„Die Hartz-Reformen verpuffen
Große Teile der Hartz-Reformen verfehlen ihr Ziel, die Arbeitslosigkeit zu senken. Einzelne Teile wirken sogar kontraproduktiv. Das ist das Ergebnis der wissenschaftlichen Evaluierung der Reformpakete Hartz I bis III durch eine Reihe von Forschungsinstituten im Auftrag der Bundesregierung.“ Meldet das Handelsblatt am 26.12.2005.
Grundlage dieses Urteils ist ein mehrere tausend Seiten umfassendes Gutachten verschiedener Forschungsinstitute. Wieder wurde eine Menge Geld ausgegeben, um etwas festzustellen, was wir schon lange wissen. Durch Erfahrung und durch Zeitung- beziehungsweise NachDenkSeiten-Lesen. Nur unsere führenden Köpfe wissen es nicht und wollen es offenbar nicht wissen. Dazu eine kleine Dokumentation.
Im ersten Halbjahr 2005 und bis hinein in den Sommer erschienen in deutschen Medien immer wieder Bilanzen der Hartz-Reformen. Sie zeigten, dass sowohl Hartz I bis III als auch Hartz IV bei weitem nicht bringen, was versprochen worden ist, und dazu noch um Vieles mehr kosten. Selbst ein „Kampfblatt“ der neoliberalen Reformen, der Spiegel, musste mit einer Titelgeschichte am 23.5. einräumen, dass die Vorschläge der Hartz-Kommissionen nicht viel gebracht haben. Der Titel damals: „Die total verrückte Reform Hartz IV“. Im Text wurde auch zu Hartz I bis III Bilanz gezogen und das weit gehende Scheitern dokumentiert. Am 23. Mai schon!
Wir dokumentieren im Folgenden eine Bilanz des Scheiterns im Berliner Tagesspiegel vom 24.7. 2005. Siehe 1 und 2. Wir dokumentieren weiter die Lobeshymnen unserer Führungspersonen Merkel, Müntefering und Platzeck über die Hartz-Reformen und Gerhard Schröders Agenda 2010 unter 3., 4. und 5. Die Texte sprechen für sich. Unsere Eliten sind nicht mehr fähig und nicht willens, die Realität wahrzunehmen. Sie schwadronieren darüber hinweg.
- Der Tagesspiegel Wirtschaft vom 24.07.2005
Vision und Wirklichkeit: Die Bilanz einer Reform13 Module hat die Hartz-Kommission definiert – von der Ich-AG bis zu den Profis der Nation„Ziel ist es, die Zahl der Arbeitslosen in drei Jahren um zwei Millionen zu reduzieren.“ Das hat Peter Hartz am 16. August 2002 gesagt, als er seine Reformvorschläge vorlegte. Die 13 Punkte der Arbeitsmarktreform und was sie gebracht haben – eine Bilanz. Am 24.7.2005 in den NachDenkSeiten dokumentiert, dort auch der Link.
- Das Fazit des Tagesspiegel vom 24.07.2005:
ARBEITSMARKTPOLITIK Was die neue Regierung tun muss
Hartz am Ziel vorbei
Die Reformen haben es nicht geschafft, die Massenarbeitslosigkeit zu senken. Die Union will es besser machen, aber das kostet bis zu 40 Milliarden Euro. - Bundeskanzlerin Merkel am 30.11.2005 in ihrer Regierungserklärung im Deutschen Bundestag:
Schon die vergangene Regierung hatte Schritte eingeleitet, wodurch die Möglichkeiten, die unser Land hat, besser genutzt werden sollten. Jenseits aller parteipolitischen Differenzen – diese waren in den vergangenen Jahren nicht zu übersehen – möchte ich deshalb an dieser Stelle ausdrücklich eines tun: Ich möchte Bundeskanzler Schröder ganz persönlich dafür danken, dass er mit seiner Agenda 2010 mutig und entschlossen eine Tür aufgestoßen hat, eine Tür zu Reformen, und dass er die Agenda gegen Widerstände durchgesetzt hat.
Damit hat er sich um unser Land verdient gemacht. Nicht zuletzt dafür möchte ich ihm im Namen aller Deutschen danken. - Franz Müntefering zu Schröders Agenda 2010/Hartz-Reformen am 14.11.2005 auf dem SPD-Parteitag:
Mit minutenlangem Applaus hat der SPD-Parteitag in Karlsruhe die Verdienste des scheidenden Bundeskanzlers Gerhard Schröder gewürdigt. Franz Müntefering dankte Schröder: “Lieber Gerd, Du hast Dich um Deutschland und die Sozialdemokratie verdient gemacht.”
“Bleib präsent”, so die Bitte von Franz Müntefering an Gerhard Schröder. Der SPD-Parteivorsitzende bescheinigte Schröder, er habe “in einer unbändigen Weise” die SPD mitgerissen und nach vorne geführt. Er habe in sieben Jahren seiner Kanzlerschaft viel erreicht. “Zwei Dinge werden in Erinnerung bleiben”, prognostizierte Müntefering: Schröders Mut zur Erneuerung mit der Agenda 2010 und die Positionierung Deutschlands als friedliche und selbstbewusste Macht. “Das bleibt und das macht uns alle miteinander stolz.” Schröder habe ein gutes Stück Geschichte der Bundesrepublik und der SPD geschrieben, erklärte Müntefering. In der Kommission, die die große Koalition aushandelte, habe Schröder “ein zusätzliches Stück partizipierender Demokratie” bewiesen.
- Matthias Platzeck am 30.11.2005 im Deutschen Bundestag:
Dabei kann die neue Bundesregierung an die Arbeit anknüpfen, die Gerhard Schröder und die rot-grüne Bundesregierung in den Jahren seit 1998 und ganz besonders seit 2003 begonnen haben. Ich habe es als eine noble Geste empfunden, dass Frau Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Rede noch einmal ausdrücklich die Verdienste von Bundeskanzler Schröder für unser Land gewürdigt hat.
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben völlig Recht: Gerhard Schröder und seine Regierung haben in den vergangenen Jahren mit ihrer Politik der Erneuerung tatsächlich um unser Land verdient gemacht. Sie haben „Marksteine gesetzt“, an die die neue Bundesregierung anknüpfen kann und an die sie anknüpfen sollte.