Kommentar zum geforderten Griechenland-Ausschluss: Denn sie wissen nicht, was sie tun

Als die Staatschefs sechs europäischer Länder im Jahre 1957 die Römischen Verträge unterzeichneten, legten sie damit den Grundstein für eine Periode der Prosperität und des Zusammenwachsens. Die Zeiten, in denen Politik noch von Visionen geprägt wurde, sind jedoch vorbei. Mittelmäßige Politiker, denen die wöchentlichen Zustimmungswerte in Meinungsumfragen wichtiger sind als der europäische Gedanke, verspielen in wenigen Monaten das Werk mehrerer Generationen. Die Diskussion um einen Ausschluss Griechenlands aus der Gemeinschaft ist dabei nur der bisherige Höhepunkt wiedererstarkender nationaler Egoismen. Von Jens Berger

Hinweise des Tages

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Griechenland; Riester-Rente; Paul Krugman – The Death of the Confidence Fairy; Deutschland kriegt Geld fast für lau; Weise: “Grund zur Sorge am Arbeitsmarkt”; Verteilungsstatistik war geschönt; Sozialleistungen werden an die Finanzämter gemeldet; The Crisis of Europe and European Nationalism; Libyen – Amnesty erhebt schwere Vorwürfe gegen libysche Rebellen; Der richtige Weg zum demokratischen Orient (I); Bildungsbericht der OECD; Wut auf die Politiker: Tausende Mails und Briefe gegen Euro-Hilfen; Die heimlichen Strippenzieher – Wer regiert uns wirklich?; das Allerletzte: FDP-Politiker vergleicht Griechenland mit Alkoholiker (JB)

Hinweise des Tages

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Paul Krugman – An Impeccable Disaster; Das absurde deutsche Exportmodel; Griechenland; Studie: Finanzwirtschaft – Zu groß ist ungesund; EZB-Personalien; The magical world of voodoo ‘economists’; Ungarn schreckt ausländische Banken mit Schulden-Vorschlag; Europas Banken sollen Finanztransaktionen weltweit versteuern; Uno sieht Menschenrechte durch Finanzkrise bedroht; Die Zuschussrente – Wie Frauen aus Sicht des Staates »alles richtig machen«; Norbert Blüm zur Pflegeversicherungsreform: “Mich stört, dass alle nur auf die Kosten gucken”; U-Ausschuss weist Vorwurf gegen Vorsitzenden zurück; Der Hunger in Somalia und die Schuld der Politik; 15. „Ausgekocht: Hinter den Kulissen hessischer Machtpolitik“; Volker Pispers – Die Bananenrepublik; zu guter Letzt: Die Experten haben das Wort (JB)

EZB-Personalwechsel: Zwischen Skylla und Charybdis

Mit Jürgen Stark räumt ein monetaristischer Überzeugungstäter seinen Schreibtisch in der EZB. Das wäre eigentlich ein Grund zur Freude, wenn die europäischen Institutionen auch nur im Ansatz die Demokratie leben würden. Da es bei der Besetzung des EZB-Direktoriums aber ungeschriebene Gesetze gibt, kann die deutsche Regierung de facto Starks Nachfolger bestimmen. Dass sich Angela Merkel und Wolfgang Schäuble jedoch ausgerechnet für Staatssekretär Jörg Asmussen entschieden haben, ist ein schwerer Schlag für die EZB und die Bevölkerung der Eurozone. Von Jens Berger

Albrecht Müllers Wochenrückblick: Es gibt offenbar so etwas wie Lust an Zerstörung.

Die NachDenkSeiten nennen sich im Untertitel „Die kritische Website“. Zur Zeit sind wir beim Umgang mit dem Euro und Europa vermutlich eines der konstruktivsten Medien. Wir beobachteten in der vergangenen Woche mit Staunen und mit Sorge, wie zynisch und leichtfertig Politiker, Wissenschaftler und Medien mit der gemeinsamen Währung und dem erreichten Stand der Vereinigung Europas umgehen. Sie tun so, als könne man eine Währung wechseln wie das Hemd, sie an- und ausknipsen wie ein Licht; sie beachten nicht, welche unglaublichen wirtschaftlichen und politischen Kosten auf jedes ausscheidende Land und auf die verbleibenden Länder zukommen. Sie heizen immer wieder gedankenlos oder aus Absicht die Spekulation an. Sie äußern sich über andere Völker in beschämender Weise. – Wir halten dies für unerträglich, obwohl wir an der Konstruktion Europas und an der Konstruktion der Eurozone mindestens so viel auszusetzen haben wie jene, die jetzt über ihre eigene Konstruktionsfehlleistung herziehen. Wenn eine gesellschaftliche Einrichtung falsch konstruiert ist, dann muss man den Konstruktionsfehler heilen, statt das Ganze zu zerstören. Albrecht Müller.

Hinweise des Tages

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Personalwechsel bei der EZB; Steuerabkommen mit der Schweiz vor dem Scheitern; Schäuble lässt Griechenpleite durchspiele; Barry Eichengreen – Europe on the Verge of a Political Breakdown; A More Progressive Tax System Makes People Happier, 54-Nation Study Finds; Anklage gegen Ex-Vorstände der Sachsen LB; Britische Banken kommen an kurze Leine; Von der Leyen konkretisiert Pläne für Zuschussrente; Arbeitslose Ingenieure – Wir wurden aussortiert; Schäuble lässt Rente mit 69 durchrechnen; Verdi nimmt sich die Kliniken vor; Brisantes Attest unter Verschluss; Korruption in Österreich – Die Oligarchie des Geldes; Tel Aviv, Rothschild-Boulevard; Guttenberg kauft Millionenanwesen nahe New York (JB)

Hinweise des Tages II

Heute unter anderem zu folgenden Themen: 10 Jahre 9/11; Tim Geithner – What the world must do to boost growth; Paul Krugman – Setting Their Hair on Fire; Oettinger fordert Beamten-Blauhelmtruppe für Griechenland; The Great Bank Robbery; Durchmarsch der Haushälter; Schuldenbremse in Spanien sorgt für Empörung; Der Euro und die Demokratie – Fragen zur Zukunft Europas; Armut in den USA: Hungern im Yuppie-Mekka; Wutmieter und Spekulanten; “Lassen uns nicht erpressen”: Rossmann schmeißt Paypal raus; SPD-Führung geht Schuldenabbau über alles; Brennende Autos: Wahlkampf mit Halbwahrheiten; zu guter Letzt: Zocken auf den Tod des Euro (JB)

Griechenland in der „Todesspirale“

Die Aufregung über die schlechten Nachrichten aus Athen ist verständlich und unverständlich zugleich. Verständlich, weil die Tatsache, dass Griechenland seine Sparziele für 2011 nicht erreichen kann, das von der EU am 21. Juli beschlossene Rettungspaket gefährdet. In der griechischen Staatskasse 2011 dürften Ende des Jahres knapp 4 Milliarden Euro fehlen. Damit droht nicht nur der erste „ungeordnete“ Staatsbankrott eines Eurolandes, sondern auch ein Szenario, das die Fortexistenz der Eurozone in ihrer bisherigen Form gefährdet. Von Niels Kadritzke.

Bertolt Brechts Dreigroschenroman oder: Kapitalismus als Roman

Der Dreigroschenroman von Brecht ist überaus aktuell. Er zeigt, wie eine Wirtschaftsform, die alle Bereiche der Gesellschaft ihrem Diktum der Profitmaximierung unterwirft, durch ständigen Formwandel überlebt. Während sie die natürlichen und gesellschaftlichen Grundlagen menschlicher Existenz zerstört, produziert sie gleichzeitig immer neue Mythen und Ideologien, die die Ursachen dieses Zerstörungswerkes verbrämen.
Brecht immer wieder zu lesen, kann einem auch die Augen für gegenwärtige Entwicklungen öffnen. Darin besteht sein geradezu überzeitliches Verdienst, das gleichzeitig das Signum großer Literatur ist.
Eine Besprechung von Joke Frerichs aus dem Buch „Lesespuren. Notizen zur Literatur“

Hinweise des Tages

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Stephan Schulmeister – Vermögenssteuern als Teil eines “New Deal”; In diesem Jahr 51 Milliarden Euro Mindereinnahmen durch Steuersenkungen; Geldgeschenke an die Finanzindustrie; Banken mit Schwächeanfall; Friederike Spiecker – Am Ende gewinnt immer die Bank; Griechenlands Wirtschaft schrumpft rasant; OECD-Konjunkturprognose – Deutschland wird zum Schlusslicht; Für die Zukunft – Kinderarmut bekämpfen!; Wenn die Rente zum Hungerlohn verkommt; Norbert Blüm – Meine liebe CDU, jetzt bräuchtest du Mut!; Gaddafis Freunde im Westen; Schäuble, Bismarck und die deutsche Tea-Party-Bewegung; Sahra Wagenknecht: Wer Leistung, Wettbewerb und Wohlstand will, muss links sein; Die Vermessung der Globalisierung; das Letzte: Peer Steinbrück MdB wird Ehrendoktor der Heinrich-Heine-Universität (JB)

Bürgerkonvent 2.0 – die deutsche Tea-Party-Bewegung

Derzeit sorgt ein polemisches Anti-Euro-Video im Netz für Furore. Hinter diesem Video steckt eine Plattform namens „Abgeordnetencheck“, die sich selbst als soziales Netzwerk engagierter Bürger darstellt. Diese Eigendarstellung ist jedoch nicht haltbar. Hinter „Abgeordnetencheck“ verbirgt sich ein Netzwerk von marktfundamentalistischen und erzkonservativen Lobbyorganisationen, das sogar den berüchtigten „Bürgerkonvent“ von Meinhard Miegel für seine Zwecke wiederbelebt. Die „rechte APO“ geht mit der Zeit und könnte sich zu einer deutschen Tea-Party-Bewegung entwickeln. Von Jens Berger

Bundesverfassungsgericht hilft Bundesregierung bei der Griechenlandhilfe aus der Patsche und erhebt die Maastricht-Regeln auf Verfassungsrang

Durch eine eigenmächtige Umdeutung des Wortlauts des Euro-Stabilitätsgesetzes retten die Karlsruher Richter die Bundesregierung vor dem politischen Desaster, bei der Griechenlandhilfe gegenüber den europäischen Partnern einen Rückzieher machen zu müssen. Andererseits erhebt das höchste Gericht die dem Maastricht-Vertrag zugrundeliegende ökonomische Lehre des Monetarismus geradezu auf Verfassungsrang und verbaut damit einer makroökonomischen Zusammenarbeit auf dem Feld der Finanz- oder Wirtschaftspolitik in einer Währungsunion unter Berufung auf das Grundgesetz den Weg. Von Wolfgang Lieb

Gysi-Rede im Bundestag sehr empfehlenswert, analytisch gut und mit hilfreichen konkreten Vorschlägen – Bitte weitergeben, weitermailen.

Bei Youtube 24’ 38’’: “Diktatur des Finanzmarktes”, zu Haushalt & Finanzkrise, im Bundestag, 07.09.11. Hier die Textfassung. Denken Sie beim Weitergeben auch an Ihre Freunde aus dem Lager von Rot und Grün. Die Rede hätte auch von ihnen sein können, wenn sie noch wären, was sie einmal waren. Wenigstens vorübergehend. Albrecht Müller.

Hinweise des Tages

Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Bundesverfassungsgericht weist Euro-Klage ab, Proteste in Italien, am deutschen Wesen, S&P zu Eurobonds, Unternehmer knöpfen sich Banken vor, IKB verklagt JP Morgan, Briten ermitteln gegen Deutsche Bank, Enttäuschung über Obama wächst, Hartz-IV noch immer verfassungswidrig, Leiharbeit, Integrationskurse, Auftragsforschung, Sklavenarbeiter in China, vom Taliban-Offizier zum General, Seitenwechsler aktuell, Fast Drei Prozent, zu guter Letzt. (RS)

Manager der Werte schöpfenden Wirtschaft melden sich gegen die Spekulation zu Wort. Es tut sich etwas. Das ist gut so.

Bosch-Chef Franz Fehrenbach hat sich am vergangenen Montag deutlich gegen die Vorherrschaft der Spekulanten in der Finanzwirtschaft ausgesprochen. Er ist damit nicht allein. Siehe hier im Handelsblatt: „Wetten gegen den Euro, dubiose Finanzkonstrukte und Spekulationen ohne Risikobewusstsein: Die Manager von deutschen Top-Unternehmen rechnen mit den Praktiken der Finanzwirtschaft ab – in ungewohnt deutlichen Tönen.“ Das sind erfreuliche Zeichen. Jetzt kommt es darauf an, dass sich dieser viel wichtigere Teil der deutschen Volkswirtschaft in der Politik und auch in den Medien gegenüber dem Einfluss der Finanzwirtschaft durchsetzt. Albrecht Müller.