Rechts- und Linksextremisten werfen den demokratischen Parteien wegen der Abstimmung noch mit der alten Mehrheit eine „Delegitimierung des Staates“ vor. Ausgerechnet Putins nützliche Idioten in Deutschland reden gar von einem „Zombie-Parlament“, das zurückgekehrt sei, um noch schnell die Zukunft zu zementieren. Ein Demokratie-Experte der unabhängig-zivilgesellschaftlichen Antonio-Amadeus-Mozart-Stiftung ordnet diese Desinformationen für uns ein. Ein satirischer Bericht von Tobias Riegel.
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Bösartige Desinformation durch Extremisten
Das Verfassungsgericht hat eindeutig klargestellt, dass die Abstimmung über die Reform der Schuldenbremse zur Stärkung der deutschen Wirtschaft und der Verteidigungskapazitäten sowie einer Sicherung der Infrastruktur durch den „alten Bundestag“ verfassungsgemäß war. Damit sollte diese unleidige Debatte eigentlich zu Ende sein. Aber eine Seite kann partout nicht loslassen und ihre Niederlage akzeptieren: Sie entfaltet eine bösartige Desinformation, die auch nach einer Woche einfach nicht verstummen will. Es gebe bei der Frage nicht nur die rein juristische Ebene, heißt es da etwa irreführend. Vielerorts ist die Rede gar von sogenannten, abgewählten „Zombie-Abgeordneten“, die trotzdem und ohne Legitimation noch die Zukunft bestimmen wollten.
Der Demokratie-Experte von der unabhängig-zivilgesellschaftlichen Antonio-Amadeus-Mozart-Stiftung ordnet das gegenüber den NachDenkSeiten ein: Verfassungsrechtlich sei das Vorgehen der alten Mehrheit sowieso legal gewesen. Aber es sei zusätzlich eben auch politisch-moralisch geboten: Die demokratischen Parteien dürften nicht nur, sondern müssten Resilienz zeigen, wenn die Bürger undemokratisch abstimmen.
Das Argument, die gefassten Beschlüsse seien zu weitreichend, als dass sie noch von der alten Mehrheit beschlossen werden dürften, lässt der Demokratie-Fachmann nicht gelten: Das sei doch, im Gegenteil, ein Grund mehr, solche Beschlüsse eben nicht den Extremisten zu überlassen. Man dürfe die Demokratie selbstverständlich vor sich selber schützen, wenn die Bürger sich von problematischen Parteien verführen lassen. Ein Fazit des Experten für Demokratie:
„Wenn die Bürger so falsch abstimmen, wie wir es gerade erlebt haben, dann können sie sich hinterher auch nicht beschweren. Sie hätten doch die demokratischen Parteien wählen können. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht.“
Der Nachrichtendienst BND ordnet die Aufregung über die Bundestagsabstimmung zur Schuldenbremse in einer Pressemitteilung folgendermaßen ein:
„Dass die Deligitimierer des Staates den Spieß nun umdrehen und ‚haltet den Dieb!‘ rufen, war absehbar. Dadurch sollte man sich aber auch zukünftig nicht von unpopulären, aber für die Demokratie überlebenswichtigen Winkelzügen abhalten lassen. Wir vom BND sind gerne bereit, unser umfangreiches Wissen bezüglich auch verdeckter Mittel zum Schutz der Demokratie in Workshops mit den Abgeordneten der demokratischen Parteien zu teilen.“
Offener Brief unabhängig-zivilgesellschaftlicher Demokratie-Experten
In einem gemeinsamen Offenen Brief fordern zahlreiche unabhängig-zivilgesellschaftliche Demokratie-Experten zusätzlich, die Demokratie endlich angemessenen vor falschem Wahlverhalten zu schützen:
„Als letzte Mittel zum Schutz der Demokratie gibt es ja immer noch die Möglichkeit von Partei-Verbotsverfahren oder einen Einsatz der Bundestags-Polizei, das sollten wir nicht vergessen. Wir dürfen auch nicht zulassen, dass Faschisten immer wieder die Geschäftsordnung des Bundestags für sich instrumentalisieren. Da hilft nur klare Haltung und gegebenenfalls der offene Regelbruch zugunsten der Demokratie.“
Generell gesprochen, seien von Wahlergebnissen abhängige Demokratien ohnehin problematisch, da sie zu sehr durch das Abstimmungsverhalten vonseiten der Bürger beeinflussbar seien, so die Experten für Demokratie:
„Ein Ignorieren von neuen Mehrheiten durch die Demokraten ist nicht nur demokratisch legitim. Es ist manchmal geradezu geboten: Auch um perspektivisch eine von Wahlergebnissen unabhängige Demokratie zu etablieren und diese dann gegenüber gefährlichem Abstimmungsverhalten vonseiten der Bürger abzusichern.“
Hinweis: Das ist ein Beitrag aus der Satire-Redaktion.
Titelbild: Niyazz / Shutterstock
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