Wenn sich die Vertreter der deutschen Wärmepumpenhersteller heute mit Robert Habeck zum dritten „Wärmepumpengipfel“ im Wirtschaftsministerium treffen, dürfte die Stimmung miserabel sein. Trotz oder besser wegen des katastrophal kommunizierten „Heizungsgesetzes“ lahmt der Absatz von Wärmepumpen. Im ersten Halbjahr wurden rund 70 Prozent weniger Wärmepumpen verkauft als im Vorjahreszeitraum. Gründe dafür gibt es viele und die meisten sind hausgemacht. Das Hauptproblem ist und bleibt aber der irreal hohe Strompreis, der eine Wärmepumpe ökonomisch unattraktiv macht. Wenn die Ampel hier nicht bald reagiert, droht der deutschen Wärmepumpenbranche ein Desaster. Die ostasiatische Konkurrenz steht bereits in Lauerstellung und könnte den Markt künftig dominieren. Nach der Pleite der Solar- und der Windenergiebranche droht dem Standort Deutschland damit die dritte strukturpolitische Katastrophe bei den erneuerbaren Energien. Das ist keine grüne, sondern einfach nur dumme Politik. Von Jens Berger.
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Die Wärmepumpe ist zu einem Politikum geworden. Daran ist jedoch nicht die Technik selbst, sondern die Politik schuld. Heute steht die Wärmepumpe in der öffentlichen Debatte nicht für eine in vielen (aber nicht in allen) Fällen durchaus sinnvolle neue Heiztechnologie, sondern für die vor allem von den Grünen gelebte Arroganz gegenüber Millionen Hausbesitzern. Der Kardinalfehler dabei ist, dass die Politik lieber auf rechtliche und ökonomische Zwänge setzt, die für einen großen Teil der Menschen mit Kosten verbunden sind, die sie einfach nicht stemmen können. Hinzu kommt ein selbstverschuldetes Kommunikationsdesaster. Potenzielle Kunden von Wärmepumpen spekulieren nun auf neue Förderungen und vor allem auf sinkende Preise und warten mit der Anschaffung erst einmal ab. Zu recht, denn dass die Preise mittel- bis langfristig deutlich sinken werden, ist kein Geheimnis, und da die Neufassung des „Heizungsgesetzes“ die Deadlines nach hinten verschoben hat und nun Gemeinden und Städte erst einmal ihre Wärmeplanung erstellen und vorlegen sollen, ist es für Hausbesitzer vollkommen rational, erst einmal abzuwarten.
Für die deutschen Wärmepumpenhersteller ist dieses Abwarten jedoch fatal. Ihre Geräte sind nämlich meist teurer als die der ostasiatischen Konkurrenz. Die kann von Skaleneffekten profitieren, die sich vor allem aus der technischen Nähe von Wärmepumpen und Klimaanlagen ergibt – bei denen sind die Hersteller aus Südkorea und Japan Weltmarktführer und chinesische Hersteller steigern Jahr für Jahr ihre Marktanteile. Zurzeit haben die deutschen Hersteller jedoch trotz der meist höheren Preise auf dem eigenen Markt noch einen „Heimvorteil“, da diese Hersteller auch klassische Öl- und Gasheizungen anbieten und daher bestens mit den Sanitärbetrieben vor Ort vernetzt sind, die letztlich bei der Wahl des Gerätetyps mitentscheidend sind – so wird sich der Sanitärbetrieb vor Ort weigern, ein preiswertes chinesisches Produkt einzubauen, für das seine Monteure nicht geschult sind und für das er im Fall eines Defekts weder über Expertise noch über eine zuverlässige Ersatzteillogistik verfügt.
Doch dieser Heimvorteil ist ein Vorteil auf Zeit und es gibt zwei denkbare Szenarien: Wenn es für die deutschen Hersteller gut läuft, boomt in den nächsten Jahren der Absatz, sie können ihre Dominanz in einem schnell wachsenden Markt verteidigen und selbst Skaleneffekte nutzen, um konkurrenzfähige Preise anzubieten. Oder es läuft schlecht, die bereits vorgenommenen Investitionen lassen sich nicht über steigende Stückzahlen wieder reinholen und die Konkurrenz aus Ostasien erobert so mittel- bis langfristig den Markt. Zurzeit deuten die Zahlen darauf hin, dass es auf ein Worst-Case-Szenario für die deutschen Hersteller hinausläuft.
Quelle: WELT
Angepeilt war der Absatz von bis zu einer Million Pumpen pro Jahr, wobei 500.000 verkaufte Exemplare für dieses Jahr die politische Zielmarke sind. Die aktuellen Zahlen sehen jedoch so aus, dass es in diesem Jahr nur 350.000 werden. Gleichzeitig steigt der Anteil von Gasheizungen um fast 30 Prozentpunkte und mit fast 60 Prozent liegt der Anteil von Gasheizungen sogar bei den Neuinstallationen wieder vor der Wärmepumpe. Zum Teil dürfte dies schlichtweg daran liegen, dass im konkreten Fall die Wärmepumpe ökonomisch keine echte Alternative ist. Meist nehmen sich Gasheizung und Wärmepumpe – wenn man die üppigen Subventionen mit einrechnet – ökonomisch nicht allzu viel und letztlich ist die Gasheizung „nur“ deshalb die rationalere Lösung, weil die Unterhaltskosten beider Heizungstechnologien sich nicht viel nehmen. Genau an diesem Punkt könnte und müsste eine kluge Wirtschaftspolitik auch ansetzen; und zwar nicht durch eine wahrscheinlich schon bald kommende Verteuerung des Gaspreises, sondern durch eine deutliche Verbilligung des Strompreises.
Zu den Hintergründen zum Strompreis lesen Sie bitte den Artikel „Strompreisdeckel – Würden die Menschen das Strompreissystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh“
Die Rahmendaten für die künftigen Strompreise hatte ich bereits im Juli in einem Artikel überschlagen. Eine Wärmepumpe mit gutem Wirkungsgrad verbraucht für 10 kW Heizleistung rund 7.100 KWh Strom. Wenn der Strompreis – wie abzusehen ist – in den nächsten Jahren auf 60 Cent pro KWh steigt, entspricht dies 4.260 Euro pro Jahr bzw. 355 Euro pro Monat. Würde man den Strom für Wärmepumpen aus dem Merit-Order-Prinzip herausnehmen, wären 26 bis 29 Cent pro KWh möglich. Würde man dann auch noch keine CO2-Zertifikate für diesen Strom erheben, wären sogar 22 Cent pro kWh durchaus realistisch. Die monatliche Stromgebühr für die Wärmepumpen-Heizung aus der oben genannten Überschlagsrechnung würde dann auf 130 Euro pro Monat sinken. Würde man diesen Strom auch noch von Steuern, Abgaben und Umlagen befreien, käme man auf rund die Hälfte, also rund 65 Euro pro Monat. Was wären die Folgen? Die Menschen müssten bei solchen Preisen nicht mehr gezwungen werden, sich eine Wärmepumpe einzubauen, sondern würden den Sanitärbetrieben wohl freiwillig die Tür einrennen. Zu schön, um wahr zu sein?
Technisch wäre dies kein Problem. Man könnte Wärmepumpen ohne Probleme mit einem eigenen Stromzähler über einen Sondertarif versorgen. Ein weiterer Vorteil wäre, dass diese Subventionierung nicht zu Lasten anderer Verbraucher ginge, die „noch“ mit Gas, Öl oder anderen Energieträgern heizen, und damit sozialverträglich und „unideologisch“ wäre. Die Einzigen, die diesen Vorschlag vehement ablehnen würden, sind die Profiteure des jetzigen Systems – die Energiekonzerne, die Energiehändler und der Bundesfinanzminister, der sich mit den Steuern und Abgaben zurzeit sprichwörtlich dumm und dämlich verdient.
Energie- und Heizwende wären also durchaus möglich, ohne dass die Verbraucher großartig zusätzlich belastet würden. Doch dazu wird es leider nicht kommen. Die Grünen verfolgen die Ideologie, nicht über niedrige, sondern über hohe Preise das Verhalten zu steuern. Nicht Belohnung für erwünschtes, sondern Bestrafung für unerwünschtes Verhalten ist hier die Devise. Für die FDP wiederum ist der – bei näherer Betrachtung alles andere als – freie Markt eine heilige Kuh. Die Bepreisung eines kompletten Energieträgers von den Marktmechanismen zu entkoppeln, wäre für sie ein Sakrileg. Die SPD wiederum ist traditionell bestens vernetzt mit den Energiekonzernen und auf unterer Ebene mit den Stadtwerken. Beide profitieren von hohen Preisen. Um es zuzuspitzen: Die Interessen der Bürger laufen hier den Interessen der Ampel diametral entgegen. Und so sind steigende Preise und ein Exodus eines eigentlich zukunftsfähigen Technologiesektors für den Standort wohl vorprogrammiert. Daran wird auch der x-te „Wärmepumpengipfel“ nichts ändern.
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