Imageberater für Steinbrück
Für 160.000 Euro pro Jahr sucht der Finanzminister laut SPIEGEL einen externen Imageberater. Er soll dafür sorgen, dass Steinbrück „mit den richtigen Themen und der richtigen Sprache am Markt ist.“ Dem Finanzminister geht es offenbar nicht mehr darum, ob sein Sparkurs richtig oder falsch ist, es geht nur noch darum diesen Kurs zu „verkaufen“.
Wir wollen hier nicht danach fragen, wozu beschäftigt eigentlich Steinbrück einen Sprecher und wofür hält er sich eine Pressestelle?
Wir wollen Steinbrück auch nicht wie die BILD-Zeitung wegen eines gestörten Verhältnisses zum Geld des Steuerzahlers kritisieren. Auch mangelndes Selbstvertrauen wollen wir ihm nicht unterstellen; im Gegenteil: Man muss schon ein ziemlich gut entwickeltes Selbstbewusstsein haben, wenn man sich angesichts der von ihm selbst angekündigten Sparpläne vor allem im Sozialhaushalt den Luxus eines teuren persönlichen Medienberaters gönnt.
Diese Fragen sind zwar auch berechtigt, aber das sind letztlich Stilfragen.
Viel entscheidender ist, dass Steinbrück offenbar seine Politik einem demokratischen Diskurs entziehen will und es ihm vor allem darum geht, die mediale Zustimmung für seine vorgefasste Finanzpolitik zu organisieren. Der Wiener Schriftsteller, Robert Menasse, formulierte das in der ZEIT jüngst so: Es geht der großen Koalition nur noch darum, wie gut es ihr gelingt, „eine Politik, die für die meisten schmerzhaft sein müsse, auf den Weg zu bringen und dennoch die Zustimmung der Mehrheit dafür (zu) organisieren“. Es geht also nicht mehr darum „Wo kommen wir mit dieser Politik hin?“ sondern nur noch „Wie bekommen wir diese Politik hin?“, ohne dass uns die Bevölkerung zum Teufel jagt.
Die politischen Wissenschaften im angelsächsischen Sprachraum unterscheiden den aufgabenorientierten Inhalt von Politik und nennen das „policy“. Dagegen stellen sie den prozessualen Verlauf von Politik und das bezeichnen sie als „politics“. Nach dieser Unterscheidung geht es Steinbrück nicht mehr um „policy“ sondern nur noch um „politics“. Er versucht die Inhalte seiner Politik der demokratischen Debatte und der Entscheidung des Wahlvolkes zu entziehen und baut darauf „mit den richtigen Themen und der richtigen Sprache“ die öffentliche Meinung auf seinen für große Teile der Bevölkerung schmerzhaften Sparkurs einzustimmen.
Paul Krugman, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Princeton University, den viele als Anwärter auf den Nobelpreis sehen, schrieb am 13.2.06 in der SZ-Beilage der New York Times über die Bush-Regierung in den USA: „This administration is all politics and no policy.“
Das gilt seit der Schröder-Regierung auch für Deutschland. Schon Schröder hat mit allen politischen Taschenspielertricks bis hin zu seinem Neuwahl-Coup eine Debatte in der Öffentlichkeit und in seiner Partei über das Scheitern seines neoliberalen Konzeptes zu verhindern gewusst. Steinbrück will als gelehriger „Kurshalter“ (so sein Wahlkampfslogan in NRW) des Alt-Kanzlers offenbar diese Strategie der Verweigerung einer kritischen Aufarbeitung eines sich mehr und mehr als falsch und schädlich erweisenden Kurses fortsetzen. Deshalb braucht er einen Spin-doctor und Imageberater.
Tröstlich kann einen dabei stimmen, dass auch sein Vorgänger schon einen Strippenzieher namens Klaus-Peter Schmidt-Deguelle hatte. Dieser Medienberater konnte Hans Eichel für teures Geld zwar insgesamt zwanzig Mal zu Sabine Christiansen bringen, er konnte wirklich alle Tricks einsetzen um dem „Spar-Hans“ das Image des Kassenwartes der Nation zur verpassen. Hans Eichel ist grandios gescheitert. Seine prozyklische Sparpolitik hat uns immer nur neue Schulden gebracht.
Steinbrück, der auf dem besten Wege ist die Fehler seines Vorgängers fortzusetzen, sollte daraus lernen, dass das beste Image nicht von Dauer ist und noch so perfekte „politics“ nicht helfen, wenn er eine falsche „policy“ macht.
Auch bei Steinbrück wird erfahren müssen, dass man in einer Phase ökonomischer Stagnation, durch staatliches Sparen immer nur neue Schulden auftürmen wird und jedenfalls kein Wirtschaftswachstum anstoßen kann, das zusätzliche Steuereinnahmen und damit eine Entlastung des Staatshaushalts bringen würde.
Aber bis er dann wie sein Vorgänger wie ein räudiger Hund vor die Tür gejagt und er zusammen mit Franz Müntefering die SPD vollends ruiniert haben wird, wird es neue Amtsträger geben. Wie schrieb doch Robert Menasse so seherisch:
Wenn Wirtschaftsinteressen regieren, ist unerheblich, wer welches politische Amt bekleidet. Dann gilt nur noch die Frage, welchen politischen Repräsentanten es besser gelingt, die materiellen Ansprüche der Wirtschaft in ideelle politische Ansprüche zu übersetzen und politische Zustimmung zur realen Verabschiedung der Politik zu organisieren.