Hinweise des Tages II

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  1. Klimageld, Rente, Kürzungspolitik: Diese Bundesregierung ist eine Zumutung
  2. Industriestrompreis: Brücke in die Dekarbonisierung
  3. Ende des Gastransits
  4. Arbeitslosengeld-Ausgaben 2012 bis Juli 2023
  5. Altersgerechte Wohnungen? Von denen fehlen viele und viele werden gebraucht
  6. Wachsender Mangel an Wohnungen
  7. Armutsrisiko in Italien wächst
  8. John Mearsheimer über den Ukraine-Krieg: Die Zukunft sieht düster aus
  9. Grünes Licht für »Wunderwaffe«
  10. Die Stararchitektin, die dem Beton adieu sagte
  11. Pariser Sonntagblatt bekommt scharfe Rechtswendung
  12. Schauspielschul-Professor über ARD und ZDF: „Man bemerkt die Manipulation“
  13. Modi treibt Indien ins Chaos
  14. Land am Boden
  15. Regierungstreu bis in den Tod: Bartsch geht, linkes Siechtum bleibt
  16. Wenn das die Retter der Demokratie sind …

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Klimageld, Rente, Kürzungspolitik: Diese Bundesregierung ist eine Zumutung
    Gegen die Ampel-Koalition ist jede Ehekrise ein friedlicher Waldspaziergang. Doch die Regierung passt zur Stimmung im Land. Der defekte Regierungsflieger von Annalena Baerbock auf dem Weg in den Indopazifik war das perfekte Symbol für Krise made in Germany. Seien wir ehrlich: An Stammtischen war eine gewisse Schadenfreude spürbar – darüber, dass die Mächtigen, die Verzicht predigen, mal Linie fliegen müssen. Und das kommt nicht von Ungefähr: Denn die Koalition aus SPD, Grünen und FDP spricht gerne über Zumutungen, die unvermeidbar seien. Drei aktuelle Beispiele, die das Sommerloch beherrschten:
    Erstens: Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken führte im ARD-Sommerinterview aus, dass das versprochene Klimageld erst im Jahr 2025 kommen soll. Dabei hatte die Ampel-Koalition im Frühjahr 2022 die Zumutbarkeit steigender CO₂-Preise noch damit begründet, dass man bis Ende des Jahres auch das Klimageld auf den Weg bringen werde. Nun soll das Klimageld also Jahre später kommen. Das muss das neue Deutschland-Tempo sein!
    Die Koalition rechnet mit 2,3 Milliarden Euro Mehreinnahmen im Jahr 2024 aufgrund höherer CO₂-Preise. Denn Tanken und Heizen soll vom 1. Januar 2024 an teurer werden. Ohne Klimageld ist dies also eine gigantische Umverteilung von der Bevölkerung mit überwiegend kleinen und mittleren Einkommen hin zu Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
    Dabei haben höhere Preise allein noch keinen Lenkungseffekt. Denn wer etwa auf das Auto verzichten soll, braucht zuverlässige Alternativen. Ohne ein Mega-Investitionsprogramm in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur werden daher viele Menschen, die sich die Mieten in den Innenstädten nicht mehr leisten können und zur Arbeit pendeln müssen, trotzdem weiter ins Auto steigen und ihre Ausgaben anderweitig einschränken müssen. Schließlich wurden in den vergangenen Jahren im Schienennetz tausende Bahnkilometer abgebaut.
    Quelle: Fabio De Masi in der Freitag
  2. Industriestrompreis: Brücke in die Dekarbonisierung
    Die hohen Strompreise belasten die energieintensive Industrie. Um Investitionen in eine klimaneutrale Zukunft zu unterstützen, wäre ein gedeckelter Industriestrompreis für eine Übergangsphase ein geeignetes Mittel. Unterstützung darf es aber nur tarifgebundene und standorttreue Betriebe geben, fordert das #schlaglicht 26/2023.
    Die ökonomische Dynamik in der Bundesrepublik kommt nicht in Schwung. Nach einer leichten Rezession im ersten Quartal hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen April und Juni nur stagniert. Neben der auf die Kaufkraft drückenden Inflation und einem durch starke Zinsanstiege eingetrübten Bausektor, schwächelt auch die energieintensive Industrie. Dazu gehören bekannte Schwergewichte wie die Herstellung von chemischen Erzeugnissen, die Stahlbranche oder auch die Glas- und Nahrungsmittelproduktion.
    Deutlich ablesbar sind die gegenwärtigen Probleme an den harten Kennziffern. Während sich das verarbeitende Gewerbe in Gänze nach der Erholung vom Corona-Crash zumindest annähernd robust zeigt, ist die Produktionsleistung der energieintensiven Industrie unter das Pandemie-Niveau herabgesunken (siehe Grafik). Insgesamt lag der Ausstoß im Juni um über 12 Prozent unter dem Vorjahresmonat.
    Ursache für diesen Rückgang sind insbesondere die stark gestiegenen Strompreise. Diese sind einerseits eine Folge des Ukrainekrieges. Auf der anderen Seite läuft der Ausbau der erneuerbaren Energien noch nicht schnell genug, um ausreichend günstigen Strom zu produzieren. Im Ergebnis sieht sich die energieintensive Industrie mit im internationalen Vergleich hohen Kosten konfrontiert. Während der Preis pro Kilowattstunde Strom hierzulande oft bei mehr als 13 Cent liegt, sind es in Frankreich unter 5 Cent, in den USA oft sogar unter 4 Cent. Ein Standortnachteil, der zugleich die Dekarbonisierung hemmt.
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  3. Ende des Gastransits
    Mit dem Auslaufen des jetzigen Vertrags will Kiew ab 2025 kein russisches Gas mehr weiterleiten. Österreich, Slowakei und Ungarn besonders betroffen.
    Die Ukraine sieht gegenwärtig keine Möglichkeit, ab 2025 weiterhin russisches Erdgas an andere europäische Länder weiterzuleiten. Das geht aus einem Interview mit dem ukrainischen Energieminister German Galuschtschenko in der britischen Financial Times vom 21. Juni hervor. Nach den Worten des Ministers bereitet sich die Ukraine bereits technisch darauf vor, den Betrieb des Leitungsnetzes einzustellen. Die Erklärung Galuschtschenkos wirft ein Schlaglicht auf einen Aspekt, der vom russisch-ukrainischen Krieg bisher weniger berührt schien, als man annehmen sollte: den Gastransit. Der hat sich zwar gegenüber dem Vorkriegsniveau mehr als halbiert auf nur noch 21 Milliarden Kubikmeter im vergangenen Jahr. Der Rahmenvertrag, den Russland und die Ukraine im Jahr 2019 unter Vermittlung der EU abgeschlossen hatten, sah noch garantierte Transitmengen von jährlich 40 Milliarden Kubikmetern vor. Halbiert wurde das Volumen, als die Ukraine sich weigerte, Gas aus einer Pumpstation im aktuell russisch besetzten Osten des Landes weiterzuleiten, solange sie nicht »die volle Kontrolle über die Anlagen« zurückbekomme. Ukrainische Aufforderungen, im Ausgleich dafür die Lieferung über eine andere Pumpstation im Nordosten des Landes zu erhöhen, wies der russische Gasprom-Konzern als »technisch unmöglich« zurück. Tatsächlich hatten, Krieg hin oder her, beide Seiten ein finanzielles Interesse daran, die Durchleitung des Gases fortzusetzen: Russland konnte seinen Rohstoff an andere europäische Staaten verkaufen und bei steigenden Gaspreisen daran gut verdienen; die Ukraine ihrerseits behielt die Transiteinnahmen in Höhe von jährlich 2,5 Milliarden US-Dollar.
    Quelle: junge Welt
  4. Arbeitslosengeld-Ausgaben 2012 bis Juli 2023
    In den 12 Monaten von August 2022 bis Juli 2023 wurden von der Bundesagentur für Arbeit für das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld (SGB III) insgesamt 17,624 Milliarden Euro ausgegeben – gemessen an den in diesen 12 Monaten durchschnittlich registrierten 2,541 Millionen Arbeitslosen rechnerisch 577,94 Euro pro Monat. (1)
    Die 12-Monatssumme der Ausgaben, die bis Mai 2021 (Juni 2020 bis Mai 2021) auf 22,442 Milliarden Euro, das nominale Maximum nach 2006 gestiegen war, sank bis November 2021 (Dezember 2020 bis November 2021) um 26,3 Prozent (5,899 Milliarden Euro) auf 16,543 Milliarden Euro. In den acht Monaten von Dezember 2022 bis Juli 2023 wurden dann etwa 1,081 Milliarden Euro mehr für das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld ausgegeben als in den entsprechenden Monaten des jeweiligen Vorjahres, 45 Millionen Euro im Dezember 2022, 51 Millionen Euro im Januar 2023, 90 Millionen Euro im Februar 2023, 162 Millionen Euro im März 2023, 152 Millionen Euro im April 2023, 160 Millionen Euro im Mai 2023, 201 Millionen Euro im Juni 2023 und 220 Millionen Euro im Juli 2023. (siehe BIAJ-Abbildung unten)
    Im Haushalt 2023 der Bundesagentur für Arbeit sind für das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld 18,011 Milliarden Euro (1) veranschlagt.
    Quelle: BIAJ
  5. Altersgerechte Wohnungen? Von denen fehlen viele und viele werden gebraucht
    Viele werden in diesen Zeiten den Eindruck bekommen, dass es überall mangelt. An Fach- und überhaupt Arbeitskräften, an Kita- und Pflegeheimplätzen, aber auch an allerlei Investitionen in das, was man technisch-abstrakt „Infrastruktur“ nennt. An zahlreichen Fronten werden wir konfrontiert mit den Folgen jahrelangen „Sparens“, also der Nicht-Investition. Offensichtlich haben wir über einen langen Zeitraum von der Substanz gelebt – mit Blick auf die bauliche Substanz wurde diese vor allem in den 1970er grundgelegt, man denke hier an Schwimmbäder oder die vielen Brücken. Dort hat sich ein gewaltiger Investitionsstau gebildet, der nun den Menschen und der Wirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes auf die Füße fällt. Vgl. dazu ausführlichen den Beitrag Wie marode Brücken die Wirtschaft bedrohen: Das Institut für Straßenwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sämtliche Brücken im Rheinland neu taxiert: »Das nüchterne Ergebnis: Von den insgesamt mehreren Tausend Brücken sind danach 650 schwer beschädigt und 350 sogar sehr schwer beschädigt. Mit anderen Worten: Diese Brücken haben das Ende der Nutzung erreicht.« Das bedeutet große Risiken nicht nur für die regionale Wirtschaft. Die Folgen sind bundesweit zu spüren.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  6. Wachsender Mangel an Wohnungen
    Drei Millionen leerstehende Wohnungen und 800.000 Obdachlose in Frankreich.
    Zwölf der insgesamt 63 Millionen Einwohner Frankreichs müssen unter prekären oder schlechten Wohnbedingungen leben oder haben kein Dach über dem Kopf, mahnt die Stiftung Abbé Pierre. (…) Von den insgesamt 38 Millionen Wohnungen sind 82 Prozent ständig bewohnt und 10 Prozent sind Wochenend- oder Ferienwohnungen. Die restlichen 8 Prozent, also mehr als drei Millionen Wohnungen, stehen leer, was angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt schwer verständlich ist. Immerhin warten landesweit 2,4 Millionen Haushalte – oft schon seit Jahren – auf die Zuweisung einer Sozialwohnung. Drei Millionen Familien müssen in Frankreich auf engstem Raum zusammengedrängt in Wohnungen leben, die in schlechtem Zustand und oft ohne zeitgemäße Hygieneeinrichtungen sind. Rund 800.000 Menschen sind obdachlos, wobei 643.000 keine eigene Wohnung haben und zeitweise bei Verwandten, Freunden oder in Aufnahmeheimen der Sozialdienste und Hilfsvereine untergekommen sind, während 143.000 auf der Straße leben. Doch die Zahl der leer stehenden Wohnungen geht nicht zurück, sondern nimmt seit Jahren noch zu. Heute sind es 3,2 Millionen, während es vor 20 Jahren »nur« 1,6 Millionen waren, und ein Viertel von ihnen sind seit mehr als vier Jahren nicht mehr vermietet. Diese drei Millionen Wohnungen könnten allerdings nicht alle sofort vermietet werden. Oft müßten zuvor erst noch Renovierungs- und Sanierungsarbeiten erfolgen. Dafür fehlt den Eigentümern nicht selten das Geld – oder aber die Aussichten, die Wohnung anschließend vermieten zu können, sind schlecht. Ein großer Teil von ihnen liegt in Stadtvierteln oder kleinen Ortschaften, wo niemand hinziehen will, weil die örtliche Wirtschaft am Boden liegt, die Arbeitslosigkeit hoch ist und keine Aussicht auf Besserung besteht. Selbst in Paris stehen 120.000 Wohnungen leer, und in der Pariser Region, also der Hauptstadt mitsamt der sieben umliegenden Departements, sind es 400.000. Weitere 300.000 entfallen auf zehn Großstädte (außer Paris) und 600.000 auf 50 mittelgroße Städte des Landes.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  7. Armutsrisiko in Italien wächst
    Verschleppungstaktik von Regierungschefin Meloni beim Thema Mindestlohn. Sieben Millionen Menschen leben unter der Armutsgrenze.
    Ein Treffen der Regierung der faschistischen Premierministerin Giorgia Melione mit Vertretern von Oppositionsparteien im Regierungssitz Palazzo Chigi, bei dem über die eklatante Verschlechterung der sozialen Lage der Menschen im Lande und die unsozialen Maßnahmen der Regierung gesprochen werden sollte, ist am Freitag nach zwei Stunden, wie zu erwarten war, ergebnislos verlaufen. Die Regierungschefin verteidigte die vorgenommene Steuersenkung für die Banken, räumte zum Thema Mindestlohn ein, es gebe Unterschiede in den Ansichten, aber »wir sind offen für Diskussionen«. Sie habe »nicht grundsätzlich Nein« gesagt, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur ANSA. Meloni erklärte, die Regierung und »die Sozialpartner« sollten sich 60 Tage Zeit nehmen, um zu einer Einigung zu kommen. Die Probleme sollten im Nationalen Wirtschafts- und Arbeitsrat – dem Consiglio Nazionale dell’Economia e del Lavoro (CNEL), einem in der Verfassung vorgesehenen Organ zur Beratung von Regierung Gewerkschaften – erörtert werden. Die Vertreter der Opposition verteidigten ihre Forderung nach einem Mindestlohn von neun Euro. Elly Schlein, Sekretärin des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) schätzte ein, die Ministerpräsidentin habe dazu »keine klare Vorstellung«. Der frühere Premierminister Giuseppe Conte, Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, sagte, der Ball liege »auf der Seite der Regierung«, während Carlo Calenda vom »Dritten Pol« erklärte, »niemand hat die Tür zugeschlagen«. Das linke Magazin »Il Manifesto« kommentierte, die Opposition laufe in eine Falle, die Entscheidungen seien längst gefallen, und die Regierung gehe »Hand in Hand mit dem Kapital, wenn es darum geht, die Löhne und Rechte der Arbeiterklasse zu unterdrücken«. Davon zeugte, dass mit dem Entzug des Mindesteinkommens für weitere 169.000 Menschen ab 1. August deren Zahl auf insgesamt 350.000 anwächst, denen so laut »Manifesto« zwei Milliarden Euro entzogen werden, während die Regierung gleichzeitig mit der Senkung der Bankensteuer den obersten Schichten der Reichen ein Geschenk von »einigen Milliarden« macht. In Italien müssen schon jetzt, wie das Nationalinstitut für Soziale Fürsorge (INPS) berichtete, sieben Millionen Menschen unter der Armutsgrenze leben, und dieses Armutsrisiko werde aufgrund der Inflation weiter wachsen, denn die meisten Erwerbstätigen sind über 55 Jahre, und in diesem Alter ist es unmöglich, einen Arbeitsplatz zu finden.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  8. John Mearsheimer über den Ukraine-Krieg: Die Zukunft sieht düster aus
    Die Hauptakteure halten an maximalistischen Zielen fest, weswegen ein praktikabler Friedensvertrag unmöglich erscheint – die jüngste Veröffentlichung des US-Politikwissenschaftlers und ein Kommentar.
    Für den Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer erscheint ein sinnvolles Friedensabkommen in der nächsten Zeit fast unmöglich; das beste Ergebnis wäre ein eingefrorener Konflikt, das schlimmste ein Atomkrieg. In seinen weiter unten folgenden Ausführungen begründet er, warum er glaubt, dass Russland den Krieg letztlich gewinnen wird.
    Nationalismus auf beiden Seiten und das fehlende Vertrauen erschweren seiner Auffassung nach mögliche Friedensverhandlungen, sodass der Krieg weitergehen und die Ukraine noch mehr zerstören wird. Für Mearsheimer ist diese Katastrophe von der unverantwortlichen US-Politik der Nato-Erweiterung mitverursacht worden und hätte leicht vermieden werden können.
    Seit Beginn des Ukraine-Krieges habe ich mehrfach auf die klarsichtigen und mutigen Analysen über den Ukraine-Krieg des renommierten US-Politikwissenschaftlers hingewiesen. Seit vielen Jahren versucht er, in Video-Interviews und mit wissenschaftlichen Fachartikeln dem Mainstream in den USA und dem Westen eine realistische Einschätzung der Ukrainekrise entgegenzusetzen.
    Quelle: Telepolis

    dazu: Ukraine-Krieg: “Es ist uns egal, wie lange es dauert”
    US-Geheimdienste: Das Hauptziel der ukrainischen Gegenoffensive wird dieses Jahr nicht erreicht. Die russische Verteidigung ist stärker als angenommen und die Offensive geprägt von strategischen Fehlern. Durchhalten heißt die Parole?
    Es ist ein Appell an die Opferbereitschaft, den der Chef des US-Generalstabs, General Mark A. Milley, vergangene Woche erneuert hat. Dass die Offensive der Ukraine “langwierig, blutig und langsam” sein würde, hab er schon vor ein paar Monaten gesagt, wird er von der Washington Post:
    “Und genau das ist es auch: lang, blutig und langsam, und es ist ein sehr, sehr schwieriger Kampf.”
    Quelle: Telepolis

  9. Grünes Licht für »Wunderwaffe«
    USA genehmigen Israel Verkauf des Raketenabwehrsystems »Arrow 3« an die Bundesrepublik. Frankreich hält Anschaffung für nutzlos und gefährlich.
    Am Donnerstag teilte das Verteidigungsministerium ­Israels mit, die USA hätten den Verkauf des von beiden Ländern entwickelten Raketenabwehrsystems »Arrow 3« an die Bundesrepublik Deutschland erlaubt. Die Kosten belaufen sich auf knapp vier Milliarden Euro, womit dies der größte Waffenverkauf der israelischen Geschichte wäre. Das Geld soll dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr entnommen werden, das im Februar 2022 nach der »Zeitenwende«-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vom Bundestag auch mit großer Zustimmung aus der Opposition beschlossen worden war. Im Juni hatten Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Bundestags bereits für den Kauf gestimmt. Israels Botschafter Ron Prosor erklärte nun in Berlin: »Dies ist ein historischer Tag, der die Zeitenwende in den Beziehungen zwischen Israel und Deutschland markiert. Zum ersten Mal wird ein israelisches System den Himmel über Deutschland und ganz Europa schützen.« »Arrow 3« besteht aus einer Radar- und einer Raketeneinheit und ist seit 2017 in Israel im Einsatz. Erste Entwicklungen des Systems gab es in den 80er Jahren im Rahmen der Weltraumwaffeninitiative des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan. Es kann als feindlich erkannte Raketen, die mit einer hohen ballistischen Kurve oberhalb der unteren Erdatmosphäre anfliegen, bis in eine Höhe von 100 Kilometern und möglichst weit entfernt vom eigenen Territorium zerstören. Die »Arrow 3«-Raketen sollen mit neunfacher Schallgeschwindigkeit fliegen und eine Reichweite von 2.400 Kilometern haben. Das System kann nicht gegen tieffliegende Marschflugkörper verwendet werden und ist nach dem Urteil einiger Militärfachleute auch nicht geeignet, die Russland zur Verfügung stehenden Hyperschallgleitbomben zu bekämpfen. Wegen der großen Reichweite soll es nur an drei Stellen in der Bundesrepublik aufgestellt werden, aber auch die Baltischen Staaten, Polen und Rumänien absichern, d. h., es handelt sich um eine ausschließlich gegen mögliche Angriffe aus Russland gerichtete Waffe. »Arrow 3« soll am 1. September 2025 auf dem Fliegerhorst Holzdorf (Schönewalde) an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg einsatzfähig sein. Später sollen Standorte in Schleswig-Holstein und Bayern hinzukommen.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
  10. Die Stararchitektin, die dem Beton adieu sagte
    Einst baute sie riesige Betonklötze, jetzt wirbt Yasmeen Lari für eine klima-, umwelt- und sozialbewusste Architektur.
    Yasmeen Lari hatte schon Geschichte geschrieben, bevor sie nur ein einziges Haus gebaut hatte. Die damals 23-Jährige war die erste Frau, die in Pakistan als Architektin arbeitete. Das war 1964. In den 1980er- und 1990er-Jahren baute Lari repräsentative Gebäude aus Stahl, Glas und viel Beton, die sie bekannt machten.
    Nach der Jahrtausendwende wandte sie sich von dieser Art des Bauens ab. Heute baut Lari Lehmhütten und fordert einen «neuen Aktivismus» beim Bauen. Weg von der «Ära der egoistischen Architektur», hin zu umweltfreundlichem, sozial bewusstem Bauen aus lokalen Materialien. Für diese «Barfussarchitektur», wie sie es nennt, wurde Lari mehrmals ausgezeichnet.
    Quelle: Infosperber
  11. Pariser Sonntagblatt bekommt scharfe Rechtswendung
    »Le Journal du dimanche« bekommt neuen Chefredakteur, Journalisten protestieren und kündigen.
    Vincent Bolloré hat es wieder einmal geschafft. Die Pariser Sonntagszeitung »Le Journal du dimanche« (JDD) kontrolliert der streng katholische Milliardär aus der Bretagne seit Oktober 2021, einen neuen Chefredakteur, Geoffroy Lejeune, holte er sich im Juni dieses Jahres aus der finstersten politisch rechten Ecke des offenen Medienmarktes und setzte ihn gegen die nahezu einstimmige Ablehnung der hundert Köpfe zählenden Redaktion durch. Nach einem historischen, 40 Tage dauernden Streik der Belegschaft gegen die Ernennung Lejeunes brach der Widerstand Anfang August schließlich zusammen. Mehr als 60 Journalisten entschlossen sich, das Blatt zu verlassen. Der Bretone habe einen neuen Sieg errungen, konstatierten unisono linke wie rechtsliberale Blätter, die Regierung des Staatschefs Emmanuel Macron blieb stumm. Mit seinem neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsprogramm habe der Präsident Raubkapitalisten wie Bolloré erst die Waffen für dessen »Kulturkampf« in die Hand gegeben, klagte die linke Opposition in der Nationalversammlung. In Radio- und Fernsehstationen wie Europe 1 und C-News verkünden längst Bollorés journalistische Höflinge den rechten politischen Kurs, auf den der 71-Jährige das Land und seine Entscheidungsträger zwingen will. Der faschistische, von ihm lange fürstlich finanzierte Präsidentschaftskandidat Éric Zemmour etwa durfte sich bei C-News als sogenannter Chroniqueur austoben und seine Theorie vom »grand remplacement« – dem phantasierten Austausch der christlich-französischen in eine muslimische Kultur – ins Land hinausschreien. Den neuen »JDD«-Chef Lejeune holte sich Bolloré aus dem rechten Blatt »Valeurs actuelles«, wo der sich dem Kandidaten Zemmour während des Wahlkampfs im vergangenen Frühjahr als medialer Multiplikateur seiner kruden Ideen zur Verfügung gestellt hatte. Wohin Lejeune »JDD« führen wird, scheint daher klar zu sein: In die äußerste rechte Schmuddelecke, wenn er das mit den offenbar aus rein wirtschaftlichen Gründen auf 40 Journalisten ausgedünnten Redaktion denn schaffen sollte.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  12. Schauspielschul-Professor über ARD und ZDF: „Man bemerkt die Manipulation“
    Der Berliner Dramaturg Bernd Stegemann über seine Kritik am „heute journal“, die Reaktion des ZDF, die alles noch schlimmer gemacht habe, und seine Zusammenarbeit mit Sahra Wagenknecht.
    Es vergeht fast keine Woche ohne Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland, vor allem über das Fernsehen.
    Mal interviewt der WDR eine eigene Mitarbeiterin, die eine Umwelt-PR-Aktion in einem Supermarkt lobt, mal geht ein Talkshow-Moderator eine konservative Nachwuchspolitikerin scharf an. Nun hat sich Bernd Stegemann in die Debatte eingemischt, Professor an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Für einen Text in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat er einen Nachrichtenbeitrag kritisch analysiert – und den Autoren des ZDF eine Manipulation der Zuschauer vorgeworfen.
    Im Interview erklärt Stegemann, was er mit seiner Kritik bewirken will und warum die Antwort des ZDF die Sache noch schlimmer gemacht habe. […]
    Meine ernst gemeinte Frage an das ZDF war, wie so etwas in Redaktionssitzungen besprochen wird. Hat da irgendeiner gesagt, das ist zu tendenziös? Aber darauf hat Wulf Schmiese nicht geantwortet. Stattdessen hat er mich falsch zitiert und ist auf meine Kritik nicht eingegangen. Damit hat er genau die Art von einseitigem Journalismus wiederholt, die ich zuvor beschrieben habe. Er hat mit seinem Text noch mehr Vertrauen verspielt.
    Was hat er verfälscht?
    Er schreibt: Auch Stegemann sagt, das ist journalistischer Standard. Ich habe aber geschrieben: Es mag einen journalistischen Standard geben, nach dem in diesem Beitrag alles in schönster Ordnung ist.
    Quelle: Berliner Zeitung
  13. Modi treibt Indien ins Chaos
    Die Politik der hinduistischen Vorherrschaft führt zu schweren Konflikten mit den zwanzig Prozent Nicht-Hindus.
    In einem Beitrag vom 9. August 2023 fasst der in Hongkong ansässige indische Journalist Debasish Roy Chowdhury seine Analyse zur Entwicklung der indischen Demokratie unter Narendra Modi in der «New York Times» zusammen. Ausführlich ist sie in seinem Buch «To Kill a Democracy: India’s Passage to Despotism» dargelegt, das er zusammen mit Professor John Keane verfasst hat.
    Im Juli ging ein schockierendes Video um die Welt: zwei Frauen wurden von einer Gruppe Männern festgehalten, nackt ausgezogen und schliesslich der Reihe nach von jedem der anwesenden Männer vergewaltigt. Die Szene stammt aus dem indischen Bundesstaat Maripur im Nordosten Indiens an der Grenze zu Myanmar.
    Diese Bilder gelten als vorläufig unrühmlichster Höhepunkt einer Gewaltspirale gegen Angehörige von Nicht-Hindu-Religionen, die mit dem Amtsantritt von Narendra Modi 2014 in Gang gesetzt worden ist. Die beiden Frauen gehören der Ethnie der Kuku an, die grösstenteils aus Christinnen und Christen besteht.
    Seit Mai ist Maripur zum Ort ethnisch und religiös motivierter Gewalt geworden und hat sich praktisch in ein Kriegsgebiet verwandelt. Über hundertfünfzig Menschen wurden umgebracht und Zehntausende sind vertrieben worden.
    Quelle: Infosperber
  14. Land am Boden
    Ecuador: Linke bei kommenden Wahlen mit guten Chancen. Rechte Regierungszeit hatte verheerende Auswirkungen.
    Am Sonntag könnten die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Ecuador das Ende einer sechsjährigen Phase einleiten, in der das einst friedliche Land unter zwei rechten Regierungen in einem Sumpf aus Verarmung, Korruption und Gewalt versunken ist. Bis zuletzt war der Wahlkampf der möglichen Nachfolger des Bankiers Guillermo Lasso an der Spitze von Staat und Regierung von Morden an Politikern überschattet. Die Wahlen könnten das Kräfteverhältnis wieder nach links verschieben. Die vom ehemaligen Präsidenten Rafael Correa gegründete Bewegung Revolución Ciudadana (RC) hat mit der Juristin Luisa González gute Chancen. Von 2007 bis 2017 hatte eine von Correa geführte linke Regierung dem ärmeren Teil der Bevölkerung in einer ähnlich desolaten Situation zur Verbesserung der Lebensbedingungen verholfen. Ecuador, dessen Bevölkerung heute wieder unter Erwerbslosigkeit, sozialer Ungleichheit und Entrechtung leidet, zählte damals zu den ärmsten Ländern Südamerikas. Die Zahl der Armen stieg zwischen 1995 und 2000 von 3,9 auf 9,1 Millionen (von 34 auf 71 Prozent) an. Eine der Ursachen war die Finanz- und Bankenkrise Ende der 1990er Jahre, in der 80 Prozent der Kreditinstitute bankrott gingen. Während Kunden den größten Teil ihrer Einlagen und Ersparnisse verloren, brachten korrupte Banker ihre Vermögen im Ausland in Sicherheit. In dieser Zeit gehörte Guillermo Lasso der Regierung des 2000 durch einen Putsch gestürzten, christdemokratischen Präsidenten Jamil ­Mahuad als »Superminister« für Wirtschaft und Energie an. Infolge der Krise mussten rund drei der damals knapp 16 Millionen Ecuadorianer, mehrheitlich Frauen, als Arbeitsmigranten im Ausland eine Beschäftigung suchen. Die Rettung der Banken kostete die Bürger über vier Milliarden US-Dollar, rund 30 Prozent des BIPs im Jahr 1999. Es gebe wohl kein anderes Land, in dem man die Bevölkerung zum Nutzen einer kleinen Gruppe so stark ausgeplündert hat, kritisierten damals selbst konservative Ökonomen. Seit 2000 – auch eine Folge – hat Ecuador keine eigene Währung mehr, offizielles Zahlungsmittel ist der US-Dollar.
    Quelle: junge Welt
  15. Regierungstreu bis in den Tod: Bartsch geht, linkes Siechtum bleibt
    Die Linkspartei macht kaum noch Schlagzeilen. Zu flau sind ihre Wahlergebnisse, zu glatt gelutscht ihre Führungspersonen. Nur müde registrieren die Medien, dass Dietmar Bartsch seinen Rückzug vom Amt des Bundesgeschäftsführers angekündigt hat. Die LINKE hätte diesen billigen Karrieristen schon am 06.12.2011 ablösen müssen, als die RATIONALGALERIE einen Kern-Satz von ihm enthüllte (s. Link unten). Da in Zeiten schlechter Wahlergebnisse die Mandate knapper seien, meinte Bartsch damals, würden sich die Abgeordneten der Linkspartei um die Posten streiten wie “die Hartz-Vierer um den Alkohol”. Diese kalte, asoziale Überheblichkeit blieb ungeahndet: Zu schön waren die Mandate, die Diäten und die Illusion, man habe was zu sagen. Statt den offenen Streit um das zu führen, was denn wirklich links sei, demonstrierte man lieber eine blinde Geschlossenheit.
    Quelle: Rationalgalerie
  16. Wenn das die Retter der Demokratie sind …
    Die Petition einer »Faktenchecker«-Seite will erreichen, dass ein AfD-Verbotsantrag geprüft wird. Die Petitionserklärung selbst ist ein Musterbeispiel aufgeregter Unargumentation – und gehört ihrerseits verboten.
    Über 100.000 Unterschriften hat die Petition des sogenannten Volksverpetzers schon gesammelt. Titel des von den vermeintlichen Faktencheckern vorformulierten Bürgerbegehrens: »Prüft ein AfD Verbot!« – wie so oft sind Bindestriche lässlich.
    Der Volksverpetzer startete vor vielen Jahren als regionaler Kommentarblog, berichtete aus Augsburg und Umgebung – dann entdeckte der Herausgeber, dass er ein Faible für Fake News hat. Sprich: Er habe eine wie auch immer geartete Expertise, diese zu entlarven. Seither tut er das – mit etlichen freien Mitarbeitern. Als Faktencheck. Der Volksverpetzer gibt sich regierungsnah, in der Corona-Zeit forderte er zum Beispiel zur Spaltung auf und diskriminierte Menschen, die sich keine Impfstoffe verabreichen lassen wollten. Es wäre ein Service, hier auf die Seite zu verlinken – entschuldigen Sie, dass wir das nicht tun, der Autor dieser Zeilen ist kleinlich und teilt »seine« Reichweite nicht gerne mit Formaten wie dem genannten.
    Quelle: Overton Magazin

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