Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. »Eine totale Verhöhnung des Völkerrechts«
  2. Warnung aus den USA: Steht die Welt vor einem weiteren großen Krieg?
  3. Das Debakel der Neocons
  4. Fabio De Masi: Verschwörungsökonomie, oder warum es Deutschland schlecht geht
  5. US-Flüssigerdgas aus Fracking ist viel schädlicher als Kohle
  6. Die Wahlen in der Slowakei drehten sich um mehr als Russland
  7. „Zum Schweigen gebracht”
  8. Deutsche Bahn: Mit 20.000 Managern auf dem Weg zur Privatisierung?
  9. Der Fall Julien Assange zeigt die Heuchelei des Westens
  10. Mit der Einheit ging‘s bergab

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. »Eine totale Verhöhnung des Völkerrechts«
    Über das Recht auf Selbstverteidigung, Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg und die Rolle der BRD. Ein Gespräch mit Norman Paech.
    Norman Paech ist Jurist und emeritierter Professor für Politikwissenschaft und Öffentliches Recht an der Universität Hamburg.
    Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei einer Regierungserklärung am vergangenen Donnerstag erklärt, Israel habe im Gazastreifen ein »völkerrechtlich verbrieftes Recht auf Selbstverteidigung«. Wo ist das festgelegt?
    In Artikel 51 der UN-Charta ist deutlich verankert, dass derjenige, der militärisch angegriffen wird, ein solches Verteidigungsrecht hat. Das stimmt auch in diesem Fall: Israel kann sich gegen den Angriff der Hamas verteidigen, was allerdings mit der Einschränkung versehen ist, dass solch eine Verteidigung immer verhältnismäßig sein muss. Wenn die israelische Armee im Gazastreifen, der ohnehin seit Jahrzehnten abgeriegelt ist, ein wahres Blutbad anrichtet, ist das auf keinen Fall durch das Verteidigungsrecht nach Artikel 51 gedeckt.
    Gilt Artikel 51 auch für eine Besatzungsmacht im von ihr besetzten Gebiet?
    Ja. Aber der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen Mittel und Zweck ist zentral. Eine Verteidigung hat sich stets innerhalb der Grenzen des humanitären Völkerrechts, die insbesondere in den »Haager« und »Genfer« Konventionen verankert sind, zu halten. Der Angriff ist erfolgreich zurückgeschlagen worden. Wenn die Armee aktuell darüber hinausgeht und erklärt: »Wir vernichten die Hamas«, und der Zivilbevölkerung Energie und Nahrung abschnürt, dann ist das bereits eine Überschreitung des Gebots der Verhältnismäßigkeit und daher völkerrechtswidrig.
    Quelle: Norman Paech in junge Welt

    dazu: Westliche Heuchelei: Wollen wir wirklich den “Big Bang” in Nahost?
    Die Propagandalinie heißt: Wir sind die “Guten”, sie die “Bösen”. Das ist nicht nur falsch, sondern könnte die Region in den Abgrund reißen. Was jetzt klug wäre. Gastbeitrag.
    Der Blitzkrieg der Hamas hat Politik und Militär in Israel kalt erwischt. So brutal und menschenverachtend er auch war, hat die “Bewegung des islamischen Widerstands”, arabisch abgekürzt Hamas, jetzt schon Geschichte geschrieben.
    Zum einen hat sie den Nimbus der israelischen Armee, nämlich unbesiegbar zu sein, nachhaltig erschüttert. Fast drei Tage lang hielten mehr als 1.000 Kämpfer der Hamas bis zu 25 israelische Ortschaften in Grenznähe unter ihrer Kontrolle, feuerten sie Tausende Raketen auf Israel, töteten wahllos Zivilisten und verschleppten rund 150 Israelis [heute sollen es nach neuesten Angaben bis zu 200 sein, Telepolis] in den Gazastreifen, wo sie ein düsteres Schicksal erwartet. Das ist, jenseits aller moralischen Erwägungen, ein bemerkenswerter militärischer und politischer “Erfolg”.
    Und zum anderen dürften die geopolitischen Karten in der Region neu verteilt werden. Bereits unter US-Präsident Trump erfolgte die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem jüdischen Staat und Bahrein, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Sudan und Marokko 2020/21.
    Gekrönt werden sollten diese “Abraham Accords” durch einen von Präsident Biden mit Nachdruck angestrebten Friedensvertrag zwischen Saudi-Arabien und Israel. Der saudische Machthaber Mohammed Bin Salman hat allen Grund, dieses Projekt auf unbestimmte Zeit zu vertagen.
    Quelle: Michael Lüders auf Telepolis

    dazu auch: Genozidforscher zu Hamas-Attacke: „Netanjahu hat den Wind gesät“
    Kann man Ursachen und Motive benennen, ohne die Gräueltaten zu rechtfertigen?
    Natürlich. Und als Historiker und politisch bewusster Beobachter Israels ist es meine Pflicht, die Ursachen zu betrachten. Sie reichen mindestens bis zum Krieg von 1948 zurück, in dem meine Eltern für die Gründung des Staates Israel kämpften und in dessen Folge die Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung aus dem Land vertrieben wurde. Zu den Ursachen gehört seit 56 Jahren auch die Unterdrückung von Millionen von Palästinensern, die mit beschnittenen Rechten, ohne Aussicht auf Freiheit und Gerechtigkeit in den besetzten Gebieten leben, wo sich immer mehr ein Apartheidregime entwickelt hat.
    Dazu gehört auch die seit 16 Jahren andauernde Belagerung des Gazastreifens, durch die zwei Millionen Palästinenser in hoffnungsloser und demütigender Armut mit fehlender Grundversorgung gefangengehalten werden. All diese Faktoren führen zu Gewalt, zu Wut und Rachedurst. Das wäre zu verhindern gewesen. So wie der Krieg von 1973, in dem ich Soldat war und in dem Freunde von mir gefallen sind, hätte verhindert werden können, wenn die israelischen Politiker mehr Bereitschaft zu territorialen Kompromissen und Frieden gezeigt hätten. Als Historiker glaube ich, dass Ereignisse in der Geschichte Ursachen haben, und dass wir, wenn wir diese Ursachen erkennen und angehen, eine bessere Zukunft für uns und unsere Nachkommen schaffen können.
    Quelle: FR Online

    und: Wer verändern will, muss verstehen
    Unser Korrespondent berichtet seit über 30 Jahren aus dem Nahen Osten. Für Sicherheit brauche es politische Lösungen, schließt er aus den früheren Kriegen.
    Es gibt zwei Worte, die ähnlich klingen, aber doch Unterschiedliches meinen: „Verständnis“ und „Verstehen“. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn unschuldige Menschen auf einer Raveparty oder in einem Kibbuz in Israel von Hamas-Kämpfern niedergemetzelt werden. Genauso wenig, wie ich Verständnis dafür aufbringe, wenn 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen kollektiv für diese fürchterlichen Taten bestraft werden. Wer für diese Dinge Verständnis zeigt, sollte seinen moralischen Kompass neu ausrichten.
    Ich finde alles, was wir in den vergangenen Tagen gesehen haben, entsetzlich. Und wenn ich sicherstellen will, dass Derartiges nicht geschieht, wenn ich nach Lösungen suche, dann muss ich die Situation analysieren. Ich muss versuchen etwas zu „verstehen“, für das ich kein Verständnis habe.
    Ich verstehe, dass ganz Israel im Schock ist, dass viele dort nach einer militärischen Lösung rufen, manche auch einfach nach Rache und Vergeltung. Eine Bodenoffensive soll das Problem lösen, wir werden Hamas auslöschen, heißt es. Aber kann eine solche Offensive tatsächlich eine strategische Veränderung schaffen?
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Immerhin gibt es auch solche vernünftigen, abwägenden Artikel in der taz, nicht nur Hetze wie hier.

  2. Warnung aus den USA: Steht die Welt vor einem weiteren großen Krieg?
    Aserbaidschan hat Bergkarabach erobert. Nun. Erhebt Baku die nächste Gebietsforderung. Washington ist alarmiert, Berlin passiv.
    Der Krieg in der Ukraine ist im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit weitgehend von der Eskalation im Nahen Osten verdrängt worden – und schon droht ein weiterer Konflikt: US-Außenminister Antony Blinken hat kürzlich in einem Briefing einige US-Abgeordnete vor der Möglichkeit eines baldigen Einmarschs Aserbaidschans in Armenien gewarnt. Das berichtet das US-Onlinemagazin Politico unter Berufung auf Teilnehmer des Treffens.
    Blinkens Äußerungen gegenüber den Abgeordneten zeigten, wie groß die Sorge in Washington über Aserbaidschans Angriffe auf die abtrünnige Region Bergkarabach im Westen des Landes sei. Offenbar sehen Sicherheitspolitiker in den USA eine erhebliche Gefahr der Ausweitung des Konflikts.
    Ein Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien wäre nach dem Ukraine- und dem Israel-Krieg der dritte Großkonflikt, der wegen seiner unmittelbaren Auswirkungen auf die Energiemärkte auch eine geopolitische Dimension hätte.
    Hintergrund der US-Sorgen: Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew hat Armenien aufgefordert, einen “Korridor” entlang seiner Südgrenze freizugeben, der das aserbaidschanische Festland mit einer Exklave an der Grenze zur Türkei und zum Iran verbindet. Sollte Jerewan dieser Aufforderung nicht nachkommen, sei er bereit, das Problem “mit Gewalt” zu lösen, so Alijew.
    Quelle: Telepolis
  3. Das Debakel der Neocons
    Die neokonservative Außenpolitik der USA hat die Ukraine an den Rand des wirtschaftlichen, demografischen und militärischen Zusammenbruchs geführt. Was sollte die US-Regierung angesichts dieser drohenden Katastrophe jetzt tun?
    Die Ukraine markiert das Endstadium des 30-jährigen außen- und geopolitischen Debakels der US-Neocons. Der Plan, Russland in der Schwarzmeerregion durch die NATO einzukreisen, ist gescheitert. Die Entscheidungen, die die USA und Russland jetzt treffen müssen, werden von enormer Bedeutung nicht nur für die Region, sondern die ganze Welt sein.
    Vier Ereignisse haben die Hoffnungen der Neokonservativen auf eine NATO-Osterweiterung um die Ukraine, Georgien und darüber hinaus zunichte gemacht. Erstens: Die Ukraine ist auf dem Schlachtfeld verwüstet worden, mit tragischen und entsetzlichen Verlusten. Russland scheint den Zermürbungskrieg zu gewinnen, ein Ergebnis, das von Anfang an vorhersehbar war, das aber von den Neokonservativen und großen Teilen der Medien weiterhin geleugnet wird.
    Zweitens schwindet die Unterstützung in Europa. Polen spricht nicht mehr mit der Ukraine. Ungarn widersetzt sich seit langem den Neokonservativen. Die Slowakei wählte jüngst eine Anti-Neocon-Regierung. Die EU-Staats- und Regierungschefs von Macron, Meloni, Sanchez, Scholz bis Sunak haben in ihren Ländern mit viel höheren Ablehnungs- als Zustimmungsquoten in der Bevölkerung zu kämpfen.
    Der dritte Punkt ist die Kürzung der US-Finanzhilfe für die Ukraine. Die Basis der Republikanischen Partei, mehrere republikanische Präsidentschaftskandidaten und eine wachsende Zahl republikanischer Kongressabgeordneter lehnen weitere Ausgaben für die Ukraine ab. In dem Überbrückungsgesetz zur Aufrechterhaltung des Regierungsbetriebs haben die Republikaner neue Finanzhilfen für die Ukraine gestrichen. Zwar hat das Weiße Haus neue Hilfsgesetze gefordert, doch das wird ein harter innenpolitischer Kampf werden.
    Viertens, und aus ukrainischer Sicht am dringlichsten, ist die drohende Gefahr einer russischen Offensive.
    Quelle: Makroskop
  4. Fabio De Masi: Verschwörungsökonomie, oder warum es Deutschland schlecht geht
    Unter dem Vorwand, die Inflation zu bekämpfen, nimmt die Bundesregierung eine schwere Wirtschaftskrise in Kauf. Dahinter stecken knallharte Interessen, meint unser Autor.
    Bundeskanzler Olaf Scholz hatte ein Wirtschaftswunder versprochen. Was für eine Blamage: Denn die Ampel-Koalition jagt die Wirtschaft in den Keller, um dann Maßnahmen gegen Wachstumsbremsen zu fordern. Dieser Wahnsinn hat Methode. Dabei sitzen die Wachstumsbremsen auf der Regierungsbank. Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner sind eine in Zahlen gegossene wirtschaftliche Trümmertruppe.
    So meint Finanzminister Christian Lindner, es brauche eine Bürokratie-Pause, als gäbe es Bürokratie nur in Deutschland. Wie soll zu viel Bürokratie erklären, warum Deutschland von der internationalen Wirtschaftsentwicklung abgehängt wird? Man darf schon glücklich sein, dass Lindner die verheerende wirtschaftliche Bilanz seiner Regierung nicht mit kosmischen Schwingungen erklärt. (…)
    Lindner kritisiert zwar die Abschaffung von Leistungstests bei den Bundesjugendspielen, aber würde ökonomisch schon am Binden der Turnschuhe in der Umkleidekabine scheitern. Spanien hat etwa mit gezielten Eingriffen in den Markt, wie einer Besteuerung von Extragewinnen, Preisbremsen sowie Subventionen des öffentlichen Nahverkehrs die Wirtschaft angekurbelt und die Inflation viel erfolgreicher bekämpft als Deutschland.
    Auch China, die USA und Japan nehmen staatliche Defizite in Kauf, um in Zukunftstechnologien zu investieren. Die Inflationsraten gehen dabei international zurück. Deutschland ist die einzige größere Volkswirtschaft, die nominale Staatsausgaben senkt (mit Ausnahme der wachsenden Rüstungsausgaben), und die einzige größere Volkswirtschaft, die schrumpft.
    Lindner behauptet mit seiner Verschwörungsökonomie gegen jede Evidenz, es brauche eine Absenkung der Staatsausgaben, um die Inflation zu bekämpfen. Dabei haben wir es mit einer Angebots- oder Gewinninflation zu tun, die nicht durch zu hohe Nachfrage ausgelöst wurde. Zudem stellte der Internationale Währungsfonds bereits 2009 in einer groß angelegten Länderstudie unter dem Titel „Public Debt, Money Supply and Inflation“ fest, dass für Industrienationen kein Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Inflation bestünde. Und es ist noch nicht einmal gesichert, dass eine Kürzung der Staatsausgaben die Staatsverschuldung senkt. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die negativen Effekte auf das Bruttoinlandsprodukt auch zu Erhöhung der Arbeitslosigkeit, höheren Sozialtransfers und Verringerung der Steuereinnahmen führen werden.
    Quelle: Fabio De Masi in Berliner Zeitung

    dazu: Habecks Kurswechsel: Braucht es also doch ein echtes Konjunkturpaket?
    Die Wirtschaft kriselt, aber die Regierung scheut ein echtes Konjunkturpaket, weil sie die Inflation missversteht. Nur bei Habeck hat es Klick gemacht.
    Diese Pointe hatte wohl keiner auf dem Bingo-Zettel: Christian Lindner wird zum Degrowth-Minister. Die deutsche Wirtschaft schrumpft nämlich dieses Jahr wieder. Um 0,4 Prozent, schätzt Habecks Wirtschaftsministerium; um 0,5 Prozent, schätzt der IWF; um 0,6 Prozent, schätzen die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose.
    Trotzdem scheut die Ampel ein klassisches Konjunkturpaket. Also eines, das den Leuten mehr Geld in die Taschen bringt und die Nachfrage ankurbelt. Auch die Ökonomenzunft ist zurückhaltend, selbst die Gewerkschaftsökonomen. Sie liegen alle falsch – und haben die nackten Konjunkturzahlen gegen sich. Nur bei Habeck hat es zuletzt Klick gemacht, offensichtlich. […]
    Letzte Woche, als er seine neue Minus-Prognose vorstellte und kurz darauf bei Sandra Maischberger eingeladen war, schlug er andere Töne an. Töne, die sich anhören, als sei ein Konjunkturpaket vielleicht doch nicht so verkehrt.

    »Wir müssen in der Binnennachfrage stärker werden, wir müssen die Leute in Deutschland in Konsumlaune bringen, wir müssen ihnen genug Geld geben, dass sie es ausgeben können, der Staat muss Investitionsmöglichkeiten schaffen und so weiter.«

    Warum Habeck mit seiner jüngsten Position richtig liegt und alle anderen falsch, beweisen die nackten Zahlen. Der private Konsum liegt in Deutschland am Boden, entwickelt sich sogar schlechter als bei unseren europäischen Nachbarn und fällt im Vergleich zur USA bemerkenswert ab.
    Quelle: Maurice Höfgen

    dazu auch: Das wird teuer – für die Grünen
    Robert Habeck wirbt dafür, dass die deutsche Wirtschaft ihre Abhängigkeit von China reduziert. Doch der zentralen Frage geht er aus dem Weg. Schon wieder.
    Wenn man einen politischen Fehler zum ersten Mal macht, ist es ärgerlich. Wenn man einen Fehler zum zweiten Mal macht, ist es vielleicht ein bisschen blöd. Wenn man allerdings einen Fehler zum dritten Mal begeht, ist es ziemlich sicher kein Zufall mehr, sondern, ja was eigentlich? Masochismus? Oder Ideologie? […]
    Wenn man politisch dafür argumentiert, nicht den günstigsten Lieferanten zu wählen, sondern den sichersten und wenn man zu Recht darauf hinweist, dass dies nicht zu machen ist, ohne dass Waren auch für Verbraucher teurer werden – dann stellt sich schon die Frage, wie man dies alles tun kann, ohne zugleich die Verteilungsdimension einer solchen Politik zu benennen.
    “Ich werde mich dafür einsetzen, dass den Preis dafür nicht diejenigen zahlen, die sowieso schon unter horrenden Lebensmittelpreisen, steigenden Mieten und niedrigen Gehältern leiden”, das wäre ein einfacher Satz, den Habeck hätte sagen können. Oder zumindest: “Wir als Bundesregierung werden dafür sorgen, dass die Lasten gerecht verteilt werden.”
    Stattdessen aber sagte er am Schluss seiner Rede: “Ich persönlich glaube, und das sage ich mit großer Dringlichkeit und mit großem Ernst, dass diese Zeit eine Wasserscheidenzeit ist. Deswegen meine ich, wir müssen die Dinge anders machen und auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.” Hier wiederum lässt sich leicht sagen, wer das Wir ist, das die politischen Konsequenzen tragen dürfte: der Bundeswirtschaftsminister und seine Partei.
    De-Risking muss man sich leisten wollen, und man muss es sich leisten können. Wer diese Gerechtigkeitsfrage nicht adressiert, wer sie verhüllt und verschweigt, der sollte nicht allzu verwundert sein, wenn bald wieder die Rede davon ist, dass es die Grünen sind, die das Leben der Normalverdiener teurer machen.
    Quelle: Zeit Online

  5. US-Flüssigerdgas aus Fracking ist viel schädlicher als Kohle
    LNG verursacht mehr Treibhausgase als alle anderen fossilen Energieträger, zudem schädigt es Gesundheit und Umwelt massiv.
    Die ARD-Dokumentation «LNG um jeden Preis» demontiert die Mär vom angeblich sauberen Flüssigerdgas LNG (Liquefied Natural Gas) aus den USA. Auf einer Recherchereise durch das Produktionsland bringt der Autor Michael Höft erschreckende Fakten ans Licht: Die Gewinnung von Flüssigerdgas führt zu radioaktiven Abfällen, vergifteten Flüssen und einer massiven Klimabelastung. Mit einer speziellen Kamera wird der enorme Austritt von Methan bei den Förderanlagen sichtbar. Wissenschaftler protestieren: Es wäre deutlich weniger klima- und gesundheitsschädlich, wenn man auf Kohle setzen würde, anstatt gefracktes Gas aus den USA zu importieren, die zu den grössten LNG-Exporteuren weltweit gehören. Trotzdem will die EU bis 2030 50 Milliarden Kubikmeter LNG pro Jahr zusätzlich aus den USA kaufen. Das entspricht einem Drittel der Erdgasmenge, die Europa 2020 noch aus Russland bezogen hat. (…)
    Michael Höft beginnt seine Recherche in Texas. Am Golf von Mexiko stehen die LNG-Terminals, die das Gas für die Verschiffung nach Europa auf minus 162 Grad herunterkühlen. Dieser Prozess benötige soviel Energie, dass ein Viertel der Gesamtenergie des Gases schon hier verloren gehe, schätzen Experten. Auf dem Schiff müsse dann noch weiter Gas eingesetzt werden, um das verbliebene LNG zu kühlen. Dazu kämen Gasverluste durch Lecks in der gesamten Lieferkette. «In Deutschland kommen nur noch 50 bis 70 Prozent des Gases an», kritisiert der international anerkannte Professor Robert Howarth von der Cornell University. Schon das allein sei alles andere als klimafreundlich oder nachhaltig.
    Quelle: Infosperber
  6. Die Wahlen in der Slowakei drehten sich um mehr als Russland
    Die Wahlergebnisse vom 30. September in der Slowakei wurden medial als Sieg des »prorussischen Kandidaten« Robert Fico dargestellt. Die Linke sollte jedoch verstehen, dass es bei der Wahlentscheidung nicht ausschließlich um das Thema Ukrainekrieg ging. Auch viele Wählerinnen und Wähler aus der Arbeiterklasse haben bei Ficos Partei die Kreuze gesetzt. […]
    Die meisten ausländischen Medien konzentrieren sich auf Ficos Wahlversprechen, die militärische Hilfe für die Ukraine einzustellen und Verhandlungen mit Russland zu fordern. In der Slowakei selbst haben hingegen die verbalen Attacken des Ex-Premiers auf Banken und Lebensmittelkonzerne mindestens ähnlich viel Aufmerksamkeit (und Anklang) gefunden. Das ist wenig verwunderlich, denn die Wählerinnen und Wähler erleben seit drei Jahren einen stetig sinkenden Lebensstandard. Sicherlich hat auch Ficos Rhetorik gegen Migrierende und seine Ablehnung einer vermeintlichen »LGBT-Ideologie« dazu beigetragen, vor allem Teile der älteren, konservativen Basis von Smer zu mobilisieren. Wenn Fico aber der einzige slowakische Politiker ist, der die materiellen Bedürfnisse der Menschen ansprechen kann, muss die Linke sich dringend hinterfragen und anfangen, den Wünschen der Bevölkerung zuzuhören.
    Quelle: Jacobin
  7. „Zum Schweigen gebracht”
    Der internationale Protest gegen die Absage einer Literaturpreisverleihung an eine palästinensische Autorin auf der Frankfurter Buchmesse schwillt an. Der Direktor der Buchmesse, Juergen Boos, hatte Ende vergangener Woche verfügt, „angesichts des Terrors gegen Israel“ könne das international hoch gelobte Buch „Eine Nebensache“ der Autorin Adania Shibli in Frankfurt nicht gewürdigt werden. Auch eine Diskussionsveranstaltung mit der Palästinenserin wurde gestrichen. Gegen die deutsche Maßnahme protestieren schon über 700 Schriftsteller, Übersetzer und Verleger aus aller Welt, darunter Nobelpreisträger sowie weitere weltbekannte Autoren: Kultur müsse „Verständnis und Dialog zwischen Kulturen“ fördern, heißt es in einem Protestbrief. Zudem ziehen sich Schriftsteller und Verlage aus der arabischen bzw. islamischen Welt von der Buchmesse zurück: Er wolle nicht mittragen, dass in Frankfurt „palästinensische Stimmen zum Schweigen gebracht werden“, erläutert ein ägyptischer Autor. Die Indienststellung kultureller Ereignisse zu Zwecken der deutschen Außenpolitik lässt sich bereits seit dem 24. Februar 2022 am Beispiel des Ausschlusses russischer Kultur beobachten; sie nimmt nun weiter zu.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Abgesagte LiBeraturpreis-Vergabe an Autorin Adania Shibli: Keine Nebensache
    Die Verleihung des LiBeraturpreises an die palästinensische Autorin Adania Shibli wurde kurzfristig abgesagt. Der Vorwurf: „Eine Nebensache“ sei einseitig und israelfeindlich. Wer ihren Roman dafür kritisiert, kann ihn nicht gelesen haben
    Deutschland ist ein Ort, wo ein bayerischer Wirtschaftsminister mit antisemitischen Schmierereien davonkommt, während eine palästinensische Autorin, die über die historisch verbürgte Geschichte einer Vergewaltigung durch israelische Täter schreibt, wegen Antisemitismus gecancelt wird, schrieb der in Israel geborene Autor Tomer Dotan-Dreyfuß am Wochenende sinngemäß auf Facebook.
    Anlass dieser Zeilen ist eine umstrittene kulturpolitische Entscheidung. Am kommenden Freitag sollte Adania Shibli den LiBeraturpreis 2023 erhalten. Mit dem LiBeraturpreis, der seit 1987 vergeben wird und derzeit mit 3.000 Euro dotiert ist, zeichnet die Organisation für Übersetzungsförderung Litprom Autor:innen aus dem Globalen Süden aus. Eine Jury hatte Mitte Juni entschieden, ihren Roman Eine Nebensache auszuzeichnen. Darin erzählt die in Ramallah und Berlin lebende Autorin zwei Geschichten. Zum einen greift sie einen Missbrauchs- und Mordfall an einem Beduinenmädchen durch israelische Soldaten im Jahr 1949 auf, den Journalisten der links-liberalen israelischen Tageszeitung Haaretz vor gut zwanzig Jahren aufgedeckt haben. Zum anderen spiegelt der Roman die Ich-Perspektive einer jungen Palästinenserin, die Jahrzehnte später dem Fall auf eigene Faust auf den Grund geht und dabei auf tragische Weise ums Leben kommt.
    Quelle: der Freitag

  8. Deutsche Bahn: Mit 20.000 Managern auf dem Weg zur Privatisierung?
    Jetzt geht es endlich los? Die neue Aktiengesellschaft DB Infra-GO AG. Bei Kritikern schrillen die Alarmglocken. Ein Interview mit dem Infrastrukturexperten Carl Waßmuth.
    Zum Jahreswechsel werden die DB Netz und die DB Station & Service zu einer neuen Aktiengesellschaft DB Infra-GO AG zusammengefasst.
    Die DB InfraGO AG wird sich in Zukunft um das Schienennetz in Deutschland kümmern. Etwaige Gewinne fließen zurück in den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur, verspricht die Bundesregierung. So komme endlich mehr Verkehr von der Autobahn auf die Schiene. Ein Schritt in Richtung verkehrspolitische Vernunft? Keineswegs, findet Carl Waßmuth vom Bündnis Bahn für alle.
    Herr Waßmuth, “Bahn für alle” protestiert hartnäckig gegen die Infra-GO AG. Die Parole lautet: “Infra no go!” Dabei steht das GO im Namen doch für gemeinwohlorientiert – was haben Sie dagegen, dass das Schienennetz in Deutschland nicht mehr gewinnorientiert betrieben werden soll?
    Carl Waßmuth: Das Go! im Namen soll wohl andeuten, dass es jetzt endlich losgeht. Das wäre auch bitter nötig, denn die Infrastruktur ist im schlimmen Zustand. Aber Bahnsysteme auf der ganzen Welt funktionieren am besten, wenn Züge und Schienen aus einer Hand betrieben werden.
    Solche integrierten Systeme gibt es in der Schweiz, in Österreich, eigentlich überall da, wo der Schienenverkehr gut funktioniert. Dass der FDP-Verkehrsminister Volker Wissing an der integrierten Bahn sägt, lässt bei uns alle Alarmglocken schrillen.
    Wir befürchten, dass die Netz-Infrastruktur nach und nach aus dem Verbund herausgelöst wird, um die DB Fernverkehr und DB Regio für eine Privatisierung aufzuhübschen und zu verkaufen. Das wäre nach der Aufspaltung ohne weiteres möglich.
    Ein Beschluss im Aufsichtsrat genügt, nicht einmal ein neues Gesetz wäre nötig. Dabei bringt die Reform keinerlei Vorteile. Die DB wird aufgespalten und abermals neue Posten geschaffen, obwohl die Managementkosten bereits jetzt erheblich sind.
    Welche Kosten meinen Sie?
    Carl Waßmuth: Kosten für Verwaltung und Management. Als wir vor 30 Jahren die Bahnreform bekommen haben, gab es 6.000 sogenannte Bahndirektoren, was als verschwenderisch angeprangert wurde. Heute leistet sich die Bahn 20.000 Manager.
    Wenn jeder von ihnen 100.000 Euro Jahresgehalt bekommt, sind das bereits zwei Milliarden jährlich! Gleichzeitig wurden 190.000 Stellen eingespart in den Betriebsdiensten, in den Zügen, auf den Bahnhöfen und so weiter.
    Quelle: Telepolis
  9. Der Fall Julien Assange zeigt die Heuchelei des Westens
    Wie kein anderer hat Julian Assange die Doppelmoral der »westlichen Wertegemeinschaft« verdeutlicht. Bei keinem anderen Fall herrscht auf politischer und medialer Ebene ein so lautes Schweigen. […]
    Wie würden die USA und ihre europäischen Verbündeten antworten, wenn Russland einen US-amerikanischen Journalisten zu 175 Jahren Haft verurteilen würde, da dieser mittels journalistischer Recherche russische Kriegsverbrechen an die Öffentlichkeit gebracht hatte? Die Reaktion wäre vermutlich durch Empörung geprägt. Dass der Fall Assange in Europa nicht eine derart flächendeckende Empörung hervorzurufen vermag, ist ein weiterer Beweis für die Doppelmoral der westlichen Wertegemeinschaft. Nur warum ruft der Fall Assange derart harsche Reaktionen seitens der US-Regierung hervor? Und warum ist in Europa keine größere Opposition gegenüber dem Verhalten der US-Regierung vorzufinden? […]
    Im Fall Assange geht es nicht allein um die Pressefreiheit, sondern um nichts weniger als das, was wir beständig als »westliche« Werte hochhalten. In einer Zeit, in der in der Ukraine zahlreiche Menschen angeblich für unsere Werte ihr Leben lassen müssen, stellt sich schlussendlich eine ganz entscheidende Frage: Wie lassen sich unsere »westlichen Werte« konkret definieren, wenn sie letztendlich höchst selektiv angewandt werden? […]
    Gefährlich wird Propaganda besonders dann, wenn sie einen Funken Wahrheit enthält. Um erfolgreich gegen sie vorzugehen, gilt es zunächst anzuerkennen, dass der Gegenpart – in diesem Fall Sacharowa – auch etwas Wahres anspricht. Sacharowas Aussagen lassen sich präzise in jene unbewussten Bereiche der gesellschaftlichen Verdrängung einordnen, die Assange durch seine Wikileaks-Enthüllungen zum Vorschein gebracht hat.
    Dieser Umstand wird umso deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Wertefundament, das die westlichen Staaten zu vertreten versuchen, keine weltweite Anerkennung findet. Die Reaktion vieler Staaten des globalen Südens auf den Krieg in der Ukraine fällt anders aus als erwartet. Zum Unverständnis westlicher Staaten enthalten sich viele Länder, statt den Krieg eindeutig zu verurteilen. Das ist ein Symptom jener politischen Doppelmoral, durch die sich das Verhalten westlicher Staaten über Jahre hinweg auszeichnete.
    In der Folge scheint es für viele Länder auf dieser Welt unbegreiflich, warum der brutale Angriffskrieg des russischen Regimes auf die Ukraine eine derartige Empörung hervorruft, wo es doch evident ist, dass auch westliche Staaten die Klaviatur des brutalen Angriffskrieges beherrschen.
    Quelle: Jacobin
  10. Mit der Einheit ging‘s bergab
    Vier ehemalige Redakteure des öffentlich-rechtlichen Fernsehens aus Ost und West berichten über den Zustand des Journalismus in Deutschland. Spätestens mit der Einheit wurde ihrer Ansicht nach ein Einheitsbrei zur Realität auf dem Bildschirm. Eine Rezension.
    Es steht schlecht um das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Der fortdauernde Skandal um das Postengeschacher beim RBB ist da nur die Spitze des Eisbergs. Mindestens ebenso schlimm ist der tägliche journalistische Offenbarungseid in ARD und ZDF. Wie tief können die öffentlich-rechtlichen Sender noch sinken? Geht es überhaupt noch tiefer? Und wann begann dieser Prozess?
    Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine 2022, dessen Vorgeschichte den Zuschauern der Hauptnachrichtensendungen seit weit mehr als anderthalb Jahren vorenthalten wird? Seit Corona, als der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Speerspitze der Angst- und Impfpropaganda wurde? Seit der Flüchtlingskrise, als alle zu Nazis erklärt wurden, die meinten, „wir“ schaffen es nicht? Seit dem Putsch in der Ukraine 2014, der schon damals kaum medial aufgearbeitet wurde und heute, siehe oben, größtenteils verschwiegen wird? Seit dem 11. September 2001, nach dem nicht aufgeklärt, sondern verschleiert wurde? Oder seit dem Jugoslawienkrieg, als Tagesschau und Co. an der Seite von NATO und rot-grüner Bundesregierung den völkerrechtswidrigen Kampfeinsatz unterstützten?
    Die Antwort wird je nach politischer Position und Erfahrung unterschiedlich ausfallen. Alle (geo)politischen Großereignisse der vergangenen Jahre zeigen den Verfall des Fernsehens. Immer mal wieder gab es Lichtblicke wie die Aufarbeitung der NATO-Lügen im WDR. Aber sie schienen (berechtigterweise) deshalb besonders hell, weil es ansonsten auf der Mattscheibe oder heutzutage dem LED-Bildschirm düster ist. Laut den vier Autoren des aktuellen Buches zum Abstieg des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt dessen Beginn noch weiter zurück. Lutz Herden, Wolfgang Herles, Luc Jochimsen und Michael Schmidt schauen zurück bis ins Jahr 1989 und die Zeit davor. Schließlich wurde auch die Deutsche Einheit im Westfernsehen größtenteils von nur einer Seite betrachtet. Widerspruch war nicht erwünscht, wie unter anderem der damalige Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios Herles berichtet.
    Quelle: Hintergrund

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