevor die eigentliche Verhandlung am Donnerstag von der kubanischen Botschafterin in Brüssel, Yaira Jiménez Roig, eröffnet wurde. Es sei ein ganz besonderer Tag für Kubaner und die internationale Solidarität in aller Welt, erklärte Roig vor den 263 Delegierten europäischer Solidaritätsbewegungen für Kuba aus 21 Ländern. Das Tribunal habe eine hohe Symbolik mit großer Schlagkraft und Bedeutung zur aktuellen Zeit. Der Justizangestellte David Rodríguez erklärte in der Einleitung des Verfahrens, dass der Fall aufgrund der eklatanten Menschenrechtsverletzungen, die durch die umfassende Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade verursacht werden, von dokumentarischen Beweisen gestützt untersucht wird. Diese wiesen auf die US-Regierung als verantwortliche Partei hin. Das hatte auch Kubas Außenminister Bruno Rodríguez Ende Oktober ein weiteres Mal bekräftigt, als er den finanziellen Schaden im jährlichen Bericht zu den Folgen der Blockade bezifferte: zwischen März 2022 und Februar 2023 mehr als 4,8 Milliarden US-Dollar. Seit dem Beginn der Strafmaßnahmen 1961 wurden dem Land so Verluste in Höhe von rund 160 Milliarden Dollar zugefügt. Allein im Gesundheitssektor belaufen sich die Verluste durch die Blockade auf mehr als drei Milliarden US-Dollar. (…)
    Die Direktorin des Zentrums für Molekulare Immunologie in Havanna berichtete aus erster Hand von den Einschränkungen, die sie in ihrem Forschungsalltag aufgrund der Blockade erlebt. Dennoch konnte Kuba Covid-19-Impfstoffe entwickeln, woran auch Sánchez beteiligt war. Andere von Zeugen dargestellte Bereiche, die von der Blockade betroffen sind, waren etwa die Handelsbeziehungen mit Kuba, insbesondere in den Bereichen Lebensmittel und wirtschaftliche Zusammenarbeit; der Bereich der kulturellen Kooperationen oder auch die Auswirkungen der Blockade auf die interparlamentarischen und politischen Beziehungen zu der Inselrepublik – um nur ein paar zu nennen. Ein wichtiger Punkt vor allem für die anwesenden Delegierten der Solidaritätsbewegungen war die Behinderung der solidarischen Zusammenarbeit durch die Blockade und deren exterritoriale Auswirkungen – etwa beim Versuch, Spenden nach Kuba oder sogar innerhalb Europas zu transferieren. Hier reicht schon ein »falsches« Wort im Verwendungszweck, damit Banken die Transaktion unter Verweis auf die Blockade ablehnen.
    Quelle: junge Welt
  10. Fünf Militärputsche in drei Jahren: Wo steht Westafrika heute? „Papas Afrika“ ist Geschichte
    Die Probleme, vor denen die Übergangsregierungen stehen, ähneln sich. Westafrika gilt als ärmste Region der Welt. Infrastruktur, medizinische Versorgung und Bildung gehören zu den am wenigsten entwickelten der Erde. In Niger praktizieren 0,35 Ärzte je 10.000 Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland kommen auf diese Einwohnerzahl 45 Ärzte. Die Alphabetisierungsrate liegt in Burkina Faso bei 41,2 Prozent, die durchschnittliche Schulbesuchsdauer der über 25-Jährigen bei 1,6 Jahren – die kürzeste der Welt. Die Staaten Westafrikas haben die jüngsten Bevölkerungen der Welt. Den Rekord hält Niger, dort lag das Median-Alter 2020 bei 15,2 Jahren. Küstenländer wie Ghana, Côte d’Ivoire und Senegal sind entwickelter als die Sahel-Staaten. Dort herrschen vorteilhaftere klimatische Bedingungen. Vor allem aber spiegeln sich in dem ungleichen Entwicklungsstand die Konsequenzen jahrhundertelanger kolonialer Ausplünderung: Die koloniale Infrastruktur ist einseitig auf den Transport von Rohstoffen und landwirtschaftlicher Erzeugnisse an die Häfen an der Küste ausgerichtet. (…) Die angedrohte und tatsächlich geplante ECOWAS-Intervention fand bis heute nicht statt. Beobachter gehen davon aus, dass sie vom Tisch ist. Das ist der bislang größte Erfolg der Länder Westafrikas, die heute nach der tatsächlichen Verwirklichung ihrer Unabhängigkeit streben. Mehrere Faktoren haben dabei eine Rolle gespielt. Einer davon sind zwischenimperialistische Widersprüche: Die US-Regierung, die zwei wichtige Militärbasen in Niger unterhält, weigerte sich lange, den Putsch als solchen zu bezeichnen und verhandelte früh mit Tianis Übergangsregierung – sehr zum Missfallen Frankreichs. In Washington hatte man wohl erkannt, dass die eigenen Interessen nicht unmittelbar bedroht sind und sich mit dem Herausdrängen Frankreichs neue Chancen ergeben. (…) Die Regierungen der ECOWAS-Mitgliedstaaten, die erklärt hatten, eine Intervention unterstützen zu wollen, stießen auf teils massiven Widerstand bei sich zuhause. (…) Ein kluger Schachzug war der Zusammenschluss von Mali, Burkina Faso und Niger zur Allianz der Sahel-Staaten. Die dient in erster Linie der gemeinsamen Koordinierung des Kampfes gegen den Terror, ist aber auch ein gegenseitiger militärischer Beistandspakt. Wenn ihr in Niger einmarschiert, greift ihr auch uns an, hatten Goïta und Traoré ihren ECOWAS-Amtskollegen unmissverständlich klar gemacht. Vielleicht das Zünglein an der Waage war die Position Algeriens. Das Land grenzt im Norden an Niger. Mit ausdrücklichem Verweis auf die NATO-Intervention in Libyen verbat sich Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune eine Intervention in Niger. Die würde zu einem katastrophalen Flächenbrand im Sahel führen, weshalb er Frankreich beschied, keine Überflugrechte für einen Militäreinsatz in Niger zu gewähren. (…) 70 Prozent der Afrikaner seien „völlig hemmungslose junge Menschen, weltoffene junge Menschen, die entschlossen sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“, freute sich Mamadi Doumbouya in New York. Eins ist klar: „Papas Afrika“, das alte Afrika, das sich an der kurzen Leine Europas führen ließ, gibt es nicht mehr.
    Quelle: Valentin Zill in unsere zeit
  11. Polizeiliche Informationstechnik in Zeiten der Haushaltssperre
    „Bundesfinanzminister Lindner hat eine Haushaltssperre verhängt“. Als ich diese Schlagzeile Anfang der Woche las, erfasste mich Mitleid. Mit den ehemaligen Kollegen aus den Geschäftsleitungen von mittelständischen IT-Firmen, deren Hauptkunden Behörden sind, schlimmer noch Behörden im Bereich der Inneren Sicherheit. Denn die kann eine Haushaltssperre so kurz vor dem Jahresende extrem hart treffen.
    Lassen Sie mich kurz erklären, warum das so ist:

    • Fakt ist, dass diese Kunden der kameralistischen Haushaltsführung unterliegen, was praktisch heißt: Viele Verträge werden von Jahr zu Jahr vergeben.
    • Die Auftragsvergabe unterliegt einem saisonalen Zyklus: Im Frühjahr und bis zur Jahresmitte finden die Haushalter in den Behörden – allzu lange liegt auch denen ja der endlich verabschiedete Haushalt noch nicht vor – heraus und legen mit den Fachabteilungen fest, was mit den vorhandenen Mitteln eigentlich beschafft werden kann und soll.
    • Dann geht es an die Vorbereitung des Vergabeverfahrens (meistens jedenfalls). Es folgt die Veröffentlichung der geplanten Vergabe, möglicherweise ein Teilnahmewettbewerb und darauf für erfolgreiche Kandidaten die Aufforderung zur Angebotsabgabe: All das braucht Zeit.
    • Dann sind erstmals die Kandidaten am Zug, die sich Hoffnungen auf einen Auftrag machen dürfen.
    • Wer in die engere Wahl kommt, für den folgt als nächstes eine Präsentations- und Gesprächsrunde mit dem potenziellen Auftraggeber und die Ausarbeitung eines konkreten Angebots, wenn das nicht schon früher gefordert war.
    • An diesem Punkt angelangt, hat der Herbst längst begonnen. Man kann dann auf Kandidatenseite anfangen, sich begründete Hoffnungen zu machen, den Zuschlag zu bekommen, weiß aber noch nichts mit Sicherheit.
    • Im Positivfall geht es weiter mit der Vertragsverhandlung. Auch das benötigt seine Zeit. Bis man sich mit der Beschaffungs-/Vertragsabteilung beim potenziellen Kunden einig geworden ist und eine unterschriftsreife Fassung vorliegt, ist es meist Mitte November geworden – also letzte Woche, wenn wir von 2023 sprechen.

    In dieser Situation schlägt eine Haushaltssperre ein, wie eine Bombe: Die bisherigen Aufwendungen lassen sich auf der Kostenseite der betriebswirtschaftlichen Auswertungen beim Kandidaten genau ablesen. Auf der Einnahmenseite dagegen gähnt ein großes Loch:
    Quelle: Police-IT

  12. Wohnungsbau in der Krise: Branche warnt vor langfristigen Folgen
    Deutschlands Wohnungsbau kriselt weiter und klagt über Auftragsminus. Branche warnt vor sozialen Folgen. Doch nicht alle Bereiche der Bauwirtschaft stecken in der Krise.
    Die Lage im deutschen Wohnungsbau bleibt angespannt. Wie der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, mitteilte, verzeichnete die Branche im September einen erneuten Rückgang der Aufträge.
    “Dieser Rückgang ist besonders dramatisch, da die Unternehmen schon im September 2022 ein Minus von 26,6 Prozent verkraften mussten”, erklärte Müller. Er äußerte die Befürchtung, dass die “katastrophale Lage auf dem Wohnungsmarkt” von den politischen Entscheidungsträgern bisher nicht ausreichend wahrgenommen werde.
    Die aktuellen Konjunkturindikatoren für das Bauhauptgewerbe zeichneten ein düsteres Bild: Ein reales Auftragsminus von 15 Prozent im Wohnungsbau im Vergleich zum Vorjahr.
    Müller wies auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung hin. “Viele Menschen finden keine Wohnung mehr oder zahlen Mieten, die sie sich kaum noch leisten können”, sagte er und warnte vor einem möglichen Personalabbau in der Branche.
    Quelle: Telepolis
  13. Black Friday: „Über Gewerkschaften zu sprechen kann bei Amazon zur Kündigung führen“
    In 30 Ländern nutzen Beschäftigte bei Amazon den Black Friday zum Streik. Der Online-Versandhändler sei „der schlimmste Arbeitgeber, den ich je hatte“, sagt Darren Westwood
    Am 24. November ist „Black Friday“, eine immer größer und lauter werdende Verkaufsveranstaltung des Einzel- und Onlinehandels, die den Beginn des Weihnachtskonsums einläuten soll. Diesen Tag nutzen in 30 Ländern Beschäftigte des größten Versandhändlers Amazon, um zu streiken und zu demonstrieren, sie organisieren sich unter dem Motto „Make Amazon Pay“. Ihre Anklage: Amazons Wachstum geht zu Lasten der Beschäftigten, der Kommunen und des Planeten. Der Freitag hat mit einem Beschäftigen gesprochen, der in Großbritannien bei Amazon arbeitet und schon mehrere Streiks organisiert hat.
    Herr Westwood, auf Ihrem LinkedIn Profil sind Sie aktuell auf „arbeitssuchend“ gestellt. Sie verlassen also Ihren aktuellen Arbeitgeber Amazon?
    Ja, zum Glück. Dass ich dort angefangen habe, war eher aus der Not heraus. Es war September 2019, ich war gerade arbeitslos, Weihnachten stand vor der Tür und ich brauchte dringend einen Job. PMP Agency, die Recuiting Firma von Amazon, hat mir einen Vertrag über neun Monate angeboten. Also hab ich im Lagerhaus in Coventry angefangen. Wegen Covid bin ich dann einige Zeit länger geblieben als ursprünglich geplant. Aber spätestens nächstes Jahr bin ich raus.
    Welches Fazit würden Sie nach drei Jahren ziehen?
    Es war sicherlich der schlimmste Arbeitgeber, den ich je hatte und ich hab schon wirklich viel erlebt. Es sind weniger die Arbeitsbedingungen als die Art und Weise, wie man behandelt wird. Einmal sagte eine der Führungskräfte vor versammelter Mannschaft, hier würden ja nur Frauen und lahmarschige Alte arbeiten, dabei bräuchten sie doch junge, fitte Kerle. Einmal hab ich es gewagt, mich während meiner neun Stunden Schicht in einer kurzen Leerlaufphase an die Wand zu lehnen. Dann kam eine junge Amazon-Managerin um die Ecke, ich glaube, sie war nicht mal 20 Jahre alt und sagte: „Sie wissen schon, dass ich Ihnen dafür eine Verwarnung geben kann!“ Ich wurde regelmäßig ins Büro zitiert und gefragt, was denn mein Problem mit Amazon sei. Ich habe immer wieder gesagt, dass ich nicht mehr will als eine bessere Bezahlung und besseren Umgang mit uns Mitarbeitenden.
    Quelle: der Freitag

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