Die Rückkehr der Diplomatie – Die USA und Russland verhandeln über das Ende des Ukraine-Kriegs

Die Rückkehr der Diplomatie – Die USA und Russland verhandeln über das Ende des Ukraine-Kriegs

Die Rückkehr der Diplomatie – Die USA und Russland verhandeln über das Ende des Ukraine-Kriegs

Gert-Ewen Ungar
Ein Artikel von Gert-Ewen Ungar

Nach den Verhandlungen zwischen einer US-Delegation und ukrainischen Unterhändlern in Saudi-Arabien reiste der US-Sondergesandte Steve Witkoff nach Moskau, um die Möglichkeiten für einen Waffenstillstand auszuloten. Putin sagte unterdessen, er unterstütze den Plan, verlangt aber Garantien. Klar ist, die Diplomatie ist zurück. Deutschland und die EU haben daran jedoch keinen Anteil. Die Geschicke Europas werden in Washington und Moskau bestimmt. Den Ländern der EU fehlt dazu die geistige Reife. Von Gert-Ewen Ungar.

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Seit der Inauguration von Donald Trump ist Bewegung in den zuvor festgefahrenen Ukraine-Krieg gekommen. Weder die Ukraine noch die EU oder die Biden-Administration wollten ihren Kurs überdenken, obwohl die Ukraine auf dem Schlachtfeld immer deutlicher ins Hintertreffen geraten war. Ziel der USA, der EU und der Ukraine blieb, mittels Waffenlieferungen der Ukraine zu einer Position der Stärke zu verhelfen, aus der sie Russland die Bedingungen für einen Friedensschluss diktieren können. Anzeichen dafür, dass dies gelingen könnte, gab es keine.

Die USA unter Trump haben diesen Plan inzwischen aufgegeben, die Ukraine wurde von den USA zur Aufgabe des Plans gedrängt, die EU hält jedoch weiterhin daran fest. Deutschland und die EU wollen aufrüsten, die Rüstungsproduktion massiv ausweiten und die Ukraine mit Waffen sowie finanziell unterstützen.

Seit einigen Wochen gibt es zwischen den USA und Russland einen regen diplomatischen Austausch. Vorläufiger Höhepunkt ist der Besuch des US-Sondergesandten Steve Witkoff in Moskau am Donnerstag. Er folgte unmittelbar auf ein Treffen in Saudi-Arabien zwischen einer hochrangigen Delegation von US-Diplomaten unter Leitung von Außenminister Marco Rubio mit einer Delegation der Ukraine, die von Präsidialamtschef Andrij Jermak angeführt wurde. Jermak wurde von Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umjerow begleitet. Welche Bedeutung das Treffen für die ukrainische Seite hatte, lässt sich daran erahnen, dass sich Wolodymyr Selenskyj zeitgleich in Saudi-Arabien aufhielt. Marco Rubio soll während der Gespräche in der Hafenstadt Dschidda Kontakt zu Selenskyj gehalten haben.

Auf dem Treffen wurden eine Reihe von Verabredungen getroffen, allerdings ist die Behauptung falsch, dort sei ein Waffenstillstand beschlossen worden. Richtig ist, dass die Ukraine dazu gedrängt wurde, ihre Forderung nach einem teilweisen Waffenstillstand aufzugeben und einem vollständigen Waffenstillstand zuzustimmen. Besprochen wurden auch Gebietsabtretungen an Russland. Bisher war Kiew nicht dazu bereit, auf Territorien zu verzichten, das hat sich nun geändert.

Die USA sagten zu, die Verhandlungsergebnisse an Moskau zu übermitteln. Für den Fall, dass Moskau einem Waffenstillstand zustimmt, muss abgestimmt werden, wie die Einhaltung des Waffenstillstands überwacht werden kann. Moskau hat bereits wiederholt klargestellt, dass es die Anwesenheit von Truppen der NATO-Länder nicht akzeptieren wird. Damit wurde der Idee westeuropäischer Länder, “Friedenstruppen” entsenden zu wollen, eine klare Absage erteilt.

Während gestern im Deutschen Bundestag über die Änderung des Grundgesetzes zur massiven Aufrüstung debattiert wurde und Friedrich Merz in dem Zusammenhang behauptete, die Welt würde auf Deutschland schauen, landete der US-Sondergesandte Witkoff in Moskau, um das Ergebnis der Verhandlungen in Dschidda zu übermitteln. Deutlicher lässt sich das Auseinanderfallen von deutscher Selbstwahrnehmung und der Realität wohl nicht illustrieren. Die Welt schaut auf Moskau und Washington, die bizarren deutschen Ideen zur Aufrüstung und Militarisierung sowie der proklamierte Führungsanspruch sind international nicht nur irrelevant, sondern wirkten am gestrigen Donnerstag wie aus der Zeit gefallen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko am Abend sagte Wladimir Putin, grundsätzlich unterstütze er den Vorschlag für einen Waffenstillstand. Er bedankte sich bei Donald Trump für dessen Bemühen, den Ukraine-Konflikt zu befrieden. Putin bedankte sich zudem bei China, Südafrika, Brasilien, der Afrikanischen Union und all jenen Ländern, die sich für eine Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt eingesetzt haben. Dass er sich bei Deutschland und der EU nicht bedankte, muss nicht extra erwähnt werden, denn von dort kam schlicht nichts außer ein durchgehend aggressiver Ton und der Wille, Russland möglichst nachhaltig zu schaden.

Hinsichtlich eines Waffenstillstandes seien allerdings noch Fragen zu klären, fügte Putin hinzu. So müsse sichergestellt werden, dass die Zeit nicht für die Aufrüstung der Ukraine genutzt wird – eine Lehre aus dem Betrug Deutschlands im Rahmen von Minsk 2. Angela Merkel hatte in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit im Jahr 2022 zugegeben, dass es ihr bei den Verhandlungen zum völkerrechtlich bindenden Abkommen Minsk 2 nie um die Befriedung des Konflikts in der Ukraine gegangen sei, sondern darum, der Ukraine Zeit zur Aufrüstung zu verschaffen. Das Abkommen wurde von den Garantiemächten Deutschland und Frankreich sowie der Ukraine systematisch hintertrieben. Seitdem hat sich die Situation der Ukraine allerdings deutlich verschlechtert. Zielte Minsk 2 noch darauf ab, die territoriale Integrität der Ukraine mit Ausnahme der Krim zu erhalten, verliert sie jetzt absehbar rund 20 Prozent ihres Territoriums.

Putin wiederholte heute noch einmal die eigentlich schon oft vorgebrachte Position, es gehe darum, die Bedingungen für einen langen, dauerhaften Frieden zu schaffen. In Deutschland wurde bisher abgestritten, dass Putin zu Verhandlungen bereit ist. Durch ein System bestehend aus Zensur und dysfunktionalem Journalismus konnte die Desinformation verbreitet werden, ohne dass mit Widerspruch gerechnet werden musste. Fakt ist, dass Russland ohne Unterlass auf seine Bereitschaft zur friedlichen Regulierung des Konfliktes hingewiesen und zur Diplomatie eingeladen hat. Nach Deutschland drang es nicht durch, stattdessen verweigerte man das Gespräch.

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock spricht seit über drei Jahren nicht mit ihrem russischen Amtskollegen. Begegnete sie ihm auf internationalen Konferenzen, machte sie ihm eine Szene und wiederholte politisch naive Positionen. „Russland kann den Krieg sofort beenden, wenn Russland sein Militär aus der Ukraine abzieht”, brachte Baerbock regelmäßig vor. Das Problem dabei ist: Baerbock meint es damit vollkommen ernst. Deutschland hat ein Bildungsproblem, das auch in höchsten politischen Ämtern zum Tragen kommt. Wer zur Kenntnis genommen hat, wie Baerbock sich in TV-Gesprächsrunden oder im Bundestag aufführt, bekommt eine Vorstellung davon, wie sie sich auf internationalem diplomatischen Parkett bewegt. Sie hat dem Ansehen Deutschlands massiv geschadet, allerdings ist sie damit nicht allein.

Erstaunlich ist, welche rhetorische Kehrtwende man in der EU inzwischen vollzieht. Nachdem man drei Jahre lang jegliches Gespräch mit Russland abgelehnt und im Wahlkampf gegen Trump gewettert hat, begrüßt man nun einhellig die Bemühungen um einen Waffenstillstand. In Russland täuscht das niemanden darüber hinweg, dass aus der EU bisher nicht nur keine diplomatische Initiative kam, sondern das Ziel der Waffenlieferungen an die Ukraine die strategische Niederlage Russlands war. Die Aufrüstungspläne von EU und Deutschland sprechen ohnehin eine andere als eine friedfertige Sprache.

Die Unterredungen mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff werden hinter verschlossenen Türen stattfinden, sagte ein hochrangiger russischer Diplomat im russischen Fernsehen. Er wird mit einem Vorschlag Russlands zur Umsetzung des Waffenstillstands zurückreisen. Die Diplomatie ist zurück.

Deutschland und die EU haben daran jedoch keinerlei Anteil. Sie haben sich mit ihrem Beharren auf eine militärische Lösung in die Ecke manövriert und zum Spielball der Geopolitik gemacht. Über das Schicksal Europas wird in Washington und Moskau entschieden. Der EU und Deutschland fehlt dazu die notwendige geistige Reife.

Titelbild: Studio Romantic/shutterstock.com

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