Die Bundesregierung hat mittlerweile die 551 Fragen umfassende „Kleine Anfrage“ der CDU zur staatlichen Förderung von Nichtregierungsorganisationen beantwortet. In diesem Zusammenhang kam es zu zahlreichen Fragen auf der Bundespressekonferenz. Die NachDenkSeiten wollten unter anderem wissen, bis zu welcher Obergrenze die Bundesregierung bei von ihr querfinanzierten Organisationen noch von „Nichtregierungs…“ spricht, ob sie es problematisch findet, dass man somit eine „Zivilgesellschaft“ künstlich am Leben erhält, die es ohne staatliche Förderung in der Form gar nicht gäbe, und wieviel „copy-paste“ in der Antwort an die CDU steckt. Von Florian Warweg.
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Ende Februar 2025 hatte die Union in einer Kleinen Anfrage mit dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ 551 Fragen an die Bundesregierung zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen wie beispielsweise „Correctiv“, „Amadeu Antonio Stiftung“ und „Campact“ durch Bundesministerien und -behörden gestellt. CDU verwies in der Vorbemerkung zur Anfrage unter anderem darauf, dass einige NGOs „eine Schattenstruktur“ darstellen würden, „die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt“.
Die Anfrage hatte im NGO-Sektor sowie im Parteienspektrum von Grüne, SPD bis Linkspartei für (teilweise gespielte) Empörung gesorgt. SPD-Chef Lars Klingbeil erklärte die Anfrage zum „Foulspiel“, die Grünen-Fraktionschefin bezeichnete die Fragen als „Einschüchterung der Zivilgesellschaft“ und die Linke im Bundestag kritisierte die Anfrage als angeblichen „Frontalangriff“ auf die Demokratie. (Die NachDenkSeiten berichteten.) Am 11. März ging nun die Antwort (Drucksache 20/15101) im Bundestag ein:
Die Bundesregierung erklärt darin an zentraler Stelle, dass es keine Anhaltspunkte für die in der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung gäbe, wonach die geförderten „NGOs eine Schattenstruktur“ bildeten, die einseitig politischen Einfluss nehmen würden:
Doch überzeugen die diesbezüglichen „Antworten“ der Bundesregierung nicht wirklich und bestätigen eher den von der CDU geäußerten Verdacht. Exemplarisch sei auf die Kampagnen-NGO „Campact“ verwiesen. Diese „Nichtregierungsorganisation“ hatte beispielsweise bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg explizit zur Wahl der Grünen aufgerufen und diesen einen sechsstelligen Betrag gespendet (die NachDenkSeiten berichteten hier und hier).
Die Kampagnenplattform hatte alleine im August 2024 mitten im Landtagswahlkampf 161.300 Euro den Grünen zukommen lassen, dazu noch eine fünfstellige Summe an die Linkspartei:
Dies geschah, obwohl sich Campact in seiner Satzung als „parteipolitisch neutral“ bezeichnet, auch wenn 2023 eine Satzungsänderung vorgenommen wurde, die den Passus um das Schlüsselwort „grundsätzlich“ ergänzte.
Doch damit nicht genug. Campact gründete 2018 die HateAid als „gemeinnützige GmbH“. Das Stammkapital stammte ausschließlich von Campact und bis heute ist Campact mit einer Beteiligung von 50 Prozent Hauptgesellschafter von HateAid.
HateAid wiederum wird seit Jahren mit siebenstelligen Summen aus dem Fördertopf von „Demokratie leben“ versorgt. Den meisten NachDenkSeiten-Lesern ist dieses Programm des Familienministeriums wohl bekannt, da es unter anderem auch das umstrittene Diffamierungs- und Überwachungsprojekt „Gegneranalyse“ der Grünen-nahen Denkfabrik „Zentrum Liberale Moderne“ (LibMod) finanzierte. Rund 2,2 Millionen Euro hat HateAid seit 2021 aus dem Grünen-geführten Familienministerium erhalten. Einen Finanzierungsrahmen sieht man beispielsweise hier:
Und jetzt wird es interessant. Denn was antwortet die Bundesregierung auf die Frage 70 der CDU, ob es Fälle gibt, „in denen der Verein Campact e.V. explizit für oder gegen eine Partei geworben hat?“ Sie verweist auf die Antwort auf Frage 13, welche dieselbe Frage in Bezug auf Correctiv stellte. Und wie lautet diese Antwort?
„Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.“
Das ist schlicht und ergreifend gelogen, wie allein der Verweis auf diesen Wahlaufruf von Campact für die Grünen und gegen die AfD belegt:
Dass die CDU mit der Anfrage ihr ganz eigenes interessensgeleitetes Spiel treibt, muss wohl nicht extra betont werden. Beispielsweise findet man in den ganzen 511 Fragen keine einzige zu der durchaus fragwürdigen Finanzierung der „gemeinnützigen“ Organisation „Zentrum Liberale Moderne“ (LibMod), die den NachDenkSeiten-Lesern nur zu gut bekannt ist und trotz sehr einseitiger Parteinahme alleine jedes Jahr 500.000 Euro vom Bundespresseamt erhält sowie ebenfalls sechsstellige Summen vom Grünen-geführten Familienministerium im Rahmen von „Demokratie leben“. Allerdings gilt LibMod als gut vernetzt in CDU-Kreisen und ist expliziter Vertreter von Schwarz-Grün. Honi soit…
Das ändert aber nichts daran, dass die Anfrage der CDU durchaus einen Beitrag zur Transparenz leisten kann, was staatliche Finanzierung von sogenannten „Nichtregierungsorganisationen“ angeht. Denn egal wie stark SPD, Grüne und Linkspartei auch auf die Empörungsdrüse drücken, eine staatlich finanzierte „Zivilgesellschaft“ ist ein künstliches Konstrukt, abhängig vom politischen Willen und Dynamik der jeweiligen staatlichen Geberstellen, und damit keine Zivilgesellschaft im eigentlichen Sinne.
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 12. März 2025
Frage Ratz (Nachrichtenagentur Reuters)
Frau Kalwey, es gibt einen Medienbericht, wonach das Ministerium auf die 551 Anfragen der Union zu NGOs eine Antwort geschrieben hat. Können Sie dazu etwas sagen?
Vizeregierungssprecherin Hoffmann
Ich darf dazu ganz kurz für die Bundesregierung sagen, dass die Antwort jetzt vorliegt. Die Federführung liegt bei der Kollegin vom Bundesfinanzministerium. Die Bundesregierung hat umfassend und transparent auf die Kleine Anfrage geantwortet und noch einmal grundsätzlich den parteiübergreifenden Konsens betont, dass zivilgesellschaftliches Engagement für ein vielfältiges und demokratisches Miteinander und die Arbeit gegen Radikalisierung und Polarisierung in der Gesellschaft unterstützenswert ist.
Diese Antwort wurde gestern Abend, präzise gesagt, dem Bundestag zugeleitet, und eine Veröffentlichung obliegt nun dem Bundestag.
Entschuldigung, liebe Kollegin.
Vorsitzender Feldhoff
Eine Ergänzung, Frau Kalwey?
Dr. Kalwey (BMF)
Nein.
Frage Ratz
In dem einen Bericht ist die Rede von 6,4 Millionen Euro als Gesamtsumme für die NGOs dieses Jahr. Können Sie zu den Zahlen etwas sagen?
Dr. Kalwey (BMF)
Ich kann jetzt zu den Details zur Kleinen Anfrage nichts beitragen. Wie gesagt – Frau Hoffmann hat es ja schon ausgeführt –, es wurde gestern an den Bundestag übermittelt. Aus Respekt vor dem Parlament äußern wir uns jetzt auch nicht zu einzelnen Fragen bzw. nehmen hier Antworten vorweg. Die Hoheitsrechte liegen beim Parlament. Inwiefern da die Kleine Anfrage zeitnah veröffentlicht wird und Sie dann natürlich auch die Antworten entsprechend nachlesen können, müssten Sie bitte beim Parlament erfragen.
Frage Polansky (BR-Hauptstadtstudio)
Frau Hoffmann, wenn Sie betonen, wie stark es im öffentlichen Interesse ist, dass die NGOs arbeiten, ist es dann auch so stark im öffentlichen Interesse, dass die Bundesregierung dafür Geld geben muss?
Hoffmann
Ich würde mich jetzt zu dem ganzen Sachverhalt gar nicht weiter einlassen. Das ist beim Bundestag, aber es ist ja Tatsache, dass die Bundesregierung zivilgesellschaftliches Engagement unterstützt und sich auch dazu bekennt.
Zusatzfrage Polansky
Auch finanziell dann?
Hoffmann
Auch finanziell.
Frage Warweg
Ein Großteil des Geldes geht ja in sogenannte NGOs. Jetzt wissen wir alle, wofür das N steht. Sieht die Bundesregierung denn keine Problematik darin, dass man selbsternannte oder an sich Nichtregierungsorganisationen von staatlicher Seite massiv querfinanziert, sowohl, was die Reputation dieser Organisation angeht, als auch natürlich aus staatlicher Seite heraus, dass man quasi künstlich eine Zivilgesellschaft am Leben erhält, die es vielleicht ohne diese staatlichen Zuwendungen in der Form gar nicht geben würde? Also: Problematisiert die Bundesregierung dies in irgendeiner Form?
Hoffmann
Ich würde alle Unterstellungen, die in Ihrer Frage stecken, zurückweisen und sagen: Wir unterstützen zivilgesellschaftliches Engagement, weil wir es für wichtig und für wertvoll für dieses Land halten.
Zusatzfrage Warweg
Ja, aber meine Frage war: Ein Großteil geht an Organisationen, die als Nichtregierungsorganisationen bekannt sind und die teilweise bis zu 80 Prozent durch staatliche Gelder querfinanziert werden. Da würde mich nur interessieren, ob Sie in diesen Nichtregierungsorganisationen und der großen Quersubventionierung durch den Staat irgendetwas Problematisches sehen oder ob Sie es als völlig legitim ansehen, dass es diese große Quersubventionierung gibt.
Hoffmann
Ich hatte Ihre Frage wohl verstanden und auch beantwortet.
Frage Ratz
Doch noch mal eine Nachfrage, Frau Hoffmann: Anlass für die Kleine Anfrage war ja konkret die Demonstration gegen CDU/CSU nach der Abstimmung im Bundestag. Halten Sie es auch für quasi förderungswürdig, wenn sich solche Proteste gegen eine demokratische legitimierte Partei richten?
Hoffmann
Ich will das jetzt hier im Einzelnen nicht ausbuchstabieren. Ich bitte darum, sich an den Bundestag zu wenden, dem wir ja die Kleine Anfrage beantwortet haben. Darüber hinaus möchte ich mich dazu jetzt hier nicht einlassen.
Frage Polansky
Sie haben die Förderungswürdigkeit gerade noch einmal betont. Wenn das 80 Prozent oder bis zu 80 Prozent sind, gibt es denn aus Sicht der Bundesregierung da irgendeine Obergrenze? Oder kann auch eine NGO zu 100 Prozent von der Bundesregierung finanziert werden?
Hoffmann
Das kommt mir jetzt sehr hypothetisch vor. Da würde ich mich nicht auf irgendeine Zahl einlassen wollen.
Zusatz Polansky
Aber 80 Prozent sind ja fast 100. Das sind ja dann vier Fünftel.
Hoffmann
Ich werde mich da nicht auf irgendeine Zahl einlassen wollen.
Frage Warweg
Die ganze Zeit antwortet ja, was auch nicht falsch ist, die Regierungssprecherin, aber beantwortet hat das ein spezifisches Ministerium. Vielleicht könnte die Vertreterin des Finanzministeriums dazu noch mal Stellung nehmen, auch zu der Frage des Kollegen, bis zu welcher Obergrenze man denn noch von Nichtregierungsorganisationen sprechen kann, abhängig von der jeweiligen staatlichen Förderung.
Dr. Kalwey (BMF)
Vielleicht kurz einmal zur Erklärung: Das BMF hat diese Kleine Anfrage koordiniert. Es ist eine Antwort der Bundesregierung. Es ist immer so, dass ein Ressort die koordinierende Funktion hat. Die hatte das BMF. Alle beteiligten Ressorts haben zu dieser äußerst komplexen Frage entsprechend zugeliefert.
All diese Punkte, die Sie hier gerade thematisieren, werden ja genau in dieser Kleinen Anfrage behandelt. Wie ich schon gesagt habe: Wir haben diese Anfrage an das Parlament beantwortet, und ich werde jetzt hier dieser Antwort nicht vorgreifen. Ich kann mir diese einzelnen Zahlen jetzt auch nicht bestätigen lassen und werde jetzt von dieser Stelle aus mich nicht zu einzelnen Zahlen verhalten.
Frage Polansky
Es wurde ja kritisiert, dass es 551 Fragen waren. Das hat ja auch ein gewisses mediales Echo gefunden. Da Sie das koordiniert haben: War es besonders schwierig, 551 Fragen zu beantworten, oder war das im Rahmen dessen, was man bei Kleinen Anfragen kennt?
Dr. Kalwey (BMF)
Wir hatten hier ja schon häufiger die Frage, ob es schon mal ähnliche Anfragen in dieser Dimension gab. Da hatten wir Sie, glaube ich, gebeten, sich an den Bundestag zu wenden, weil wir das hier nicht nachhalten können.
Natürlich war es ein enormer Aufwand, und das innerhalb einer nicht gerade üppigen Frist, wenn ich das mal so sagen darf. Aber es gibt das Fragerecht, und es gibt Fristen. Natürlich sind wir an diese Fristen gebunden und agieren auch innerhalb dieser Regeln. Es war angesichts der Vielzahl an Fragen natürlich sehr komplex. Wie gesagt, es haben alle Ressorts dazu beigetragen. Wir haben es nicht alleine gestemmt.
Frage Warweg
Noch eine Verständnisfrage: Die AfD hatte ja ein paar Monate zuvor – vielleicht war es auch maximal ein Jahr zuvor – eine sehr ähnliche Anfrage gestellt. Da wird sich ja so viel nicht geändert haben. Könnten Sie grob prozentual sagen, wie viel Copy-Paste von der Antwort der Bundesregierung auf die AfD-Anfrage in der Antwort der Bundesregierung auf die CDU-Anfrage steckt?
Dr. Kalwey (BMF)
Wie Sie sich vorstellen können: Ich sitze ja hier in der Funktion als Pressesprecherin und habe diese Frage nicht beantworten müssen. Da waren sehr, sehr viele Kolleginnen und Kollegen, wie gesagt, in unterschiedlichen Ressorts daran beteiligt. Inwiefern man jetzt auf frühere Antworten zurückgreifen kann, kann ich Ihnen nicht sagen.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 12.03.2025
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