Das ist der Titel eines interessanten Buches. In diesem von Jonathan Beck, C.H.Beck München, herausgegebenen Buch werden 113 Bücher vorgestellt. Von fast genauso vielen Autoren, die zugunsten der ukrainischen Opfer des Krieges in der Ukraine auf ihr Honorar verzichten. Die Autoren, so der Herausgeber, waren gebeten worden, „ein Buch zu präsentieren, ganz gleich in welcher Sprache und wann erschienen, das Orientierung für unsere Zukunft bietet, …, auch wenn es vielleicht (noch) nicht zu den bekannten Klassikern gehört.“ Albrecht Müller.
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Zunächst merke ich mit Vergnügen an, dass man dieses Buch stückchenweise lesen und genießen oder sich ärgern kann. Man schaut ins Inhaltsverzeichnis oder ins gesammelte Bücherverzeichnis oder auf die Liste der besprechenden Autoren und wählt aus, welche Buchvorstellung man gerade gerne liest. So habe ich inzwischen fast alle Texte gelesen, die meisten mit Gewinn.
Das Inhaltsverzeichnis ist chronologisch geordnet:
Antike – sechs Titel. Von Laozi, Dao de Jing bis Die Bibel
Mittelalter und frühe Neuzeit – sechs Titel. Von Hildegard von Bingen, Scivias bis Saint-Simon, Memoiren
18. Jahrhundert – sechs Titel. Von Louis-Sebastian Mercier, Das Jahr 2440 bis Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden
19. Jahrhundert – 15 Titel. Von Novalis, Die Christenheit oder Europa bis Sigmund Freud, Die Traumdeutung
Erste Hälfte des 20. Jahrhundert – 24 Titel. Von Theodor Herzl, Altneuland bis George Orwell, 1984
Zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts –. 35 Titel – von Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft bis Sebastian Haffner, Geschichte eines Deutschen
21. Jahrhundert – 21 Titel. Von Ralf Dahrendorf, Auf der Suche nach einer neuen Ordnung bis Kevin Rudd, The avoidable war.
Der Orientierung der Leserinnen und Leser dienen dann noch drei nützliche Übersichten am Ende des Buches:
- Die Autorinnen und Autoren,
- Eine Übersicht über die „Beiträgerinnen und Beiträger“ mit den von ihnen vorgestellten Werken, also die Autorinnen und Autoren der Buchvorstellungen, alphabetisch geordnet.
- Ein Verzeichnis der vorgestellten Werke.
Diese Verzeichnisse helfen bei der Lektüre. Es wird vielen potenziellen Leserinnen und Lesern so gehen wie mir. Sie werden nicht von vorn bis hinten durchlesen, sondern sich Titel heraussuchen, die sie nicht kennen, oder Titel, die sie kennen, deren Wahrnehmung sie interessiert.
Die Texte sind unterschiedlich interessant und verschieden gelungen, eine Binsenweisheit, die eigentlich in der Natur der Sache liegt. Manche Besprechungen sind sehr informativ und interessant, als Leser erfährt man, was einen bei der Lektüre des besprochenen Buches erwartet. Nach dieser wichtigen Information über den Inhalt des Buches ist man dann durchaus auch geneigt, die Bewertung und Kommentierung der besprechenden Autoren zu lesen. Andere Autoren verzichten auf die aus meiner Sicht notwendige Information über Inhalt und Anlage des besprochenen Buches und kommen gleich zur Reflexion und Kommentierung. Dieses Vorgehen hat mich gestört. Das muss aber nicht allen Lesern so gehen.
Zeitgenossen, die dieses Buch in die Hand nehmen und lesen, werden sich vermutlich wie ich vorher fragen, ob jene bemerkenswerten Bücher, von denen sie persönlich annehmen, sie würden „in die Zukunft weisen“, im Sammelband des Beck-Verlags enthalten und vorgestellt sind. Ich habe das jedenfalls so gemacht. Ich habe mir überlegt, welche Bücher, die ich kenne, aus meiner Sicht in die Zukunft weisen. Und dann konnte ich feststellen, welche Bücher aus meiner Sicht fehlen.
Bevor ich darauf zu sprechen komme, will ich hier noch schnell die Liste der im Buch des Beck-Verlages besprochenen Bücher einfügen. Diese vier Seiten bieten Ihnen eine gute Übersicht:
Was fehlt aus meiner Sicht:
Zum Beispiel Naomi Klein: Die Schock-Strategie.
Zum Beispiel ein aus meiner Sicht wegweisendes Buch von Robert W. McChesney: Rich Media, Poor Democracy
Zum Beispiel Tolstoi: Krieg und Frieden
Zum Beispiel Ernst Toller: Eine Jugend in Deutschland. – Ein Buch, das aus meiner Sicht wichtiger ist als beispielsweise das von im Buch des Beck-Verlags aufgenommene Buch von Ernst Forsthoff.
Zum Beispiel John Maynard Keynes: Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes. – Dieses Buch war in der Geschichte des letzten Jahrhunderts wichtig und ist gerade in Zeiten der Vorherrschaft neoliberaler Theorien ausgesprochen aktuell und zukunftsweisend.
Zum Beispiel Umberto Eco: Der Name der Rose.
Zum Beispiel Lion Feuchtwanger: Die Jüdin von Toledo.
Jetzt will ich noch ein paar Autoren ohne Buchtitel nennen, die aus meiner Sicht in der Zusammenstellung des Beck-Verlages fehlen: Victor Hugo, Marc Twain, Bertolt Brecht, Max Frisch, Erich Fromm, Vilfredo Pareto, Karl Popper und daran anschließend Hans Albert, den wahrscheinlich kaum jemand kennt, der aber ausgesprochen gute ideologiekritische Texte geschrieben hat.
Die Hinweise auf fehlende Autoren und Titel will ich mit der Empfehlung verbinden, eine Fortsetzung von „Bücher, die in die Zukunft weisen“ aufzulegen. Das kann der Verlag ja überlegen, wenn dieser erste Versuch sich als für Leserinnen und Leser attraktiv und als erfolgreich erweist.
Das vorliegende Buch hat eine konservative, jedenfalls von westlicher Ideologie geprägte Schlagseite. Schon im Vorwort kommt der Begriff „russischer Angriffskrieg“ vor. Das ist unnötig wie auch die Aufnahme und Heraushebung von Büchern, die in die gleiche Richtung weisen. Das immanente Schüren des Konfliktes mit Russland weist jedenfalls nicht in die Zukunft.
Davon unabhängig gilt: „Eine andere Welt. Bücher, die in die Zukunft weisen“ ist ein interessantes Buch und es lohnt sich, es zum gelegentlichen Nachschlagen und Lesen im Bücherschrank zu haben.
Bibliografische Angaben: 511 Seiten. München 2023. 32 €