Im Artikel „Was unterscheidet Kaffee-Kurt von Tesla-Elon?“ wurde die Diskrepanz staatlicher, behördlicher Behandlung zwischen kleinen und großen Unternehmern in unserem Land an einem Beispiel kritisch besprochen. Während der eine, Kurt, das Handtuch werfen musste, konnte und kann der andere, Elon, weiter seine Kreise ziehen. Nun gibt es Neuigkeiten von beiden. Ende gut, alles gut? Nicht wirklich. Ein Kommentar von Frank Blenz.
Kurts Waldimbiss war seit 2008 eine Institution – dann war Schluss mit dem Idyll
Im erzgebirgischen Schwarzwassertal bei Marienberg gab es bis vor einem Jahr ein gastronomisches Kleinod. Zum Saisonstart im Mai blieb das sogenannte „Waldcafé“ zu. Viele Jahre lockte das Kleinunternehmen eines besonderen Mannes die Leute an: der mobile Imbiss von „Kaffee-Kurt“. Steffen Konkol, so Kurts bürgerlicher Name, betrieb diese kleine Adresse, die keine feste, sondern eine aus drei Holzstangen mit einer Plane darüber war. Genau diese Einmaligkeit wurde dem Kleinunternehmer zum Verhängnis, denn es gab Auflagen satt, weil das Improvisorium störte, nicht in Normen passte. Anstatt als Behörde flexibel und bürgernah zu agieren, wurde vom Kleinunternehmer diese Flexibilität verlangt. Unmöglich war das für diesen, der sogar einen festen Wasseranschluss realisieren sollte – mitten im Wald… Was geschah folglich? Steffen Konkol (Kaffee-Kurt) gab auf.
Zunächst Kaffee-Kurt: Neustart an anderer Stelle
Die Geschichte wirbelte Staub auf, und tatsächlich bekam Kurt nun Unterstützung. Der Bürgermeister der Gemeinde Großrückerswalde, André Rösch, holte Kaffee-Kurt ins erzgebirgische Preßnitztal. Das Tal ist die neue Heimat von Kaffee-Kurt. Noch im August soll Steffen Konkol am Preßnitztalmuseum aus einem festen Stand, der ihm von der Gemeinde gestellt wird, wieder seinen Kaffee brühen dürfen, heißt es.
Ein regionales Anzeigenblatt jubelte über den neuen Tätigkeitsort von Kaffee-Kurt. Früher bot der findige Kleinunternehmer seinen Kaffee im Wald an, er wurde zu einem Original mit einem Herzensanliegen, das die Menschen erreichte. Nun gibt es für ihn und seine Gäste statt Waldidyll eine Bude vor Ort. Behörden wiesen Kurt einst ein Zeugnis aus, welches Kaffee-Kurt geradezu in eine Schmuddelecke schob. Nun ist also alles gut, vor allem in Sachen „Hygiene“, denn jetzt ist alles abwischbar:
Bude nach Umbauarbeiten einsatzbereit
Nach umfangreichen Umbauarbeiten ist die Bude einsatzbereit. Innen ist alles abwischbar verkleidet. Strom und Wasser liegen an. Boiler sorgen bei Bedarf für heißes Wasser. Eine Doppelspüle und Kühlschränke stehen bereit. Außerdem ist ein Handwaschbecken verbaut worden. Platz zum Arbeiten bietet sich ebenfalls. Alle Flächen sind ebenfalls abwischbar. Das Abwasser wird draußen gesammelt und entsprechend entsorgt. Eine Dienst-Toilette hat der Kaffee-Kurt nun auch. Diese befindet sich im Museum. „Es ist anders als im Schwarzwassertal, es ist aber auch anders schön“, findet Steffen Konkol. (Quelle: blick.de)
Steffen Konkols Fans werden sich freuen, ihn an seinem neuen, sauberen Stand zu besuchen. Vermissen werden sie aber auch, wie einzigartig und eben ein Unikum Kaffee-Kurt und sein Waldimbiss einst viele Jahre war, das jedem Besucher überraschende, schöne, entspannte Momente bereitete – bis die Mühlen der Bürokratie anfingen zu drehen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf oder was dafür gehalten wird. Bei vielen Wortmeldungen über das Verhalten der Behörden schwang mit: Bei den Kleinen machen se’s, bei den Großen nicht. Apropos…
Nun Tesla-Elon: Musk gräbt Grundwasser ab und plant Gaskraftanlage
Während der eine Kleinunternehmer im Erzgebirge im Wald keine Wasserleitung legen konnte, bohrt der andere Große, der Milliardär und Großunternehmer Elon Musk, für seine US-amerikanische E-Auto-Tesla-Giga-Factory bei Berlin den Grund und das Grundwasser weiter an und/oder ab. Zigtausend weitere Betonpfähle sollen weiter in den Boden gebracht werden. Die Produktion wird nach und nach hochgefahren. Und solch ein Koloss braucht eben Wasser – viel Wasser.
Tesla hat für die Erweiterung seines Werkes in Grünheide (Oder-Spree) weitere Pfahlgründungen beantragt. Das geht aus den seit Mittwoch einsehbaren Antragsunterlagen hervor. Demnach will der US-Elektroautohersteller rund 81.000 Pfähle einbringen. Das wären deutlich mehr als für die bestehende Halle, bei der circa 2.000 Pfähle verwendet wurden. Das Werksgelände von Tesla liegt teilweise in einem Wasserschutzgebiet.
Tesla-Elon findet nichts dabei, auch in einem Gutachten finden sich keine Bedenken, allein Umweltschützer und Bürger sorgen sich.
Pfähle sollen bis zu zwölf Meter in das Grundwasser eintauchen
Aus den Unterlagen geht hervor, dass die Rammpfähle im gesamten Bereich der Norderweiterung zur Stabilisierung des Fundaments eingesetzt werden sollen. Dort plant Tesla unter anderem die Errichtung einer 700 mal 700 Meter großen Halle, die auch Anlagen zur Verdoppelung der Produktion von derzeit 500.000 auf dann eine Million E-Autos pro Jahr beinhalten soll.
Laut Unterlagen sollen die Pfähle bis zu zwölf Meter in das Grundwasser eintauchen. Ein Gutachten geht davon aus, dass keine relevanten Auswirkungen zu erwarten seien. „Von einem Einfluss der eingebrachten Pfähle auf die Grundwasserchemie ist […] nicht auszugehen“, heißt es im Gutachten. Umweltschützer hatten jedoch immer wieder die Pfahlgründungen kritisiert. Sie befürchten negative Auswirkungen auf das Grundwasser.
Soso. Bürger können sich am Genehmigungsverfahren beteiligen und Bedenken einbringen. Und dann?
Bürgerinnen und Bürger können sich am Genehmigungsverfahren beteiligen und Bedenken einbringen. Die Antragsunterlagen sind bis 18. August im Internet [uvp-verbund.de] und bei Behörden wie dem Landesamt und in Rathäusern öffentlich einsehbar. (Quelle: rbb24.de)
Tesla-Elon hungrig nach Energie – von wegen erneuerbare
Elon Musk wollte eigentlich 100 Prozent erneuerbare Energie für die Produktion nutzen – doch Pustekuchen. Mit der Erweiterung setzt Musk auf ein eigenes Kraftwerk, eine imposante Gaskraftanlage, die zukünftig permanent laufen soll. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wird seine Worte wohl bedauern, die im Frühjahr 2022 so klangen: „Tesla produziert mit 100 Prozent Ökostrom, braucht also jede Menge erneuerbare Energien.“ (Handelsblatt). Und es fällt dem Landesvater auf die Füße (oder auch nicht), dass er Musk offenherzig Lösungen versprach und diese durchsetzte, auf dass dieser ungehindert als freier und vor allem großer Unternehmer schalten und walten kann. So werden Tatsachen geschaffen.
Die Welt nahm sich des Themas an und titelte, dass Musk sein Ökostrom-Versprechen bricht.
Tesla bezieht einen ganz erheblichen Teil der Energie für das Werk in Grünheide keineswegs aus 100 Prozent Ökostrom, sondern nutzt auch Erdgas für die Produktion. Und die Bedeutung des fossilen Energieträgers wird in Zukunft sogar noch wachsen.
Das geht aus den Unterlagen hervor, mit denen Tesla beim Land Brandenburg einen Ausbau der Kapazitäten seiner einzigen europäischen Fabrik beantragt. Künftig sollen hier rund eine Million Fahrzeuge pro Jahr gebaut werden können – doppelt so viele wie bisher.
Ebenfalls in den Unterlagen findet sich eine Analyse der Gesellschaft für Umwelt- und Managementberatung, in der die Lärmemissionen der geplanten Fabrikerweiterung untersucht werden. Sie gibt einen Anhaltspunkt, wie häufig das Gaskraftwerk in der Gigafactory laufen soll.
Für die Untersuchung gehe man bei der Gaskraftanlage von folgenden Betriebsabläufen aus, heißt es dort: „24 h am Tag und sieben Tage die Woche“. Tesla ließ alle Fragen zum geplanten Gaskraftwerk bislang unbeantwortet. (Quelle: welt.de)
Erneuerung der Kritik: Kleine und große Unternehmer werden unterschiedlich behandelt
Wiederholend hier die abschließenden Worte aus dem Artikel „Was unterscheidet Kaffee-Kurt von Tesla-Elon?“:
„Mit Fantasie und Willen, wo wir wieder beim Willen und dem damit möglichen Weg sind, hätte man das kleine offene Zelt mitten im Wald auch als Kaffeekutsche im Haltemodus sehen können, wenn schon alles seine Richtigkeit haben soll. Man hätte den ganzen Ärger für Kurt, für seine Gäste und selbst für die Behörden vermeiden können. Leben und leben lassen halt. Bei Elon Musk geht das doch auch.“
Halt: Im Grunde ist es ja völlig richtig, dass alles seine Ordnung haben muss, es Vorschriften, Vorgaben und Verabredungen gibt. Das gilt für Kaffee-Kurt. Das sollte auch für Tesla-Elon gelten. Bei Musk würde das bedeuten, dass er eben kein 24-Stunden-Kraftwerk baut, dass die Kapazität nicht überbordet, dass die Natur, das Grundwasser, das Bürgerwohl geschützt werden – Unternehmertum hin oder her.
Musks Unternehmenskultur hat auch in anderen Bereichen viel Luft nach oben. Gerade sollen Hunderte Leiharbeiter entlassen worden sein. An die 10.000 Mitarbeiter produzieren derweil 5.000 Autos – am Tag. (welt.de) Und im Manager-Magazin wurde gemeldet:
Intransparenz, extreme Kontrolle und kaum Erholung. Arbeitsbedingungen bei Tesla in Grünheide alarmieren IG Metall
Laut der Gewerkschaft IG Metall klagen Mitarbeiter aus Teslas Gigafabrik in Grünheide über eine extreme Arbeitsbelastung, ständige Verschwiegenheit und mangelnde Transparenz im Unternehmen. Auch eine skurrile Stellenanzeige verunsichert die Beschäftigten. (Quelle: welt.de)