Leserbriefe zu „Und wieder mal eine Kampagne gegen die Gesetzliche Rente und für die Aktienrente. Der Sachverständigenrat machts möglich.“
Ein Leser der NachDenkSeiten hatte darauf aufmerksam gemacht, dass mal wieder eine Kampagne „zur Durchsetzung der Aktienrente“ laufe. Albrecht Müller meint hier, dass sich „die Relation von arbeitsfähigen und zur Beitragszahlung fähigen Menschen auf der einen Seite und Menschen im Rentenalter auf der anderen Seite“ ständig verschoben habe. Mit diesen Verschiebungen könne man fertig werden. Das bestehende Rentensystem sei durchaus flexibel und diese Flexibilität hätte dabei geholfen, in der Vergangenheit mit vielen Veränderungen fertig zu werden. Hierzu haben wir interessante E-Mails bekommen. Danke dafür. Es folgt eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Sehr geehrter, lieber Herr Müller,
liebe NDS-Radaktion,
als ich die Empfehlung des sogenannten Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
gegen die Gesetzliche Rente und für die Aktienrente las, war ich nicht wirklich überrascht über diese Art von Sachverstand der Mitglieder dieses Rates. Denn es dürfte sich auch aktuell im Zweifel um eine Auswahl von “Expert(inn)en” aus diversen universitären Elfenbeintürmen handeln, die in ihrem gesamten Berufsleben kaum bis möglicherweise gar nicht in der wirtschaftlichen und/oder unternehmerischen Praxis tätig gewesen sind.
Professoren von Fachhochschulen sind seitens des berufenden Bundesministeriums für Wirtschaft (und Klimaschutz), seit jeher unerwünscht, möglicherweise deshalb, weil die dort lehrenden und forschenden Professor(inn)en auch sämtlich praktisch ausgebildet sind und der jeweils amtierenden Bundesregierung aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz widersprechen könnten?
Empfehlungen für die Aktienrente, die mit unwägbaren Risiken der Altersversorgung eines normalen Erwerbstätigen behaftet sind, wie dieses die amtierenden Mitglieder der praktisch möglicherweise verwaisten Wirtschaftsweisen vornehmen, sollten zwingend mit einer persönlichen Haftung der Empfehlenden verbunden werden.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. rer.pol. Franz W. Peren, Ph.D.
2. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller!
Es scheint sich auch diesmal wieder um eine der seit Jahrzehnten in immer kürzeren Intervallen losgetretenen konzertierten Kampagnen gegen die gesetzliche Rente zu handeln. Einen Tag bevor ihr Artikel erschien, machte mich meine Frau auf einen Artikel in der WAZ aufmerksam, Tenor: wie junge Menschen, hier sogar noch speziell junge Frauen, für ihr Alter vorsorgen könnten: € 10,00 im Monat in einen ETF investieren. So einfach ist das!
Im Folgenden möchte ich mich mit meiner persönlichen Sichtweise zu dieser Rentendebatte äußern.
Was ich als erstes anmerken möchte: auch hier schwadronieren wieder einmal Menschen, die durch ihre berufliche Stellung nicht auf Rentenzahlungen angewiesen sind, über die Höhe von Rentenansprüchen der restlichen rentenversicherungspflichtig arbeitenden Bevölkerung. Aus meinem eigenen Umfeld muss ich mir von politischen Mandatsträgern auf kommunaler Ebene, die beruflich als Beamte Pensionsansprüche haben, die weit über meine Rentenansprüche hinausgehen, belehren lassen. „So geht es nicht weiter, das Rentensystem kollabiert, denn immer mehr Rentnern stehen immer weniger Einzahler gegenüber“, argumentativ auf der Ebene von Erstklässlern. Oder ein anderer Spruch: „Naja, dafür, dass Du jetzt Geld fürs rumsitzen bekommst, reicht doch wohl!“
Dieses geschürte Misstrauen gegen die gesetzliche Rente gab es wie gesagt schon vor etwa 40 Jahren. Meine Frau machte sich nach der Lehre selbständig. Die Frage war jetzt: in die Rente einzahlen oder lieber anders vorsorgen. Der Tenor der damaligen Spezialisten und Experten: Selbständig? – dann Lebensversicherung – bloß keine Rente. Wenn Du alt bist, wird es keine Rente mehr geben! Ich selber habe Musik studiert (zwei Hochschulabschlüsse), dann frei gearbeitet, dann kombiniert mit Unterrichtstätigkeit an einer Städt. Musikschule. Wir wollten Kinder haben. Als die Kinder dann da waren, hörte meine Frau auf zu arbeiten. Ich trat dann relativ spät eine volle Stelle im öffentlichen Dienst an. Meine Frau kümmerte sich um die Kinder.
Wir haben dann auch auf das propagierte Drei-Säulen-Modell zur Altersvorsorge gesetzt: Lebensversicherung/Aktienfond – Immobilie – Rente. Wir waren jung und unerfahren, ohne den familiären Hintergrund mit Kapital und Eigentum.
Beide Kinder haben erfolgreich studiert, mein Sohn im Ausland (Studium selber finanziert), meine Tochter schließt ihr Studium mit Master Ende des Jahres ab (Bafög bekam sie nicht, wir lagen mit unserem Einkommen immer knapp über der Bemessungsgrenze). Nun hatte ich mir das im Alter so ausgerechnet: wenn meine Kinder fertig sind mit ihrem Studium, dann muss ich sie nicht mehr alimentieren, diese Summe ist so ungefähr die Differenz meines Gehaltes zur Rente. Das müsste dann reichen.
Nur diese Rechnung ging vor einigen Jahren noch auf, jetzt aber nicht mehr.
Die Beträge, die die Lebensversicherung auszahlt und auszahlen wird, haben nichts mehr mit dem zu tun, was bei Abschluss prognostiziert wurde. Gesetzliche Änderungen wegen der schlechten Situation am Finanzmarkt sorgen dafür, dass kaum Überschüsse eingerechnet werden. Investitionen in einen Immobilienfond während der Aktienhype zur Zeit der Telekom Aktie (Andere aus unserem Bekanntenkreis hat das fast ruiniert) lösten sich auch in Luft auf – Pech gehabt. Also das kann man doch wirklich Niemandem guten Gewissens empfehlen, der nicht genug Geld über hat. Das Geld aus den Lebensversicherungen floss und fließt in unser Wohneigentum.
Unsere jetzt fast bezahlte Eigentumswohnung ist Teil eines Hauses Baujahr 1904. Die haben wir günstig erwerben können und dann mit viel Eigenleistung umgebaut und renoviert. Als Kanzler Scholz die Zeitenwende verkündete, war mir klar, da kommt noch was an Kosten auf uns zu. Den Rest wird dann die Klimapolitik besorgen. Aktuell schlagen die Stadtwerke ordentlich beim Gas zu und EON verdient sich mit unserem Strombedarf eine goldene Nase. Dann noch die Unwägbarkeit mit den neuen Grundsteuersätzen (wobei der Wert der Wohnung ja noch vor diesen ganzen Sanierungsszenarien bestimmt wurde – im Falle eines Falles wäre der Wert, den das Finanzamt unterstellt, ja gar nicht mehr zu erzielen, also faktisch wäre die Immobilie entwertet).
Ich beziehe nun Rente und bin froh, dass ich Rentenansprüche erwerben konnte. Es gab ja auch damals schon vernünftige Menschen, die mich darauf hingewiesen haben, dass es besser wäre, in die gesetzliche Rente einzuzahlen (weil es das bessere, kostengünstigere und krisensichere System ist), damit man früh beginnt – und jeder Beitrag zählt!
Als Fazit kann ich für mich nur feststellen: Ich will keine Reichtümer anhäufen oder Kapital akkumulieren, um im Alter in Saus und Braus zu leben (so als grauhaariges Rentnerehepaar am Sandstrand mit Rotweinglas in der Hand). Allerdings möchte ich auch nicht daran denken, wie es sein wird, wenn meine Frau auf eine Witwenrente angewiesen sein sollte. Es muss möglich sein, alle zum Leben notwendigen Dinge, wie z.B. Wohnen zu bezahlen und es sollte möglich sein, am sozialen Leben teil zu nehmen, ohne gleich sein Bankkonto leer räumen zu müssen. Da fehlt mittlerweile vollständig die Balance. Außerdem habe ich zwei Kinder großgezogen, die jetzt und bald in die Rentenkasse einzahlen. Ich erhalte aber nur eine Rente.
Mittlerweile lass ich mich auch kaum noch auf Diskussionen zur Rente ein, da mangels Sachverstand gar keine Diskussion möglich ist. Es beginnt schon damit: Ja, in die Rentenversicherung zahl ich ein, aber die Rendite stimmt nicht. Auf die Replik, die Rentenversicherung ist ein Umlagesystem, das von mehreren Parametern bestimmt wird, bekommt man dann die Antwort: Nee, sagt ja schon der Name – Rentenversicherung! Damit fängt die Verwirrung schon an.
Ich glaube, das steckt hinter diesen Kampagnen: einfach solange Halbwissen zu verbreiten und die Argumentationslinie auf z.B. mehr Rentner – weniger Einzahler, zu verengen, bis die Leute weichgekocht sind und selber daran glauben!
Mit besten Grüßen
Bernd Zinsius
3. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich finde die Diskussion um die Finanzierung der Altersversorgung müßig. Egal ob gesetzlich oder privat, die Wirtschaft muß funktionieren. Man könnte über das Schweizer Modell nachdenken. Beitragsbemessungsgrenze entfällt und ein Höchstbetrag für die Altersrente wird gesetzt. Auch noch so viele Gutachten werden das Problem nicht lösen. Diese ganzen hochstudierten Damen und Herren Professoren, selbst im wohlversorgten Beamtenstatus können noch so viel forschen. Es geht immer nur um’s Geld, welches erwirtschaftet oder neu gedruckt werden muß. Entweder die Wirtschaft funktioniert oder der Staat muß Schulden machen (Heiner Flassbeck). Momentan schießt der Staat ja Milliardenbeträge in die gesetzliche Rente zu. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse in VWL müßten schon längst mal hinterfragt werden. Immer wieder dasselbe zu erzählen wird langweilig. So lange die Wirtschaft die Versorgungsbeiträge erwirtschaftet funktioniert die Altersversorgung. Wenn nicht mehr hilft auch eine mit Steuergeld finanzierte gesetzliche Rente nicht mehr weiter. Ob ich von einer gesetzlichen oder privaten Rente nicht mehr leben kann macht dann auch keinen Unterschied mehr. Wo nichts ist, hört der Spass eben auf. So einfach ist dies. Ganz einfach zu erklären am Beispiel einer Pensionszusage mit allen Leistungsversprechen (AR WiR, BUZ). Während der Ansparphase müssen die Mittel herangeschafft werden die im Rentenalter benötigt werden die zugesagten Versorgungen zu finanzieren. Dies hängt dann von verschiedenen Parametern ab. (Lebenserwartung, Zins). Da hat die gesetzliche Versorgung dieselben Probleme wie die private. Leider hat die gesetzliche Versorgung sehr viele versicherungsfremde Leistungen zu stemmen gehabt.Politiker konnten noch nie mit dem ihnen anvertrauten Geld der Bürger sinnvoll umgehen.
Mit freundlichen Grüßen
P. Ehrental
4. Leserbrief
Sehr geehrter Albrecht Müller,
es ist in Rentenfragen alles schon einmal gesagt oder geschrieben worden, aber nur Details würden zur Beruhigung der Rentnerin/Rentner ausgeschüttet.
Kein Politiker hat das Alterssicherungssystem einiger Maßen gerecht gestaltet – KEINER.
Deutschland ist hier nicht nur geteilt, sondern in vielen Bereichen aufgeteilt und leider haben auch die NachDenkSeiten mit den vielen Artikeln nichts erreicht.
Nehmen wir nur die Jahre 2023/2024:
GRV:
Rentenerhöhung 2023 4,2% und wahrscheinlich 2024 3.5%,
Kein Inflationsausgleich.
Pensionen:
Bei fast doppelt so hohen Pensionen gegenüber Renten: Ca. 10% im Jahre 2023 und 3000€-Inflationsausgleich.
Im Jahre 2024 Erhöhung wieder nach Lohnrunde im öffentlich Dienst – automatisch. Wahrscheinlich ca. 10%
Wer hat, dem wird gegeben…. und alles bei der Gierflation von über 10% p.a.
Ihr Motto gilt auch hier:
„Albrecht Müller – «Die Revolution ist fällig!» – findet aber nicht statt.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Dissars
P.S.: Laut DLF ist noch nicht entschieden. ob die jährlichen 10Mrd,€ für die Aktienrente vom Staat oder den Versicherten gezahlt werden sollen.
5. Leserbrief
Schon ein Blick auf die Entwicklung des DAX zeigt, dass eine Aktienrente nur im kurzen Zeitraum 2013 – 2014 attraktiv gewesen wäre. Dagegen stagnierten die Dax-Kurse von 2001 bis 2012 sowie von 2014 bis Mitte 2023. Auch die größten Finanzexperten konnten sich diesen Trends nicht entziehen, lagen mit ihren Fonds teilweise darunter. Es hätte sich summa sumarum in den letzten 20 Jahren eine kümmerliche Verzinsung unterhalb der Inflationsrate, nach Abrechnung der üblichen Gebühren in der Finanzbranche, sogar ein Verlust ergeben. Wobei für die Versicherten noch erhebliche finanzielle Risiken hinzu kommen, wie die lange Reihe von Dax-Unternehmen zeigt, deren Kurse in diesem Zeitraum auf einen Bruchteil zusammen geschrumpft sind oder die seit langem ihre Dividende dem Staat abliefern müssen, an deren Tropf sie hängen.
Nein, ich bin für eine Rückkehr zu ordentlich verzinsten Staatspapieren, mit denen den Rentenfonds genauso geholfen wäre, wie der deutschen Sozial- und Infrastruktur. Eine entsprechende Verschuldung hierfür wäre jedenfalls bei weitem besser als damit Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, voran in die Ukraine, sowie Rüstungsprojekte zu finanzieren.
Besten Gruß
L. Salomons
6. Leserbrief
Es sollte erwähnt werden, dass das von den Gewerkschaften vorgeschlagene Mitglied de SVR, Achim Truger, zu diesem Punkt eine kritische abweichende Meinung abgegeben hat.
Viele Grüße
Ralf Krämer
7. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller,
dass die Kapitalmarktrente nicht die Lösung ist – einverstanden.
Lässt sich aber der von Ihnen als bisherige Lösung beschriebene Produktivitätsfortschritt so fortschreiben? Produktivitätsfortschritt heißt, Maschinen ersetzen menschliche Arbeitskraft. Maschinen brauchen Energie. Der Ausgleich für die zunehmende Alterung der Gesellschaft beruht also auf steigendem Energieverbrauch (wie im übrigen auch die zunehmende Alterung selbst: Müssten wir alle noch harte körperliche Arbeit verrichten, würden wir nicht so alt. 1 Barrel Erdöl entspricht als Energie 5 Jahren sehr harter körperlicher Arbeit).
Ob wir es glauben oder nicht: Mit den sich zu Ende neigenden fossilen Energien laufen unsere Gesellschaften – zumal Europa – in Energiearmut.
Für immer noch mehr Maschinen (Kapitalsteigerung) fehlt es an Energie.
Der als selbstverständlich empfundene Wohlstand westlicher Staaten beruht auf einmalig hohem Energieverbrauch und dessen fortwährender Steigerung. Ist der nicht mehr möglich, wird der Wohlstand einschließlich der Versorgung der Rentner nicht mit Hilfe von Geld erhalten werden können.
Es dämmert gerade erst, dass Energie die Grundlage des Wohlstands ist. Immer noch sind wir diesbezüglich völlig unterbelichtet.
MfG
EJ
Anmerkung Albrecht Müller: Muss man die Entwicklung des Energiebedarfs so kritisch sehen?
8. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller,
Seit 1957-2020 wurden laut Hochrechnung durch VDR/DRV rund 909 Milliarden Euro aus der Rentenkasse für “versicherungsfremde Leistungen” von der Regierung aus der Rentenkasse entnommen. Das ist das Geld, das jedem Rentner (Beitragszahler) zusteht, aber zweckentfremdet von der jeweiligen Regierung ausgegeben wird.!
Mich würde mal interessieren weshalb keine der bisher an der Regierung beteiligten Parteien jemals bemüht war, das Geld das aus der Rentenkasse entnommen wurde wieder zurück zu erstatten. Und weshalb noch immer versicherungsfremde Leistungen aus der Rentenkasse bezahlt werden? Würde es Sinn machen, deshalb vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen?
Ob es auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall eine breite Zustimmung für eine Metall – Rente gab, kann ich nicht sagen, denn mein Bekannter ist nicht zu erreichen.
Freundliche Grüße
Helmut Lang
Anmerkung Albrecht Müller: Bei einer solchen kritischen Betrachtung sollte man auf jeden Fall auch die Zuschüsse des Staates in die Rentenkasse mit beachten und mit berechnen.
9. Leserbrief
Liebes NDS-Team!
Ich vermute, dass die Ampel-Regierung verbrannte Erde hinterlassen wird, wenn sie sich verabschiedet.
Ich könnte mir vorstellen, dass alle Renten unabhängig von der Höhe der Einzahlungen auf Grundsicherungsniveau gekürzt werden und das dadurch eingesparte Geld zur Finanzierung der Witwenrenten in der Ukraine genutzt wird. Schließlich haben sich zumindest die Grünen dem Wohl des ukrainischen Volkes verschrieben und Kriegerwitwen gibt es dort ja genug.
Mit pessimistischen Grüßen
—
Thomas Dose
10. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
unsere Rentenversicherung wird mit voller Absicht ruiniert.
- Seit 1957 bis 2020 wurden lt. Hochrechnung durch VDR/DRV rund 909 Milliarden Euro aus der Rentenkasse für „versicherungsfremde Leistungen“ von der jeweiligen Regierung aus der Rentenkasse entnommen.
Berücksichtigt man, daß bis Ende des letzten Jahrhunderts noch erheblich höhere Guthabenzinssätze galten, dürfte der Fehlbetrag in der Rentenversicherung noch weitaus höher sein. - Im Bereich der Minijobs wird dem Bewerber oftmals ein Formular vorgelegt mit der Anweisung: „Und hier unterschreiben Sie, daß Sie NICHT in die Rente einbezahlen möchten.“
Unterschreibt der Bewerber dieses Formular, ist seine Entscheidung für diese Arbeitsstelle bindend. Der Arbeitnehmer kann seine Entscheidung später nicht ändern. Traurig ist, daß diese Vorgehensweise gerade im sozialen Bereich Pflege/Kinderbetreuung etc. praktiziert wird.
Entscheidet der Arbeitnehmer sich jedoch für eine Einzahlung in die Rentenversicherung, darf er seine Entscheidung jederzeit rückgängig machen und sich gegen eine Beitragszahlung entscheiden.
Bedenkt man, wie viele Millionen Minijobs es gibt, dürfte sich eine große Lücke bei den Einzahlungen ergeben.
Eine Gesetzesänderung wäre dahingehend sinnvoll, daß der Arbeitnehmer jederzeit grundsätzlich seine Entscheidung ändern darf. Die Art der Handhabung zeigt, daß die Rentenversicherung mit voller Absicht boykottiert wird. - Ein Arbeitnehmer, der einen pflegebedürftigen Angehörigen versorgt, darf nicht mehr als 30 Wochenstunden in seinem regulären Job arbeiten, damit die Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen in die Rentenversicherung des Arbeitnehmers einzahlt.
Bekommt ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer lediglich Mindestlohn, der bekanntermaßen nicht zum Leben reicht, muß er noch aufstocken. Die Pflegeversicherung seines Angehörigen zahlt keinen Cent in seine Rentenversicherung. Dieser Fall wird erheblich häufiger auftreten als der eines Arbeitnehmers, der ein derart hohes Gehalt bekommt, daß er locker seine Wochenarbeitszeit reduzieren kann ohne sich finanziell einschränken zu müssen, und die Pflegeversicherung seines Angehörigen zahlt anstandslos Beiträge zu seiner Rentenversicherung.
Auch das sind Beiträge, die fehlen!!! - Wie viele heutige Ehrenämter waren in früheren Zeiten sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen, z. B. Kassierer im städtischen Schwimmbad?
Der Ehrenamtler erhält lediglich – wenn überhaupt – eine Aufwandsentschädigung, die aber nicht sozialversicherungspflichtig ist.
Die Rentenversicherung wird auch in diesem Fall nicht bedient.
Es ist reiner Zynismus, wenn die CDU auf ihren Wahlwerbeplakaten das Ehrenamt lobt. - Seit wie vielen Jahren müssen die deutschen Arbeitnehmer auf angemessene Lohn- und Gehaltserhöhungen verzichten? Jede Erhöhung der Löhne und Gehälter hätte mehr Geld in die Sozialversicherungssysteme, also auch in die Rentenversicherung fließen lassen.
In diesem Zusammenhang verweise ich nochmals auf Punkt 1. Es gab Zeiten mit hohen Guthabenzinsen, in denen die Beiträge eine gute Verzinsung erfahren hätten, was ebenfalls ein deutliches Plus für die Rentenversicherung bedeutet hätte. - Nach dem Mauerfall bekamen die Rentner der neuen Bundesländer Rentenleistungen aus der Rentenversicherung der Beitragszahler der alten Bundesländer.
Als die Grundstücke und Betriebe der ehemaligen DDR verkauft wurden, hätte ein Teil des Erlöses in die nun gemeinsamen Sozialversicherungen fließen müssen. Die Grundstücke und Betriebe waren schließlich Volkseigentum.
Demnach sind wir alle, Ost- wie Westdeutsche, von der Treuhand betrogen worden. - Wir werden immer älter. Ja und? Gäbe es die o.a. Mißstände nicht, würde die Rente zum Leben reichen, nicht nur zum Vegetieren. Durch die hohe Anzahl der Rentner (mit deutlich mehr Rente) wäre die Binnennachfrage erheblich höher. Rentner bräuchten nicht zur Tafel zu gehen, die wiederum von Ehrenamtlern bedient wird, s.o. Punkt 4. Dann gäbe es mehr kleine Einzelhandelsgeschäfte und andere kleine Betriebe, die sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze böten, was wiederum ein Plus für die Rentenversicherung bedeutete.
SO sorgt Vater Staat für seine Bürger! Und SO werden wir seit Jahren belogen!
Norbert Blüm sagte einmal in einer Talkshow, daß der Börsencrash 2008 erheblich geringere Ausmaße gehabt hätte, wäre die Riesterrente nicht gewesen. Mit der Riesterrente hatten die Investmentgesellschaften richtig viel „Spielgeld“. Außerdem hat der Gesetzgeber ihnen die Möglichkeit gegeben, die Arbeitswelt extrem zu beeinflussen.
Stellen wir uns den Arbeitnehmer in einem großen DAX-Konzern vor. Er bekommt einen guten Lohn, zahlt in seine gesetzliche Rente ein. Nun wird ihm gesagt, diese reiche später nicht, und er brauche unbedingt die Riesterrente. Die wurde überwiegend fondbasiert angeboten. Der Fond beinhaltet auch die Aktien der Firma unseres Arbeitnehmers. Dem Arbeitnehmer bzw. Riestersparer gehört aber lediglich ein Anteil am Aktienfond, jedoch keine einzige Aktie des Konzerns. Die Aktien gehören den Investmentgesellschaften. Werden in den Medien DIE AKTIONÄRE erwähnt, handelt es sich nicht um Privatleute, sondern um diverse Investmentgesellschaften, die nur ein Interesse haben: Gewinnmaximierung! Wie wird der Gewinn maximiert? 1. Entlassung von Arbeitnehmern, 2. (wenn überhaupt) möglichst geringe Lohnerhöhungen, am besten noch Lohnsenkungen, 3. Neueinstellungen möglichst im Niedriglohnsektor, 4. Auslagerung von Produktion in Billiglohnländer, was wiederum zu Massenentlassungen in Deutschland führt. Da die Investmentgesellschaften aufgrund der Fondsparpläne erheblich mehr Aktien kaufen können, ist unser Konzern erpressbar. Denn: Die Aktionäre haben die Macht, die Konzerne zu erpressen. Kommt der Konzern den Forderungen der Aktionäre nach Gewinnmaximierung nämlich nicht nach, muß er damit rechnen, daß die Ratingagenturen die Bewertung des Konzerns heruntersetzen. Der Preis der Aktien und damit der Wert des Konzerns sinken in diesem Fall. Der Riestersparer gefährdet mit Abschluß der Riesterrente sein Einkommen und letztendlich den eigenen Arbeitsplatz.
Mit Aktiensparplänen wird eine künstliche Nachfrage geschaffen, denn es ist schlicht und ergreifend kein entsprechender Bedarf vorhanden.
Gnade uns Gott, wenn dieser Markt zusammenbricht! Denn eines Tages wird er das unweigerlich tun.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Staß
11. Leserbrief
Liebe Redaktion der Nachdenkseiten, reicht doch den nachfolgenden Text bitte an Herrn Müller weiter. Dankeschön!
Lieber Albrecht Müller, auch ich lebe noch, wenn auch inzwischen 78 Jahre alt und immer noch zornig angesichts der Unbelehrbarkeit der uns Belehrenden. Natürlich geht es wieder um die umlagefinanzierte Rente, die wohl jedem neoliberal gesonnenen Wirtschaftsprofessor wie eine Heftzwecke im Hintern steckt. Sie können es einfach nicht lassen. Spöttisch sollte man mal bei diesen Damen und Herren nachfragen, ob sie auch damit einverstanden wären, ihre horrenden Pensionen umzuverteilen und gleichzeitig bei ihrer Altersversorgung auf Aktienfonds zu setzen. Lange Vorrede, kurzer Sinn: Ich habe gestern genau zu dem Thema dem zuständigen Redakteur der FAZ eine Mail geschickt und hoffe, dass Sie diese ein wenig erfreut. Ansonsten wünsche ich Ihnen, der Sie ja noch ein wenig älter sind als ich, alles Liebe und Gute.
Jürgen Voß
Sehr geehrter Herr Creuzburg,
immer, wenn es um das alte leidige Thema “Rente” geht, lese ich als ehemaliger Städtestatistiker, der zudem ein halbes Dutzend Jahre in der Sozialversicherung verbracht hat, alles sehr aufmerksam, so natürlich auch ihren Bericht über die Ausführungen des Sachverständigenrates zur Rente. Und gleich in ihren ersten Zeilen taucht wieder die inzwischen klassische Alarmnotiz auf von den “geburtenstarken Jahrgängen”, die bald in Rente gehen. Ja, die sog. Babyboomer, sie müssen inzwischen für vieles herhalten, doch in der Rentenfrage haben sie das Alarmmonopol, was natürlich inflationär genutzt wird (Genau wie in den Nuller Jahren der “demographische Faktor”, in einer Zeit als 53 Mio. Menschen im erwerbsfähigen Alter gerade 13 Mio. Menschen über 65 gegenüberstanden!).
Eine seriöse Zeitung wie die Ihre, zu der ich nach über 50 Jahren Lektüre Ihrer Münchner Konkurrenz inzwischen geflüchtet bin, sollte doch Anlass genug haben, mit einem solch platten Ideologem vorsichtig umzugehen, zumindest der SV- Rat sollte dies tun (hier referieren Sie ja nur!).
“Die geburtenstarken Jahrgänge gehen bald in Rente”. Dieser Satz soll insinuieren, das erhebliche Mehrbelastungen auf die gesetzliche Rente zukommen werden und damit soll wohl eine Legitimationsbasis geschaffen werden für Verschlechterungen wie späterer Renteneintritt, Rentenkürzungen u.ä. (wie seinerzeit mit dem einseitigen Demografiediskurs die Teilkapitalisierung der Rente vorbereitet wurde; hat ja prima geklappt!)
Hierzu folgendes:
Die geburtenstarken Jahrgänge (eine exakte Definition fehlt bezeichnenderweise) beginnen in den späten fünfziger Jahren (1958: 904 465) und erstrecken sich bis 1969: 903 456), sie sinken dann abrupt ab und differieren um plus/minus 50 000 um die 750 000 Geburten herum in den Folgejahrzehnten. Schon hier stellt sich die Frage, inwiefern 11 Geburtsjahrgänge ein Rentensystem destabilisieren können. Aber das nur am Rande. (Die beiden ersten Zahlen beziehen sich auf die alte Bundesrepublik. Die simple Addition der DDR-Zahlen ist problematisch.)
Der entscheidende Satz ist: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen gar nicht “in Rente”, sie kommen ins Rentenalter. In Rente gehen nur diejenigen, die vorher sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und die rentenrechtlichen Voraussetzungen erfüllen.
Alle anderen, Selbstständige, Beamte, Hausfrauen und Hausmänner, die nie beschäftigt waren oder nur sehr kurzzeitig, gehen nicht in Rente, sondern sind auf anderweitige Einkünfte angewiesen (innerfamiliär oder über Transferleistungen). Insofern ist der Satz von den geburtenstarken Jahrgängen, die in Kürze in Rente gehen, schon sachlogisch falsch.
In welcher Größenordnung sich dieser Gap bewegt, kann mit Rückgriff auf die oben genannte Zahl schnell quantifiziert werden: Den damals 53 Mio. im erwerbsfähigen Alter standen durchschnittlich in den Nuller Jahren nur 25 Mio. Sv- Beschäftigte gegenüber, also eine Lücke von sage und schreibe 28 Mio. Menschen.
Überdies ist die Gleichung: “Viele Menschen werden geboren, viele Menschen arbeiten und erwerben Rentenansprüche” von einiger Absurdität, das hieße ja, wenige Menschen erwerben entsprechen weniger Ansprüche. Wird also die Rente mit Eintritt der geburtenschwachen Jahrgänge ins Rentenalter (der sich in Kürze sogar überlappt mit dem Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge) die Rentenversicherung massiv entlasten? Ist das nicht alles eine Frage des Arbeitsmarktes und nicht der Demografie?
Warten wird mal ab, ob in Kürze auch überall zu lesen ist: Jetzt gehen die geburtenschwachen Jahrgänge in Rente, dies führt zu einer großen Entlastung der Rentenfinanzen.
Nichts für ungut! Und alles Gute für die Zukunft
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