Robert Menasse in der „Zeit“ über „die Frau, die den Staat abschafft“.
Ein Beitrag des Wiener Schriftstellers Robert Menasse, der den deutschen Intellektuellen und Chefkommentatoren die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste.
Ein Österreicher muss uns Deutschen den Spiegel vors Gesicht halten und unserer kritischen Intelligenz ins Stammbuch schreiben, auf welchen „High-Noon mit Platzpatronen“ wir im Wahlkampf hereingefallen sind, dass es, wenn Wirtschaftsinteressen regieren, unerheblich ist, wer welches politische Amt bekleidet, dass die Große Koalition eben nicht die „pragmatische Lösung“ ist, als die man sie uns zu verkaufen versucht, „sondern die bloße Synergie von zwei verschiedenen Populismuskonzepten der Politikdarstellung.“
Dieser Essay liefert eine scharfsinnige Analyse des demoskopischen Höhenfluges der Kanzlerin und einer orientierungslosen SPD, die es allenfalls als „narzisstische Kränkung“ empfindet, weil sie nur noch wie ein Think Tank der Union erscheine. Die deutschen Leitartikler würden Angela Merkel nur noch abverlangen, „kompromisslos auf einem schon einmal gescheiterten Weg weiterzugehen, dies aber als kompromissbereites Schreiten auf einem neuen Weg erscheinen zu lassen“.
Selbst die deutschen Philosophen wetteiferten nur noch mit Wirtschaftsjournalisten darum, „wer die härteren und schmerzhafteren Vorschläge für eine Politik gegen die objektiven Interessen der Mehrheit habe.“
Von unseren Denkern würde nur noch diskutiert „Wie kommen wir dorthin und nicht: „Wo kommen wir da hin?“.
Dem Träger zahlreicher bedeutender Literaturpreise Robert Menasse sei Dank. Er öffnet uns Deutschen die Augen auf die, die bei uns „auf das ´Wunder Merkel` starren“.
Quelle: DIE ZEIT