Wir sind ja einiges gewöhnt von der aktuellen, modernen Debatte um Krieg und Frieden. Hier ist ein weiteres Beispiel für den lockeren Umgang mit Krieg und für die Diffamierung der Friedensbewegung. Und das aus der Feder eines 36-Jährigen. Albrecht Müller.
Hier war im ursprünglichen Artikel der Nachdenkseiten, den wir am 11. August veröffentlicht hatten, das Original des Leitartikels fotografiert wiedergegeben. Das dürfen wir aus rechtlichen Gründen nicht. Deshalb wird hier der Text wiedergegeben:
DIE RHEINPFALZ – Nr: 185 11.8.2023
LEITARTIKEL
Ukraine kämpft für Frieden
Von Tobias Heimbach
Der Krieg in der Ukraine beunruhigt viele. Doch die derzeit lauteste Gruppe, die „Frieden“ sagt und „Verhandlungen“ fordert, meint in Wirklichkeit: Russlands Machthaber Wladimir Putin soll bekommen, was er will.
Wenn man auf die zerstörten Städte in der Ukraine blickt, auf die verwüsteten Landstriche und die frischen Gräber, dann scheint es ziemlich klar, was dieses Land braucht. Dann möchte man rufen: Hört auf zu schießen, sofort! Dann muss Frieden das einzig Richtige sein. Oder?
Doch in der aktuellen Debatte wird nur selten vom Frieden gesprochen. Die Grünen, die sich einmal als pazifistisch verstanden, fordern immer neue Waffenlieferungen für die Ukraine. Und ausgerechnet ein sozialdemokratischer Bundeskanzler treibt eine nie dagewesene Aufrüstung der Bundeswehr voran. Wer Frieden fordert, hat eigentlich immer recht. Das Problem ist nur: Wie alles im Leben hat auch der Frieden seinen Preis. Und nicht jeder Frieden bringt Freiheit. Er kann auch Unterdrückung bedeuten. Das ist es, was diejenigen, die sich zur Friedensbewegung zählen, vergessen.
Diese setzt sich heute aus unterschiedlichen Gruppen zusammen. Da sind Überzeugungspazifisten, die sich reinen Herzens – und ziemlich naiv – Frieden wünschen. Und dann gibt es die, die Frieden fordern, weil sie sich schlicht überfordert fühlen, von den Krisen und Katastrophen der Welt. Sie wollen Ruhe – und mancher einen niedrigeren Gaspreis.
Und dann ist da noch die derzeit lauteste Gruppe. Sie sagt „Frieden“, fordert „Verhandlungen“ und meint tatsächlich: Russlands Machthaber Wladimir Putin soll bekommen, was er will. Große Teile dessen, was sich heute „Friedensbewegung“ nennt, ist vor allem eine Klammer für Anti-Amerikanismus aus ost- und westdeutscher Tradition. Deswegen trifft man auf Demonstrationen Vertreter der AfD neben Esoterikern und Sahra Wagenknecht.
Wer meint, in Deutschland entstehe ein militärisch-industrieller Komplex, hat die Lage nicht verstanden.
Das erklärt auch, weshalb die Friedensbewegung derzeit keinen Zulauf hat. Beim Ukraine-Krieg ist eindeutig, wer angreift und wer sich legitim verteidigt. So nachvollziehbar der Wunsch nach Frieden sein mag: Es braucht dafür immer zwei. Und solange der eine nicht den Frieden, sondern den Krieg will, muss der andere kämpfen. So verhält es sich mit Russland und der Ukraine. Sie wird sich verteidigen, bis sie wieder friedlich leben darf.
Die Friedensbewegung in der Vergangenheit entstanden aus ganz anderen Gemengelagen. Dass sich Westdeutsche in den 1950 er Jahren gegen die Wiederbewaffnung stellten, war wenige Jahre nach dem von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg mehr als verständlich. Bei den Nachrüstungsdebatten der 1980 er Jahre war die Lage nicht so klar wie heute im Ukraine Krieg. Die Debatten von damals, mit den Slogans von damals auf heute anzuwenden, funktioniert nicht.
Wer nun warnt, es entstünde ein militärisch-industrieller Komplex in Deutschland, hat die Lage nicht verstanden. Deutschland ist ein zutiefst zivilgeprägtes Land, keines, vor dem die Nachbarn zittern. Im Gegenteil. Die Verbündeten fürchten sich eher vor einem schwachen Deutschland, das ihnen nicht gegen Russland beistehen kann.
Und wenn Russland dieser Tage vom Frieden spricht, dann klingt das so wie das, was Ex-Präsident Dmitri Medwedew am Dienstag sagte:“ Russland wird zu seinen eigenen Bedingungen Frieden erreichen.“ Dafür verschleppt Russland Kinder, bombardiert Bluttransfusionszentren und Wohnhäuser. Tag für Tag.
Und so gilt: Willst du den Frieden, so rüste dich zum Krieg. Deswegen ist es richtig, die Bundeswehr zu stärken. Denn eine Armee ist wie ein Brautkleid. Man braucht es nicht oft, aber wenn der Anlass da ist, dann geht nichts anderes. Der Wunsch nach Frieden ist derweil nicht verschwunden. Er ist das, wofür die Ukraine kämpft.
Soweit der Text dieses Leitartikels.
Ich hatte begonnen, besonders erstaunliche Stellen dieses „Leitartikels“ farblich zu markieren. Aber eigentlich zeugt fast jeder Satz von Oberflächlichkeit, von Feindseligkeit und angelernten Gedanken.
Zum Beispiel: „Wie alles im Leben hat auch der Frieden seinen Preis. Und nicht jeder Frieden bringt Freiheit.“ – Hier ist der schon in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts hochgespielte angebliche Gegensatz von Frieden und Freiheit.
Zum Beispiel: „Und dann ist da noch die derzeit lauteste Gruppe (in der Friedensbewegung). Sie sagt „Frieden“, fordert Verhandlungen und meint tatsächlich: Russlands Machthaber Wladimir Putin soll bekommen, was er will.“ – Hier ist das gängige Etikett: Putinversteher!
Zum Beispiel: „Beim Ukrainekrieg ist eindeutig, wer angreift und wer sich legitim verteidigt.“ – Beachtlich, dieser 36-Jährige hat noch nichts davon gehört, dass der Invasion Russlands vom 22. Februar 2022 ein tödlicher Artilleriekrieg gegen die Ostukraine vorausging. Wir finden auch hier die immer wiederkehrende Manipulationsmethode: Geschichten verkürzt erzählen.
Zum Beispiel: „So nachvollziehbar der Wunsch nach Frieden sein mag: Es braucht dafür immer zwei. Und solange der eine nicht den Frieden, sondern den Krieg will, muss der andere kämpfen. So verhält es sich mit Russland und der Ukraine.“ – So einfach ist die Welt und so klar die Schuldzuweisung.
Und auch im weiteren Verlauf kommt weiter das, was wir täglich zum Wiederaufbau des Feindbilds „Russland“ brauchen: „Russland verschleppt Kinder, bombardiert Bluttransfusionszentren und Wohnhäuser.“ …. „Willst du den Frieden, so rüste dich zum Krieg“ – Damit ist nicht nur Aufrüstung zur Abschreckung gemeint, sondern auch zur Kriegführung.
Was für eine schreckliche Generation wächst da nach. Korrekt formuliert: Was für schreckliche Menschen wachsen in der zurzeit aktiven und meinungsführenden Generation nach.
Hier ist einer von ihnen, ausgebildet bei Springer, aktuell tätig unter anderem für die Stuttgarter Nachrichten, die Stuttgarter Zeitung und Die Rheinpfalz:
P.S.: Wenn man den Artikel von Herrn Heimbach im Internet aufruft, wird auch gleich noch Sahra Wagenknecht mit verwurstet.
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