„Der Beklagte (BPK e.V.) wird verurteilt, den Kläger zu seinen Veranstaltungen und Angeboten wie einem Mitglied Zugang zu gewähren.“ So lautet der Schlüsselsatz im Urteilsspruch des Berliner Landgerichts, welcher den NachDenkSeiten am 28. Juli, passender Weise der Geburtstag unseres Redakteurs, zuging. Das Berliner Landgericht verwies im Urteil insbesondere auf Artikel 3 und 5 des Grundgesetzes sowie darauf, „dass der Beklagte vorliegend an die Beachtung der Grundrechte des Klägers gebunden ist. Insgesamt lässt das Urteil kaum ein gutes Haar an den von der BPK und der sie vertretenden Anwaltskanzlei vorgebrachten “Argumenten”. Im Urteil heißt es dazu unter anderem “völlig pauschal vorgetragen“, „nicht prüfbar“, „nicht geeignet“ sowie “keinerlei substantiierten Vortrag…”. Von Redaktion.
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Urteilsbegründung
„Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Dem Kläger steht zwar kein Anspruch auf Aufnahme als Mitglied bei dem Beklagten aus § 11 der Satzung des Beklagten zu, allerdings ein solcher den gleichen Zugang zu den Veranstaltungen und Angeboten des Beklagten zu erhalten wie ein Mitglied. Dieser Anspruch folgt aus Art. 5 Abs. 1 HS 2 GG i. V. m. Art 3 Abs. 1 GG und dem Umstand, dass der Beklagte vorliegend an die Beachtung der Grundrechte des Klägers gebunden ist.“
Das Landgericht verweist in seiner Urteilsbegründung folglich auf die Grundrechtsbindung der BPK in Bezug auf die im Grundgesetz verankerten Artikel 3 und 5.
“Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.”
“Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.”
Weiter erklärte das Gericht:
„Der Kläger (Florian Warweg) erfüllt die Voraussetzungen des § 2 der Satzung des Beklagten, da er zum einen ein in Berlin ansässiger Journalist ist und darüber hinaus umfassend über bundespolitische Themen berichtet.“
Auch mit diesem Satz negiert das Landgericht umfassend die Argumentation der BPK. Denn einer der zentralen Argumentationsstränge der BPK war die Behauptung, unser Redakteur würde nicht ausreichend über Bundespolitik schreiben und würde in Folge nicht die Voraussetzungen zur Teilnahme an den Regierungspressekonferenzen erfüllen. Doch das sah das Gericht anders und führte dies auch noch weiter aus:
„Der Beklagte (die BPK) hat demgegenüber nicht substantiiert dargestellt, dass bei einer derartigen Anzahl von Artikeln innerhalb einer recht kurzen Zeit, gleichwohl nicht die satzungsgemäß geforderte überwiegende Berichterstattung zu bundespolitischen Themen vorliegt. Insbesondere hat der Beklagte nicht dargestellt, warum die genannten Artikel die Bundespolitik gerade nicht betreffen, oder aber dass sie Anzahl mäßig im Vergleich zu sonstigen Artikeln des Klägers nicht ins Gewicht fallen, da dieser normalerweise über andere Themen berichten würde. Dies ist auch ersichtlich nicht der Fall.“
Wirklich peinlich für die BPK und die sie vertretende Kanzlei wird es auf den letzten zwei Seiten der Urteilsbegründung, die sich der im Zuge der mündlichen Verhandlung von der Richterin eingeforderten konkreten Belege bezüglich der Behauptung, Florian Warweg hätte Mitglieder der Bundespressekonferenz beleidigt, sowie den angeblich vorgebrachten Einwänden von Mitgliedern widmen:
„Satzungsgemäße Ausschlussgründe, die vorliegend eine Verurteilung des Beklagten ausschließen würden, hat dieser bislang substantiiert nicht vorgetragen. Insbesondere hat der Beklagte in dem ihm nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Juli 2023 substantiiert nicht dazu vorgetragen, welche inhaltlichen Einwände konkret gegen eine Mitgliedschaft des Klägers vorgebracht worden sind. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung zwar ausgeführt, dass es entscheidend nicht auf die Namen der die Einwände erhebenden Mitglieder ankommen dürfte, das Gericht hat aber deutlich gemacht, dass der Inhalt der Einwände vorzutragen ist, damit geprüft werden kann, ob sie nach der Satzung des Beklagten, einer Aufnahme entgegenstehen und damit vorliegend auch einer Gleichbehandlung des Klägers zu einem Mitglied des Beklagten.
Im Schriftsatz selbst sind die inhaltlichen Einwände pauschal zusammengefasst und unter Beweis gestellt durch Parteivernehmung des Vorsitzenden des Beklagten. Insoweit liegt nicht einmal schlüssiger Vortrag vor, da die schriftlich eingereichten Einwände inhaltlich hätten vorgelegt werden können. Ob die Zusammenfassung den Einwänden überhaupt entspricht, ist in dieser Form durch das Gericht nicht prüfbar. Auch ist der angebotene Beweis durch Parteivernehmung des Vorsitzenden des Beklagten vorliegend nicht geeignet den fehlenden vor Trakt zum konkreten Inhalt zu ersetzen. Insoweit hätte der Beklagte problemlos die jeweils erhobenen Einwände konkret inhaltlich wiedergeben können, ohne anzugeben welches Mitglied die entsprechenden Ausführungen gemacht hat. Vorliegend kann also nicht festgestellt werden, dass entsprechende Einwände vorliegen, die zu einer Nichtaufnahme des Klägers führen können. Aber auch sonst hat der Beklagte keinerlei substantiierten Vortrag dazu vorgebracht, warum dem Kläger hier nicht der Zugang zu seinen Veranstaltungen wie einem Mitglied ermöglicht werden kann, also insbesondere, dass Ausschlussgründe vorliegen.
Um sich eine Vorstellung davon machen zu können, auf welchem Niveau sich die Argumentation der BPK und der Kanzlei bewegte, sei auf zwei anschauliche Beispiele verwiesen.
Zum einen wurde unter anderem folgender Einwand gegen die Teilnahme von Florian Warweg an der BPK vor Gericht aufgeführt: Dieser mache „Regierungsmitglieder verächtlich“, was dem Ansehen des Vereins schaden würde. Als „Beleg“ wurde dann auf einen angeblichen (dem Gericht nicht vorgelegten) Tweet, „mit dem sich der Kläger über Frau Baerbock lustig macht“, verwiesen.
Zum anderen wurde dann im abschließenden Vortrag der Gegenseite behauptet, unser Redakteur hätte „erkennbar ein gestörtes Verhältnis zu den Institutionen des Beklagten.“ Als Beleg für diese Behauptung wurde dann angeführt, „der Kläger hat den Vorsitzenden des Mitgliedsausschusses, Jörg Blank, als „Kanzlerkorrespondent“ bezeichnet“. Weiter heißt es dann im Wortlaut:
„Es bleibt der Eindruck, dass mit der falschen Betitelung der Vorsitzende des Mitgliedsausschusses möglichst nah in den Dunstkreis der Regierung gerückt werden soll. „Kanzlerkorrespondent“ soll offenbar bedeuten: ganz nah dran an der Macht, ergo von den Mächtigen gesteuert.“
Wir halten fest: Dem Parlamentskorrespondenten der NachDenkSeiten wird gegenüber dem Landgericht unterstellt, er hätte in „verschwörungstheoretischer“ Absicht den „falschen“ Begriff „Kanzlerkorrespondent“ genutzt, um ihn als „von Mächtigen gesteuert“ darzustellen.
Das offensichtliche Problem bei dieser Darstellung? Der Begriff des „Kanzlerkorrespondenten“ ist im Gegensatz zur Darstellung der BPK mitnichten eine Erfindung unseres Redakteurs, sondern ganz im Gegenteil der offizielle Titel der dpa. Am 26. September 2017 gratulierte die dpa sogar hochoffiziell Jörg Blank zur Ernennung unter just dieser Bezeichnung:
„Jörg Blank wird neuer Kanzlerkorrespondent der @dpa. Wir gratulieren.“
Jörg Blank wird neuer Kanzlerkorrespondent der @dpa. Wir gratulieren @JMaxBlank! @SvenGoesmann pic.twitter.com/uz5crXLjdc
— dpa_unternehmen (@dpa_unternehmen) September 26, 2017
Auch auf Facebook, Twitter und LinkedIn bezeichnete sich Jörg Blank jahrelang (bis Ende 2021) selbst als „Kanzlerkorrespondent“:
So viel zum argumentativen Ansatz der BPK vor Gericht.
Die Bundespressekonferenz e.V. hat jetzt einen Monat Zeit, um Berufung gegen das Urteil einzulegen. Falls dies nicht erfolgt, könnte Florian Warweg dann ab September aus den Regierungspressekonferenzen berichten und Fragen an die Regierungs- und Ministeriensprecher stellen. Als Redaktion hatten wir uns in Absprache mit Florian Warweg darauf verständigt, insbesondere bisher in der BPK nur sehr selten zur Sprache gekommene sozialpolitische Themen anzusprechen. Wir werden unsere Leser zeitnah über die weiteren Entwicklungen in der Causa BPK informieren.
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Titelbild: David Gyung/shutterstock.com
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