Es sind nicht nur die obszön reichen Eigentümer der Massenmedien, die ihre Klasseninteressen schützen – sondern ebenso die Reporter, Redakteure und Mediengurus. Diese Ansicht vertritt die australische Journalistin Caitlin Johnstone in ihrem zugespitzten Kommentar zum sozio-ökonomischen Hintergrund der US-Medienlandschaft. Übersetzung von Susanne Hofmann.
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Mainstream-Journalisten sind Sprösslinge aus betuchten Familien, die in abgeschirmten Elite-Bildungseinrichtungen aufgezogen werden
Von Caitlin Johnstone
Der Unterstützer des Irakkriegs David Brooks hat in der New York Times einen Artikel mit dem Titel „Was, wenn wir hier die Bösen sind?“ veröffentlicht – wieder einmal einer dieser faden, ausgelutschten Kommentare, die wir seit acht Jahren immer wieder zu lesen bekommen, der fragt: „Potzblitz, könnte es sein, dass wir von der US-Küsten-Elite womöglich nicht unbeteiligt gewesen sind am Aufstieg des Trumpismus?“ – so als sei es vollkommen unerhört, diesen offensichtlichen Zusammenhang in Betracht zu ziehen. Die Antwort lautet: Na, klar, du auf Rosen gebetteter Junge aus der Elfenbeinturm-Blase.
Ein Absatz über die Medien aber ragt heraus:
„Während der letzten Jahrzehnte haben wir ganze Berufsstände übernommen und alle anderen Leute ausgesperrt. Als ich im Chicago der 1980er Jahre meine journalistische Laufbahn begann, hingen in der Nachrichtenredaktion noch einige knurrige alte Typen aus der Arbeiterklasse herum. Heute sind wir nicht nur ein Berufsstand, der von College-Absolventen dominiert wird, wir sind ein von Elite-College-Absolventen dominierter Berufsstand. Lediglich 0,8 Prozent aller Studenten machen ihren Abschluss an einer der super Elite-Hochschulen – den renommiertesten alten Universitäten plus Stanford, M.I.T. und der University of Chicago. Eine Studie aus dem Jahr 2018 stellte fest, dass mehr als die Hälfte aller Redakteure unserer geliebten New York Times und Wall Street Journal eine der 29 renommiertesten Elite-Unis des Landes besucht haben.“
Brooks ist nicht der erste, der diese drastische Verschiebung des sozio-ökonomischen Hintergrundes von Reportern beobachtet, die sich binnen Generationen bis heute vollzogen hat.
„Der Klassen-Faktor im Journalismus wird übersehen“, sagte der Journalist Glenn Greenwald im Jahr 2021 in der Jimmy Dore Show. „Vor 30, 40, 50 Jahren waren Journalisten echte Outsider. Deshalb waren sie auch gewerkschaftlich organisiert; sie verdienten sauwenig, stammten aus Arbeiterfamilien. Sie hassten die Elite. Sie hassten Banker und Politiker. Es war wie eine Beziehung zwischen Chef und Angestellten – sie hassten die Chefs und wollten gerne mit Steinen auf sie werfen und ihnen einen Dämpfer versetzen.“
„Wenn ich die 20 reichsten Menschen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe, auflisten sollte, so wären darunter wohl sieben oder acht Mitarbeiter von The Intercept – Leute, die aus den reichsten Familien des Planeten stammen“, fügte Greenwald hinzu.
Der Journalist Matt Taibbi, dessen Vater für NBC arbeitete, machte 2020 im Dark-Horse-Podcast eine ähnliche Beobachtung. „Als ich aufwuchs, stammten Reporter aus einer anderen Gesellschaftsschicht als heute“, sagte Taibbi. „Viele von ihnen kamen eher aus der Arbeiterklasse – ihre Eltern waren eher Klempner oder Elektriker als Ärzte oder Anwälte. Dass Journalisten Absolventen von Elite-Unis sind, ist eine relativ neue Entwicklung, die wohl in den 70ern und 80ern mit meiner Generation losging. Aber Reporter hassten einfach instinktiv reiche Leute, sie hassten mächtige Leute. Wenn man ein Foto eines Politikers in der Redaktion aufhängte, wurde es sofort verunstaltet, mit Dartpfeilen versehen. Reporter betrachteten es als ihre Aufgabe, diese Leute herunterzuputzen.“
„Der Job sieht jetzt meistens anders aus“, sagte Taibbi. „In den 1990ern entwickelten Reporter die Wunschvorstellung, nach einer Rede mit einem politischen Kandidaten abzuhängen, ein Bier mit ihm zu trinken und die Nähe zur Macht zu suchen. Diese Vorstellung prägt unsere Gegenwart, da sind wir jetzt gelandet. Darin liegt wohl das Problem, dass Journalisten gerne mit einflussreichen Personen auf du und du sind. Und es wird schwierig, wieder auf kritische Distanz zu gehen, so wie es früher war.“
Darin liegt der Hauptgrund für die absurde Unterwürfigkeit und die loyale Haltung gegenüber dem Imperium, die wir in der Mainstreampresse sehen. Es sind nicht nur die obszön reichen Eigentümer der Massenmedien, die ihre Klasseninteressen schützen – sondern ebenso die Reporter, Redakteure und Mediengurus.
Das sind üblicherweise ziemlich wohlhabende Menschen aus ziemlich wohlhabenden Familien, die immer wohlhabender werden, je höher sie die Karriereleiter erklimmen. Wie Insider der Mainstream-Presse bezeugen, besteht bei den Angestellten der Mainstreampresse Einvernehmen darüber, dass man sich dem Establishment unterordnen muss, wenn man Karriere machen will und besser keine Themen beleuchtet, die den Mächtigen ungelegen kommen.
Diese Identifikation mit der herrschenden Klasse passt zu der Dynamik, die Taibbi beschreibt, nach der die heutigen Journalisten die Nähe zu den Mächtigen schätzen gelernt haben. Mit diesen Leuten wollen sie gerne einen Drink nehmen und auf deren Hochzeiten wollen sie gerne eingeladen werden; die „wir gegen sie“-Dynamik, die früher zwischen der Presse und den Politikern herrschte, ist umgeschlagen – nun sieht die Presse sich und die Politiker, mit denen sie sich verbrüdern, als „uns“ und die allgemeine Öffentlichkeit als „sie“.
Und es kommen noch weitere Faktoren ins Spiel, die mit der Ausbildung der Elite zu tun haben. Die Anzahl der Journalisten mit Hochschulabschluss ist von 58 Prozent im Jahr 1971 auf 92 Prozent im Jahr 2013 hochgeschnellt; wenn man keine reichen Eltern hat, die einem das abnehmen, bedeutet das eine erdrückende Schuldenlast für die Absolventen, die sie selbst abarbeiten müssen – was ihnen in dem Berufsfeld, dem sie ihr Studium gewidmet haben, nur gelingen kann, wenn sie genug Geld verdienen. Das wiederum setzt voraus, dass sie sich als verlässliche Propagandisten für das imperiale Establishment betätigen.
Die Universitäten, die am laufenden Band Journalisten produzieren, neigen dazu, den Status quo zu stützen und Konformität zu erzeugen, da Geld nicht in ein akademisches Umfeld fließt, welches den Wohlhabenden ein Dorn im Auge ist. Es ist unwahrscheinlich, dass Kapitalisten Universitäten, die ihren Studenten beibringen, dass Kapitalisten eine Plage der Nation sind, große Spenden zukommen lassen, und ganz sicher werden sie ihre Kinder dorthin nicht zum Studieren schicken.
„Die ganze Intellektuellen-Kultur hat ein Filtersystem, das mit dem Kind in der Schule beginnt“, erklärte Noam Chomsky einmal in einem Interview (hier und hier). „Es wird erwartet, dass man bestimmte Glaubenssätze, Ausdrucksweisen, Verhaltensmuster und so weiter akzeptiert. Wenn Sie diese nicht akzeptieren, wird man Sie vielleicht als verhaltensauffällig bezeichnen und aussortieren. Und so geht das den gesamten Weg bis hinauf zur Universität. Es gibt ein verborgenes Filtersystem … das eine starke Neigung zur Konformität erzeugt.“
Diejenigen, die es durch dieses Filtersystem schaffen, besetzen die einflussreichsten Positionen in unserer Zivilisation. All die Stimmen, denen in unserer Gesellschaft am meisten Gehör verschafft wird, gehören den Prominenten, Experten und Politikern, die sich als verlässliche Interessenswahrer der Matrix der Narrativkontrolle bewährt haben, welche die Öffentlichkeit in die Mainstream-Weltanschauung bindet.
Nimmt es also wunder, dass all die Quellen für Informationen über die Welt, die man uns zu konsultieren lehrte, uns fortwährend mit Stories füttern, die den Eindruck vermitteln, dass der Status quo prima funktioniert und es gar nicht anders gehen kann? Nimmt es wunder, dass die Massenmedien alle US-Kriege unterstützen und alle imperialen Ziele bejubeln?
Genau zu diesem Zweck ist alles so eingerichtet, wie es nun mal eingerichtet ist. Unsere Medien agieren wie Propagandisten für ein tyrannisches Regime, weil sie eben genau das sind.
Dieser Artikel ist zuerst bei Caitlin Johnstone erschienen.
Titelbild: Hadrian / Shutterstock