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- »Taurus« vor Abschuss
- China bestellt deutsche Botschafterin in Peking ein
- Keine Lüge mehr: Sanktionsregime des Westens
- Bomben für Notkredite: Wie die USA Pakistan dazu brachten, der Ukraine Waffen zu liefern
- »Das begann nicht erst mit dem Ukraine-Krieg«
- Libyen: Ein politisch geteiltes Land hat in einer Notlage erst recht schlechte Karten
- Wohnungskrise verschärft sich
- Erholung rückt in weite Ferne
- „Aufkommensneutrale Grundsteuerreform“ – Kommunale Spitzenverbände rücken von Zusage ab
- „Russen nicht willkommen”
- „Kriegspropaganda“: Studenten-Protest gegen Ausstellung von Gräuelfotos in der HU
- Über den Schmerz des Verschweigens. Palästinenser:innen in Deutschland und in der Schweiz
- Die Bauern-Revolution
- Söder will in Bayern staatliche Verhaltenslenkung mit programmiertem Geld einführen
- AfD, CDU und FDP in Thüringen: Die Brandbeschleunigungsmauer und das Kapital
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- »Taurus« vor Abschuss
Ukraine: Vor Ramstein-Treffen wächst Druck auf Bundesregierung, Kiew weitreichende Marschflugkörper zu liefern.
Vor der für den Dienstag geplanten nächsten Runde der innerwestlichen Absprachen im »Ramstein-Format« (»Ukraine-Kontaktgruppe«) wächst der Druck auf Berlin, Kiew »Taurus«-Marschflugkörper zu liefern. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte die früheren Lieferungen ähnlicher Raketen durch Frankreich und Großbritannien. Die BRD habe bereits gezeigt, dass ihre Lieferungen an die Ukraine »einen Unterschied machten«, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter hatte am Sonntag abend in der ARD erklärt, er rechne mit raschen Entscheidungen bei dem Ramstein-Treffen auf dem exterritorialen US-Stützpunkt bei Kaiserslautern. Ähnliches hatte Omid Nouripour von den Grünen bereits letzte Woche gefordert. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte am Freitag erklärt, die Entscheidung über eine Lieferung brauche so lange, wie sie eben brauche. Der Minister spielte im übrigen die Bedeutung der »Taurus«-Raketen herunter: Nur ein Teil von ihnen sei einsatzfähig, bei einem anderen müsse die Software neu programmiert werden. Diese scheinbar technische Frage ist die politisch entscheidende: Wohin soll mit den »Taurus«-Raketen geschossen werden können? Bisher hat die Bundesregierung versucht, den Eindruck zu erwecken, sie wolle verhindern, dass dies auch Ziele im Inneren Russlands sein könnten. Deshalb sei sie mit den Herstellern im Gespräch darüber, die Reichweite der Geschosse entsprechend zu reduzieren. Andererseits hält sich der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij die Entscheidung über Angriffe in Russland selbst ausdrücklich offen.
Quelle: junge Weltdazu: Pistorius kündigt 400-Millionen-Euro-Hilfspaket an
Verteidigungsminister Pistorius hat die Lieferung von weiterer militärischer Hilfe an die Ukraine im Wert von 400 Millionen Euro angekündigt. “Taurus”-Marschflugkörper seien nicht Teil dieses Pakets.
Quelle: tagesschaudazu auch: Verteidigung: Stoltenberg macht Berlin Druck
Der Generalsekretär der Nato, Jens Stoltenberg, hat den Druck auf die Ampel-Koalition verstärkt, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. “Im Kalten Krieg, als Konrad Adenauer oder Willy Brandt regierten, lagen die Verteidigungsausgaben bei drei bis vier Prozent der Wirtschaftsleistung”, sagte Stoltenberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In seiner norwegischen Heimat sei es ähnlich gewesen. “Wir haben das damals geschafft, und wir müssen es heute wieder schaffen.” Stoltenberg erinnerte an den Beschluss des Nato-Gipfels in Vilnius, wonach zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Militärausgaben für die Bundeswehr “das Minimum” seien. Er gehe davon aus, dass viele Verbündete dieses Ziel übertreffen dürften. (…)
Stoltenberg rechnet nicht mit einem schnellen Ende der Kämpfe in der Ukraine. “Die meisten Kriege dauern länger, als bei ihrem Ausbruch erwartet wurde. Deswegen müssen wir uns auf einen langen Krieg in der Ukraine vorbereiten.” Zwar wünschten sich alle “einen schnellen Frieden”, müssten aber gleichzeitig erkennen: Wenn die Ukrainer “aufhören zu kämpfen, wird ihr Land nicht mehr existieren”. Erst wenn der russische Staatschef Wladimir Putin und sein Land die Waffen ruhen ließen, werde es Frieden geben. Nach einem Friedensschluss braucht die Ukraine aus Stoltenbergs Sicht Sicherheitsgarantien. Es gebe “keinen Zweifel, dass die Ukraine am Ende in der Nato sein wird”.
Quelle: ZDF - China bestellt deutsche Botschafterin in Peking ein
Eine Aussage von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) über den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping schlägt diplomatische Wellen. Wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes dem SPIEGEL auf Anfrage bestätigte, wurde die deutsche Botschafterin Patricia Flor in Peking am Sonntag in das chinesische Außenministerium einbestellt. Dies geschah, nachdem Baerbock dem US-Sender Fox News ein Interview gegeben hatte.
Darin nannte sie Xi einen Diktator. China reagierte mit großer Empörung: Baerbocks Äußerungen seien »extrem absurd und eine schwere Verletzung der politischen Würde Chinas und eine offene politische Provokation«, sagte die chinesische Außenministeriumssprecherin Mao Ning. Peking sei »zutiefst unzufrieden« und werde auf diplomatischem Wege gegenüber der deutschen Seite vorstellig werden.
Quelle: DER SPIEGELAnmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu u.a. auch „Kulturwandel“ im Auswärtigen Amt: Baerbock will, dass deutsche Diplomaten mehr auf Social Media gegen Russland und China austeilen und Annalena Baerbock vergleicht Xi Jinping mit Putin und nennt ihn einen Diktator mit Anmerkungen.
dazu: China wegen Baerbock-Äußerung über Xi empört
Chinas Außenministerium hat die Worte von Außenministerin Annalena Baerbock, die den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping als Diktator bezeichnet hat, am Montag als „äußerst absurd“ zurückgewiesen. Die Kommentare der deutschen Seite seien „eine ernsthafte Verletzung der politischen Würde Chinas und eine offene politische Provokation“, sagte Außenamtssprecherin Mao Ning am Montag auf der täglichen Pressekonferenz des Ministeriums in Peking. Am Sonntag war die deutsche Botschafterin Hildegard Flor in Peking ins Außenministerium einbestellt worden. Das bestätigte das Auswärtige Amt auf Anfrage der F.A.Z.
Quelle: FAZAnmerkung unserer Leserin S.B.: Baerbock ist unsere oberste Diplomatin, als Außenministerin stellt sie als offizielle Vertreterin unseres Landes das Bild in der Welt dar, wie Deutschland (angeblich) tickt. Die Aufgabe eines Diplomaten ist Beziehungen zu knüpfen, zu verbessern, überhaupt aufrecht zu erhalten – die Aufgabe ist sicherlich nicht sich als „Kriegsministerin“ lächerlich zu machen. Nicht nur, dass sie Russland ruinieren will, so en passant Russland den Krieg erklärt (ach, ein Versehen, war nicht so gemeint!), ob sie den Arabern Feminismus beibringen will… bei ihr muss man Blut und Wasser schwitzen, ob sie nicht in einem Satz ihrer unmöglichen Reden wieder mal einem Land den Krieg erklärt oder zumindest die Regierungschefs beleidigt. Sie ist ein Trampel, ein Elefant im Porzellanladen, und gefährlich für Deutschlands Sicherheit. Daneben sind ihre sprachlichen Ausrutscher und Kreation neuer Worte (Ostkokaine…) schon legendär und füllen ein Wörterbuch. Ihr „English for advanced beginners“ ist mir nicht ganz so wichtig, es gibt Dolmetscher. Aber eine Außenministerin, die noch nicht einmal die eigene Muttersprache beherrscht und als Diplomatin andere Länder ruinieren will – das geht gar nicht. Null, gar nichts, versteht die von anderen Kulturen und wie man sich in anderen Ländern benimmt. Dass sie noch im Amt ist zeigt mir auch die Schwächen unseres Kanzlers.
- Keine Lüge mehr: Sanktionsregime des Westens
Kann man sich lauthals zum Kampf gegen Hunger und Armut bekennen und gleichzeitig Hunderte Millionen Menschen von ihrer Versorgung abschneiden? Na klar! Die westlichen Staaten aka »Wertegemeinschaft« machen es vor. Deutschland zum Beispiel. Wohlfeile Töne, auch das eine oder andere Milliönchen hat die Bundesregierung immer wieder zur Hand, wenn sie sich damit als globale Wohltäterin aufspielen kann. Gleichzeitig geht sie mit harten Sanktionen gegen missliebige Staaten vor; oft noch weiter reichende US-Sanktionen billigt sie in der Regel umstandslos. Wen die Sanktionen treffen, das weiß man seit Jahren – die einfache Bevölkerung, die vom Zugang zu Gütern des Alltagsbedarfs, oft auch zu Nahrung, zu Medikamenten abgeschnitten wird. Jüngstes Exempel ist Niger, eines der ärmsten Länder der Welt. Millionen hungern dort bereits seit Jahrzehnten. Seit dem Putsch Ende Juli wird jetzt unter Beifall des zufriedenen Berlins mittels drakonischer Sanktionen auch noch die Einfuhr von Lebensmitteln blockiert. Man darf raten, wozu das führt. Mit diesem schreienden Missstand hat nun eine Gruppe von elf Staaten, angeführt von Russland, die Vereinten Nationen in New York konfrontiert. Am Montag wollte die UNO auf einem eigenen Gipfel ihre Nachhaltigkeitsziele bekräftigen, deren erste zwei lauten: »keine Armut«, »kein Hunger«. Die elf Staaten kennen die Folgen von Sanktionen aus eigener leidvoller Erfahrung und dringen darauf, derlei Maßnahmen endlich einzustellen, statt sie, wie der Westen es tut, immer häufiger als Mittel des Wirtschaftskriegs zu nutzen, bevorzugt gegen ökonomisch eindeutig unterlegene Gegner – siehe Niger. Dabei wollen die elf Staaten es nicht bei Worten belassen: Sie ziehen, wie am Montag gemeldet wurde, die Blockade von mindestens vier geplanten UN-Erklärungen in Betracht, in denen – wie üblich in gedrechselten Worten mit sorgenvoll mahnendem Unterton – stolze Ziele für den Fortschritt der Menschheit verkündet werden sollten; Ziele, die für Staaten, die mit Sanktionen überzogen werden, sowieso nicht erreichbar sind. Das Motto der elf: lieber keine Erklärung als noch eine Lüge mehr.
Quelle: junge Welt - Bomben für Notkredite: Wie die USA Pakistan dazu brachten, der Ukraine Waffen zu liefern
Was haben der Sturz von Imran Kahn und IWF-Kredite mit dem Ukraine-Krieg zu tun? The Intercept enthüllt einen geheimen US-Deal. Es geht um Erpressung und Demokratieverachtung.
Im April 2022 unterstützten die USA das pakistanische Militär bei dem Vorhaben, ein Misstrauensvotum zu organisieren, um Premierminister Imran Khan abzusetzen. Im Vorfeld der Absetzung äußerten Diplomaten des US-Außenministeriums gegenüber ihren pakistanischen Amtskollegen ihre Verärgerung über die, wie sie es nannten, “aggressiv neutrale” Haltung Pakistans zum Ukraine-Krieg unter Khan.
Als der Konflikt begann, befand sich Khan, der damals Premierminister war, auf dem Weg nach Moskau zu einem seit Langem geplanten bilateralen Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Besuch empörte Washington.
Quelle: Telepolis - »Das begann nicht erst mit dem Ukraine-Krieg«
Irland: Konservative Regierung will Neutralität vollständig aufgeben. Diese wurde bereits mehrfach verletzt. Ein Gespräch mit Edward Horgan
Angesichts der stattfindenden globalen Blockbildung gegen Russland und China erhöht sich der Druck auf Staaten, die sich der Neutralität verpflichtet hatten. Wie neutral ist die Republik Irland noch?
Nicht vollständig, die Regierung versucht alles, um die Neutralität abzuschaffen – obwohl Umfragen zeigen, dass 75 Prozent der Bevölkerung daran festhalten wollen. Irland ist aktiv am Ukraine-Krieg beteiligt: Irische Truppen trainieren ukrainische Soldaten nicht nur für die Minenräumung, sondern auch in der Handhabe von Schusswaffen. Irland hat Seite bezogen und das widerspricht internationalem Recht und der Neutralität. Einige Politiker haben ihr Auge auf hohe EU-Posten geworfen, auch unser Regierungschef (Leo Varadkar, jW), und daher machen sie alles, was die EU wünscht, selbst wenn das nicht im Interesse der irischen Bevölkerung ist. […]
Bei den Wahlen in zwei Jahren wird die republikanische Sinn Féin wohl die stärkste Partei werden. Was erwarten Sie von einer Sinn-Féin-geführten Regierung?
Sie werden es nicht schaffen, allein zu regieren und brauchen daher einen Koalitionspartner. Aber ich hoffe dennoch, dass sie die Neutralität weiter respektieren und verteidigen werden. Das Problem geht über Irland hinaus: Fast alle EU-Mitglieder sind in der NATO, und die anderen kooperieren im Rahmen des »Partnership for Peace«-Programms eng mit der NATO. Die EU hat dadurch ihre politische Selbstständigkeit aufgegeben. Auch Deutschland hat seine Souveränität aufgegeben, als es nicht scharf dagegen protestiert haben, dass die USA die Nord-Stream-Pipeline gesprengt haben.
Quelle: junge WeltAnmerkung Moritz Müller: Eine Stimme der Vernunft von einem Major a.D.
- Libyen: Ein politisch geteiltes Land hat in einer Notlage erst recht schlechte Karten
Im Osten Libyens hat General Khalifa Haftar das Sagen, der von westlichen Regierungen nicht anerkannt wird. Ausgerechnet hier liegen die überschwemmten Gebiete. Die Hilfe aus dem Westen kommt nur zögerlich
Als das ursprünglich kalte Sturmtief „Daniel“ Landstriche Bulgariens, der Türkei und besonders Griechenlands unter Wasser setzte, konnten Klimakatastrophen-Skeptiker noch denken, es handele sich möglicherweise um ein Ausnahmephänomen. Eine solche Verharmlosung verbietet sich, nachdem „Daniel“ über dem extrem erwärmten Mittelmeer zu einem tropischen Wirbelsturm reifte und bei seiner Ankunft in Ostlibyen Staudämme und -mauern brechen ließ. Landmassen wurden abgerissen und ins Meer gespült. Eine Fläche von ungefähr 20.000 Quadratkilometern ist teils vollkommen überflutet. Vermutlich muss man bis zu 20.000 Todesopfer beklagen. 40.000 Menschen soll es gelungen sein, vor den Wassermassen zu fliehen.
Diese Katastrophe kann als ein erstes, plötzlich eingetretenes Großereignis des längst begonnenen Klimawandels gesehen werden. Es wirkt hoffentlich nachdrücklicher auf politische Entscheidungsträger, die sich von seit Längerem auftretenden Geschehnissen wie Hunger produzierenden Dürren oder viele Tote verursachenden Hitzeperioden nur in Maßen alarmiert fühlen.
Quelle: der Freitag - Wohnungskrise verschärft sich
Baugenehmigungen in Bundesrepublik brechen ein. Erneut »Wohnungsbaugipfel« im Kanzleramt.
Die Bau- und Wohnungskrise in der BRD spitzt sich weiter zu. Nach einem Einbruch bei den Baugenehmigungen im ersten Halbjahr um rund ein Viertel lag die Zahl nun auch im Juli 2023 mit minus 31,5 deutlich unter dem Vorjahreswert, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Bewilligt wurde demnach im Juli der Neu- oder Umbau von 21.000 Wohnungen hierzulande – und damit 9.600 weniger als vor Jahresfrist. Von Januar bis einschließlich Juli 2023 sank die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen nach Angaben der Wiesbadener Behörde zum Vorjahreszeitraum um 27,8 Prozent auf 156.200 Wohnungen. Zehn Monate hintereinander ist die Zahl der Baugenehmigungen nun zweistellig zurückgegangen. »Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben«, erklärten die Statistiker den Negativtrend. Anders ausgedrückt: Für Immobilienkonzerne ist der Wohnungsbau schlichtweg unrentabel geworden, weshalb dieser peu à peu eingestellt wird. Gebaut wird fast nur noch im profitablen hochpreisigen Segment – benötigt wird aber eigentlich günstiger Wohnraum. Laut Angaben der Gewerkschaft IG BAU haben mehr als elf Millionen Mieterhaushalte in der Bundesrepublik einen Anspruch auf eine Sozialwohnung. Von diesen gibt es allerdings nur noch 1,1 Millionen. Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt seit Jahren rapide ab. Gab es in den 1990er Jahren noch knapp vier Millionen, waren es schon 2010 nur noch 1,66 Millionen. Um die Wohnungskrise zu bekämpfen, hat sich die Regierung das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen, gesetzt. Das dürfte sie allerdings deutlich verfehlen.
Quelle: junge Welt - Erholung rückt in weite Ferne
Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat im zweiten Quartal 2023 ihre Talfahrt fortgesetzt. Alle Indikatoren – Produktion, Kapazitätsauslastung, Preise und Umsatz – sanken. Auch der Blick in die Zukunft hat sich in Deutschlands drittgrößter Industriebranche weiter eingetrübt. Die Unternehmen rechnen für das zweite Halbjahr mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage. Angesichts einer zunehmenden Nachfrageschwäche muss die Hoffnung auf eine Erholung verschoben werden. Ob und in welchem Umfang die Branche in Zukunft von einem globalen Aufschwung profitieren kann, ist angesichts immenser Standortnachteile mehr als fraglich.
„Die Lage ist ernst und die Stimmung dementsprechend schlecht“, stellt VCI-Präsident Markus Steilemann fest. „Hohe Energiepreise und Überregulierung gehen vielen deutschen Unternehmen zunehmend an die Substanz. Natürlich nehmen wir als Branche wahr, dass die Politik nicht die Augen vor den aktuellen Problemen verschließt. Aber Worte sind noch keine Taten. Die Bundesregierung muss den Alarmruf der energieintensiven Industrie ernst nehmen. Uns eint der Wille, die Deindustrialisierung zu stoppen. Ein entscheidender Schritt ist ein international wettbewerbsfähiger Strompreis. Deshalb brauchen wir einen Brückenstrompreis und die Beibehaltung des Spitzenausgleichs. Die Zeit drängt. Die Zeit zu handeln ist jetzt.“ (…)
Für das Gesamtjahr 2023 rechnet der VCI mit einem Produktionsrückgang von 8 Prozent. Bei rückläufigen Preisen wird der Branchenumsatz in diesem Jahr voraussichtlich um 14 Prozent sinken. (…)
Die Chemieproduktion ging im Vergleich zum Vorquartal um 1,2 Prozent zurück. Im Vorjahresvergleich entsprach dies einem Minus von 8 Prozent. Die Kapazitätsauslastung der Branche sank erneut und lag zuletzt bei 77,3 Prozent. (…)
Die Erzeugerpreise gaben in den vergangenen Monaten deutlich nach und lagen 3,1 Prozent niedriger als ein Quartal zuvor. Damit waren chemische und pharmazeutische Erzeugnisse 0,5 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor.
Quelle: VCI - „Aufkommensneutrale Grundsteuerreform“ – Kommunale Spitzenverbände rücken von Zusage ab
Kommunale Spitzenverbände hatten eine aufkommensneutralen Grundsteuerreform versprochen. Davon ist nun so nicht mehr die Rede. Immobilienbesitzer haben Einsprüche gegen 3,25 Millionen Bescheide eingelegt.
Die kommunalen Spitzenverbände rücken von ihrer Zusage einer aufkommensneutralen Grundsteuerreform 2025 ab. Es gelte zwar nach wie vor, dass die Kommunen aus der Reform keinen finanziellen Nutzen ziehen wollten, sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages Verena Göppert gegenüber WELT AM SONNTAG.
„Klar ist aber auch: Beschlossene oder aktuell geplante Steuerentlastungen der Bundesregierung, wie das Wachstumschancengesetz, werden bei vielen Kommunen zu wachsenden Haushaltsdefiziten führen. Es kann deshalb sein, dass einzelne Städte gezwungen sind, zum Ausgleich die Kommunalsteuern zu erhöhen“, sagte Göppert.
Wenn Bund und Länder die Gemeinden nicht mit ausreichenden Mitteln versorgten, könnten sie zu harten Konsolidierungsmaßnahmen gezwungen sein. „Dazu gehört auch, ihre eigenen Einnahmen anzuheben“, sagte Göppert.
Quelle: Welt OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Die voraussichtliche Anhebung der Grundsteuer wird bei der FDP-WELT skandalisiert, weil jede Steuererhöhung böse ist, und ist doch angesichts der hohen Inflationsraten, vor allem aber der chronischen und gewollten Unterfinanzierung der Kommunen nur logisch, ein Akt der Notwehr. Gleich das nächste Unternehmensteuergeschenk (“Wachstumschancengesetz”) wird die Kommunen weitere 2 Milliarden Euro kosten – woher soll das Geld denn kommen? Von den Bundesländern, die trotz chronischer Unterfinanzierung von der Bundesregierung ebenfalls um weitere 2 Milliarden erleichtert werden, sicher nicht. „Die Kommunalhaushalte sind strukturell schlicht unterfinanziert.” – immerhin wird das von der WELT erwähnt. Im Endeffekt nur ein weiterer Baustein in der seit Jahrzehnten andauernden Umverteilung von unten nach oben, hier wie sonst immer durch eine regressiv wirkende Steuer von den Wohnenden zu den (Groß-)Unternehmen.
- „Russen nicht willkommen”
Russinnen und Russen dürfen ab sofort nicht mehr mit dem Auto in die EU einreisen und müssen teilweise sogar Gegenstände ihres persönlichen Alltagsbedarfs an der Grenze zurücklassen, darunter Laptops und Kleidung. Dies ist das Resultat einer mehrtägigen Debatte über eine aktualisierte Regelung der EU zur Umsetzung der Russland-Sanktionen, die in der vergangenen Woche Wellen geschlagen hat. Das Verbot, mit in Russland registrierten Autos in die EU einzureisen, wird inzwischen in Finnland, den baltischen Staaten und Polen umgesetzt; Norwegen zieht dies in Betracht. Litauen will darüber hinaus jegliche Mitnahme von Gegenständen des persönlichen Bedarfs unterbinden. Während russische Exiloppositionelle energisch protestieren – die Maßnahme trifft auch sie –, hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) geurteilt, dass Sanktionen gegen russische Geschäftsleute sogar dann zulässig sind, wenn diese weder den Ukraine-Krieg noch die russische Regierung unterstützen. Demnach genügt es, ein einflussreicher Geschäftsmann in einer nicht unbedeutenden Branche der russischen Wirtschaft zu sein, um sanktioniert zu werden. Der in Rechtsstaaten übliche Schuldnachweis ist nicht mehr nötig.
Quelle: German Foreign Policy - „Kriegspropaganda“: Studenten-Protest gegen Ausstellung von Gräuelfotos in der HU
Scharfe Kritik an Präsidentin und Professoren der Berliner Humboldt-Universität. Auslöser ist eine Ausstellung mit dem Titel „Russian War Crimes“, die im Foyer gezeigt wurde.
Eine Fotoausstellung unter dem Titel „Russian War Crimes“ in der Humboldt-Universität (HU) sorgt für Empörung unter einer Gruppe von Studenten und Mitarbeitern der Uni. Mitglieder der Organisation International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) haben in einem öffentlichen Statement am Montag massive Kritik an der Ausstellung im Foyer des Hauptgebäudes geübt. Die Ausstellung zeigt Fotografien, die seit Beginn des Krieges in der gesamten Ukraine aufgenommen wurden. Im Mittelpunkt stehen die Opfer russischer Kriegsverbrechen.
„Die Ausstellung hat keinen wissenschaftlichen Wert, sondern dient dazu, die russische Seite zu dämonisieren und den grauenhaften Stellvertreterkrieg in der Ukraine mit weiteren Waffenlieferungen zu befeuern“, heißt es in dem Schreiben, das von Gregor Link, einem Mitglied der Gruppe, verfasst wurde. Explizite Kritik richtete sich an die Hochschulprofessoren Jörg Baberowski und Herfried Münkler.
Quelle: Berliner Zeitung - Über den Schmerz des Verschweigens. Palästinenser:innen in Deutschland und in der Schweiz
Die palästinensische Geschichte ist von Gewalt- und Fluchterfahrungen geprägt. Doch diese vielfache Traumatisierung kann in Europa oft nicht geäußert werden. Dies ändert sich mit der jüngsten Generation.
Wiederholt wurde in Deutschland 2023 kollektives Gedenken und Betrauern der Nakba im öffentlichen Raum verboten, so bestätigte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein polizeiliches Verbot der „Demonstration für das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zum 75. Jahrestag der Nakba“ Ende Mai in Berlin. Mit solchen offiziellen Verboten erreicht die jahrzehntelange Tabuisierung palästinensischer Identität und Gewalterfahrung einen Höhepunkt.
Das Tabu der israelischen Staatsgewalt, deren Betroffene Palästinenser:innen sind, ist in Deutschland und der Schweiz gesellschaftlich tief verankert. Es kommt als soziale Norm zum Ausdruck und äussert sich in impliziten und expliziten Sprechverboten, aber auch in Denk- und Fühlverboten, wie z. B. keine Empathie zu fühlen. Das Tabu ist so wirkmächtig, dass nicht nur die Gewalterfahrung, die Palästinenser:innen erleiden, sondern Palästinensisch-Sein per se zu etwas sozial Verworfenem wird. Der palästinensisch-amerikanische Literaturwissenschaftler Edward Said schrieb 1992, die palästinensische Erfahrung sei so unangenehm, so skandalös nahe der jüdischen, dass man zuweilen nicht einmal das Wort Palästina aussprechen könne. Diese Nähe führt dazu, dass palästinensische Sichtbarkeit peinlich berührt – auch die Betroffenen selbst –, weshalb sie bedrohlich wirkt und abwesend gemacht werden soll.
Quelle: Geschichte der Gegenwart - Die Bauern-Revolution
Die Proteste der Landwirte in Indien im Jahr 2021 geben Aufschluss über Big Ag in den USA und weltweit. Teil 2/2.
Nach einem Jahr der Proteste und Hunderten von Toten haben die Bauern den längsten gewaltfreien Protest in Indien gewonnen. Aber die Geschichte des Widerstands gegen die Agrarindustrie — sowohl in Indien als auch in den USA — zeigt, dass noch viel Arbeit vor der Bewegung der Landwirte liegt. Auch für die Europäer sind diese Informationen wichtig. Während Wirtschaftskräfte weltweit vereint ihre Macht ausüben und konzentrieren, sind auch Widerstandsbewegungen gut beraten, voneinander zu lernen.
Letzten Monat fand ich mich nach einer Reise zur nördlichen Grenze Delhis auf verdorrtem Asphalt wieder, als ich mit einer Gruppe von Bauern spazieren ging. Es war ihre letzte Nacht in dem 12 Meilen langen Lager, in dem sie seit letztem Jahr gelebt hatten, und es lag eine Feier in der Luft. Die Regierung von Premierminister Narendra Modi hatte kapituliert und drei von ihr erlassene Gesetze aufgehoben, die den indischen Agrarmarkt radikal verändert hätten.
Der versmogte Himmel war fast orange, während der gelbe Mond im Osten aufging. Um eine Polizeisperre zu umgehen, begaben wir uns auf einen staubigen Weg, der an einem Abwasserkanal entlangführte. Wir kamen an Hunderten von provisorischen Unterkünften aus Plastik, Segeltuch und Holz vorbei. Als wir die Grenze zu Singhu erreichten, bemerkten wir, dass sich eine Gruppe von 500 Menschen um eine Bühne versammelt hatte, um die Abschlussrede des Bauernführers Balbir Singh Rajewal zu hören.
Obwohl es den Landwirten gelungen war, die neuen Gesetze vorerst abzuwehren, erklärte Rajewal der Menge, dass der Kampf noch lange nicht vorbei sei.
Quelle: Indra Shekhar Singh in ManovaAnmerkung Christian Reimann: Den ersten Teil können Sie hier nachlesen.
- Söder will in Bayern staatliche Verhaltenslenkung mit programmiertem Geld einführen
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder plant staatliche Verhaltenslenkung mit programmiertem digitalen Geld für Asylbewerber. Getreu der üblichen Strategie der Bargeldabschaffer und Sozialingenieure, bei den Schwächsten anzufangen, kündigte er an, abgelehnten Asylbewerbern nur noch spezielle Bezahlkarten zu geben, die lediglich den Kauf bestimmter Waren und Dienste erlauben.
Als gehörten Alkohol und Zigaretten zu den größten Problemen der Zuwanderung, sagte Söder der Bild am Sonntag:
„Mit der Chipkarte können sie beim Discounter oder Bäckereien und Metzgereien für den täglichen Bedarf einkaufen: zum Beispiel Lebensmittel, Kleidung, Hygiene-Artikel. Den Inhalt dieses Warenkorbs besprechen wir gerade mit den zuständigen Behörden.“
So reden machtgeile Sozialingenieure, die es genießen, im Detail über das Leben von Menschen zu bestimmen, die sich nicht wehren können.
Dabei macht er sich zu nutze, dass viele Menschen sich daran stören, dass ein sehr großer Anteil der abgelehnten Asylbewerber trotz fehlendem Schutzanspruch sehr lange oder dauerhaft in Deutschland bleiben.
Quelle: Norbert Häring - AfD, CDU und FDP in Thüringen: Die Brandbeschleunigungsmauer und das Kapital
CDU und FDP haben im Thüringer Landtag gemeinsam mit der AfD abgestimmt. Dass es dabei um die Grunderwerbssteuer ging, ist kein Zufall. Die Skandalisierung des Vorgangs verdeckt seine ökonomischen und sozialen Hintergründe
Der thüringische Landtag hat auf Antrag der CDU und mit den Stimmen von AfD und FDP sowie ein paar Fraktionslosen die Grunderwerbssteuer von 6,5 auf fünf Prozent gesenkt. Dies solle der Familienförderung dienen.
Das Argument ist sozialdemagogisch. Vom Steuerrabatt profitieren am meisten diejenigen, die die größten Geldvermögen zum Grunderwerb übrighaben: Unternehmen für den Ankauf von Gewerbeflächen, Immobilienkonzerne, die ganze Stadtteile kaufen und spekulativ weiterveräußern, Finanzdienstleister, die ihnen dafür Kredite geben und Zinsen kassieren. In der zweiten Liga laufen betuchte Mittelschichtler auf, um erhebliche Ersparnisse vor der Inflation zu schützen, indem sie diese in so genanntes Betongold umtauschen. Kleinverdiener werden von der Steuersenkung nichts abbekommen.
Quelle: der Freitag