Betr.: Krake Bertelsmann – Grün und Rot in NRW beschädigen die Aufklärungsarbeit von 7 Jahren
Als wir Ende 2003 mit der Arbeit an den NachDenkSeiten begannen, hatte die Bertelsmann Stiftung einen untadeligen Ruf. Sie galt als demokratische Einrichtung, vorteilhafter Weise ausgestattet mit viel Geld. Das, eine Einrichtung zur Förderung der Demokratie, war sie nicht und ist es nicht. Es ist dann mit Hilfe der NachDenkSeiten und mit unseren Büchern und in Zusammenarbeit mit einigen anderen Blogs und Personen gelungen, Zweifel an der demokratischen und sachlichen Qualität dieser Stiftung und des dazugehörigen Unternehmens zu säen. Die jetzt angekündigte Kooperation der nordrhein-westfälischen Landesregierung mit der Bertelsmann Stiftung beim Projekt Unterrichtsmethoden ist ein harter Schlag gegen diese Aufklärungsarbeit. Im Hinweis Nr. 14 vom 20. Juli hatten wir davon berichtet. Albrecht Müller.
Krake Bertelsmann – eine antidemokratische Einrichtung
Bertelsmann greift in vielfältiger Weise in politische Entscheidungen ein. Zum Beispiel: Die Stiftung hat die Hochschulpolitik zumindest der konservativ regierten Bundesländer über weite Strecken bestimmt. Davon haben wir berichtet. Andere, wie zum Beispiel die „Zeit“ und die Rektorenkonferenz, haben diesen massiven Eingriff in die demokratische Willensbildung gestützt und unterstützt. – Bertelsmann hat dem Bundespräsidenten Köhler ein Forum Demographie ausgerichtet und Oswalt Metzger zeitweise aufgefangen und mit ihm die unselige Demographiedebatte befördert. – Bertelsmann hat das Bündnis für Arbeit zu Beginn der Regierung Schröder wesentlich bestimmt und dann auch die Agenda 2010 mit entworfen. – Bertelsmann hat die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft unterstützt. – Bertelsmann war immer eine konservative und den Arbeitgebern nahe stehende Einrichtung. Aber man hat sich erfolgreich ein progressives Mäntelchen umgehängt. Deshalb haben Sozialdemokraten, Gewerkschaften und ihre Stiftungen mit Bertelsmann zusammengearbeitet. Obwohl schon damals alleine durch die personelle Besetzung des Unternehmens deutlich erkennbar war, wer die Linie der Stiftung und des Unternehmens bestimmt: Über lange Jahre gab es neben dem Haupteigentümer Reinhard Mohn nur noch einen anderen Vorstand: Professor Weidenfeld, ein Verbündeter Helmut Kohls und bis zu einer Steueraffäre gleichzeitig Chef des Bertelsmann Ablegers CAP (Zentrum für angewandte Politikforschung) in München. Usw. und so fort.
Über diese Krake haben wir in den NachDenkSeiten ausführlich berichtet. Wolfgang Lieb hat für mein Buch „Meinungsmache“ eine ausführliche Analyse der Bertelsmann Stiftung beigesteuert – unter der Überschrift: „Der stärkste Motor beim Zerstörungswerk – die Bertelsmann Stiftung“. In Zusammenarbeit mit anderen ist es gelungen, wenigstens die Gewerkschaften und die Hans-Böckler-Stiftung sensibler zu machen für die Problematik dieser im Kern arbeitnehmerfeindlichen Einrichtung. Die Zusammenarbeit ging erkennbar zurück. Und die Glaubwürdigkeit der Stiftung als gemeinnützige Einrichtung wurde erfolgreich in Zweifel gezogen.
Und jetzt dieser Persilschein durch die grüne NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann! Damit wird eingerissen, was in sieben Jahren mühsam aufgebaut worden ist: der Zweifel in die demokratische Qualität des Unternehmens Bertelsmann Stiftung.
Um die fachlich sachliche Qualität des Unternehmens steht es nicht viel besser
Schulfachleuten, die nicht ideologisch fixiert sind, ist seit langem bewusst, dass die Verbesserung der Unterrichtsmethoden und die Motivation von Kollegien die zentralen Ansatzpunkte einer besseren Bildungspolitik sind. Deshalb wurde in den neunzigern an vielen Stellen unseres Landes begonnen, Angebote für bessere Unterrichtsmethoden zu machen und Lehrerinnen und Lehrer zu schulen. Das geschah beispielhaft in München, in Nürnberg, in Rheinland-Pfalz, im Saarland. Nordrhein-Westfalen setzte unter Anleitung der Bertelsmann Stiftung noch im Jahre 2002 auf eine organisatorische Maßnahme und noch dazu auf eine, die im Wesentlichen geprägt war vom Kaufmannsdenken ihres damaligen Chefs, Reinhard Mohn. 2002 begann das Projekt „Selbständige Schule“.
Basis dieses Projektes war der Irrglaube, den Schulen sei geholfen, wenn man sie in die Selbstständigkeit entlasse, damit sie sich in ihrem lokalen Umfeld nach Unterstützung und finanzielle Förderung umsehen können. Basis war zugleich der Irrglaube, die Schulen litten vor allem unter der bürokratischen Gängelung der Aufsichtsbehörde. Das waren Zerrbilder der wirklichen Situation.
Eine wirkliche befriedigende allgemeine Bilanz dieses Projektes ist nicht zu finden. Es gibt in der Bilanz des Projektes in der Stadt Arnsberg nach sechs Jahren Projekt Selbstständige Schule folgenden Passus im Abschlussbericht:
„Mit dem Abschlussbericht der Bildungsregion Arnsberg-Werl “Kinder und Jugendliche stark machen” wird darüber nun Bilanz gezogen. Vier zentrale Ergebnisse des Vorhabens sind:
1. Bessere und gerechtere Leistungsergebnisse der Schulen werden schwerpunktmäßig nur über eine systematische Verbesserung des Unterrichts erreicht.“
Sechs Jahre haben die Bertelsmänner also im Bereich der Bildungsregion Arnsberg-Werl herumgedoktert, um 2008 herauszubekommen, was andernorts seit zehn oder 15 Jahren praktiziert wird. Entsprechend spät gezündet klingt auch die entsprechende Bemerkung der heutigen Schulministerin in der Pressemeldung ihres Ministeriums bei der Verkündung des neuen Projektes mit der Bertelsmann Stiftung vom 18.07.2011. Sylvia Löhrmann wörtlich:
“Die Bildungskonferenz hat empfohlen, eine Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte zu starten. Zusammen mit der Bertelsmann Stiftung wollen wir diesen Weg gehen und das Fortbildungsangebot für Unterrichtsentwicklung fokussiert auf individuelle Förderung weiterentwickeln.”
Weiter heißt es in der Presseerklärung:
„Der Schlüssel, um allen Kindern und Jugendlichen mit ihren unterschiedlichen Potenzialen gerecht zu werden, besteht in der individuellen Förderung. Lehrkräfte dabei zu unterstützen, genau dies im Unterricht zu verwirklichen, ist eine Aufgabe von Staat und Gesellschaft. Das nordrheinwestfälische Ministerium für Schule und Weiterbildung und die Bertelsmann Stiftung haben sich deshalb für eine Stärkung der Lehrerfortbildung zusammengetan und heute in Düsseldorf einen gemeinsamen Vertrag unterzeichnet.“
Diese Erkenntnis hätte man lange vorher haben können und man hätte sie vor allem haben können ohne Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung und damit ohne die notwendige Stigmatisierung der Bertelsmann Stiftung zu unterlaufen.