Eine andere Sicht auf Putins Strategie und den Öl-Streit

Ein Freund der NachDenkSeiten, der lange in Russland und heute in Kiew arbeitet, schickt folgende Mail, die ich zur Balance der Meinungsbildung wichtig finde: „Anbei eine m.E. wirklich treffende Einordnung und Einschätzung – gegen den unqualifizierten, nachgeplapperten, immer noch von sachfremder Unkenntnis bis nicht abgelegten Kalte-Krieger-Schablonen bestimmten Blabberbrei!“:

Putins Profitstrategie: Kooperation statt Druschba, vom Sonntag, 14.01.2007.

Die Auflösung jedes demokratischen Anstandes

Nachtrag zur Meldung von 9:14 h über „Altersvorsorge macht Schule“. Gerade erreichte mich folgende Mail:

Heute kommen Versicherungsvertreter in die Schule meines Sohnes, um die Schüler über die verschiedenen Möglichkeiten und “Notwendigkeiten” von Versicherungen zu informieren. Dabei werden diese selbstlosen Menschen mit Sicherheit die Schüler “informieren”, wie wichtig (mit den gängigen Propagandaparolen) eine private Altersvorsorge sei. Jetzt bekommen die Schüler wahrscheinlich von Versicherungsvertretern gezeigt und erklärt, wie unser Staat zu funktionieren hat. Schöne Demokratie – Danke u.a. Bertelsmann. Mit freundlichen Grüssen, Uwe M.

Münteferings Kapitulationserklärung für die gesetzliche Rente: Umverteilung von unten nach oben statt Sozialstaat

Mit der Initiative “Altersvorsorge macht Schule” gibt der Sozialminister eine weitere Kapitulationserklärung für die gesetzliche Rente ab: Ohne zusätzliche private oder betriebliche Absicherung lasse sich der während des Erwerbslebens gewohnte und für später gewünschte Lebensstandard in aller Regel nicht halten. Die zusätzliche Altersvorsorge müsse noch größere Verbreitung finden.
Keiner der Projektbeteiligten verfolge ein „spezifisches“ Geschäftsinteresse.
„Spezifisch“ im Sinne des Geschäftsinteresses eines einzelnen Finanzkonzerns vielleicht nicht, wohl aber im Geschäftsinteresse der gesamten Versicherungsbranche. Welchen Vorteil es für Arbeitnehmer bringen sollte, sich zusätzlich zur gesetzlichen Rente und ohne einen paritätischen Finanzierungsanteil der Arbeitgeber auf eigene (Mehr-) Kosten bei kommerziellen Finanzkonzernen zu versichern, statt erheblich weniger Geld zur auskömmlicheren Finanzierung des umlagefinanzierten Rentensystem ausgeben zu müssen, auf diese Fragen geben die Renten-Schulmeister leider keine Antwort. Letztlich geht es um eine staatlich finanzierte Werbekampagne für die Verlagerung des Kapitalrisikos und von zusätzlichen Kosten für die Altersvorsorge auf die Arbeitnehmer bei gleichzeitiger dauerhafter Entlastung der Arbeitgeberseite, also um Umverteilung von unten nach oben.
Warum dabei der DGB, die Deutsche Rentenversicherung, die Verbraucherverbände und die Volkshochschulen mitmachen, verstehe wer will.

Der „Aufstand der Alten“ oder die Panik der „Generation Ich“. Nötig wäre ein Aufstand der demokratischen Kontrollorgane des ZDF gegen eine einseitige Werbekampagne

Der Autor und Regisseur der Doku-Fiction „Aufstand der Alten“, Jörg Lühdorff ist Jahrgang 1966, gehört also zu der Generation der 40-Jährigen, die von der ARD-Sendung Greisenland für die Überalterung verantwortlich gemacht wird, weil sie nicht genug Kinder gezeugt hat.
Das ist natürlich simpler Quatsch. Aber die Grundphilosophie des ZDF-Stücks lässt einen doch darüber nachdenken, ob sie nicht den Zeitgeist eines Teils der zu den derzeitigen Gewinnern zählenden Altersgruppe ausdrückt, die ihrem eigenen Nutzen lebt sich vor allem auf ihre Ellbogen verlässt und die keine Orientierung an anderen gesellschaftliche Normen mehr anerkennt und für die Solidarität oder das Gefühl für sozialen Ausgleich unbekannt oder verschüttet sind. Solche nur ihren eigenen Nutzen maximierenden Leute müssen natürlich in Panik geraten, wenn sie an ihr Alter im Jahre 2030 denken, wo ihr Paradigma – jeder ist seines Glückes Schmied – für sie persönlich an ihre physischen Grenzen stößt. Und diese Panik drückt sich nach meinem Eindruck in der Horror-Doku-Fiction aus. Wolfgang Lieb.

Die Sozialstaatsreformer vor der großen Weltwirtschaftskrise vertraten nicht nur dieselben Konzepte, sie trugen – Ironie der Geschichte – auch noch den gleichen Namen

Peter Hartz, früher Personalvorstand des größten Automobilkonzerns in Europa, Leiter der Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ und Miturheber der nach ihm benannten vier Gesetze (Hartz I-IV), steht wegen seiner Verwicklung in den sog. VW-Skandal um „Lustreisen“ für Manager wie Betriebsräte vor Gericht und mit einem Bein im Gefängnis. Hier geht es allerdings weder um ihn als Person noch um sein Konzept, das die Arbeitslosigkeit nicht verringert, aber die Armut erhöht hat, sondern um einen Namensvetter von Peter Hartz, der bisher weitgehend unbekannt, aufgrund seiner Rolle als geistiger Vorläufer aktueller und Pionier während der Weimarer Republik entwickelter „Reformpläne“ jedoch sehr interessant ist. Es mutet wie ein Treppenwitz der Geschichte an, dass die „Sozialstaatsreformer“ damals und heute denselben Familiennamen hatten. Christoph Butterwegge hat uns die Langfassung seines heute in der FR veröffentlichten Beitrags zur Verfügung gestellt.

Ein Glück für die demokratische Meinungsbildung, dass Jauch nicht auch noch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auftritt

„Wichtigtuer“, „Profilneurotiker“, „Gremlins“, „Irrlichter“ „drittklassige Bedenkenträger“, „Heckenschützen“, „nachgeordnetes Niederwild“, so beschimpft, Günther Jauch in einem Spiegel-Interview die Mitglieder der Kontroll-„Gremien“ der öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Anstalten. Weil einige von ihnen es wagten, Bedenken dagegen anzumelden, dass und vor allem unter welchen Bedingungen die ARD-„Platzhirsche“ Jauch und seine Firma I&U TV mit der Produktion des sonntagabendlichen Polit-Talks beauftragen wollten. Was muss Deutschlands „glaubwürdigster Werbeträger“ und der nach einer Umfrage von „Frau im Spiegel“ „beliebteste Deutsche“ für ein Verständnis von einem demokratisch kontrollierten Rundfunk haben? Ein Glück, dass solche „freie“ Journalisten mit einem derart verächtlichen Verhältnis zu einem demokratisch organisierten Rundfunk, nicht auch noch politische Sendungen moderieren. Wolfgang Lieb.

Nachtrag: ZDF auch beim heute-journal ein nackter Propagandasender

Zur „Demagogie pur“ des ZDF haben uns viele Mails erreicht, auch deshalb, weil sich das heute-journal am 15.1. mit einer 9,5 Minuten langen Passage in den Dienst dieser Propaganda für die private Versicherungswirtschaft gestellt hat. Ich weiß, wie missverständlich meine folgende Charakterisierung ist. Dennoch, was wahr ist, sollte man aussprechen: was uns das ZDF in Sachen Demographie bietet, hat den demagogischen Gehalt des Schwarzen Kanals von Schnitzler und der Propaganda von Goebbels. Der Unterschied: Die vom ZDF verbreiteten Unwahrheiten kommen bürgerlich und smart daher. Das ist in der Wirkung genauso schlimm. Selbst ein Blatt wie die Frankfurter Rundschau fällt darauf herein. Die Mails unserer Nutzer enthalten so viele interessante Details, dass wir sie unten dokumentieren. Albrecht Müller.

Was tun zum Aufbau einer kritischen Gegenöffentlichkeit?

Wenn Sie „Warum NachDenkSeiten?“ anklicken, dann werden Sie finden, dass wir es für notwendig halten, eine Gegenöffentlichkeit zum gängigen Strom der öffentlichen Meinungsmache aufzubauen. Viele unserer Leser teilen diese Ansicht. Nur wenn es gelingt, die Vorherrschaft des gängigen Denkens in Zweifel zu ziehen, haben wir überhaupt noch eine Chance, die politischen Entscheidungen zum Besseren zu wenden.
Schon die ersten zwei Wochen des Jahresanfangs zeigen wieder, wie schwierig dieser Versuch ist. Wir sind bei einem wichtigen Thema, dem Themenkomplex Demographie, Geburtenrate und Alterung geradezu überrollt worden von dramatisierenden Berichten und Sendungen. Siehe Anhang mit Hinweisen auf massive Meinungsmache auch in den öffentlich-rechtlichen Medien.
Beim Aufbau einer kritischen Gegenöffentlichkeit haben wir es mit einer typischen David-Goliath-Situation zu tun. Das meint, wir können nur Boden gewinnen, wenn wir intelligent vorgehen, intelligenter als die Macher des Hauptstroms. Was das praktisch bedeutet … Albrecht Müller.

Demagogie pur beim Abbau des Vertrauens in die gesetzliche Rente: der ZDF-Programmschwerpunkt Demographie

Das ist der Favorit für unsere Rubrik Manipulation des Monats. Bitte weitersagen. Bitte nutzen, um die Glaubwürdigkeit des ZDF infrage zu stellen.
Mit einer Presseerklärung vom 12.1. weist das ZDF darauf hin, dass in dieser Woche nicht nur die ZDF-Doku-Fiction „2030 – Aufstand der Alten“ gesendet wird, sondern in einer Reihe anderer Sendungen das Thema demographischer Wandel behandelt wird. Der Text ist auch angehängt.
Schon im zweiten Satz dieser Pressemitteilung wird glatt die Unwahrheit verbreitet. Ob und vor allem wie die Rentensysteme und die gesundheitliche Versorgung finanzierbar sind, hängt nämlich von politischen Entscheidungen und vor allem von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Am allerwenigsten von der demographischen Entwicklung. Dass sie finanzierbar sind, wenn politisch dafür gesorgt wird, dass die Arbeitslosigkeit abgebaut wird und sozialversicherungspflichtige Arbeitsverträge wieder vermehrt werden, wenn die Erwerbsquote verbessert wird und die Produktivität der arbeitenden Menschen wie bisher steigt, ist eindeutig nachweisbar. Und dennoch erscheint die in der Presseerklärung formulierte Unwahrheit wie der rote Faden der ZDF-Produktionen. Die Redaktion und die Produzenten von „2030 – Aufstand der Alten“ haben mit der gewohnt einseitigen Auswahl so genannter Experten dafür gesorgt, dass bei ihnen keine Zweifel aufkommen. Das können Sie in einer Pressedokumentation [PDF – 540 KB] erkennen, die diesen Tagebucheintrag angefügt ist. Albrecht Müller.

Korrektur zu den „Anmerkungen zu den Daten des Statistischen Bundesamtes über die Wirtschaftsleistung im Jahre 2006“ vom 12. Januar 2007

Ein aufmerksamer Leser hat mich auf einen Fehler in meinem Beitrag aufmerksam gemacht, den ich hiermit korrigieren möchte: Ich habe die Steigerung der Konsumausgaben von 0,9% dem Schaubild 7 der Informationsmaterialien [PDF – 908 KB] entnommen und dabei übersehen, dass dort staatlicher und privater Konsum addiert wurden. Die Steigerung des privaten Konsums im Jahre 2006 betrug aber nur 0,6%, war also noch „schwächelnder“ als in meinem Beitrag aufgeführt. Wolfgang Lieb.

Paul Krugman zur Reform des amerikanischen Gesundheitswesens: Wo der staatliche Sektor besser funktioniert als der private.

Für die Bush-Regierung und ihre Verbündeten im Kongress ist Privatisierung kein Mittel, bessere staatliche Leistungen zu liefern – sie ist ein Selbstzweck. Krugman, einer der bedeutendsten amerikanischen Ökonomen beschreibt in der New York Times, wie durch den Einbau des privaten Sektors im amerikanischen Gesundheitswesen Fragmentierung, Ineffizienz und Verschwendung ins amerikanische Gesundheitswesen eingeführt wurden. Den Beitrag hat unser Leser Roger Strassburg übersetzt.